BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2983 21. Wahlperiode 02.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 25.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Duldung und Passersatz Der Zentrale Koordinierungstab Flüchtlinge führt in seinem Monitoringbericht vom 12. Januar 2016 aus, dass bis zu 70 Prozent der Asylsuchenden, deren Anträge abgelehnt wurden, aus rechtlichen, tatsächlichen und humanitären Gründen Anspruch auf Duldung haben. Darunter befinden sich auch abgelehnte Asylbewerber, die aufgrund ungeklärter Identitäten und aufgrund fehlender Pass- beziehungsweise Passersatzpapiere nicht zurückgeführt werden können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Am 28. Januar 2016 haben sich die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder auf weitere Maßnahmen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt (sogenanntes Asylpaket II), insbesondere auch auf Maßnahmen, mit denen nach erfolgloser Durchführung der Asylverfahren die Ausreisepflichten effektiver durchgesetzt werden. Danach wird der Bund seine Rückführungspolitik gegenüber wichtigen Herkunftsstaaten fortentwickeln. Die Akzeptanz von EU-Laissez-Passer- Dokumenten bleibt gegenüber allen Herkunftsstaaten ausdrücklich ein prioritäres Ziel. Bei der Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten soll im Rahmen eines umfassenden Ansatzes in allen Politikbereichen verstärkt berücksichtigt werden, in welchem Umfang diese Staaten bei Rückführungen kooperieren. Hamburg wird dies unterstützen und künftig zur Verfügung stehende Möglichkeiten zur Rückführung konsequent nutzen. Darüber hinaus wird der Bund seine Unterstützung bei der Passersatzbeschaffung intensivieren. Dazu wird auf Drängen Hamburgs eine neue Organisationseinheit beim Bundespolizeipräsidium eingerichtet, die zur Beschaffung von Heimreisedokumenten in ständigem Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsstaaten steht. Durch die neue Organisationseinheit soll die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern verbessert und dadurch sollen Rückführungen erleichtert werden. Durch die Anbindung beim Bund besteht die Möglichkeit, schnell auf ministerieller Ebene nachdrücklich und nachhaltig gegenüber den Herkunftsländern aufzutreten. Hamburg wird die Arbeit der Organisationseinheit unterstützen und die damit verbundenen Möglichkeiten intensiv nutzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Personen haben auf Basis welcher Rechtsgrundlagen in Hamburg eine Duldung erhalten? (Bitte jährlich aufschlüsseln für 2013 bis 2015.) Im Folgenden dargestellt ist die Zahl der Personen, die in den jeweiligen Jahren nach Ablehnung des Asylantrags erstmals eine Duldung erhalten haben: Duldungsgrund 2013 2014 2015 § 60a Abs. 1 AufenthG 1 1 0 Drucksache 21/2983 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Duldungsgrund 2013 2014 2015 § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (tatsächliche Hindernisse) 351 107 92 § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (fehlende Reisedokumente) 217 191 252 § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (familiäre Bindung zu Duldungsinhaber ) 8 8 8 § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (rechtliche Hindernisse) 87 24 14 § 60 a Abs. 2 Satz 2 AufenthG (sonstige Gründe) 274 789 954 § 60 a Abs. 2 Satz 2 AufenthG 1 2 1 § 71 AsylVfG bzw. AsylG (Asylfolgeantrag) 115 177 159 § 71 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG bzw. AsylG (Zweitantrag) 1 0 0 Ohne Angabe 8 3 4 Summe 1.063 1.302 1.484 (Quelle: Einwohner-Zentralamt, Stand: 26.01.2016) Die Zahlen zu 2015 sind möglicherweise noch nicht abschließend, da noch nicht alle Fälle im IT-Fachverfahren erfasst sind. 2. Wie hat sich die Zahl der abgelehnten Asylbewerber entwickelt, die aufgrund ungeklärter Identität oder mangels Pass- beziehungsweise Passersatzpapieren geduldet werden? (Bitte monatlich aufschlüsseln für die Januar 2013 bis Dezember 2015.) Die Anzahl der Personen, die wegen fehlender Reisedokumente im Besitz einer Duldung