BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3083 21. Wahlperiode 09.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf und Dr. Bernd Baumann (AfD) vom 01.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Naives Polizeikonzept anlässlich der AfD-Demonstration am 31.10.2015? Am 31.10.2015 hatte der Landesverband Hamburg der Alternative für Deutschland (AfD) unter dem Motto „Gegen das Politikversagen! Asylchaos stoppen!“ zur Demonstration aufgerufen. In einer Schriftlichen Kleine Anfrage vom 20.11.2015 (Drs. 21/2325) bestätigte der Senat was auch der Einsatzleiter der Polizei dem Versammlungsleiter der Demonstration mitgeteilt hatte: Das anwesende Polizeiaufgebot war zu gering, um die Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit der AfD durchzusetzen und die Sicherheit der Demonstrationsteilnehmer auf der geplanten Route zu gewährleisten. Gleichzeitig gibt der Senat an, welche Gegendemonstrationsaufrufe, die im Internet verbreitet wurden, ihm im Vorlauf der Demonstration bekannt geworden waren. Insbesondere haben demnach auf diese Weise auch verschiedene Organisationen aus dem Antifa-Spektrum zu Gegendemonstrationen aufgerufen . Der Vergangenheit hat gezeigt, dass von diesen regelmäßig Gewalt gegen Andersdenkende und Polizisten ausgeht und diese versuchen, rechtmäßige Versammlungen zu sprengen. Vor allem die Mobilisierung von Angehörigen des sogenannten Schwarzen Blocks geschieht auf diese Weise .   Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Auf wie viele Personen schätzt der Senat die Anzahl der potenziellen linksextremen Gewalttäter in Hamburg? In Hamburg sind derzeit circa 630 Personen dem gewaltorientierten linksextremistischen Personenpotenzial zuzurechnen, diese Zahlen bewegen sich daher auf dem Niveau des Vorjahres. 2. Wie viele Gegendemonstranten waren am 31.10.2015 insgesamt zugegen ? Wie viele davon kamen von außerhalb Hamburgs? Nach Erkenntnissen der Polizei beteiligten sich bis zu 1.200 Personen an der Gegendemonstration im Bereich des Hamburger Hauptbahnhofes. Darüber hinaus liegen der Polizei keine validen Daten vor. 3. Wie viele potenziell gewalttätige Gegendemonstranten waren am 31.10.2015 zugegen? Wie viele davon kamen von außerhalb Hamburgs ? Der Polizei liegen hierzu keine validen Daten vor. Nach Wahrnehmung der Polizei war ein Teil der Demonstranten als gewaltbereit einzustufen. Drucksache 21/3083 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Inwieweit entsprach die am 31.10.2015 gegebene Situation nicht der im Vorfeld von der Polizei vorgenommenen Lagebeurteilung? Hatte die Polizei im Vorfeld der Demonstration insbesondere die Anzahl beziehungsweise die Gewaltbereitschaft der Gegendemonstranten falsch eingeschätzt ? Siehe Drs. 21/2325. 5. Wie konnte es, angesichts der vom Senat in der Drs. 21/2325 geschilderten Mobilisierungsmaßnahmen der Gegendemonstranten zu einer derartigen falschen Einschätzung der Lage kommen? Was ist insbesondere anlässlich einer Demonstration der AfD nur eine Woche später in Berlin anders gemacht worden, sodass der Ablauf dort reibungslos gewährleistet werden konnte? Lagebeurteilungen für in anderen Ländern stattfindende Versammlungen obliegen dem Staatsschutz des jeweiligen Bundeslandes. Über die Erkenntnisse, die zur Lagebeurteilung in Berlin geführt haben, liegen der Polizei Hamburg keine Informationen vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/2325. 