BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2932 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 20.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Erweiterung der Gorch-Fock-Schule Blankenese: Wer trägt die Verantwortung für die massive Bauverzögerung? Die Gorch-Fock-Schule ist eine große Grundschule in Hamburg-Blankenese. Sie wird von rund 500 Schülern besucht, verteilt auf 23 Klassen und zwei Vorschulklassen, und erfreut sich großer Beliebtheit und großem Zulauf. Allerdings platzt sie in ihrer heutigen Form nahezu „aus allen Nähten.“ Deshalb sollte sie, einem ersten, preisgekrönten Neubau aus dem Jahre 2010 folgend (1. Preis des Architekturwettbewerbes des BDA Hamburg 2012), im Rahmen einer weiteren Baumaßnahme erweitert werden. Die architektonische Planung des zweiten Erweiterungsbaus wurde zunächst von der Fachbehörde Schulbau Hamburg europaweit ausgeschrieben, allerdings wurde das Bewerbungsverfahren mit Datum vom 23. April 2013 mit der Begründung annulliert, dass „das Projekt nicht, wie bekannt gemacht, als separater Neubau realisiert“ werde (siehe dazu https://www.competitionline.com/de/ ausschreibungen/135581). In der Folgezeit bestellte die Fachbehörde Schulbau Hamburg erneut den für die Planung des ersten Erweiterungsbaus in 2009/2010 verantwortlichen Architekten und betraute ihn nunmehr auch mit der Realisierung eines Entwurfs für neue Ergänzungsbauten der Schule. Inhaltlich ging es dabei, in Anlehnung an den Wortlaut der Ausschreibung, um die „Planung eines Ergänzungsbaus, in welchem eine Verteiler- und Aufwärmküche , ein multifunktionaler Essbereich, zehn neue Klassenräumen, Gemeinschaftsflächen, Flächen für den Lehrerbedarf sowie einer Ein-Feld- Sporthalle Platz finden sollten. Die Gesamtmaßnahme sollte eine Nutzfläche von ca. 3 120 m² umfassen, den Abriss der veralteten Schulpavillons berücksichtigen , ein Investitionsvolumen von circa 5.640.000 EUR haben und im Dezember 2016 fertiggesellt sein“ (siehe Ausschreibungswortlaut, wie vor). Dieser Fertigstellungstermin scheint jedoch jetzt, sehr zum Leidwesen der neuen Schulleitung, des Kollegiums und der Elternschaft, in weite Ferne zu rücken: Ihnen allen wurde nach dem Ende der Sommerferien seitens Schulbau Hamburg mitgeteilt, dass der beauftragte Architekt hinsichtlich der ausstehenden , weitergehenden Planungsstufe entpflichtet worden wäre. Darüber hinaus wurde den Betroffenen mitgeteilt, dass der externe Projektsteuerer zum wiederholten Male gegen eine neue Personalie ausgetauscht worden sei. Schulseitig wird nun befürchtet, dass sämtliche in den letzten 2,5 Jahren seit der Präsentation erster Vorentwurfskonzepte am 23. September 2013, der darauf basierenden, genehmigten Vorentwurfsplanung und der Einreichung der Bauvoranafrage am 16. April 2014 erarbeiteten Projektinhalte verloren gehen könnten und erst neu erarbeitet werden müssten, bevor der Baubeginn in Perspektive rückt. Aufseiten des Architekten geht mit der Entpflichtung unter anderem auch ein Reputationsverlust einher. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/2932 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Trifft es zu, dass der für die Planung des zweiten Erweiterungsbaus bestellte Architekt ohne Durchlaufen des europäischen Ausschreibungsverfahrens den Zuschlag für die Planung des sogenannten Erweiterungsbaues erhalten hat und von Schulbau Hamburg als verantwortlicher Architekt für den Erweiterungsbau der GFS beauftragt/bestellt wurde ? 2. Wann erfolgte diese Beauftragung/Bestellung und warum hatte man zuvor zunächst das Ausschreibungsverfahren eröffnet? 3. Welche Kriterien (auch: Verhandlungen, Gespräche, Gutachten oder Ähnliches) waren in dieser Situation für die Auftragserteilung/Bestellung als verantwortlicher Architekt ausschlaggebend? Ist dieser Entscheidungsprozess behördlich dokumentiert und öffentlich nachvollziehbar? Wem gegenüber ist die/sind die zuständige/n Behörde/n beziehungsweise innerbehördliche/n Stelle/n rechenschaftspflichtig? 