sind, können der folgenden Übersicht entnommen werden. Es handelt sich dabei um eine Sonderauswertung, die seit Ende 2013 auf Bitten des Einwohner-Zentralamtes durch das Ausländerzentralregister (AZR) erstellt wird. Inwieweit die Zahlen für die ersten Monate repräsentativ sind, kann nicht beurteilt werden, da die Abfragekriterien nachträglich angepasst wurden. Datum Anzahl der Duldungen 31.12.2013 210 31.01.2014 667 28.02.2014 1.032 31.03.2014 1.216 30.04.2014 1.343 31.05.2014 1.469 30.06.2014 1.503 31.07.2014 1.524 31.08.2014 1.521 30.09.2014 1.514 31.10.2014 1.515 30.11.2014 1.561 31.12.2014 1.561 31.01.2015 1.556 28.02.2015 1.582 31.03.2015 1.613 30.04.2015 1.628 31.05.2015 1.637 30.06.2015 1.689 31.07.2015 1.708 31.08.2015 1.670 30.09.2015 1.705 31.10.2015 1.688 30.11.2015 1.644 31.12.2015 1.646 (Quelle: Ausländerzentralregister) 3. In wie vielen Fällen konnte eine Klärung der Identität erfolgen? (Bitte jährlich aufschlüsseln für 2013 bis 2015.) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2983 3 Dies wird statistisch nicht erfasst. Für eine Auswertung müsste in allen bezifferten Fällen die Ausländerakte händisch nach den gewünschten Informationen durchsucht werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. In wie vielen Fällen konnten Pass- beziehungsweise Passersatzpapiere beschafft werden? Für das Jahr 2013 siehe Drs. 20/10343. Eine Datenbankabfrage des ausländerbehördlichen IT-Fachverfahrens hat ergeben, dass im Jahr 2014 insgesamt 230 Passersatzpapiere beschafft werden konnten. Im Jahr 2015 waren es 356. Angaben zu beschafften Pässen werden hingegen statistisch nicht erfasst und können aufgrund der Vielzahl an Fällen in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. 5. Was tut der Senat zur Beschleunigung der Aufklärung von Identitäten? (Bitte jährlich aufschlüsseln für 2013 bis 2015.) 6. Was tut der Senat, um die Beschaffung von Pass- beziehungsweise Passersatzpapieren zu beschleunigen? Die zuständige Fachbehörde nutzt, im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen , ständig alle für die Identitätsklärung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Dies umfasst Anhörungen und Befragungen, Auswertungen der Befragungen und Erkenntnisse anderer Behörden (zum Beispiel Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Polizei), Durchsuchungen von Personen, Vorführungen bei den Auslandsvertretungen der (angeblichen) Herkunftsstaaten und Expertendelegationen sowie Text- und Sprachgutachten durch das BAMF et cetera. Darüber hinaus unterstützt Hamburg Bestrebungen auf Bundesebene zur Einrichtung einer gemeinsamen Organisationseinheit Passbeschaffung (Zusammenarbeit von Bundespolizei und Ländern ) in Potsdam. 7. Welche Ansprüche auf Sozialleistungen haben abgelehnte Asylbewerber , die aufgrund mangelnder Pass- beziehungsweise Passersatzpapiere nicht zurückgeführt werden können? (Bitte nach Art und Höhe der Leistung aufschlüsseln.) 8. Setzt sich der Senat auf Bundesebene dafür ein, dass abgelehnten Asylbewerbern, die aufgrund mangelnder Pass- beziehungsweise Passersatzpapiere geduldet werden müssen, Ansprüche auf soziale Leistungen gekürzt werden? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die Tatsache, dass eine Person nicht über Pass- oder Passersatzpapiere verfügt, berührt ihren Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) grundsätzlich nicht. Die Höhe der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG ist unter der Ziffer II.1. der Arbeitshilfe zum AsylbLG (http://www.hamburg.de/basfi/ahasylblg /3733118/ah-asylblg-bverfg2012/) einsehbar. Der notwendige Bedarf wird in der Erstaufnahmeeinrichtung als Sachleistung gewährt. Wenn die Betroffenen an der Beschaffung neuer Pass- oder Passersatzpapiere nicht mitwirken, obwohl sie dazu in der Lage wären, und ihre Ausreise beziehungsweise aufenthaltsbeendende Maßnahmen deswegen nicht möglich sind, haben sie unter den Voraussetzungen des § 1a AsylbLG, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722), einen eingeschränkten Leistungsanspruch.