BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2959 21. Wahlperiode 29.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 22.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Bauwahn von Flüchtlingsunterkünften und Wohnungen im Hummelsbütteler Landschaftsschutzgebiet Im Planungsausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek wurden in der vergangenen Woche die Verfahren zum Bau von Flüchtlingsunterkünften gegen den erbitterten Widerstand der CDU eingeleitet. An zwei Standorten, im Rehagen und an der Glashütter Landstraße, sollten ursprünglich nach den Plänen von SPD und GRÜNEN im Senat und im Bezirk jeweils 300 Wohneinheiten für Flüchtlinge gebaut werden. Bereits diese Pläne sind auf heftigen Widerstand von Anwohnern, Naturschützern (BUND und NABU) und der CDU gestoßen, da mehrere Tausend Flüchtlinge an einem Ort nicht integrierbar sind und die Bebauung zudem im besonders schützenswerten Landschaftsschutzgebiet geplant wurde. Nun wurden die Pläne noch einmal verschärft und damit für den gesamten Stadtteil umso dramatischer. Auf der besagten Sitzung des Planungsausschusses hat sich herausgestellt, dass neben den Wohneinheiten für Flüchtlinge in direkter Nachbarschaft an beiden Standorten weitere frei finanzierte Wohnungen gebaut werden sollen. Angeblich damit deren Bewohner dann die Flüchtlinge integrieren können. Diese Argumentation ist völlig absurd und stößt bei den Anwohnern auf keinerlei Verständnis. Dass Rot-Grün in dieser Weise ein Landschaftsschutzgebiet zubaut, widerspricht deren eigenen Koalitionsvertrag, schadet dem Vertrauen in die Politik und den Rechtsstaat insgesamt und führt zu einer Ghettoisierung mit Ansage in Hummelsbüttel. Rot-Grün nutzt die aktuelle Notsituation der Flüchtlinge aus, um ihr Wohnungsbauprogramm gnadenlos voranzutreiben und dabei auch vor Landschaftsschutzgebieten keinen Halt mehr zu machen. Es ist völlig unverständlich, dass die gesamte Umweltproblematik von der rotgrünen Koalition anscheinend vollkommen ausgeblendet wird. Es werden Festbauten geschaffen und ökologisch wichtige Flächen zerstört, die bisher von allen Parteien zu Recht geschützt wurden. Diese kurzsichtige und gefährliche Politik verpflichtet zum Widerstand. Die konkreten Details zur Infrastruktur lassen massiv zu wünschen übrig. Die Erschließung der neuen Baugebiete ist unzureichend geklärt. Eine soziale Infrastruktur nicht vorhanden, im Gegenteil: Beide Neubaugebiete Grenzen an sozial problematische Siedlungen. Rot-Grün agiert hier erneut sehenden Auges gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort und verschließt sich den Argumenten der Opposition und auch von namenhaften Umweltverbänden. Diese Politik ist nicht Drucksache 21/2959 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 hinnehmbar, da sie Hamburg auf Jahrzehnte zum Schlechteren verändert. Es werden Problemviertel geschaffen ohne Lösungen anzubieten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Wohneinheiten sollen am Rehagen und an der Glashütter Landstraße nach aktuellem Stand jeweils genau gebaut werden? 2. Wie viele dieser Wohneinheiten sind jeweils genau für die Flüchtlingsunterbringung vorgesehen? Siehe Drs. 21/1838. Nach dem bisherigen Stand der Planung sind am Rehagen circa 390 Wohneinheiten und am Wilden Moor etwa 300 Wohneinheiten vorgesehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. 3. Wie viele Flüchtlinge werden pro Wohneinheit durchschnittlich an dem jeweiligen Standort untergebracht? Pro Wohneinheit sollen maximal fünf Flüchtlinge untergebracht werden. Genauere Festlegungen gibt es noch nicht. 4. In welcher Schule/Kita sollen die Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften und aus den anderen Wohnungen beschult/untergebracht werden? Die Schulplätze werden bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt. Die weiteren Planungen der für Bildung zuständigen Behörde werden im Zuge der weiteren Verfahren konkretisiert. Im Rahmen des flexiblen, nachfrageorientieren Kita-Gutschein-Systems passen die Kita-Träger eigenständig durch die Erweiterung bestehender oder den Bau neuer Kitas ihre Betreuungskapazitäten den veränderten Nachfragestrukturen an. Es erfolgt keine Planung von Plätzen durch den öffentlichen Jugendhilfeträger. Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde wird in enger Kooperation mit dem bezirklichen Dienststellen und den vor Ort agierenden Kita-Trägern prüfen, in welchem Umfang neue Betreuungsangebote geschaffen werden müssen, indem die vorhandenen Kita- Angebote räumlich erweitert oder neue Kitas initiiert werden. Im Hamburger Kita- Gutschein-System erhalten die Kita-Träger die erforderlichen finanziellen Mittel für die Betreuung aller in der Kita betreuten Kinder beziehungsweise zur Finanzierung des dafür erforderlichen Personals mittels kindbezogener Leistungsentgelte. 