BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3069 21. Wahlperiode 05.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 29.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Strafverfahren gegen Salafistinnen und Salafisten Derzeit haben deutschlandweit Prozesse gegen Salafistinnen und Salafisten begonnen oder werden demnächst beginnen. Die Prozesse sind meist sogenannte Indizienprozesse. Andererseits kommt es nach Verhaftungen in der salafistischen/jihadistischen/islamistischen Szene gar nicht erst zu Gerichtsverfahren . Darüber hinaus war beispielsweise der salafistische Prediger Sven Lau kurz vor seiner Festnahme in Hamburg auf einer Veranstaltung aktiv. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Personen aus dem salafistischen/jihadistischem/islamistischen Milieu sind seit 2013 verhaftet worden? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht und Grund der Verhaftung. Eine statistische Erfassung in der Verbindung Personen aus dem salafistischen/ dschihadistischen/islamistischen Milieu und Verhaftungen erfolgt nicht. Beim Landeskriminalamt 7 sind nach den dortigen Erkenntnissen folgende Haftanordnungen ergangen: Jahr Anzahl der Verhafteten männlich weiblich Grund 2013 0 0 0 - 2014 1 1 1 1 0 0 Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß §§ 129a/b StGB Gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 StGB 2015 1 1 1 1 0 0 Versuchter Totschlag gemäß § 212 StGB Mittelbare Falschbeurkundung gemäß § 271 StGB 2016 0 0 0 - Einen Anspruch auf Vollständigkeit können diese Daten nicht erheben. a. Bei wie vielen Personen aus dem genannten Milieu kam es seit 2013 zu Ermittlungsverfahren mit welchem Ausgang? Bitte hier Urteilsbegründungen anhängen. Der zur Beantwortung der Frage erforderliche Umstand, ob der Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens mit salafistischer Gesinnung oder aus islamistischer Motivation heraus gehandelt hat, wird im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem MES- TA der Staatsanwaltschaft Hamburg nicht erfasst. Da gegen Beschuldigte mit den genannten Hintergründen bei der Staatsanwaltschaft zumindest auch wegen Brand- Drucksache 21/3069 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 stiftungs- (Brandanschlag) und Urkundsdelikten (versuchte Ausreise nach Syrien mit falschen Dokumenten) ermittelt wurde, hätte eine Vielzahl von Straftatvorwürfen in MESTA abgefragt, beigezogen und dann händisch ausgewertet werden müssen. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die folgenden Angaben können daher nicht den Anspruch auf (sichere) Vollständigkeit erheben. Bei der Staatsanwaltschaft erfolgt eine statistische Erfassung von Straftaten mit islamistischem Hintergrund erst seit 2015. Gegen 46 Beschuldigte aus dem genannten Milieu wurde seit 2013 ermittelt. Gegen 21 von ihnen wurde Anklage erhoben. Davon wurde inzwischen ein Beschuldigter als Heranwachsender wegen Straftaten gemäß § 281 StGB rechtskräftig zu einem dreiwöchigen Jugendarrest verurteilt. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat im Übrigen davon ab, Urteilsbegründungen zu abgeschlossenen Ermittlungs- oder Strafverfahren mitzuteilen . Gegen 15 Beschuldigte wurde das Verfahren gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. Gegen einen Beschuldigten wurde das Verfahren gemäß § 154f StPO vorläufig eingestellt . Die Verfahren gegen drei Beschuldigte wurden an den Generalbundesanwalt abgegeben . Gegen sechs Beschuldigte dauern die Ermittlungen an. b. Wie viele Verfahren gegen Personen aus der Szene befinden sich derzeit noch im Prozess? Gegen 20 Beschuldigte ist das Verfahren bei Gericht noch nicht abgeschlossen. 2. In welchen bundesweiten Fällen waren Angeklagte, wenn auch nur kurze Zeit, in Hamburg aktiv und was haben sie hier getan? Bitte aufschlüsseln nach Ort und Art der Tätigkeit. Dem Senat liegen keine entsprechenden Daten vor. 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, ob bundesweit und in Hamburg rechtliche Maßnahmen gegenüber straffälligen Personen aus der Szene verschärft werden sollen? a. Wenn keine Verschärfung des Rechts in Hamburg geplant ist, weshalb nicht? Das Europäische Parlament und der Rat arbeiten derzeit an einem Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung (COM(2015) 625 final), die auch Änderungsbedarf im deutschen Strafrecht auslösen könnte. Darüber hinaus ist dem Senat nicht bekannt, ob auf Bundesebene geplant ist, weitere Gesetze zu verschärfen. 4. Welche Erkenntnisse bringt den Hamburger Behörden die Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden konkret? Welche Einrichtungen/ Personen/Stadtteile/Orte in Hamburg stellen demnach besondere Anlaufpunkte für Personen aus der Szene oder Sympathisanten/-innen dar? Eine erfolgreiche Bekämpfung des islamistischen Terrorismus kann nur durch einen intensiven Informationsaustausch gewährleistet werden. Dieser wird durch die enge Einbindung der Hamburger Polizei und des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg im „Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) sichergestellt. Die Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden fließen in Lageanalysen /-berichte und in Gefährdungsbewertungen des Staatsschutzes ein.