4. Was ist gemeint, wenn es unter dem Punkt „Anzeigentext Änderungen“ in der Ausschreibung heißt: „Das Projekt wird nicht wie bekannt gemacht als separater Neubau realisiert“? Wem obliegt die diesbezügliche Entscheidungs - und Definitionsfindung, ist die/sind die handelnde/n Behörde /n hierin gänzlich frei, wonach bestimmt sich, ob ein Neubau „separat“ oder „nicht separat“ realisiert wird? Handelt es sich dabei um eine Legaldefinition oder aber um eine Ermessensentscheidung und warum wurde der Neubau zunächst als „separat“ bekannt gemacht beziehungsweise ausgeschrieben? 5. Ändert sich die Ausschreibungsobliegenheit allein aufgrund des Status „separat/nicht separat“ und wenn nicht, wovon hängt sie im Übrigen ab? 6. Welche Stelle und welche handelnden Personen innerhalb der Fachbehörde Schulbau Hamburg und gegebenenfalls anderen verantwortlichen Behörden waren für die Auftragserteilung/die Bestellung des verantwortlichen Architekten zuständig und wurde diese Entscheidung einstimmig durch alle entscheidungsbefugten Verantwortlichen gefällt? Wenn nein, wer enthielt sich oder war gegen diese Entscheidung und warum? Im Rahmen eines Verfahrens gemäß Vergabeverordnung freiberufliche Leistungen (VOF) wurden als Planungsleistung ein Neubau als Ergänzungs- und Ersatzbau sowie eine Einfeld-Sporthalle ausgeschrieben. Vor dem Hintergrund der von der für Schule zuständigen Behörde vorgenommenen Konkretisierung der baulichen Umsetzung, in die auch die Nutzer einbezogen waren, hat SBH | Schulbau Hamburg (SBH) unter fachlichen Gesichtspunkten und nach den Grundsätzen der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit entschieden, dass die Baumaßnahme als Anbau zu einem Bestandsgebäude zu realisieren ist. Da hierdurch die Urheber- und Ausschließlichkeitsrechte des Planers des 2010 fertiggestellten Gebäudes berührt waren, musste das Vergabeverfahren nach Richtlinie 2004/18/EG aufgehoben werden, weil der beabsichtigte Auftrag in diesem Fall nur von einer bestimmten Person ausgeführt werden konnte und insofern ein Vergabeverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 Absatz 4 lit. a VOF durchzuführen war. Die Planungsleistung wurde daraufhin am 3. Februar 2014 an den Objektplaner des Bestandsbaus vergeben. Der Entscheidungsprozess ist durch die im EU-Amtsblatt erfolgte ex ante Bekanntmachung mit der dort aufgeführten Begründung dokumentiert. Die Geschäftsführung des Landesbetriebs SBH | Schulbau Hamburg führt das operative Geschäft in eigener Verantwortung. Die Aufsicht wird vom Verwaltungsrat beziehungsweise von der für das Sondervermögen Schulbau zuständigen Stelle wahrgenommen . 7. Wurden insofern behördenseitig möglicherweise schon bei der Erteilung des Auftrages für die Planung des Erweiterungsbaus Fehler gemacht, die sich im späteren Projekterlauf negativ auswirkten und das Verhältnis belasteten? Wären diese Fehler heilbar gewesen oder krankte das Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2932 3 „GFS-Erweiterungsbau II-Projekt“ an der Fehlentscheidung hinsichtlich der Bestellung des verantwortlichen Architekten? Nein. Im Übrigen: entfällt. 8. Welche Schritte und Maßnahmen der Qualitätssicherung wurden in der zweijährigen Planungsphase seit Planungsbeginn beziehungsweise der ersten Bauvoranfrage behördenseitig durchgeführt (bitte einzeln benennen und angeben, wo und in welchem Umfang diese Maßnahmen dokumentiert und gegebenenfalls öffentlich zugänglich sind) und gab es hier Grund zur Beanstandung beziehungsweise Dissens zwischen Behörde und Architekten oder anderen Beteiligten? Wenn ja, worüber, in welchen Abschnitten der Planung und wo ist dies dokumentiert und nachvollziehbar? 9. Warum konnte der schließlich zur Entpflichtung führende Dissens nicht im Verhandlungswege gelöst werden? Gab es tatsächlich keine Alternative zur Entpflichtung des Architekten? Gab es Bemühungen, einen Konsens zu finden und das Verhältnis fortzusetzen? Wenn ja, welche behördliche Stelle hat sich für die Fortsetzung der Vertragsbeziehung stark gemacht? 