BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2969 21. Wahlperiode 02.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 25.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Täter von Berlin war polizeibekannt und kam aus Hamburg Ganz Deutschland ist fassungslos angesichts des Todes einer 20-jährigen Berlinerin, die von einem in Hamburg aufgewachsenen und lebenden Mann am Dienstagabend vor eine einfahrende U-Bahn gestoßen worden war. Schnell wurde bekannt, dass der drogensüchtige Mann, der unmittelbar vor der Tat aus Hamburg nach Berlin kam, eine lange kriminelle Karriere hinter sich hat und bereits wegen Körperverletzungsdelikten, Raub, Diebstahl und Einbruch aufgefallen war. Zudem ist in den Medien von einer „erheblichen Gewalttat“ die Rede, die der Täter vor längerer Zeit begangen haben soll. Das Bundeszentralregister enthält nach Angaben des „Hamburger Abendblatts “ vom 22.01.2016 sieben Einträge. Am Mittwochabend wurde der Mann in die Psychiatrie eingewiesen, nachdem ein Gutachter Anzeichen für eine „erheblich geminderte oder das Fehlen jeder Schuldfähigkeit“ festgestellt hatte . Laut Bericht der „Welt“ sei der Täter bereits einmal wegen Schuldunfähigkeit um eine Verurteilung herumgekommen. Das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat wird seit einiger durch zahlreiche Ereignisse gestört. Besonders beunruhigend sind die Unvorhersehbarkeit , mit der es Opfer trifft und die – speziell in Fällen wie diesem – drastischen Folgen. Angesichts der offenbar bekannten psychischen Beeinträchtigung des Täters sowie dessen zahlreicher Vortaten, ist es nicht nachvollziehbar , wieso er sich frei im Land bewegen konnte und eine psychische Betreuung oder Inhaftierung nicht gegeben war. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Pannenliste des Justizsenators Steffen um einen weiteren Fall gewachsen ist, dieses Mal mit ungeheuren Folgen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Inwiefern ist der Täter den Hamburger Behörden bekannt? Siehe Drs. 21/2958. 2. Wie ist der Täter sozialisiert gewesen? Bitte insbesondere Angaben zu Familien-, Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnverhältnissen machen. Der Betroffene ist iranischer Staatsangehörigkeit und ist in Hamburg aufgewachsen. Er ist ledig. Eine abgeschlossene Berufsausbildung hat er nicht. Er ist ohne feste Arbeit. Er war unter wechselnden Anschriften gemeldet und teilweise ohne festen Wohnsitz. Im Übrigen siehe Drs. 21/2958. 3. Welche Straftaten hat der Täter vor der Tat am Dienstagabend in Berlin bereits wann begangen? Welche Sanktionen zogen die jeweiligen Straftaten jeweils nach sich? Siehe Drs. 21/2958. Drucksache 21/2969 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Inwieweit trifft es zu, dass der Täter psychische Beeinträchtigungen aufwies ? Inwieweit hatten diese Einfluss auf seine Schuldfähigkeit? Wie sahen solche Beeinträchtigungen aus? Der Betroffene leidet unter einer psychischen Erkrankung. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sieht der Senat im Übrigen von weiteren Angaben zu dem konkreten Krankheitsbild und den sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen ab. Eine Begutachtung im Hinblick auf die Schuldfähigkeit ist nicht erfolgt. 5. Welche Maßnahmen sind aufgrund der psychischen Beeinträchtigungen bisher unternommen worden? Gab es insbesondere aktuell Maßnahmen /Behandlungen die vorgenommen wurden? Wenn ja, wie sahen diese aus? Seit Einrichtung der Betreuung im Jahr 2007 (siehe hierzu Drs. 21/2958) haben die jeweiligen Betreuer diverse ambulante oder stationäre Maßnahmen in Krankenhäusern oder schützenden Wohneinrichtungen initiiert. Darüber hinaus befand sich der Betroffene aus eigenem Antrieb freiwillig in stationärer Behandlung beziehungsweise der Obhut einer schützenden Wohneinrichtung. Zuletzt befand sich der Betroffene im Zeitraum vom 01.01.2016 bis 18.01.2016 freiwillig in stationärer Behandlung in der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll. Im Übrigen siehe Drs. 21/2958. 6. Wie ist die psychische Befindlichkeit des Täters und seine Anfälligkeit für das Begehen weiterer Straftaten zuletzt eingeschätzt worden? In der letzten richterlichen Anhörung vom 24. November 2015 im Beisein eines sachverständigenden Arztes lagen nach Mitteilung des Amtsgerichts keine Anhaltspunkte für fremdaggressives Verhalten des Betroffenen vor. Aus der stationären Behandlung in der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll wurde er am 18.01.2016 wegen fehlender Behandlungsgrundlage und fehlender akuter Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen. 7. Warum befand sich der Täter zum Tatzeitpunkt auf freiem Fuß? Die mit Beschluss vom 24.11.2015 angeordnete Unterbringung gemäß § 1906 BGB war bis zum 15.12.2015 befristet. Anlass für eine weitere Unterbringung des Betroffenen bestand für das Betreuungsgericht im Anschluss nicht. Ein erneuter Antrag des Betreuers auf Genehmigung einer (weiteren) Unterbringung nach § 1906 BGB erfolgte nicht, auch lag kein Antrag nach §§ 9 fortfolgende HmbPsychKG durch die zuständige Behörde vor. 8. Gibt es in Hamburg weitere Personen, die ein vergleichbares Profil aufweisen ? Wenn ja, was sind die Überlegungen des Senats hinsichtlich der Gefährdung durch diese Personen? Sofern eine Fremd- oder Eigengefährdung zu erkennen ist, besteht die Möglichkeit, auch gegen den Willen des Betroffenen freiheitsentziehende Maßnahmen zu treffen. In Bezug auf Unterbringungen aufgrund der Vorschriften des HmbPsychKG wurden bei den Hamburger Amtsgerichten im Jahr 2013 insgesamt 1.125 Unterbringungen angeordnet. Da im März 2014 die Software umgestellt wurde, ist seitdem keine Anzeige der angeordneten Unterbringung mehr möglich. Im Übrigen siehe Drs. 21/2958.