BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2894 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dora Heyenn (fraktionslos) vom 18.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Schulabgängerbefragung 2015 Am Spätnachmittag des letzten Schultags vor den Weihnachtsferien hat Schulsenator Rabe die Ergebnisse der Schulabgängerbefragung 2015 ohne die sonst übliche Landespressekonferenz per E-Mail verschicken lassen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Erfolg der Reformen des Übergangs Schule-Beruf (siehe Drs. 19/8472) bemisst sich daran, wie erfolgreich der Übergang der Schülerinnen und Schüler in Ausbildung oder Beruf organisiert wird. Dazu gehört insbesondere, dass nunmehr die Jugendberufsagentur (JBA) gemeinsam mit den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen eine systematische Beratung und lückenlose Begleitung der Jugendlichen im Rahmen der Berufs- und Studienorientierung (BoSo) in den Stadtteilschulen sicherstellen . Dabei wird durch den Abgleich der schulischen Daten erreicht, dass keine und keiner beim Übergang verloren geht. Die zuständige Behörde hat die von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossenen Reformmaßnahmen konsequent umgesetzt. Dazu gehören die Einführung dualisierter Angebote im Übergangsbereich wie die neue Ausbildungsvorbereitung (AvDual) und die Berufsqualifizierung im Hamburger Ausbildungsmodell (BQ) sowie der Rückbau von Bildungsgängen, die nicht konsequent auf den Übergang in die duale Ausbildung oder auf höhere Bildungsabschlüsse ausgerichtet sind (siehe unter anderem Drs. 20/12733). Im Rahmen der neuen BoSo wird mit den Schülerinnen und Schülern ab der Jahrgangsstufe 8 systematisch und verbindlich zu deren Anschlussperspektiven gearbeitet . Dabei werden die Schulen in der Weiterentwicklung ihrer schulischen BoSo- Konzepte unterstützt, die Zusammenarbeit mit der JBA intensiviert sowie die Elternarbeit zu Fragen der beruflichen Perspektiven ihrer Kinder verstärkt, damit möglichst alle Schülerinnen und Schüler eine begründete Berufswahlentscheidung am Anfang der Klasse 10 treffen und so den Einstieg in die duale Ausbildung finden oder in die Sekundarstufe II der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen übergehen. Dazu gehören auch Informationen über die Attraktivität der dualen Ausbildung sowie die Durchlässigkeit im dualen System und in der gesamten beruflichen Bildung zu akademischen Bildungsgängen und den Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung. Jugendliche, denen der Übergang in die Sekundarstufe II oder der Einstieg in die duale Ausbildung nach Abgang aus der Stadtteilschule nicht gelungen ist, sollen die für sie geeignete Anschlussperspektive in der Ausbildungsvorbereitung (AvDual) finden, siehe hierzu Drs. 19/8472. Dieses Angebot ist ganztägig und dualisiert organisiert. Im Betrieb lernen die Schülerinnen und Schüler die Berufswelt unmittelbar kennen und nutzen diese Erfahrungen und Kontakte für den Übergang in eine berufliche Ausbildung oder eine Beschäftigung. Nicht alle Erfolge der pädagogischen Arbeit schlagen sich in den Übergangszahlen nieder, sind jedoch entscheidende Entwicklungsschritte für die Jugendlichen auf dem Weg in Arbeit und Beruf. Drucksache 21/2894 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Erfolgreich ist auch die Einführung der Berufsqualifizierung im Hamburger Ausbildungsmodell (BQ), in der Schülerinnen und Schüler eine Berufsausbildung beginnen, die trotz intensiver Bemühungen im Vorfeld keinen dualen Ausbildungsplatz gefunden haben. Bei einem vorzeitigen Wechsel aus BQ in eine betriebliche Ausbildung können die bis dahin absolvierten Ausbildungszeiten ganz oder teilweise angerechnet werden. Im Schuljahr 2014/2015 schlossen 183 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr BQ-Jahr erfolgreich ab und wechselten in eine duale Berufsausbildung, davon 91,3 Prozent in einem Betrieb (siehe Pressemitteilung des Senats vom 18. Dezember 2015). Die Hamburger Reformen im Übergang Schule-Beruf finden bundesweit Anerkennung . So wird in der aktuellen Studie „Ländermonitor der beruflichen Bildung“ der Bertelsmann Stiftung, in der die Ausbildungssituation in den 16 Ländern dargestellt wird, bestätigt, dass das Übergangssystem in Hamburg zwischen 2005 und 2013 „überproportional stark (zum Bundesdurchschnitt) um fast 60 % zurück(ging), und damit weitaus stärker, als nach der (begrenzt) rückläufigen demographischen Entwicklung zu erwarten gewesen wäre.“ (Ländermonitor der beruflichen Bildung 2015, Länderbericht Hamburg, Bertelsmann Stiftung, siehe www.laendermonitorberufsbildung .de). Dieses ist umso beachtlicher, als der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Hamburg im Vergleich der Länder relativ hoch ist. Hiernach liegt Hamburg deutlich über dem Bundesdurchschnitt beim Übergang von Jugendlichen mit und ohne Hauptschulabschluss in die duale Ausbildung beziehungsweise in vollqualifizierende Bildungsgänge (57 Prozent). Im Ländervergleich stellt sich die Situation in Hamburg ebenfalls positiv dar mit dem höchsten Anteil an Neuzugängen im dualen System: Entgegen dem Bundestrend stieg die Anzahl der Neuzugänge in Hamburg im dualen System zwischen 2005 und 2013 um 25 Prozent. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Die Schulbehörde unter Schulsenator Rabe braucht immer länger, um die Ergebnisse der Schulabgängerbefragung vorzulegen: Die Ergebnisse der Schulabgängerbefragung 2012 hat Schulsenator Rabe am 23. Oktober 2012, die Ergebnisse der Schulabgängerbefragung 2013 am 3. November, die Ergebnisse der Schulabgängerbefragung 2014 am 24. November und die der Schulabgängerbefragung 2015 erst am 18. Dezember vorgelegt. Warum dauert die Auswertung der Schulabgängerbefragung immer länger? Die Verschiebungen der Auswertungen sind zum Teil dem sich verändernden Schuljahresbeginn geschuldet. Die Zeit, die für die Qualitätssicherung der Zahlen benötigt wurde, und andere terminliche Gründe führten zu einer Verzögerung bei der Veröffentlichung . Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 2. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass sich der jetzt schon niedrige Anteil der Schulabgängerinnen und -abgänger, die in eine Ausbildung eingemündet sind, von 37,4 Prozent im Jahr 2014 auf 36,4 Prozent im Jahr 2015 verschlechtert hat? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 8. 3. Die Schulbehörde schreibt in ihrer Presseerklärung vom 18. Dezember 2015: „Zum Vergleich: Bei der ersten Erhebung im Sommer 2012 konnten nur rund 25 Prozent aller Schulabgänger direkt einen Ausbildungsplatz erreichen.“ Der Senat vergleicht hier Ergebnisse der Schulabgängerbefragung 2015 mit der von 2012. In den Zahlen der Schulabgängerbefragung 2015 sind nur Zehntklässler, in denen des Schulabgangsjahrs 2012 sind aber Neunt- und Zehntklässler enthalten. Meint der Senat, dass er hier wirklich Vergleichbares vergleicht? Wenn ja, wie viele Schulabgänger aus dem Schulabgangsjahr 2012 haben nach der neunten und wie viele haben nach der zehnten Klasse die Schule verlassen? Wie viele Schulabgänger aus der neunten und wie viele aus der zehnten Klasse haben bei der Schulabgängerbefragung 2012 absolut und prozentual „direkt einen Ausbildungsplatz erreicht“? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2894 3 Ja, weil die Zahlen der Übergänge der Schulabgänger in die duale Ausbildung der jeweiligen Jahre miteinander verglichen werden, auch wenn der jeweilige Anteil der Abgänger nach dem neunten Jahrgang unterschiedlich ist. Der Verbleib der Schulabgänger wurde – anders als die zum anderen Stichtag erhobenen Abgänge der amtlichen Schuljahreserhebung – statistisch nicht differenziert nach den Abgangsjahrstufen erfasst (siehe auch Drs. 20/6934). 4. Warum hat der Schulsenator erstmals auf eine Landespressekonferenz verzichtet? Die Reformmaßnahmen im Übergang Schule-Beruf sowie die Arbeitsprozesse der JBA sind hinreichend bekannt. Daher wurde in diesem Jahr auf eine Landespressekonferenz verzichtet. 5. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass der Anteil der Schulabgängerinnen und -abgänger, die in die Ausbildungsvorbereitung eingemündet sind, von 37,8 Prozent in 2014 auf 44,0 Prozent im Jahr 2015 erhöht hat? 6. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass mittlerweile der wichtigste Ausbildungsgang für Schulabgängerinnen und -abgänger in Hamburg nunmehr eine Warteschleife ist? 7. Ist die Reform der beruflichen Bildung gescheitert? Wenn nein, bitte begründen. Siehe Vorbemerkung. 8. Meint der Senat, dass der Anteil der Schulabgängerinnen und -abgänger , die direkt eine Ausbildung beginnen können, von 36,4 Prozent gesteigert werden kann? Wenn ja, wie will er das erreichen? Nach dem Schuljahr 2013/2014 begannen 37,4 Prozent der Jugendlichen direkt nach der allgemeinbildenden Schule eine Berufsausbildung, nach dem Schuljahr 2014/2015 waren es 36,7 Prozent. Aus diesem Rückgang lässt sich kein Trend ableiten. Bei den genannten Übergangsquoten ist zu berücksichtigen, dass jährlich rund 900 bis 1.100 Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungsgang AvDual in Ausbildung oder Beschäftigung übergehen. So konnten 2014/15 1.063 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz (47,2 Prozent der Abgänger aus AvDual) dank der Ausbildungsvorbereitung nach spätestens einem Jahr eine Ausbildung oder Beschäftigung beginnen. Im Einzelnen begannen 809 (2013/2014: 822) eine Ausbildung und 98 Jugendliche (2013/2014: 93) eine schulische Berufsausbildung. 156 Jugendliche gingen in Arbeit und Beschäftigung über (2013/2014: 162). Aus den Produktionsschulen sind weitere 166 Jugendliche in Ausbildung (114) oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (52) übergegangen. Daher wird für einen Abschlussjahrgang binnen eines Jahres eine Übergangsquote in Ausbildung und Beschäftigung von insgesamt rund 55 bis 60 Prozent erreicht (siehe auch Drs. 21/2683). 9. Ist der Senat mit den Ergebnissen der Schulabgängerbefragung 2015 zufrieden? Wenn ja, bitte begründen? Wenn nein, was gedenkt er zu unternehmen? Siehe Vorbemerkung.