BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2951 21. Wahlperiode 29.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 22.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße – Bleibt der Bürger auf der Strecke? Die Wilhelmsburger Reichsstraße ist eine wichtige Wirtschafts- und Pendlerverbindung aus dem Bezirk Harburg und dem Landkreis Harburg in die Hamburger Innenstadt. In der Verlegung dieser wichtigen Straße liegen große Chancen für den gesamten Hamburger Süden. Durch die Bündelung der neuen Trassenführung mit der Bahn lässt sich zudem ein besserer Lärmschutz für die Anwohner realisieren und insbesondere der Schwerlastverkehr aus den Wohngebieten heraus auf diese Trasse lenken. Auch für die Stadtentwicklung bietet die Verlegung große Chancen, insbesondere für den Wohnungsbau entlang der aktuellen Trasse und des Ernst-August-Kanals. Die vielen Vorteile der Trassenverlegung wurden bereits durch Gutachten und ein Beratungsgremium bestätigt. Neben planfeststellungsrelevanten Punkten wurden Empfehlungen ausgesprochen, die nicht planfeststellungsrelevant sind, aber in jedem Fall berücksichtigt werden sollten. Dies betrifft zum Beispiel die Prüfung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen im nachgeordneten Straßennetz und die städtebauliche Entwicklung auf und entlang der Bestandsstraße. In der 20. Wahlperiode wurde dem Verkehrsausschuss der Bürgerschaft über die Berücksichtigung der Ergebnisse dieses Beratungsgremiums vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses berichtet (Drs. 20/8067). Hierbei gaben die Senatsvertreter über verschiedene geplante Maßnahmen und die voraussichtliche zeitliche Entwicklung von Bauvorhaben Auskunft. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße (B 75) befindet sich auf Grundlage des Planfeststellungbeschlusses vom 26. Juni 2013 bereits in der Umsetzung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Das Beratungsgremium hatte eine Reduzierung des Straßenquerschnitts gefordert. Die Senatsvertreter hatten im Ausschuss versichert, dass im Rahmen der Ausführungsplanung geprüft werden sollte, ob man in einem geringfügigen Bereich die Breiten der Fahrstreifen reduzieren könne. Hat diese Prüfung stattgefunden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die nochmalige Prüfung der zuständigen Fachbehörde hat die Wahl des Straßenquerschnitts bestätigt. Die aktuell vorliegenden Verkehrszahlen für den aktuellen Progno- Drucksache 21/2951 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 sehorizont 2030, die unter der Voraussetzung einer fertiggestellten und damit entlastenden A 26 ermittelt wurden, lassen eine Reduzierung des Querschnittes nicht zu. Bei einer prognostizierten Verkehrsbelastung von bis zu 67.000 Kfz/Tag muss der gewählte regelgerechte und ausreichend leistungsfähige Querschnitt uneingeschränkt realisiert werden. Er bietet Platz für alle notwendigen Querschnittselemente und ermöglicht ein Höchstmaß an Sicherheit für den Verkehrsteilnehmer, ohne die städtebaulichen Planungen einzuschränken. 2. Es sollte ferner im Rahmen der Ausführungsplanung geprüft werden, ob auf der neuen Trasse zur Lärmreduzierung eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Kilometer pro Stunde möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch die Errichtung von stationären Überwachungseinrichtungen zur Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überprüft werden. Wurde dieses Anliegen im Rahmen der Ausführungsplanung bereits geprüft? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? Die Wilhelmsburger Reichsstraße ist Teil des Bundesfernstraßennetzes und hat in dieser Funktion eine besondere überregionale Erschließungsfunktion. In diesem Zusammenhang ist eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h auf der zukünftig verlegten Wilhelmsburger Reichsstraße angemessen, zweckmäßig und gewährleistet einen sicheren Verkehrsbetrieb. Im Übrigen wird in der Ausführungsplanung von km 0+800 bis 3+000 der Einbau von offenporigem Asphalt (OPA) berücksichtigt. Die Errichtung von stationären Überwachungseinrichtungen ist kein Gegenstand der Ausführungsplanung, sondern wird bedarfsweise durch die Straßenverkehrsbehörde angeordnet. 