BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3057 21. Wahlperiode 05.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 28.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Ladungsverlust und Wachstumseinbußen durch die ausbleibende Fahrrinnenanpassung Bereits 2002 hat die Freie und Hansestadt Hamburg einen Antrag auf Anpassung der Fahrrinne der Elbe für die Erfordernisse der Containerschifffahrt beim Bundesverkehrsministerium gestellt. Fast 15 Jahre später ist man von der praktischen Umsetzung immer noch weit entfernt. In der Sitzung des Ausschusses für öffentliche Unternehmen wurde dargestellt, dass dem Hamburger Hafen jährlich ein enormes Wachstumspotenzial durch die ausbleibende Fahrrinnenanpassung verloren geht, weil Containerschiffe der G6- Allianz umgeroutet werden. Im Hafenentwicklungsplan 2025 ist die Umsetzung der Fahrrinnenanpassung Voraussetzung für die Umsetzung der prognostizierten Entwicklungen. Die Zeit läuft ab, es ist höchste Zeit zu handeln. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Warenverkehr und Hafenumschlag wird von selbständig agierenden Unternehmen in einem marktwirtschaftlichen Umfeld durchgeführt, die innerhalb des gegebenen Rechts- und Regelungsrahmens autonom und nach eigenen betriebswirtschaftlichen Nützlichkeitserwägungen ihre Geschäftsabläufe organisieren und steuern. Dies gilt unter anderem auch für die Hafenwahl, die Steuerung von Ladungsmengen, die Befrachtung von Schiffen und die Ausgestaltung von Fahrplänen, zu denen die Unternehmen weder gegenüber der Port Authority AöR (HPA) noch anderen öffentlichen Stellen zur Rechenschaft verpflichtet sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HPA und des Hamburg Hafen Marketing e.V. (HHM) wie folgt: 1. Wie viel Ladung geht dem Hamburger Hafen durch die bisher nicht erfolgte Anpassung der Fahrrinne jährlich verloren? (Bitte für die Jahre 2010 – 2015 auflisten.) Der HPA und der zuständigen Behörde liegen keine gesicherten, eigenen Informationen darüber vor, ob und in welchem Umfang von den Hafenkunden Ladung, die andernfalls in Hamburg umgeschlagen worden wäre, aus dem vom Fragesteller genannten Grund über andere Häfen geleitet wurde. 2. Wie viele Reedereien routen ihre Containerschiffe bereits um und wie viele Containerschiffe sind das pro Reederei? 3. Wohin werden die Containerschiffe aus Nummer 2. jeweils umgeroutet? (Bitte je Reeder auflisten.) Nach Auskunft von HHM derzeit keine. Zuletzt wurde nach Kenntnis der HHM in den letzten Jahren nur der Transatlantik/Transpazifik-Containerdienst PAX der G6-Allianz Drucksache 21/3057 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 von Hamburg nach Bremerhaven im Juli 2014 verlegt. Der Dienst war allerdings zuvor im August 2011 von Bremerhaven nach Hamburg verlegt worden. Nicht jede Veränderung bei den Fahrplänen, die dazu führt, dass ein Schiff beziehungsweise Containerdienst Hamburg nicht mehr anläuft, ist gleichzusetzen mit einer Umroutung. Eine Umroutung im eigentlichen Sinne wäre erst dann gegeben, wenn ein vorher regelmäßig über Hamburg laufender Schiffsverkehr tatsächlich in einen anderen Hafen umgeleitet würde. In welchen Fällen Reeder derartig agieren, ist weder der HPA noch der zuständigen Behörde umfassend bekannt. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und EUROGATE GmbH & Co. KGaA (Eurogate) haben sich hierzu auf Anfrage nicht geäußert. In der Regel werden bei derartigen Überseediensten bis zu zehn Schiffe eingesetzt. Der Einsatz ist im Einzelnen von verschiedenen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel der Zahl der angelaufenen Häfen, der Distanz der Häfen zueinander und der Häufigkeit der Anläufe. Bei Diensten im Feeder- und Kurzstreckenseeverkehr finden Veränderungen nahezu wöchentlich statt, dabei werden teilweise Fahrpläne nach Bedarf erstellt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viel Ladung geht dem Hamburger Hafen dadurch verloren, dass Containerschiffe der G6-Allianz umgeroutet werden und welche Reedereien der Allianz betrifft das? (Bitte für die Jahre 2010 – 2015 auflisten.) Die HHLA hat hierzu keine Auskunft erteilt. Der HPA und der zuständigen Fachbehörde liegen hierzu keine näheren Informationen vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wie viele Reedereien haben dem Hamburger Hafen bisher dauerhaft den Rücken gekehrt und laufen dauerhaft andere Häfen an, welche Reedereien sind das und welche Häfen laufen sie an? Keine. 6. Rechnet der Senat damit, dass die in den Ostseeraum umgerouteten Schiffe nach erfolgter Fahrrinnenanpassung wieder den Hamburger Hafen anlaufen? Die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe wird die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens stärken, und zwar auch gegenüber den Konkurrenzhäfen im Ostseeraum. Eine Verlagerung von Ladung und Schiffsanläufen von dort nach Hamburg ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch nicht verlässlich prognostizierbar. Auch andere Faktoren wie die Entwicklung von Charterraten und Bunkerkosten spielen dabei eine Rolle. Im Übrigen sind der HPA und der zuständigen Fachbehörde Umroutungen von Überseediensten in den Ostseeraum nicht bekannt, siehe auch Antwort zu 2 und 3. 7. Wie hoch schätzt der Senat die jährlichen Wachstumseinbußen, die dem Hamburger Hafen durch die nicht erfolgte Fahrrinnenanpassung entstehen ? (Bitte für die Jahre 2010 – 2015 auflisten.) Siehe Antwort zu 1. In der letzten Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 20. Januar 2016 hat Wirtschaftssenator Horch davon gesprochen, dass der Hafenentwicklungsplan weiterhin aktuell sei. 8. Welchen Einfluss hat die ausbleibende Fahrrinnenanpassung auf die in „Hamburg hält Kurs – Der Hafenentwicklungsplan bis 2025“ prognostizierten Entwicklungen beziehungsweise kann das geplante Wachstum gehalten werden? Die im Hafenentwicklungsplan dargestellte Umschlagspotenzialprognose wurde im Mai des Jahres 2015 durch eine neue Potenzial-Prognose ersetzt, die davon ausgeht, dass die Fahrrinenanpassung der Unter- und Außenelbe im Zeitfenster der Jahre 2017 bis 2020 umgesetzt wird. In dieser Hinsicht ist diese Prognose weiterhin aktuell. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3057 3 Im Übrigen siehe : http://www.hamburg-port-authority.de/de/presse/studien-undberichte /Documents/Endbericht_Potenzialprognose_Mai2015_5.pdf. 9. Welche Studien zur Entwicklung des Hamburger Hafens oder Teilaspekten haben die Stadt Hamburg und ihre Tochterunternehmen derzeit beauftragt? Mit welchen Zielstellungen und bei welchen Unternehmen sind diese Studien beauftragt? Wann werden sie jeweils veröffentlicht? Keine.