BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2930 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 20.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Boden- und Luftuntersuchungen auf Flächen der geplanten Folgeunterbringung Osterfeldstraße Laut Mitteilung des Bezirksamtes Hamburg-Nord und auf Basis von Informationen der Homepage der Firma Maas & Raffay Immobilienentwicklungs- und Management GmbH sind im Gewerbegebiet im Bereich der Osterfeldstraße auf mehreren Flurstücken Folgeunterbringungen für Flüchtlinge im Umfang von etwa 480 Wohnungen in Form von „Express-Wohnen“ geplant. Ziel sei es, damit die vom rot-grünen Senat vorgegebenen 800 Wohnungen und drei Hektar Wohnungsbaufläche pro Bezirk zu erreichen. Es sei beabsichtigt, die Wohnungen vorrangig an Familien mit fünf bis sechs Personen pro Wohnung zu vergeben, insgesamt also 2.400 bis 2.880 Menschen. Darunter auch etwa 500 minderjährige Kinder und Jugendliche. Gemäß Recherche im Fachinformationssystem Boden des Bezirksabgeordneten Stefan Niclas Bohlen sind im Bereich des Bebauungsplans Eppendorf 7 und der Änderung des Bebauungsplans Eppendorf 7 vom 26.01.2004 (Ziffer 5.3 der Begründung) allerdings Altlastverdachtsflächen (6440-003/01: Deponie Nedderfeld; 6440-003/05: Produktion und Lagerung von Lacken und Farben) sowie drei ehemalige Tankstellenstandorte (6440-150/00, 6440- 152/00 und 6440-153/00) registriert. Dabei fallen Teile der oben genannten Altlastverdachtsflächen unmittelbar in den Bereich, der mit der Folgeunterbringung bebaut werden soll. Andere Bereiche grenzen direkt an diese Verdachtsflächen . Aufgrund der Ergebnisse früherer Untersuchungen ist in diesen Bereichen mit erhöhten Belastungen insbesondere durch Schwermetalle, Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) zu rechnen. Insbesondere letztere können über die Atmung sowie durch die Haut aufgenommen werden und führen zu Krebserkrankungen sowie zu Fruchtschädigungen oder Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit beim Menschen. Bei Kindern ist die Schadstoffaufnahme erwiesenermaßen besonders hoch. Im Übrigen wurde eine Deponiegasbildung im Ablagerungskörper nachgewiesen . In der Antwort auf die bezirkliche Kleine Anfrage Drs. 20-2456 des Bezirksabgeordneten Bohlen heißt es vonseiten des Bezirksamtes Hamburg- Nord nunmehr, dass eine „Wanderung von Gasen, die sich im Deponiekörper bilden können“, angesichts der ehemals nördlich an das Bauvorhaben angrenzenden Bauschutt- und Hausmülldeponie Nedderfeld nicht ausgeschlossen werden könne, die Zuständigkeit jedoch bei der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) läge. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/2930 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wann wurde die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens hinsichtlich der Errichtung von Folgeunterkünften für Flüchtlinge im Plangebiet Eppendorf 7 an der Osterfeldstraße beteiligt und mit welchem Ergebnis? Wenn keine Beteiligung stattgefunden hat, warum nicht und wann wird diese schnellstmöglich nachgeholt? Eine Beteiligung der Bodenschutzdienststellen des zuständigen Bezirksamts und der zuständigen Fachbehörde hat noch nicht stattgefunden, da Bodengutachten vom Bauherrn nachgefordert wurden. Sobald diese Unterlagen vollständig vorliegen, erfolgt eine Beteiligung der zuständigen Dienststellen. Zur Straffung des Verfahrens hat die Bauprüfdienststelle des zuständigen Bezirksamtes für den 2. Februar 2016 zu einer Antragskonferenz geladen, um etwaige Probleme zeitnah klären zu können. 