BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2939 21. Wahlperiode 29.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 21.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Fehlender Tiefgang im Hamburger Hafen – Und HPA und BWVI schauen zu? In der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/2795 beantwortet der Senat die Fragen ausweichend. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt: 1. Wie war der Oberwasserabfluss der Elbe seit 1999 an den weiteren Messstationen Geesthacht und Bunthäuser Spitze? Der Abfluss eines Gewässers ist eine indirekte, also berechnete Messgröße, die mithilfe einer durch Strömungsmessungen bei verschiedenen Wasserständen und entsprechenden Querschnittsprofilen kalibrierte „Wasserstands-Abflussbeziehung“ (= empirische Kurve) ermittelt wird. Für den Pegel Geesthacht (und alle weiteren Pegel bis nach Neu Darchau) gibt es eine solche Beziehung nicht. Sie wäre auch nicht sinnvoll, da die Lage der Wehrklappen in Geesthacht automatisch so gesteuert wird, dass sich immer ein konstanter Wasserstand von +4,10 mNHN* einstellt. Bei Sturmfluten oder Hochwasserwellen kann dieser Planwasserstand ausnahmsweise überschritten werden. Eine Abflussermittlung in Geesthacht ist im Übrigen auch deshalb entbehrlich, da es unterhalb von Neu Darchau keine Zuflüsse in die Elbe gibt, die in der Lage wären, den für Neu Darchau ermittelten Abfluss nennenswert (also um mehr als 1 Prozent) zu erhöhen, siehe „Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Elbegebiet III“: http://www.hamburg-port-authority.de/de/presse/studien-und-berichte/Seiten/ Gewaesserkundliche-Jahrbuecher.aspx. Die Daten für den Pegel „Geesthacht_OP“ (Oberpegel) sind im Portal Tideelbe abrufbar, siehe https://www.portal-tideelbe.de. Der Pegel Bunthaus befindet sich bereits im Tideeinflussgebiet. Daher enthalten die Wasserstands- und Strömungsmessungen hier überwiegend Einflüsse aus der Tidewelle . Im Tideeinzugsgebiet wird bei der Messgröße nicht von „Abfluss“ gesprochen, sondern vom „gerichteten Durchfluss“, da er in beide Richtungen (Flut- und Ebbströmung ) läuft. An der Bunthäuser Spitze werden Wasserstand und Strömungen gemessen und daraus unter Zugrundelegung mittlerer Querschnittsprofile die Flut- und Ebbstromdurchflüsse in den beiden einzelnen Elbearmen berechnet, um so eine qualitative Aussage über die Aufteilung der Wassermenge auf Norder- und Süderelbe zu generieren. Die Werte sind ebenfalls im Portal Tideelbe abrufbar. * mNHN = Meter in Bezug auf Normalhöhennull. Drucksache 21/2939 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Auch hier lässt sich die Entbehrlichkeit einer dezidierten Ermittlung des Abflusses auf die geringe Zulaufmenge der beiden einzigen Nebenflüsse Seeve und Ilmenau zwischen Geesthacht und Bunthaus, zurückführen. 2. Liegen die Angaben zu ausgebaggertem Schlick aus dem Jahr 2015 mittlerweile vor? Ja. a. Wenn ja, bitte monatlich im Vergleich zu dem Baggervolumen in 2014 darstellen? Jahr Monat Umlagerung von Sedi-menten im Gewässer* Landbehandlung von Sedimenten* 2014 Januar 321331 7109 Februar 309343 20379 März 753620 30776 April 0 77603 Mai 498568 39008 Juni 545885 46364 Juli 0 30606 August 0 19875 September 0 61245 Oktober 419381 173642 November 407669 99952 Dezember 529373 39004 2015 Januar 1234296 103407 Februar 1419735 130711 März 2479837 92332 April 0 174959 Mai 182648 40084 Juni 445464 69773 Juli 840556 27084 August 707466 13977 September 0 216841 Oktober 922752 109478 November 1103222 31832 Dezember 895606 10188 * Alle Angaben in m3 Profilmaß b. Wenn nein, warum nicht? c. Wenn nein, wann liegen diese vor? Entfällt. 3. Wie hoch waren die Kosten für die unter 2. genannten Baggermengen? Die Kosten für das Jahr 2015 liegen noch nicht abschließend vor. Zu den Gesamtkosten des Jahres 2014 siehe Drs. 21/389. 4. Welche Mehrkosten in welcher Höhe sind in den Jahren 2014 und 2015 durch Baggerarbeiten im Hamburger Hafen im Vergleich zu den Jahren 2012 und 2013 entstanden? Die Sedimentation im Hamburger Hafen unterliegt systembedingt großen Schwankungen , siehe zum Beispiel http://www.dialogforum-tideelbe.de/systemverstaendnistideelbe . Damit einhergehend schwanken auch die Baggermengen und die Kosten von Jahr zu Jahr. Zu den tatsächlichen Kosten siehe Drs. 21/389 und Antwort zu 3. 