5. Wann wurde mit der Prüfung der beiden Flächen für eine Flüchtlingsunterkunft begonnen? 6. Wann wurde mit der Prüfung der beiden Flächen für zusätzlichen Wohnungsbau begonnen? 7. Wann hat wer entschieden, dass auf den beiden Flächen neue Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet werden sollen? Maßgebend sind die Beschlussfassungen der Bezirksversammlung Wandsbek (Drs. 20-1697) vom 17. September 2015 und des Senates vom 6. Oktober 2015 (Drs. 21/1838). Im Anschluss wurde mit der Prüfung und Erarbeitung planerischer Konzeptionen begonnen. 8. Wann hat wer entschieden, dass auf den beiden Flächen zusätzlicher Wohnungsbau betrieben werden soll? Über einen über den Wohnungsbau für die Flüchtlingsunterbringung hinausgehenden Wohnungsbau ist bisher nicht abschließend entschieden. 9. An welcher Stelle und wann genau wurde der Bezirksamtsleiter in die Entscheidung über die Flüchtlingsunterbringung und den zusätzlichen Wohnungsbau jeweils eingebunden und hält er diese Einbindung für ausreichend? Siehe Antwort zu 5. bis 7. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2959 3 10. Wann, wie und durch wen wurden die betroffenen Anliegerinnen und Anlieger erstmals über die neue Flüchtlingsunterkunft informiert und hält der Senat diese Informationspolitik nach wie vor für angemessen und ausreichend? Wenn diese nicht informiert wurden, warum nicht? Die Bezirksversammlung Wandsbek hat ihre Beschlussfassung vom 17. September 2015 in öffentlicher Sitzung getroffen. Der Senat hat die Öffentlichkeit über seine Beschlussfassung vom 6. Oktober 2015 am gleichen Tage im Wege einer ausführlichen Pressemeldung umgehend informiert. Zusätzliche öffentliche Veranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger sowie weitere Veranstaltungen zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach dem Baugesetzbuch finden in Kürze statt. Über diese wird unter anderem durch weitere Pressemitteilungen sowie Plakatierung vor Ort informiert. 11. Wann, wie und durch wen wurden die betroffenen Anliegerinnen und Anlieger erstmals über den zusätzlichen Wohnungsbau informiert und hält der Senat diese Informationspolitik nach wie vor für angemessen und ausreichend? Wenn diese nicht informiert wurden, warum nicht? Siehe Antwort zu 8. 12. Wie viele Flüchtlinge sind nach Bezug der beiden Flüchtlingsunterkünfte im Stadtteil Hummelsbüttel insgesamt untergebracht, wie viel Prozent der Bevölkerung von Hummelsbüttel machen diese dann aus und aus welchen Herkunftsstaaten kommen die Flüchtlinge genau? Unter Berücksichtigung der derzeitigen Planungen, dass an den Standorten Am Rehagen und Glashütter Landstraße (Festbauten mit der Perspektive Wohnen) temporär jeweils Wohnmöglichkeiten für je 1.500 Schutzsuchende entstehen sollen, werden zukünftig circa 3.676 Flüchtlinge im Stadtteil Hummelsbüttel untergebracht sein. In den bestehenden Unterkünften der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (Flughafenstraße und Poppenbütteler Weg) leben derzeit insgesamt 520 Menschen. In die geplante Unterkunft am Lademannbogen ziehen 156 Menschen im Februar 2016 ein. Nach Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein (letzter Stand 31. Dezember 2014) wohnten 17.180 Menschen im Stadtteil Hummelbüttel. Insgesamt wird die Zahl der Anwohnerinnen und Anwohner im Stadtteil Hummelsbüttel dann circa 20.856 betragen. Der Anteil an Schutzsuchenden wird dann bei circa 17,6 Prozent liegen. Nach Auffassung der zuständigen Behörden sind Unterkünfte und Integrationsleistungen jedoch nicht allein im Stadtteil, sondern – je nach Standort – in einem größeren regionalen Zusammenhang zu sehen. Im Bezirk Wandsbek wohnten nach Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein (letzter Stand 31. Dezember 2014) 419.610 Menschen. Inklusive der derzeit für 2016 geplanten Unterkünfte stehen in Wandsbek 13.670 Unterbringungsplätze zur Verfügung, sodass sich ein Verhältnis von 100 Einwohnern zu 1,6 Unterkunftsplätzen ergibt. Da erst mit Unterkunftsbelegung feststeht, welcher Nationalität die Bewohner angehören , kann zum jetzigen Zeitpunkt hierzu keine Angabe gemacht werden. Hauptherkunftsländer der im Dezember 2015 nach Hamburg zugewiesenen Flüchtlinge waren Afghanistan (34,8 Prozent), Syrien (25,6 Prozent) und der Irak (20,1 Prozent ). 13. Wie soll die Erschließung der beiden Baugebiete erfolgen? Bitte detailliert Stellung zur Erschließung über Straßen, Strom, Wasser und öffentliche Verkehrsmittel nehmen. Das zuständige Bezirksamt prüft für beide Gebiete derzeit Alternativen. Abschließende Entscheidungen wurden noch nicht getroffen. 14. Wie viele Parkplätze werden pro Wohneinheit beim zusätzlichen Wohnungsbau geschaffen? Entfällt.