BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3124 21. Wahlperiode 09.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 03.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Fertigstellung Registrierungszentrum mit verschärfter Residenzpflicht am Bargkoppelstieg in Meiendorf Im Rahmen des Asylpaketes I im November hatte sich die Große Koalition auf Registrierungszentren mit verschärfter Residenzpflicht verständigt. In Hamburg sollte dieses Registrierungszentrum in Meiendorf nach Ankündigung des Senats bereits im Dezember 2015 seinen Betrieb aufnehmen. Der Fertigstellungstermin hat sich dann zunächst auf Februar 2016, dann auf April und inzwischen darüber hinaus verzögert. Das Einreisezentrum soll es zum einen der Freien und Hansestadt Hamburg ermöglichen, die massive Überlast an ankommenden Flüchtlingen schnell in andere Bundesländer zu verteilen und zum anderen die Rückführung von Flüchtlingen aus „sicheren Herkunftsländern“ unmittelbar von dort in ihre Heimat vorzunehmen. Die derzeitige Verzögerung verschärft die Flüchtlingssituation in Hamburg. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Ist inzwischen absehbar, wann welche Bauabschnitte beziehungsweise Abteilungen des Registrierungszentrums mit verschärfter Residenzpflicht den Betrieb aufnehmen werden? 2. Für welche Aufgaben werden die jeweiligen Bauabschnitte und Gebäudeteile beziehungsweise Abteilungen (Empfang, Unterbringung, Verwaltung , medizinische Erstuntersuchung und Versorgung, Registrierung EASY, Antragstellung BAMF, Außenstelle BAMF, Kammer Verwaltungsgericht , Rückführungsabteilung der Innenbehörde) errichtet? 3. Was sind im Einzelnen die Gründe für die Verzögerung der Inbetriebnahme ? Bitte genauer schildern. Die Eingangserfassung, Registrierung, Eingabe in das EASY-Verteilsystem und die medizinische Erstuntersuchung von in Hamburg eintreffenden Flüchtlingen erfolgen zurzeit in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in der Harburger Poststraße. Die im vergangenen Jahr aufgrund der in der zweiten Jahreshälfte sprunghaft angestiegenen Flüchtlingszahlen aufgetretenen Erfassungsrückstände sind durch entsprechende Personalaufstockungen, Amtshilfeleistungen der Bundeswehr, organisatorische Veränderungen wie die Verlagerung der Leistungssachbearbeitung in den Bargkoppelstieg und die Einrichtung von Verwaltungsaußenstellen zur Leistungssachbearbeitung , bereits erfolgtem und weiter erfolgendem provisorischem Ausbau der verfügbaren Raumkapazitäten zur Registrierungsbearbeitung in der Harburger Poststraße mittlerweile aufgearbeitet. Zurzeit wird, abgesehen von den Wochenenden, die tagesaktuelle Registrierung der in Hamburg eintreffenden Flüchtlinge gewährleistet. Auch die Bedingungen für die Erstuntersuchung konnten durch die provisorische Herrichtung von Räumen so verändert werden, dass derzeit die notwendige zeitnahe Unter- Drucksache 21/3124 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 suchung gewährleistet ist. Insgesamt ist mit den getroffenen Maßnahmen Vorsorge auch für einen wieder eintretenden Anstieg der Flüchtlingszahlen getroffen. Die Harburger Poststraße war als Zentrale Erstaufnahme eingerichtet worden, als die Zugangszahlen deutlich unter denen des zweiten Halbjahres 2015 lagen. Für die im zweiten Halbjahr 2015 aufgetretenen Zugangszahlen ist die Harburger Poststraße nicht hergerichtet. Im zweiten Halbjahr 2015 zunächst angestellte Prüfungen, die Harburger Poststraße für die erhöhten Zugangszahlen zu ertüchtigen, wurden verworfen, nachdem deutlich wurde, dass dies aufgrund der gegebenen räumlichen Bedingungen auch dauerhaft nur mit deutlichen Einschränkungen möglich gewesen wäre. Anders als in vielen anderen Ländern standen in Hamburg keine aufgegebenen oder noch genutzten, aber verfügbaren militärischen Liegenschaften zur Verfügung, die eine schnelle Schaffung großer Arbeitsraum- und Unterbringungskapazitäten, auch