5. Aus Frage 2. der Drs. 21/2795 ergibt sich, dass die Durchfahrtstiefen im Köhlbrand alle vier Wochen gemessen werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2939 3 a. Wie waren die jeweiligen Messwerte der Durchfahrtstiefe für den Köhlbrand im Jahr 2015? Der Begriff der Durchfahrtstiefe ist kein definierter Fachbegriff und kann demnach auch nicht dargestellt werden. Der Verlauf der auf Basis durchgeführter Peilungen ermittelten Wassertiefen im Köhlbrand für das Jahr 2015 ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Peildatum* Wassertiefe (mKN)** 05.01.2015 -14,1 26.01.2015 -14,3 11.02.2015 -14,5 17.02.2015 -15,2 04.05.2015 -14,1 28.05.2015 -14 16.06.2015 -13,4 Peildatum* Wassertiefe (mKN)** 30.06.2015 -13,2 27.07.2015 -13 10.08.2015 -13,8 07.09.2015 -14,1 19.10.2015 -13,9 18.11.2015 -13,4 * Berücksichtigt sind nur Peilungen, die zu Veränderungen der möglichen Tiefgänge geführt haben. ** mKN = Meter bezogen auf Kartennull b. Wann wurden dabei erstmalig Mindertiefen festgestellt? Mindertiefen waren bereits am 1. Januar 2015 bekannt (nach Peilung im Vorjahr). c. Welche Maßnahmen wurden jeweils wann ergriffen, als erstmalig Mindertiefen festgestellt wurden? Sedimentationsbedingte lokale Mindertiefen sind in einem Tidehafen ein häufiges Phänomen, welches jedoch nicht immer zu nautisch relevanten Beeinträchtigungen führt. Daher wird die Wassertiefenunterhaltung in Abwägung mit den nautischen Anforderungen in operativen Baggereinsatzplänen umgesetzt, die kontinuierlich angepasst werden. Flexible Vertragsstrukturen mit den Baggerfirmen ermöglichen eine vergleichsweise kurzfristige Anpassung der Baggerkapazitäten an den jeweiligen Bedarf. So wurde zum Beispiel im Sommer 2015 bedarfsbedingt zunächst ein, dann ein zweiter großer Laderaumsaugbagger eingesetzt, mit denen die Situation im Köhlbrand und anderen Teilen der Delegationsstrecke erheblich verbessert werden konnte , siehe dazu Drs. 21/2474. Lokale Untiefen können oftmals bereits durch den Einsatz von Wasserinjektionsgeräten verbessert werden. d. Ist es zutreffend, dass die HPA bereits im Sommer 2015 Kenntnis von den Mindertiefen im Köhlbrand hatte? Ja. 6. Nach der „Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ aus dem Jahr 2012 soll das Hamburger Handlungskonzept nach Möglichkeit Bestandteil eines Sedimentmanagementplans für die Elbeästuar werden, der gleichzeitig Element eines Sedimentmanagementplans für die gesamte Elbe sein soll. Ziel für die Fertigstellung war 2012/2013. a. Wann wird dieser Sedimentmanagementplan vorliegen? b. Was ist der Grund für die zeitliche Verzögerung? Das Sedimentmanagementkonzept der Flussgebietsgemeinschaft Elbe (FGG Elbe, siehe http://www.fgg-elbe.de) wurde als länderübergreifend abgestimmtes Fachkonzept zur Erreichung überregionaler Handlungsziele im deutschen Einzugsgebiet der Drucksache 21/2939 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Elbe im Februar 2014 durch den Elbe-Rat bestätigt (siehe www.fgg-elbe.de/fggnews /news-details/items/sedimentmanagementkonzept-fgg-elbe.html). Es beinhaltet das Tideästuar und dient als Grundlage und Entscheidungshilfe zur Festlegung von Maßnahmen. Es ist gleichzeitig der nationale Beitrag zum internationalen Sedimentmanagementkonzept für das gesamte Einzugsgebiet der Elbe der Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE), siehe http://www.ikse-mkol.org/ index.php?id=922. Schwerpunkt des Konzepts ist unter anderem die quellnahe Sanierung von Schadstoffeinträgen, da immer noch rund 90 Prozent der Sedimentbelastung in Hamburg vom Oberstrom kommt. Zur Entwicklung eines optimierten Sedimentmanagements an der Tideelbe wurde das Dialogforum Tideelbe mit über 40 Interessensvertretern der Region durchgeführt (siehe http://www.dialogforum-tideelbe.de). Basierend auf dessen Empfehlungen und weiteren fachlichen Grundlagen wird das zukünftige Sedimentmanagement für die Tideelbe und den Hamburger Hafen abgestimmt. Die Verhandlungen mit den Nachbarländern und dem Bund werden sehr intensiv geführt und sind zeitaufwendig. Ziel ist es weiterhin, ein Einvernehmen mit Schleswig- Holstein bis voraussichtlich April 2016 zu erreichen. Hierauf haben die Senatsvertreter