3. Hamburg hatte beim zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Zustimmung beantragt, die neuen Brückenbauwerke der verlegten B 4/75 für Schwerlasttransporte aus dem Hafen mit maximal 290 Tonnen zu bemessen. Wurde diese Zustimmung bereits erteilt? Im Falle einer Ablehnung: Welche Konsequenzen hat dies für die Anwohner und den Verkehr? Welche alternativen Lösungsvorschläge erarbeitet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde? In Abstimmung mit dem BMVI werden alle Bauwerke, und damit auch das Bauwerk im Zuge der Kornweide über die verlegte Bundesstraße nach dem aktuellen statischen Regelwerk für Brückenstatik und zusätzlich für relevante Schwertransporte bemessen und ausgelegt. 4. Das Beratungsgremium hatte die Forderung nach einer Entwicklung von Mischgebieten am Jaffe-Davids-Kanal erhoben. In welchem Rahmen unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Forderung? Mit welchen Maßnahmen unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Forderung im Rahmen der Ausführungsplanung ? Das übergeordnete Rahmenkonzept „Hamburgs Sprung über die Elbe – Zukunftsbild Elbinseln 2013+“ sieht die Entwicklung eines gemischt genutzten Quartiers am Jaffe- Davids-Kanal vor, wobei sich die Nutzungen von West nach Ost staffeln, mit unterschiedlichen Anteilen von Wohnen und Arbeiten (siehe Drs. 20/13206). Die Internationale Bauausstellung (IBA) ist vom Senat beauftragt, für das Gebiet Nord-Süd-Achse, das den Bereich beidseits der Jaffestraße mitumfasst, die Projektentwicklung zu prüfen , und bereitet derzeit ein Wettbewerbsverfahren auf der Grundlage des Rahmenkonzeptes vor. 5. Der Senat kündigte in der Ausschusssitzung vom 30. April 2013 unter anderem an, dass ein Lkw-Führungskonzept für den Raum Wilhelmsburg unter Beteiligung der Öffentlichkeit vorangebracht werden soll. Wie ist der aktuelle Stand dieses Vorhabens? Erwägt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, dieses Lkw-Führungskonzept auf den Bezirk Harburg auszuweiten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2951 3 Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die Verkehrsuntersuchung zum Lkw-Führungskonzept ist abgeschlossen. Da es sich um ein rein regionales Konzept handelt, ist nicht geplant, dieses auf weitere Stadtteile beziehungsweise Bezirke auszuweiten. 6. Geplant war außerdem die Verlegung der Verbindung zwischen Tunnelstraße und Autobahnanschluss nach Norden in den Jahren 2015/2016. Wie ist der aktuelle Stand der Planung? Die Baumaßnahmen für die neue östliche Anbindung der Haupthafenroute, die einen neuen vierstreifigen Straßenanschluss an die A255 beinhaltet, beginnen Anfang Mai 2016. 7. Punkt 5. des Beratungsgremiums, welcher die Bremer und die Winsener Straße betrifft, wurde vom Senat nicht berücksichtigt, da das Beratungsgremium vom Bezirk Hamburg-Mitte eingesetzt worden war – so die Argumentation der Senatsvertreter. a. Welche Auswirkungen wird die Trassenverlegung nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde für die Anwohner der oben genannten Straßen haben? b. Welche Maßnahmen wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergreifen, um schädliche Auswirkungen auf die Anwohner der oben genannten Straßen zu vermeiden oder zu minimieren? c. Welche Konsequenzen wird die Trassenverlegung nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde insgesamt für den Hamburger Süden haben? d. Welche Maßnahmen wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergreifen, um schädliche Auswirkungen für die Bewohner des Hamburger Südens zu vermeiden oder zu minimieren? Die Trassenverlegung wird nicht zu spürbaren Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Süderelberaum und speziell in der Bremer Straße und der Winsener Straße führen. Künftige Zuwächse beruhen auf der allgemeinen Verkehrsentwicklung und der Entwicklung der Hafenverkehre. Folgende Maßnahmen sind bereits durchgeführt beziehungsweise in der Planung: Die Winsener Straße ist in der Liste der 40 lautesten Straßen aufgeführt. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2014 im Abschnitt zwischen der A 253 und der Jägerstraße in den Nachtstunden Tempo 30 angeordnet. In der Bremer Straße wurde der Einmündungsbereich an der Friedhofstraße in 2015 neu gestaltet und grundinstand gesetzt. Darüber hinaus sind in der Bremer Straße Dialogdisplays zur Geschwindigkeitsreduzierung im Einsatz. Für das Projekt Bremer Straße/Hohe Straße im Abschnitt von Sunderweg bis Harburger Umgehung (ohne den vorgenannten Verkehrsknoten) wurde Mitte Januar das Vergabeverfahren für die Planungsleistungen in die Wege geleitet . Nach aktuellem Terminplan wird dieses voraussichtlich im Mai 2016 abgeschlossen werden. Im Anschluss wird ein Ingenieurbüro mit der Verkehrsplanung beauftragt. Konkrete Planungen für die Bremer Straße/Hohe Straße liegen infolgedessen noch nicht vor. Vor dem Hintergrund der Länge der zu überplanenden Strecke, der insgesamt ungleichmäßigen Ausgestaltung und der zu erwartenden unterschiedlichen planerischen Anforderungen werden voraussichtlich Realisierungsabschnitte für das Projekt definiert werden. Abschnitte mit geringeren planerischen Anforderungen (zum Beispiel nur Erneuerung der Deck- und Binderschicht) werden vermutlich früher realisiert werden, als die Abschnitte mit erhöhtem planerischen Aufwand (Grundinstandsetzung). Unabhängig von der Abschnittsbildung ist ein Baubeginn frühestens ab 03/2018 realistisch. Drucksache 21/2951 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bei Fahrbahnen im Stadtstraßenbereich wird als Standardbauweise eine Deckschicht aus Splittmastixasphalt eingebaut, die bereits eine Lärmminderung von –2 dB(A) zum vorhandenen Belag realisiert. Dies ist, nach derzeitigem Kenntnisstand, auch in der Bremer Straße auf gesamter Länge vorgesehen. Speziellere lärmmindernde Beläge (zum Beispiel in Form eines offenporigen Asphalts) sind im Stadtstraßenbereich nicht üblich, da bei Geschwindigkeiten unter 60 km/h keine Reinigung des Materials erfolgt und die Lärmminderung so nicht auf Dauer gewährleistet ist. Ob alternative Materialien (gegenüber einem SMA, Standard) eingebaut werden, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. 8. Wie verläuft der Baufortschritt der Gesamtplanung? Der Baufortschritt der Gesamtmaßnahme entspricht der Terminplanung. 9. Wie verläuft der Baufortschritt der einzelnen Projektabschnitte? Bitte einzeln auflisten. Seit Baubeginn der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße sind folgende Bauarbeiten in Angriff genommen worden: Lärmschutzmaßnahmen ‐ Neubau von Lärmschutzwänden (LSW) im Bereich Katenweg und Siebenbrüderweide zwischen neben dem S-Bahn-Gleis und zwischen dem S-Bahn-Gleis und dem Gütergleis ‐ Neubau einer LSW im Bereich Leipeltstraße und Schwentnerring ‐ Neubau einer LSW im Bereich Vogelhüttendeich Baufeldfreimachung (Rückbau/Abriss und Herrichten des Baufeldes) ‐ Umfangreiche Kampfmittelsondierungen und -beräumung in den Bereichen der Lärmschutzwände, Gleisrückbau und Kabeltrassenneubau, ‐ Abbruch Bestandsgebäuden Vogelhüttendeich Hausnummern 159, 160, 164 – 170, 165 und 172 ‐ Abbruch des ehemaligen Instandhaltungswerkes der Bahn ‐ Rückbau/Abriss und Herrichten des Baufeldes der betroffenen Kleingärten Arbeiten im Bereich der zukünftigen Straßentrasse ‐ Baugrundverbesserung. ‐ Verlegung einer Wettern „Südliche Wilhelmsburger Wettern“ (Kanal beziehungsweise großer Entwässerungsgraben in Marschgebieten) im Bereich der Kornweide ‐ Verlegung von diversen Kabeltrassen ‐ vorbereitende Arbeiten für den Umbau der Anschlussstelle Wilhelmsburg-Süd Konstruktive Bauwerke ‐ Es laufen die Gründungsarbeiten beim Neubau der Ernst-August-Kanal- Brücke und der beiden Bahnbrücken in der Hafenbahnzufahrt Hohe Schaar Rückbau und Anpassung der Bahnmaßnahmen ‐ Rückbau von Gleisanlagen im mittleren Abschnitt ‐ Entwässerungsarbeiten und Vorbereitungen zur Neuinstallation der Leit- und Sicherheitstechnik ‐ Neubau von Signalmasten ‐ Beginn der Arbeiten zum Neubau von Gleisanlagen (Planung von insgesamt 5,5 km neuen Gleisen) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2951 5 Seit dem Jahr 2015 befindet sich die Maßnahme auf voller Länge in der Umsetzung. Weitere Informationen werden auf der Internetseite http://www.hamburg.de/ fernstrassen/wilhelmsburger-reichsstrasse/ bereitgestellt. 10. Zu welchem Zeitpunkt wird die Verlegungstrasse nach heutigem Stand für den Verkehr vollständig befahrbar sein? Nach heutigem Stand ist die Inbetriebnahme der verlegten Trasse bis Ende des Jahres 2019 vorgesehen.