6. War anlässlich der AfD-Demonstration am 31.10.2015 der Innensenator in die Abläufe eingebunden? Wenn ja, in welcher Weise, wenn nein, warum nicht? Nein. Einsatzvorbereitung und Einsatzdurchführung obliegen der Polizei. Der Präses der Behörde für Inneres und Sport ist in derartige Abläufe grundsätzlich nicht eingebunden . 7. Waren zum Zeitpunkt der AfD-Demonstration Polizeikräfte anlässlich anderer Polizeieinsätze gebunden? Bitte Anlass und Anzahl der gebundenen Polizeikräfte nennen. Nein. 8. Sind anlässlich der AfD-Demonstration Polizeikräfte aus anderen Bundesländern zur Unterstützung angefordert worden? Wenn ja, wie viele und wie viele sind tatsächlich erschienen? Nein. 9. In der Anfrage vom 20.11.2015 (Drs. 21/2325) hat der Senat unter der neunten Frage tabellarisch die im Zusammenhang mit der Demonstration ergangenen Strafanzeigen aufgelistet. Wie ist insoweit der aktuelle Ermittlungsstand? Haben sich weitere beziehungsweise andere Strafanzeigen ergeben? Lfd. Nr. Rechtsverstöße/ Straftatbestände Anzahl Strafanzeigen Anzahl Tatverdächtige (TV) Phänomenbereich Anzahl der an die StA abverfügten Verfahren: 1 §§ 2, 17a, 27 VersG Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen /Schutzbewaffnung /Vermummungsmaterial 8 2 Links 2 2 § 21 VersG Verhindern /Stören einer Versammlung 2 Links - 3 § 26 VersG Durchführen einer Versammlung ohne Anmeldung 2 Links - 4 § 185 StGB Beleidi-gung 2 Links - Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3083 3 Lfd. Nr. Rechtsverstöße/ Straftatbestände Anzahl Strafanzeigen Anzahl Tatverdächtige (TV) Phänomenbereich Anzahl der an die StA abverfügten Verfahren: 5 §§ 185, 223 StGB Beleidigung und Körperverletzung 2 Links - 6 §§ 113, 223, 224 StGB Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit gefährlicher Körperverletzung 1 1 Links - 7 §§ 223, 224 StGB, §§ 17a, 27 VersG gefährliche Körperverletzung mit Vermummung 1 1 Links 1 8 §§ 223, 224 StGB gefährliche Körperverletzung 6 1 Links - 9 § 303 StGB Sachbe-schädigung 2 Links 1 10 §§ 303, 223 StGB Sachbeschädigung mit Körperverletzung 1 Nicht zu-zuordnen - 11 § 303 StGB Sachbe-schädigung 1 Nicht zuzuordnen - Summe: 28 5 Mit Stand 2. Februar 2016 wurden vier Ermittlungsverfahren bereits der Staatsanwaltschaft Hamburg zur weiteren Entscheidung übersandt. In allen 24 weiteren Verfahren dauern die polizeilichen Ermittlungen noch an. Es können sich noch Änderungen zu Tatumständen und Tatverdächtigen ergeben. Nach der Beantwortung der Drs. 21/2325 liegen der Polizei bisher keine weiteren Strafanzeigen vor. 10. In Frage 10. der genannten Anfrage gibt der Senat an, die Kosten für den Polizei-Einsatz des 31.10.2015 nicht konkret beziffern zu können. In einer Anfrage vom 01.10.2015 (Drs. 21/1785) anlässlich des sogenannten Tages der Patrioten in Hamburg, konnte der Senat einen konkreten Betrag nennen. Wieso ist das in diesem Falle nicht möglich? Die in der Drs. 21/1785 genannten Kosten beziehen sich ausschließlich auf Kostenrechnungen der zur Unterstützung herangezogenen Polizeien anderer Länder beziehungsweise der Bundespolizei. Kosten für Einsätze der Hamburger Polizei im eigenen Zuständigkeitsbereich werden nicht für jeden Einsatz gesondert erhoben. Diese Kosten werden generell aus dem zur Verfügung stehenden Haushaltsbudget gedeckt.