BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3004 21. Wahlperiode 02.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 26.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen im Auftrag der Hamburger Polizei – Gerechte Bezahlung? Die Anzahl der erforderlichen Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen erhöht sich stetig. Gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Flüchtlingsströme wird der Bedarf an diesen Leistungen noch weiter ansteigen. Vor allem im Bereich der Justiz sowie bei der Polizei ist es von erheblicher Bedeutung, dass die Dolmetscher und Übersetzer qualitativ hochwertig arbeiten. Um dies sicherzustellen ist es notwendig, dass die Vergütung wettbewerbsfähig bleibt. Sowohl im Vergleich zu privaten Auftraggebern als auch zu anderen Bundesländern schneidet die Stadt Hamburg dabei schlecht ab. Und selbst innerhalb der öffentlichen Verwaltung Hamburgs hängt die Höhe des Honorars davon ab, durch wen die Erteilung des Auftrags erfolgt. Wird ein Dolmetscher vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft beauftragt, hat er Glück gehabt; erfolgt die Beauftragung durch die Polizei, beispielsweise im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, verdient er nur deshalb zwischen 15 und 29 Euro pro Stunde weniger. Diese Differenzierung empfinden viele Dolmetscher und Übersetzer verständlicherweise als ungerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele öffentliche Aufträge wurden im Jahr 2015 von Polizei und Justiz jeweils an Dolmetscher und Übersetzer erteilt und wie hoch waren die dadurch verursachten Kosten für die beiden Bereiche? Die im Jahr 2015 von der Polizei erteilten Aufträge sind nachfolgend dargestellt: Anzahl der Aufträge Kosten Übersetzer 150 42.467,76 € Dolmetscher 4.194 2.071.236,84 € Gesamtergebnis 4.344 2.113.704,60 € Im Bereich der Justiz werden die zur Beantwortung der Frage benötigten Daten nicht gesondert statistisch erfasst. Die Gerichte geben die Akten nach Abschluss der Verfahren an die Gerichte der ersten Instanz beziehungsweise an die Staatsanwaltschaft zurück. Auch im Vorgangsbearbeitungs- und Vorgangsverwaltungssystem der Staatsanwaltschaft MESTA werden diese Daten nicht ausgewiesen. Zur Beantwortung der Frage müssten mehr als 150.000 Verfahrensakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Drucksache 21/3004 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nach Auswertung von Haushalts- und Kassendaten für Dolmetschervergütungen können die Zahlen für die Gerichte und die Staatsanwaltschaft lediglich annäherungsweise festgestellt werden, da nur die Anzahl der Auszahlungen und nicht die Anzahl der dahinterstehenden Einsätze erfasst werden. Danach erfolgten insgesamt 15.903 Auszahlungen an Dolmetscher mit einem Gesamtvolumen von 4.096.648 Euro. 2. In der Antwort des Senats auf die Große Anfrage Drs. 21/1583 wird zur Begründung für die im Bereich der Justiz ab 2013 zu erkennende Steigerung der Ausgaben im Wesentlichen auf die zum 1. August 2013 in Kraft getretene Erhöhung der Vergütung nach dem JVEG (Anmerkung: von 55 auf 70 Euro) und die zeitgleiche Erhöhung der Sätze der Rahmenvereinbarungen verwiesen. Während das Dolmetscherhonorar im Bereich der von der Justiz geschlossenen Rahmenvereinbarungen seit der Erhöhung im JVEG zumindest von 50 auf 65 Euro pro Stunde angepasst wurde, erfolgte keine Erhöhung bei den Rahmenvereinbarungen der Polizei; dies stellt sich ebenso für das Zeilenhonorar für Übersetzungen dar. Die Justizbehörde als oberste Landesbehörde im Sinne des § 14 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten hat die übrigen Behörden für ihren jeweiligen Geschäftsbereich ermächtigt, entsprechende Vereinbarungen abzuschließen . a) Aus welchem Grund erfolgte im Bereich der Polizei trotz der Erhöhung im JVEG keine Anpassung der Sätze der Rahmenvereinbarungen ? b) Das Stundenhonorar für vereidigte Dolmetscher beträgt im Bereich der Polizei nach wie vor 50 Euro und damit knapp 30 Prozent weniger als das im JVEG vorgesehene. Inwiefern halten die zuständigen Behörden diesen Vergütungssatz für angemessen? c) Das Stundenhonorar für unvereidigte Dolmetscher beträgt bei den Rahmenvereinbarungen im Bereich der Polizei sogar lediglich 36 Euro, obwohl das JVEG keine Differenzierung zwischen vereidigten und sonstigen Dolmetschern vornimmt. Inwiefern halten die zuständigen Behörden diesen Vergütungssatz sowie die – dem JVEG nicht bekannte – Ungleichbehandlung zwischen unvereidigten und vereidigten Dolmetschern für rechtmäßig und angemessen? Aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 14 JVEG in Verbindung mit den polizeilichen Dienstvorschriften wird zwischen der