bei der Sitzung des Wirtschaftsausschusses der Hamburger Bürgerschaft am 5. Januar 2016 bereits hingewiesen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1044. c. Welche Mehrkosten ergeben sich aus der Verzögerung? Es ergeben sich keine Mehrkosten für die Unterhaltung, da diese planmäßig bis zum Ende der Umlagersaison durchgeführt werden kann und zudem noch Restmengen aus dem bestehenden Einvernehmen mit Schleswig-Holstein bestehen. d. Plant der Senat, in diesem Zusammenhang das ganzjährige Ausbaggern von Schlick im Hafenbereich zur Beseitigung von Mindertiefen zuzulassen? Wenn nein, warum nicht? Das Ausbaggern ist nicht an Umweltauflagen gebunden und zeitlich nicht limitiert, wohl aber die Umlagerung beziehungsweise Verbringung bei Neßsand. Derzeit befindet sich ein Sedimentmanagementkonzept in der Abstimmung mit den Nachbarländern und dem Bund, welches im April 2016 vorliegen und für die Unterhaltung im Hamburger Hafen ganzjährige Handlungsmöglichkeiten bieten soll. e. Ist Umweltsenator Kerstan in die Verhandlungen zum Sedimentmanagementplan eingebunden? Ja. f. Wird das neue Handlungskonzept zur Umlagerung von Baggergut in einen Sedimentmanagementplan für das Elbeästuar integriert werden ? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht und welche Abweichungen gibt es von den ursprünglichen Planungen? Sämtliche Konzepte werden kontinuierlich aufeinander abgestimmt. g. Welche Aspekte sind bisher noch nicht berücksichtigt worden und welche alternativen Verbringungsstrategien könnten einen Plan beziehungsweise ein Konzept wie ergänzen? Alle relevanten Aspekte wurden bei der Erstellung eines Sedimentmanagementkonzepts berücksichtigt, so wie diese auch bereits im Forum Strombau- und Sedimentmanagement Tideelbe berücksichtigt und diskutiert wurden (siehe http://www.dialogforum-tideelbe.de). 7. Mit dem Beschluss zur „Übergangsregelung zum Handlungskonzept zur Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe “ ist der Aufsichtsrat der HPA nicht befasst worden, laut Schriftlicher Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2939 5 Kleiner Anfrage Drs. 21/2574. Die Frage, warum dies geschehen ist, ließ der Senat unbeantwortet. a. Warum ist der Aufsichtsrat nicht befasst worden? Die bereits im Jahr 1998 zwischen den für Hafen und Umwelt jeweils zuständigen Behörden erstmalig vereinbarte verwaltungsinterne „Übergangsregelung zum Handlungskonzept zur Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ wurde im Jahr 2012 auf operativer Ebene an geänderte umweltrechtliche Vorgaben angepasst. Eine Befassung des Aufsichtsrates war daher nicht erforderlich. Im Übrigen siehe Drs. 21/2574. b. Wann hat die Geschäftsführung der HPA erstmalig Kenntnis davon erlangt, dass eine solche Vereinbarung existiert? Die Geschäftsführung wird laufend über alle relevanten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Gewässerunterhaltung informiert. c. Wann hat Senator Horch erstmalig Kenntnis davon erlangt, dass diese Vereinbarung existiert? Senator Horch wurde im Herbst des Jahres 2011 über die grundsätzlichen Rahmenbedingungen des Sedimentmanagements informiert und in diesem Zusammenhang auch über die umweltrechtlichen Bedingungen, wie sie bereits in der Verwaltungsvereinbarung von 1998 vereinbart und im Jahre 2012 lediglich fortgeschrieben wurden. Im Übrigen siehe Drs. 21/2574. d. Wann konnte erstmalig auf Basis des vorgenannten Handlungskonzepts eine Unterhaltungsbaggerarbeit nicht erfolgen, weil die darin beschriebenen Bedingungen es nicht zuließen? Das Handlungskonzept operationalisiert gesetzliche umweltrechtliche Vorgaben (unter anderem Wasserhaushaltsgesetz, Wasserrahmenrichtlinie et cetera), an denen sich die Unterhaltung ausrichtet. Seit dem Jahr 1998 sind Umlagerungen in der Hamburger Stromelbe in den Sommermonaten durch das Handlungskonzept geregelt. Die Unterhaltung wurde an diese Vorgaben angepasst. e. Wie viele derartige Fälle von ausgebliebenen Unterhaltungsbaggerarbeiten sind seitdem jeweils in welchem Jahr aufgetreten? Unterhaltungsarbeiten, die eine Umlagerung innerhalb der Hamburgischen Landesgrenze erfordern, wurden in den ökologisch sensiblen Ausschlusszeiten nicht geplant. Alle planmäßigen Unterhaltungsarbeiten konnten durchgeführt werden.