mit Unterstützung des Bundes, erheblich erleichtern. In dieser Situation wurden im Bereich des Bargkoppelweges Objekte für eine Nutzung als Zentrale Erstaufnahme angeboten. Ausgehend von einer Gesamtsicht auf die in diesem Bereich verfügbaren Objekte wurde hieraus im Oktober 2015 eine erste Prüfung vorgenommen, ob dort eine neue zentrale Erstaufnahme eingerichtet werden könnte. Diese ersten Prüfungen führten zu dem Ergebnis, dass unter Inanspruchnahme der verfügbaren Objekte ausreichende Arbeitsraum- und Unterbringungskapazitäten geschaffen werden könnten, um einen effektiven Betrieb einer Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung auch bei hohen Zugangszahlen zu ermöglichen. Gespräche mit dem Objektvermieter ließen zunächst eine schnelle Einigung über eine schnelle Überlassung der Objekte möglich erscheinen. Aufgrund zu klärender Rahmenbedingungen über Rück- und Umbauten an den bestehenden Objekten verzögerte sich die Überlassung der Objekte bis zum 01. Dezember 2015. Der Umstand, dass Bau- und Statikunterlagen für die Objekte nicht vollständig verfügbar waren, machte für einen Teil der vorgesehenen Umbauten Prüfungen zur technischen Umsetzung erforderlich, die erst nach Überlassung der Hallen erfolgen konnten (Kernbohrungen). Hinzu kam der erforderliche Rückbau eines Hochregallagers, das bauseitig übernommen werden musste. Darüber hinaus mussten im Planungsprozess sowohl absehbare Änderungen in den Bearbeitungsprozessen (gesetzliche Regelung zu Ankunftsnachweisen) wie auch eine Abstimmung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die Einbindung in das Ankunftszentrum berücksichtigt werden. Entsprechend konnten die ursprünglich vorgesehenen Termine nicht realisiert werden. Derzeit ist vorgesehen , die Erfassung, Registrierung, EASY-Verteilung und Erstuntersuchung im Mai 2016 in den Bargkoppelstieg zu verlagern. Dann sollen dort die sogenannte Bearbeitungshalle und eine der vorgesehenen „Unterkunftshallen“ fertiggestellt sein. Weitere Unterkunfts- und Versorgungshallen werden nach derzeitigem Planungsstand im Juli 2017 fertiggestellt werden und dann ergänzend als zusätzliche Reservekapazitäten zur Verfügung stehen. Die erforderlichen Bearbeitungskapazitäten für die Leistungssachbearbeitung sind im Bargkoppelstieg bereits vorhanden. Die räumlichen Voraussetzungen für die Verlagerung der Erstuntersuchung innerhalb eines Arztzentrums in den Bargkoppelstieg sind bereits geschaffen. Derzeit wird eine Ergänzung um eine Röntgenuntersuchungsmöglichkeit vor Ort geprüft, um die aktuell noch erforderlichen Transporte in das Bezirksamt Hamburg-Mitte zu vermeiden. Darüber hinaus sind im Bargkoppelstieg bereits Bürokapazitäten für das BAMF vorgesehen , über deren Ausgestaltung derzeit noch abschließende Gespräche mit dem BAMF geführt werden. Derzeit sind dort bereits 35 Arbeitsplätze geplant, sofern das BAMF hierzu bereit ist, soll die Kapazität erweitert werden. Unabhängig hiervon werden im Bargkoppelstieg wie vorgesehen noch bis zum August 2016 bauliche Maßnahmen zur Optimierung der Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen am Standort erfolgen (weitere Ertüchtigung der Sanitäranlagen, Ausstattung der Hallen mit Compartments, Erweiterung des Kantinenbereiches, Verbesserung der Lüftungsanlagen und so weiter), die auch bei einem Weiterbetrieb als Erstaufnahmeeinrichtung während des gegebenen Betriebs erfolgt wären. Es ist darauf hinzuweisen, dass die für den Umbau des Objekts Bargkoppelstieg vorgesehenen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3124 3 Kosten überwiegend unabhängig von der Realisierung eines Ankunftzentrums angefallen wären. 