Polizei und den jeweiligen vereidigten Dolmetschern eine Rahmenvereinbarung und mit den jeweiligen unvereidigten Dolmetschern ein Rahmenvertrag geschlossen. Die unterschiedlichen Vergütungssätze resultieren aus den Anforderungen an eine Vereidigung und eine öffentliche Bestellung . Vereidigte Dolmetscher/Übersetzer müssen, um öffentlich bestellt werden zu können, eine Prüfung in einem Eignungsfeststellungsverfahren ablegen, bei der ihre fachliche Qualifikation geprüft wird. Neben der fachlichen Eignung ist die allgemeine Vereidigung und öffentliche Bestellung auch an persönliche Voraussetzungen geknüpft, die der jeweilige Bewerber erfüllen muss. Die unterschiedlichen Honorare sind vor diesem Hintergrund rechtmäßig und fachlich angemessen; diese wurden daher nicht angepasst. 3. In der Antwort des Senats auf die Große Anfrage Drs. 21/1583 wird im Hinblick auf die Frage, ob Dolmetscherleistungen, die im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens erforderlich werden, gegenüber der Staatsanwaltschaft oder gegenüber der Polizei abzurechnen sind, angegeben, dass dies gegenüber den jeweiligen Auftraggebern zu erfolgen hat. Bis Dezember 2014 sollen diese Dolmetscherund Übersetzeraufträge (zum Beispiel Telefonüberwachung/Überwachung von Besuchen in der UHA) direkt von der Staatsanwaltschaft Hamburg vergeben worden sein, sodass sie unter die Rahmenvereinbarungen der Justiz fielen und die Dolmetscher/Übersetzer den höheren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3004 3 Stundensatz beziehungsweise das höhere Zeilenhonorar erhielten. Seit Dezember 2014 dürfen diese Leistungen nur noch zu den schlechteren Konditionen gegenüber der Polizei abgerechnet werden, obwohl die Polizei hier lediglich als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft gemäß § 152 GVG tätig ist. a) Welche Änderung in der Abrechnungspraxis hat es wann, aus welchem Grund und auf wessen Veranlassung hin gegeben? Der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg fertigte am 12. Oktober 2006 einen Bericht zum Thema: „Prüfung – Kosten der Sachverständigen, Zeugen, Dolmetscher und Übersetzer“. Im Jahr 2010 erfolgte eine ämterübergreifende Prüfung der Innenrevision der Behörde für Inneres und Sport zum Thema „Dolmetscherkosten“. Das Ergebnis der Prüfung führte Anfang 2011 zum Erstellen der noch heute gültigen Rahmenvereinbarungen/Rahmenverträge. Gemäß § 119 Absatz 2 StPO obliegt die Haftkontrolle grundsätzlich dem anordnenden Gericht; allerdings kann das Gericht diese Überwachungsmaßnahmen auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die wiederum die Polizei hiermit beauftragen kann. In der Regel führt die Polizei diese Maßnahmen eigenverantwortlich ohne Kenntnis der Staatsanwaltschaft durch, nachdem ihr die generelle Überwachung einmalig übertragen worden ist. Hierzu gehört auch die Beauftragung der Dolmetscher. In der Vergangenheit kam es hierbei zu erheblichen Abrechnungsproblemen, da Rechnungen sowohl an die Staatsanwaltschaft als auch an die Polizei übersandt worden waren, Rückfragen zur Durchführung der berechneten Leistungen erfolgen mussten und hierdurch die Überprüfung der Richtigkeit der Rechnungen erhebliche Zeit in Anspruch nahm, was wiederum zu Beschwerden der Dolmetscher führte. Um den Prüfaufwand in einem organisatorisch und zeitlich angemessenen Rahmen zu halten, wurde nach Vereinbarung zwischen den Grundsatzabteilungen beider Dienststellen die Begleichung der Rechnungen ab Juli 2014 der Polizei übertragen. b) Inwiefern halten die zuständigen Behörden die jetzige Praxis für rechtmäßig? Die jetzige Praxis richtet sich nach den polizeilichen Dienstvorschriften in Verbindung mit § 14 JVEG. Grundsätzlich zahlt jede Dienststelle die von ihr beauftragte Leistung nach den für diese Dienststelle geltenden Regelungen. Letztlich ist in diesen Fällen somit die Polizei Auftraggeber der Leistungen und damit auch haushaltsrechtlich für die Rechnungsbegleichung verantwortlich. Nach diesem Grundsatz zahlt daher die Polizei die von ihr beauftragen Übersetzungstätigkeiten in der Regel nach den mit den Übersetzern gemäß § 14 JVEG abgeschlossenen Rahmenverträgen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass im Einzelfall eine gerichtliche Überprüfung der festgesetzten Vergütung auf Antrag möglich ist. Die Festsetzung der Vergütung erfolgt in diesem Fall gemäß § 4 Absatz 1 JVEG durch einen gerichtlichen Beschluss. Gegenwärtig ist ein Verfahren bei dem Landgericht Hamburg zu der Frage anhängig, welche Gebührensätze für die Festsetzung von Dolmetschergebühren bei der Durchführung von Haftstatuten durch die Polizei anzuwenden sind; insoweit wird in Kürze eine Entscheidung erwartet.