10. In welcher Planungsphase/welchem Stadium und mit welcher Begründung wurde gegenüber dem Architekten sodann die Entpflichtung ausgesprochen , wodurch wurde diese letztlich ausgelöst beziehungsweise wodurch war das Vertragsverhältnis derart belastet, dass es nach der zweijährigen Planungsphase nicht mehr fortgesetzt werden konnte? 11. Entsprachen die erstellten Pläne in ihrer praktischen Umsetzbarkeit und im Stil den Vorstellungen der Fachbehörde Schulbau Hamburg oder hätten sie insofern weiterer Anpassungen bedurft? Wenn ja, in welcher Art und Weise? 12. An welchen Punkten hätte konkret nachgebessert oder aber nachbestellt werden müssen, um einen Konsens und/oder auch eine praktische Umsetzbarkeit herbeizuführen? Wer hatte diese Punkte aus Sicht der zuständigen Behörde zu vertreten, zu welchem Zeitpunkt wurden sie erstmalig festgestellt und in den Fokus gerückt? Mit dem Objektplaner wurde ein Vertrag gemäß Verwaltungsvorschrift Bau abgeschlossen , der eine stufenweise Beauftragung nach Leistungsfortschritt vorsieht. Die Steuerung des Projekts erfolgte entsprechend dem Leistungsbild gemäß dem Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO). Im Rahmen des Planungsfortschritts wurde die Planung kontinuierlich weitergeschrieben und nach Vorlage der jeweiligen Unterlagen geprüft. Insbesondere die Ergebnisse der Entwurfsplanung und die Bau- und Kostenunterlage wiesen Abweichungen auf. Der Leistungsabruf erfolge bis zur Entwurfs- beziehungsweise Genehmigungsplanung . Nach umfassender Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten wurde vom Abruf weiterer Leistungen abgesehen. Ausschlaggebend für den nicht erfolgten weiteren Abruf von Planungsleistungen waren die Nichterfüllung der Kosten-, Flächen-, Qualitäts- und Funktionalitätsvorgaben . Diese wurden im Rahmen der Prüfung der Ende Mai 2015 eingereichten Bauund Kostenunterlage im Juli 2015 festgestellt. 13. Wie kann es in diesem Zusammenhang sein, dass es zunächst zu einer, dem jeweiligen Planungsstand entsprechenden, Ergebnispräsentation vor der interessierten Öffentlichkeit (auch Nachbarschaft der Schule) und sodann, am 29. Mai 2015, auch vor dem Schulsenator kam, anscheinend also Zufriedenheit mit den bis dahin vollzogenen Planungsphasen Drucksache 21/2932 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 bestand, im Nachgang dazu dann aber plötzlich das Vertragsverhältnis massiv belastende Kritikpunkte/Mängel festgestellt wurden? Es wurden die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Planungsunterlagen präsentiert. Die Prüfung der begründenden Unterlagen erfolgte nachfolgend. 14. Wie hätte nach Ansicht der Behörde mit diesen Punkten verfahren werden müssen, um einen Konsens herbeizuführen und welches Recht hätte nach Auffassung der Behörde hierbei zur Anwendung kommen müssen (Stichwort: Nachbesserung oder Nachbestellung)? Die Möglichkeit zur Nachbesserung wurde eingeräumt, führte jedoch nicht zu den erforderlichen Ergebnissen. Siehe auch Antwort zu 8. bis 12. 15. Befanden sich die Pläne im Zeitpunkt der Entpflichtung in einem Planungsstadium , welches für den Baubeginn ausgereicht hätte? Wenn ja, wann hätte der Bau demnach beginnen können beziehungsweise war der Zeitpunkt möglicherweise bereits definiert? Wenn nein, welche Schritte/Planungsphasen haben bis zur Baufertigkeit/ faktischen Umsetzbarkeit der Pläne gefehlt? Nein, es fehlten die Planungsleistungen von der beanstandungsfreien Entwurfsplanung bis zur Mitwirkung der Vergabe. 16. Wie wird mit den bisher erstellten Plänen verfahren werden, welche Rechte bestehen hieran seitens der beauftragenden Behörde, welche Rechte verbleiben dem Architekten und ist hier ein Kompensationsmechanismus vorgesehen? Die Planunterlagen werden nicht weiter verwendet. Das Verwendungsrecht liegt vertragsgemäß bei der Freien und Hansestadt Hamburg, Urheberrechte bleiben davon unberührt. Eine zusätzliche Kompensation ist nicht vorgesehen. 