4. Der Senat hofft am neuen Standort auf effizientere Abläufe. Wie genau sollen diese aussehen? Es soll zukünftig innerhalb von 48 Stunden eine Entscheidung über die asylrechtliche Verteilung (§ 46 Asylgesetz) getroffen werden. Dadurch müssen keine Personen mehr auf Standorte in Hamburg aufgeteilt werden, die noch nicht registriert wurden. Der dadurch entstandene Verwaltungsaufwand verringert sich entsprechend. Am Standort Bargkoppelstieg ist daraufhin eine Aufenthaltsdauer von bis zu fünf Tagen geplant. Dort sollen die Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Gesundheitsuntersuchung und die leistungsrechtliche Registrierung stattfinden. Erst danach soll die Verlegung an einen der dezentralen Standorte erfolgen. Im Übrigen siehe Drs. 21/2148, 21/2496, 21/2724 und 21/2883. 5. Ist inzwischen geklärt, ob das BAMF mit in die neue ZEA ziehen wird? Wenn ja, wie viele Mitarbeiter (VZÄ) werden dorthin umziehen und was werden ihre Aufgaben sein? Siehe Drs. 21/2724 und 21/2883. Nach dem bisherigem Stand der Planungen werden dem BAMF zunächst circa 30 bis 35 zur Arbeitsplätze zur Aufnahme der Asylanträge sowie zur erkennungsdienstlichen Erfassung zur Verfügung stellt werden. 6. Wird das Verwaltungsgericht Hamburg dort eine Außenstelle einrichten? Wenn ja, mit wie vielen Kammern? Wenn nein, warum nicht? Eine Entscheidung über die Einrichtung einer Außenstelle des Verwaltungsgerichtes ist bisher nicht getroffen worden. Die zuständige Behörde klärt zurzeit, ob und unter welchen Voraussetzungen das in Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen einiger Flächenländer praktizierte Vorgehen zur Erzielung von Synergieeffekten sowie zur Beschleunigung der asylrechtlichen Verfahren auch im Stadtstaat Hamburg beitragen kann. 7. Wird die Innenbehörde dort eine Außenstelle einrichten, unter anderem zur Durchführung der Rückführungen? Wenn ja, mit wie vielen VZÄ, wenn nein, warum nicht? Die Innenbehörde betreibt das Ankunftszentrum und wird daher an den Standorten vertreten sein, um zum Beispiel die Registrierung, die asylrechtliche Verteilungsentscheidung und die leistungsrechtliche Registrierung durchzuführen. Zur aktuellen Stellensituation in diesen Bereichen siehe Drs. 21/2837. Rückführungen aus dieser Einrichtung sind nicht vorgesehen, da der Aufenthalt auf bis zu fünf Tage beschränkt sein soll und mit einem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens in dieser Zeit nicht gerechnet werden kann. 8. Mit welchen Kosten für die Umbauarbeiten wurde 2015 insgesamt kalkuliert ? In einer Aufstellung von Dezember 2015 werden die Kosten für den Umbau der Objekte Bargkoppelweg 60 (5,2 Millionen Euro), Bargkoppelweg 66 a (22 Millionen Euro) und Bargkoppelstieg 10 bis14 (14,3 Millionen Euro) auf insgesamt 41,5 Millionen Euro geschätzt. Siehe auch Antwort zu 1. bis 3. 9. Welche Maßnahmen wurden in diesen Kosten berücksichtigt? Die Maßnahmen umfassen die Herrichtung von Verwaltungs-/Büro- und Bewohnerbereichen (inklusive Kantine, Aufenthaltsräume, Sanitäranlagen, Arztbereich et cetera). 10. Wie sehen die derzeitigen Kosten aus? Weichen die Ist-Kosten von den Plankosten ab? Drucksache 21/3124 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn ja in welcher Höhe? Aktuell sind für den Bargkoppelstieg bauseitig Kosten in Höhe von 566.000 Euro entstanden , hiervon entfallen rund 6.000 Euro auf Reparaturarbeiten, rund 58.000 Euro auf Werkmaterial, rund 378.000 Euro auf Montagearbeiten, rund 80.000 Euro auf Entsorgungen und 44.000 Euro auf Transporte. Für den Bargkoppelweg 60 und 66 a sind bauseitige Rechnungen in Höhe von rund 3.000 Euro für Honorare und rund 20.000 Euro für Montagearbeiten beglichen worden (Stand: 4. Februar 2016). 11. Mit welchen Kosten wird angesichts der jetzigen Erfahrungen bis zur Fertigstellung noch gerechnet? 12. Was sind im Einzelnen die Gründe für die Kostensteigerung? Mit Ausnahme der monatlichen Mietkosten und sonstigen Sachkosten (für Büromaterial , Betten oder Ähnliches) sind etwaige weitere zusätzliche Kosten derzeit nicht kalkulierbar . Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen keine Anhaltspunkte bezüglich einer etwaigen Kostensteigerung vor.