BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2890 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 18.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Aufsuchungserlaubnis für das Gebiet „Vierlande“ und der Koalitionsvertrag Die für Hamburg zuständige obere Bergbehörde, das Landesbergamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover, hat mit einer Pressemitteilung vom 4. Januar 2016 den Ablauf der bergrechtlichen Erlaubnis „Vierlande“ (Erlaubnisinhaberin: ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) namens und im Auftrag der BEB) zum 31.12.2015 bekannt gegeben (http://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/titel- 139892.html). Gleichzeitig hat das LBEG auf eine nunmehr erneut bestehende Möglichkeit zur Beantragung einer Aufsuchungserlaubnis für das vorgenannte Gebiet hingewiesen. Bekannt ist, dass die EMPG im Erlaubnisfeld „Vierlande“ im Falle entsprechender Untersuchungsergebnisse auch Fracking als Verfahren zur Aufsuchung beziehungsweise Gewinnung von Kohlenwasserstoffen vorgesehen hatte. Zum Thema Fracking ist im Koalitionsvertrag der derzeitigen Regierungskoalition in Hamburg zu lesen: Die Koalition lehnt die Förderung unkonventioneller Erdgasvorkommen mittels Fracking ab. Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang. Vor diesem Hintergrund werden in Zukunft Anträge auf Probebohrungen und Bohrungen in Wasserschutz- und Wassereinzugsgebieten in Hamburg nicht unterstützt. In der oben angeführten Pressemitteilung ist jedoch weder von diesen Einschränkungen noch von weiteren einschlägigen Vorschriften (zum Beispiel wasserrechtlichen) zu lesen. Vielmehr wird darin, wie in der Vergangenheit schon, ausschließlich auf das Bundesberggesetz (BBergG) und das Verwaltungsverfahrensgesetz als Rechtsgrundlagen verwiesen. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Einsatz Hamburgs für eine Novellierung des Bergrechts, die Umweltbelangen (im obigen Sinn) ausreichend Genüge tut, hat bisher zu keinem Erfolg geführt. Vielmehr würden die aktuell auf dem Tisch liegenden Vorschläge der Bundesregierung Fracking sogar ausdrücklich erlauben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage des Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) wie folgt: 1. Ist die Pressemitteilung des LBEG mit der BWVI abgestimmt worden? Drucksache 21/2890 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nein. a. Wenn ja: Hat die BWVI das LBEG darauf hingewiesen, dass auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg bereits die Erkundung (Aufsuchung ) und erst recht die Förderung (Gewinnung) von Kohlenwasserstoffen mittels des „Frackings“ nicht genehmigungsfähig ist? i. Wenn ja: Warum wurde ein solcher Hinweis nicht in die Mitteilung des LBEG aufgenommen? Entfällt. ii. Wenn ein: warum nicht? Das LBEG hat in eigener Zuständigkeit gehandelt. b. Wenn nein: Wann findet dann bezüglich der öffentlichen, den Bergbau im Staatsgebiet der FHH betreffenden Kommunikation eine Abstimmung zwischen dem LBEG und der BWVI statt bzw. hat das LBEG an mit der Herausgabe der o. a. Mitteilung seine Kompetenzen überschritten? Dies wird im Einzelfall entschieden. 2. Bereits in der Debatte über die bergrechtliche Erlaubnis „Vierlande“ wurde die Frage diskutiert, inwieweit eine dieser Erlaubnis folgende Zulassung eines Betriebsplans, der Fracking beinhaltet beziehungsweise vorbereitet , noch verhindert werden könnte. Sieht der Senat Möglichkeiten, Betriebspläne, die „Fracking“ beinhalten beziehungsweise vorbereiten könnten, bei einer bestehenden Bergbauberechtigung und einer unveränderten Rechtslage zu verhindern? Ja. a. Wenn ja: welche? (Bitte nachvollziehbar mit den entsprechenden §§ beziehungsweise Vorschriften begründen.) Jeder Betriebsplan ist gemäß § 55 Bundesberggesetz (BbergG) auf die dort genannten Voraussetzungen zu prüfen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ist die Zulassung des Betriebsplanes abzulehnen. Gemäß § 48 Absatz 2 Satz 1 BbergG kann die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde eine Aufsuchung oder Gewinnung beschränken und untersagen, soweit überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (zum Beispiel Trinkwasser-, Wasser- oder Naturschutzbelange ). In diesem Zusammenhang beteiligt das LBEG die von den Betriebsplänen betroffenen Gebietskörperschaften. Insoweit entscheidet sich bei dieser gesetzlich vorgegebenen Prüfung des Einzelfalls, ob Betriebspläne, die Frac-Maßnahmen beinhalten beziehungsweise vorbereiten können, nicht zugelassen werden. b. Wenn nein: Wie wird der Senat sicherstellen, dass die im Koalitionsvertrag aufgeführte Verhinderung von „Fracking“ auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg umgesetzt wird? Entfällt. 