2. a) Wann wurden welche Boden- und Luftuntersuchungen mit welchem Ergebnis jeweils in dem oben genannten Plangebiet und speziell auf den für die Folgeunterbringung für Flüchtlinge geplanten Flurstücken und den unmittelbar angrenzenden Flurstücken in den letzten 20 Jahren durchgeführt? (Bitte einen Link auf die jeweiligen Untersuchungsergebnisse mitsamt den Abschlussberichten angeben oder als Anlage beifügen.) Siehe Drs. 21/2821. b) Wie wurden die Untersuchungs- und Messergebnisse im Einzelnen von etwaigen Sachverständigen und der BUE bewertet? Aufgrund vorliegender Untersuchungsergebnisse besteht für die angrenzende Altablagerungsfläche bei aktueller Nutzung kein Handlungsbedarf, das heißt aus Gründen der Gefahrenabwehr sind keine Maßnahmen notwendig. Die betreffenden Grundstücke liegen mit dem nördlichen Teil in der sogenannten Gaswanderungszone der ehemaligen Deponie. Deponiegas ist im Allgemeinen nur im Deponiebereich selbst anzutreffen. Es kann im Untergrund aber unter bestimmten Voraussetzungen (wie Versiegelung der Deponieoberfläche und durchlässiger Boden) in seitlich angrenzende Grundstücksbereiche wandern und gegebenenfalls in bauliche Anlagen eindringen. Angesichts der nicht auszuschließenden Gaswanderung werden in Hamburg für Neubauten auf und im Nahbereich von Altdeponien (in der sogenannten Gaswanderungszone) vorbeugende bautechnische Sicherungsmaßnahmen gegen Deponiegaseintritte im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren vorgeschrieben. c) Welche Konsequenzen wurden aus den Untersuchungs- und Messergebnissen und den jeweiligen Bewertungen wann warum gezogen und umgesetzt? Die angrenzende ehemalige Deponie befindet sich in der Überwachung. d) Wann und in welcher Form wurde das Bezirksamt Hamburg-Nord und wer wurde genau im Bezirksamt Hamburg-Nord jeweils von den Untersuchungs- und Messergebnissen informiert? Das zuständige Bezirksamt wurde im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren informiert. e) Welche Maßnahmen wurden dem Bezirksamt Hamburg-Nord jeweils wann auf Grundlage der Untersuchungs- und Messergebnisse zur Umsetzung empfohlen? Es erfolgten Empfehlungen für Bauherren im Hinblick auf Gründung, Gassicherung, Entsorgung und Erdbauarbeiten. f) Gab es Empfehlungen der BUE an den Bezirk Hamburg-Nord für weitere Untersuchungen/Messungen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2930 3 i. ungeachtet weiterer Baumaßnahmen im oben genannten Plangebiet ? ii. für den Fall von Baumaßnahmen im oben genannten Plangebiet ? Nein. 3. Wann und in welcher Form, mit welchem konkreten Inhalt und mit welcher Konsequenz wurde der Bauherr und Grundstückseigentümer, der die Folgeunterkünfte für Flüchtlinge realisiert, auf die gemäß des oben genannten Dokuments vorhandenen Boden- und Luftbelastungen hingewiesen ? Siehe Antwort zu 1. und Drs. 21/2821. 4. Ist dem Senat oder der zuständigen Behörde (Umwelt und Energie) bekannt, ob vom Bauherrn Sicherungsmaßnahmen gegen die vorhandenen Boden- und Luftbelastungen geplant und vorgesehen sind? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht und ist vorgesehen, diese in Form von Auflagen einem Bauvorbescheid beziehungsweise der Baugenehmigung beizufügen ? Wenn nein, warum nicht? Dem zuständigen Bezirksamt ist nicht bekannt, ob der Bauherr aufgrund der frei zugänglichen Informationen des Bebauungsplanes bereits Sicherungsmaßnahmen gegen den Zutritt von Deponiegasen vorgesehen hat. Der Bauantrag wird derzeit geprüft. Im Baugenehmigungsverfahren werden durch die zentral für alle Altablagerungen zuständige Behörde die notwendigen Auflagen formuliert. 5. Welche bautechnischen Sicherungsmaßnahmen wären nach aktuellem Stand der Technik möglich und welche dieser Maßnahmen wären nach fachlicher Ansicht der Behörde sinnvoll, um die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner ausreichend vor Boden- und Luftverunreinigungen zu schützen? Siehe Antwort zu 2. b). Für Neubauten werden hier im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens vorbeugende bautechnische Sicherungsmaßnahmen (wie Gasdränageschicht , gasdichte Leitungsdurchführungen, keine gefangenen Räume unterhalb der Sohle) zur Verhinderung von Gasansammlungen und Gaseintritten in die Gebäude vorgeschrieben. Im Bereich der ehemaligen Tankstelle besteht Untersuchungsbedarf und gegebenenfalls Bedarf für einen Bodenaustausch. 6. Wer, wie und wann im Senat oder der zuständigen Behörden wurde vom Bezirksamt Hamburg-Nord über die bestehenden Altlastverdachtsflächen und über die Boden- und Luftverunreinigungen sowie die damit in Verbindung stehenden Gefahren für die künftigen Anwohnerinnen und Anwohner informiert? Die Informationen zu den Flächen befinden sich im Altlastenhinweiskataster und stehen den zuständigen Behörden zur Verfügung.