BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2992 21. Wahlperiode 02.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Meyer (FDP) vom 25.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Unregelmäßigkeiten bei der Sanierung des Deutschen Schauspielhauses Bei der Sanierung des neuen Schauspielhauses (DSH) sind Kosten in zweistelliger Millionenhöhe entstanden. Es kam zu Kostensteigerungen in erheblichem Umfang aufgrund von Planungslücken und Managementfehlern. Zuletzt hat der Senat im März 2015 über den Stand berichtet und angekündigt , eine Befassung von Senat und Bürgerschaft vorzubereiten (Drs. 21/89). Der Rechnungshof hat die Maßnahmen in seinem Jahresbericht 2015 scharf kritisiert und eine Reihe noch offener Fragen formuliert (Drs. 21/51, Textzahlen 317 – 329). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Deutschen Schauspielhaus (DSH) ist das größte deutsche Sprechtheater. Es befindet sich in einem historischen Theatergebäude von 1899, das unter Denkmalschutz steht. Für die Sanierung der Bühnenmaschinerie und die Erneuerung des Bühnenturms des DSH, die für die Funktionsfähigkeit von zentraler Bedeutung sind, sahen die ursprünglichen Planungen ein Volumen von 16.500.000 Euro vor. Kostensteigerungen waren, wie bereits im Rechnungshofbericht vom Januar 2015 (Drs. 21/51) dargestellt, auf eine nicht ausreichende Planungstiefe sowie unter anderem auch auf geänderte Anforderungen des Prüfstatikers, die Insolvenz des Planers und Verzögerungen aufgrund eines nachbarschaftlichen Widerspruchs zurückzuführen . Ergänzend hat das DSH aufgrund der im Spielbetrieb gewonnenen Erkenntnisse den Bedarf für weitere Maßnahmen im Umfang von 1.300.000 Euro benannt. Unter Einbeziehung baufachlicher Prüfer belaufen sich basierend auf dem „vorläufigen Mittelverwendungsnachweis“ (Stand vom 15. Dezember 2015) die bisherigen Kosten auf 22.577.000 Euro. Für noch offene Restarbeiten sehen die geprüften Planungen zusätzlich rund 753.000 Euro vor. Mit der geplanten Überführung der Immobilie des DSH in das Mieter-Vermieter- Verhältnis soll im Sinne der Drs. 20/14486 „Optimierung des Immobilienmanagements “ langfristig eine Vertragsbasis geschaffen werden, um Sanierungsbedarfe künftig berechenbar, professionell und effizient steuern zu können. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch waren die Kosten gemäß ursprünglicher Planung? 2. Wie hoch sind nach aktuellem Stand die tatsächlichen Kosten? Welche Budgetanpassungen ergaben sich aus jeweils welchen Gründen? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/2992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Der Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2015 die Gesamt- Realisierungskosten mit Stand Juli 2015 auf 24,6 Millionen Euro geschätzt (Drs. 21/51, Textzahl 326). Wann beabsichtigt die zuständige Behörde, die Bürgerschaft über diese eklatante Kostensteigerung von 50 Prozent der ursprünglich bewilligten Mittel zu informieren und gegebenenfalls entsprechende Mehrbedarfe zu beantragen? Eine Drucksache wird nach Abschluss der Prüfung zur Übernahme der Immobilie des DSH in das Mieter-Vermieter-Modell voraussichtlich Mitte 2017 vorgelegt. 4. Sind die Gesamtkosten inzwischen abschließend ermittelt worden? Wenn ja: Auf welche Summe belaufen sie sich? Wenn nein: Warum nicht und bis wann ist damit zu rechnen? Die tatsächlich aufgewendeten Kosten lassen sich erst nach Prüfung des endgültigen Mittelverwendungsnachweises voraussichtlich Mitte 2017 ermitteln. 