3. Beziehen sich die Aussagen im Koalitionsvertrag zu „Fracking“ grundsätzlich auf die Förderung von Kohlenwasserstoffen oder beschränken sie sich auf das dort ausschließlich erwähnte Erdgas? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2890 3 Nach Einschätzung der zuständigen Behörden beziehen sich die Aussagen im Koalitionsvertrag auf die Methoden. 4. Welche Initiativen hat der Senat entwickelt beziehungsweise unterstützt, um Fracking gemäß der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Absicht zu unterbinden? Der Hamburger Senat hat mehrere Bundesratsinitiativen unterstützt: Sitzung des Bundesrates TOP Thema 933. 36a Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasserund naturschutzrechtlicher Vorschrift zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahrender Fracking-Technologie 36b Entwurf eines Gesetzes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen 940. 14 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen Drs. 552/15 5. Plant der Senat eigene Gesetzesinitiativen, um auf Ebene des Landes (siehe die Änderung des Wassergesetzes von Rheinland-Pfalz) tätig zu werden? Nein. Der Senat setzt sich vorrangig dafür ein, die vorgesehenen Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes und der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-VO Bergbau) im Sinne Hamburgs zu beeinflussen . 6. Wird die BWVI das LBEG explizit anweisen, zukünftig keine Anträge auf bergrechtliche Erlaubnisse mehr zu bearbeiten, wenn „Fracking“ darin nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird? Nein. a. Wenn ja: wann wird das sein? b. Wenn nein: warum nicht? Aufgrund der geltenden Rechtslage ist es nicht möglich, Anträge auf Erteilung einer Aufsuchungserlaubnis nur deshalb abzulehnen, weil darin Fracking nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Ein solches Vorgehen wäre rechtswidrig, da eine Ablehnung eines solchen Antrags nur aufgrund der in § 11 BbergG genannten Gründe möglich ist. Ob zu einem späteren Zeitpunkt ein Antrag auf Zulassung eines Fracking- Betriebsplanes eingereicht wird, ist allein dem Antragsteller zu überlassen. Ob dieser Antrag genehmigt wird, ist eine Frage, die erst im Betriebsplanverfahren geprüft und entschieden werden kann. Wenn es zu einem solchen Betriebsplanverfahren kommt, kann die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde gemäß § 48 Absatz 2 Satz 1 BBergG eine Aufsuchung oder Gewinnung beschränken und untersagen , soweit überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. a. 7. Liegt beziehungsweise liegen dem LBEG zum aktuellen Zeitpunkt ein Antrag beziehungsweise mehrere Anträge auf Erteilung einer Bergbauberechtigung für die Aufsuchung oder Gewinnung von Kohlenwasserstoffen vor, der/die das Staatsgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg betrifft/betreffen? Siehe Antwort zu 8. a. und b. Drucksache 21/2890 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. Wird die BWVI die Öffentlichkeit zukünftig von sich aus und frühzeitig (zum Beispiel innerhalb von drei Werktagen nach Kenntniserhalt) über dem LBEG vorgelegte Anträge auf Erteilung einer Bergbauberechtigung (Erlaubnis, Bewilligung, Zulassung eines Betriebsplans) auf Hamburger Gebiet informieren? Nein. a. Wenn ja: ab wann, in welcher Form und binnen welcher Frist? b. Wenn nein: warum nicht? Gemäß § 3b Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HmbVwVfG) darf eine Behörde keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse unbefugt offenbaren. Die Information , dass ein Antrag auf Erteilung einer Bergbauberechtigung in Hamburg gestellt wird und insbesondere die Information, wo genau das Aufsuchungsgebiet liegt, würde es anderen Unternehmen beispielweise ermöglichen, einen konkurrierenden Antrag zu stellen. Es handelt sich insoweit um Geschäfts- beziehungsweise Betriebsgeheimnisse . Ein Offenbaren dieser Geheimnisse könnte daher beim ersten Antragsteller zu erheblichen finanziellen Schäden führen, die dieser wiederum im Wege der Amtshaftung von der Freien und Hansestadt Hamburg einfordern könnte. Betriebspläne können ebenfalls Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten und dürfen daher ebenfalls nicht offenbart werden.