17. Ist es geplant, die vorhandenen Pläne im derzeitigen Planungsstadium zu übernehmen und zur Vollendung einem nachfolgenden Architekten zu übertragen? Wenn ja, steht dieser Nachfolger bereits fest, nach welchen Kriterien wurde die Auswahl getroffen und welchen Inhalt und Umfang hat dieser Auftrag? Die Pläne werden nicht in der Gesamtheit übernommen. Das Grundkonzept wird innerhalb der weiteren Überplanungen angepasst. Aktuell wird die Planung intern weitergeführt, die Objektplanung erneut ausgeschrieben und nach Eignung der Bewerber vergeben werden. Die Eignungskriterien werden aktuell erarbeitet. Im Übrigen : entfällt. 18. Wie wirkt sich die Entpflichtung vor Abschluss der Planungsphase finanziell für die zuständigen Behörden aus, welcher Teil der vereinbarten Honorarleistung entfällt, welche Kosten sind als verlorene/umsonst aufgewendete Kosten zu klassifizieren, mit welchen neuen, weiteren Kosten ist zu rechnen? Das Honorar für erbrachte Leistungen wird vertragsgemäß abgerechnet. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten. 19. Ist es korrekt, dass neben der erfolgten Kündigung des Architektenvertrages im Laufe der seit November 2013 verstrichenen Planungszeit mehrere Personalwechsel in der Steuerungsgruppe und der Projektleitung der SBH stattgefunden haben? Wenn ja, warum und wie wird in dieser Situation sichergestellt, dass kein Projektwissen verloren geht und die Projektkontinuität gewahrt bleibt? Mit dem Wechsel des Objektplaners wurde eine neue Projektleitung bestellt. Seitens SBH liegt eine kontinuierliche Projektbetreuung vor, ebenso werden die bisherigen Fachplaner die Planung fortführen. Die Projektkontinuität ist gewährleistet. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2932 5 20. Was bedeutet die Entpflichtung und der wiederholte Personalwechsel bei der Gruppe der Zuständigen bei SBH für die weitere Planung? Mit welchen Terminen für Baubeginn und Baufertigstellung wird behördenintern derzeit gerechnet? 21. Wird an der bisherigen Planung festgehalten, bleibt insbesondere der ursprüngliche Planungsumfang vollständig erhalten? Bleibt es insbesondere bei a.) der Planungsvorgabe, dass in dem Ergänzungsbau eine Verteilerund Aufwärmküche, ein multifunktionaler Essbereich, zehn neue Klassenräumen, Gemeinschaftsflächen, Flächen für den Lehrerbedarf Platzt finden sollen und dass b.) eine neue Einfeld-Sporthalle entstehen soll, c.) der Planungsvorgabe, dass die Gesamtmaßnahme eine Nutzfläche von rund 3.120 m² umfassen soll, d.) der Planungsvorgabe, dass die Maßnahme den Abriss der veralteten Schulpavillons berücksichtigen soll, e.) der Vorgabe, dass die Maßnahme ein Investitionsvolumen von circa 5.640.000 Euro haben wird f.) und im Dezember 2016 fertiggestellt sein wird? 22. Sofern von einer oder mehreren Planungsvorgaben im vorgenannten Sinne abgewichen wird: In welchem Umfang und warum wird von der ursprünglichen, an den klar definierten schulischen Bedarf angepassten Planung abgewichen und welche neuen schulplanerischen Erwägungen liegen dieser Entscheidung zugrunde? 23. Ist insofern damit zu rechnen, dass das „GFS-Erweiterungsbau-Projekt II“ einen (ganz oder in Teilen) neuen Planungsumfang erhalten und dementsprechend erneut ausgeschrieben wird oder bleibt bis auf den Wechsel des für die Planung verantwortlichen Architekten alles „beim Alten“? Nach aktueller Planung ist der Baubeginn für Ende des Jahres 2016 vorgesehen, die Baufertigstellung im Schuljahr 2017/2018. Die reine Bauzeit ändert sich nicht. Ansonsten haben sich die Planungsziele nicht verändert. Im Übrigen: entfällt. 24. Wie ist es zu erklären, dass es bei der bereits bauerfahrenen Gorch- Fock-Schule zu derart unprofessionellen Verzögerungen in Planung und Planumsetzung kommt, während Baumaßnahmen an Nachbarschulen (Schule Schulkamp) in kürzester Zeit und ohne nach außen bekannt werdende Probleme geplant, begonnen und demnächst fertiggestellt werden können? Die Planungsfortschreibung und -umsetzung erfolgen im Rahmen des üblichen Verfahrens , siehe Antwort zu 8. bis 12.