5. Aus welchen Produktgruppen im Haushalt werden die ursprünglich geplanten Kosten finanziert und aus welchen sollen die darüber hinaus gehenden Kosten finanziert werden? Die Bereitstellung der ursprünglich vorgesehenen Mittel erfolgte in den Jahren 2012 und 2013 im Kapitel 3920 des Einzelplans 3.3. Zur Deckung der mit einer Nachtrags-Bau- und Kostenunterlage über 3.740.000 Euro gemeldeten Mehrkosten der Neue Schauspielhaus GmbH erfolgten im Jahr 2013 Mittelumschichtungen im Rahmen bestehender Deckungsfähigkeiten im Deckungskreis 04 „Hochbauinvestitionen im Bereich Kultur“ im Einzelplan 3.3 „Kulturbehörde“. Zusätzliche Bedarfe sollen im Rahmen eines Mieter-Vermieter-Modells abgebildet werden. Diese wären der Produktgruppe 25101 „Theater/Museen/Bibliotheken“ zuzuordnen. 6. Ist das DSH mittlerweile der Aufforderung der zuständigen Behörde nachgekommen, „die entstandenen Mehrkosten prüffähig nachzuweisen“ (Drs. 21/89, Frage 8.)? Wenn ja: mit welchen Ergebnissen? Wenn nein: Warum nicht und bis wann ist damit zu rechnen? Das DSH hat die erforderlichen Abrechnungsunterlagen aufbereitet, bereitgestellt und einen Zwischenverwendungsnachweis erstellt. Die vorgelegten Unterlagen wurden durch Prüfer auf Vollständigkeit geprüft; die Vergabeeinheiten/Baurechnungen wurden stichprobenweise intensiv geprüft. Die Ergebnisse sind in einem Zwischenprüfbericht dokumentiert. Da die Maßnahme erst nach Beendigung von Restleistungen fertiggestellt sein wird, kann der abschließende Prüfbericht voraussichtlich erst Mitte 2017 vorgelegt werden. 7. Sind die Baumaßnahmen mittlerweile vollständig abgeschlossen? Wenn nein: Warum nicht und bis wann ist damit zu rechnen? Nein. Restleistungen können erst in einer spielfreien Zeit erfolgen. Für einen Abschluss der Maßnahme wird die spielfreie Zeit 2016 angestrebt. 8. Mit welchen weiteren Investitionsbedarfen rechnet die zuständige Behörde, um das DSH wieder voll funktionsfähig zu machen? Weitere Investitionsbedarfe werden gegenwärtig im Rahmen einer Übernahme der Immobilie des DSH in das Mieter-Vermieter-Modell durch die Sprinkenhof GmbH geprüft. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2992 3 9. Wurde das Ziel (Einhaltung des Eröffnungstermins), aufgrund dessen die Kostensicherheit vernachlässigt wurde, eingehalten? Wenn nein, warum nicht? Nein. Die Spielzeiteröffnung 2013/2014 fand am 18. Januar 2014 statt. Die Verzögerung im Vergleich zum geplanten Eröffnungstermin 15. November 2013 ergab sich wesentlich aus der Havarie des Eisernen Vorhangs vom 22. Oktober 2013. 10. In welchem Zeitraum war die Funktionsfähigkeit des DSH gegebenenfalls in welchem Umfang eingeschränkt? Bitte genau erläutern. Seit Beginn des Spielbetriebs vom 18. Januar 2014 bestehen funktionale Einschränkungen in den Bereichen Untermaschinerie, Akustik, Beleuchtungssystem, Fahrrahmen , Portalbrücke, Bühnenauf- und -abtritte. 11. Das DSH hat im Zeitraum Juni 2013 bis Januar 2014 Bauleistungen beauftragt, die um 3,6 Millionen Euro über den bewilligten Zuwendungen lagen, ohne die zuständige Behörde auch nur zu informieren. Welche Konsequenzen haben das DSH, die Kulturbehörde sowie die Finanzbehörde jeweils aus dem Vorgang gezogen? 12. Welche Konsequenzen struktureller Natur zieht die zuständige Behörde aus den Vorgängen? Welche Mechanismen wurden eingeführt, um künftig derartige Verfahrensfehler, die zu eklatanten Kostensteigerungen geführt haben, zu vermeiden? Siehe Vorbemerkung. 13. Sehen Senat respektive zuständige Behörden juristische Möglichkeiten, um die zahlreichen schweren Verfahrensfehler zu ahnden? Wenn ja: bitte ausführen. In Abstimmung mit der Kulturbehörde hat das DSH verschiedene Rechtsverfahren gegen Dritte eingeleitet.