BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3186 21. Wahlperiode 16.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 09.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Verbringung von Sedimenten (VII) – Fauler Kompromiss zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg? Laut Pressemitteilung der Landesregierungen haben Hamburg und Schleswig -Holstein sich auf eine gemeinsame Lösung für den Umgang mit Baggergut aus der Elbe geeinigt. Die Verbringung des Hafenschlicks zur Tonne E 3 in der Nordsee sei „die ökologisch verträglichste Lösung“. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Ist das für April 2016 angekündigte Sedimentmanagementkonzept fachlich und/oder rechtlich unabhängig von der mit Schleswig-Holstein getroffenen Vereinbarung zur Unterbringung bei Tonne E 3? Wenn ja, inwiefern? Das Sedimentmanagement für den Hamburger Hafen setzt sich zusammen aus einer Unterhaltungsstrategie für die Verbringung von Sedimenten an Land und im Gewässer , strombaulichen Maßnahmen zur nachhaltigen Reduzierung von Sedimentmengen in der Tideelbe und der aktiven Begleitung der Sanierung von Schadstoffquellen im gesamten Einzugsgebiet der Elbe. Im Übrigen siehe: http://www.hamburg-portauthority .de/de/presse/studien-und-berichte/Documents/SB-SM-Konzept-HPA- WSV.pdf. Das Sedimentmanagementkonzept wird beständig im Dialog mit Wissenschaft, Experten der Behörden der Länder und des Bundes sowie mit Stakeholdern aus der Region weiterentwickelt (zuletzt im Rahmen des Dialogforums Tideelbe). Die Vereinbarung mit Schleswig-Holstein fügt sich in diesen Prozess ein. 2. Welche rechtliche Qualität hat das angekündigte Sedimentmanagementkonzept ? Das „Strombau- und Sedimentmanagementkonzept für die Tideelbe“ (SSMK) dient den Behörden als strategischer Leitfaden für die Weiterentwicklung des Sedimentmanagements an der Tideelbe. Es hat keine rechtlich verbindliche Qualität. 3. Welche rechtliche Qualität hat die am 9. Februar 2016 angekündigte Einigung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein derzeit? Welche rechtliche Qualität soll sie bei Abschluss erhalten? Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich über Eckpunkte der zukünftigen Verbringung von Sedimenten zur Tonne E3 geeinigt. Diese Einigung bildet die Grundlage, auf der die HPA einen Genehmigungsantrag bei der zuständigen Zulassungsbehörde, Drucksache 21/3186 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) in Schleswig-Holstein, stellen wird. 4. Welche Mengen an Schlick in Kubikmetern können ab welchem Zeitpunkt auf der Grundlage der aktuellen Einigung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zur Tonne E 3 in die Nordsee verbracht werden? Auf Basis der Einigung wird es Hamburg zukünftig möglich sein, flexible Jahresmengen zur Tonne E3 in der Nordsee zu verbringen. Eine Verbringung kann ganzjährig erfolgen. Bis zum Vorliegen einer neuen formalen Genehmigung stehen Hamburg noch 1,5 Millionen m³ Restmengen aus dem bestehenden Einvernehmen zur Verfügung . 5. Welche sieben verschiedenen Verbringungsvarianten sind geprüft worden ? Folgende Verbringungsoptionen wurden – auf Basis der Empfehlungen des Dialogforums Tideelbe – von den zuständigen Behörden, den Ministerien der Länder Schleswig -Holstein, Niedersachsen und Hamburg sowie von der HPA und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) geprüft: Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) – Außenbereich, Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) – im Nahbereich der 12-Seemeilen-Zone, Nordsee – Küstengewässer im Bereich des sogenannten Schlickfallgebiets*, Nordsee – Küstengewässer südlich des sogenannte Schlickfallgebiets, Mündungsbereich der Elbe – Bereich Neuer Luechtergrund (stromab der maximalen Trübungszone), Elbe – Bereich St. Margarethen (in der maximalen Trübungszone), Elbe – Bereich Neßsand (stromauf der maximalen Trübungszone). 6. Anhand welcher Kriterien wurde schließlich die Entscheidung für die Verbringung des Hafenschlicks zur Tonne E 3 in der Nordsee getroffen? Ziel der fachlichen Auswertung war es, eine Vorzugsoption zu finden, die ökologisch eine geringe Belastung aufweist, technisch und wirtschaftlich realisierbar und in der Region gesellschaftlich annehmbar ist. 7. Wie ist der Zeitplan für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen anhand der Kernpunkte der Verständigung und anhand der im Eckpunktepapier dargestellten Schritte zur Reduzierung der Baggergutmengen (bitte anhand der einzelnen Kernpunkte darlegen)? Überprüfung auf Schadstoffe und Umweltmonitoring: Das Hamburger Baggergut wird bereits derzeit im Rahmen von Freigabebeprobungen regelmäßig auf Schadstoffe überprüft. Seit dem Jahr 2005 führt die HPA ein umfangreiches Umweltmonitoringprogramm an der Verbringstelle bei Tonne E3 durch. Strombaumaßnahmen: Hamburg legt derzeit die Grundlagen für den Aufbau einer Ästuarpartnerschaft, deren Gründung noch in diesem Jahr erfolgen soll. Es werden dann Sondierungen mit den Interessenvertreterinnen und -vertretern der betroffenen Region stattfinden. Ziel ist es, geeignete Maßnahmen im Rahmen dieser Zusammenarbeit zu priorisieren. Schadstoffsanierung: Sedimente die stärker mit Schadstoffen belastet sind, werden weiterhin aus den Gewässern entnommen. Darüber hinaus setzt sich Hamburg für die Sanierung der Schadstoffquellen im Elbeeinzugsgebiet ein. Mit dem bereits bestehenden Projekt * Als Schlickgallgebiet wird ein Gebiet südlich von Helgoland bezeichnet, das einen hohen Anteil an Feinsedimenten (= Sedimente der Korngröße < 63 µm) aufweist. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3186 3 „ELSA -Schadstoffsanierung Elbsedimente“ (siehe: http://elsa-elbe.de/) wird das Ziel verfolgt, geeignete Maßnahmen, zu initiieren und umzusetzen. 8. In den Kernpunkten der Vereinbarung heißt es, dass a. das Hamburger Baggergut regelmäßig auf Schadstoffe überprüft wird, b. das mit einem intensiven und abgestimmten Umweltmonitoringprogramm die Verbringung überwacht werden soll, c. sich Hamburg bereit erklärt, für das Baggergut 5 Euro pro Tonne Trockengewicht (entsprechend circa 2,5 Euro je Kubikmeter Laderaumvolumen ) in die gegründete Stiftung Nationalpark zu überweisen . d. Hamburg für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Sedimentaufkommens durch Strombaumaßnahmen kurzfristig eine Ästuarpartnerschaft mit dem Land Schleswig- Holstein, dem Land Niedersachsen und dem Bund gründen wird. 8.1 Wie hoch werden die Kosten für die von a. bis d. aufgeführten Maßnahmen sein? 8.2 Wie sollen die Kernpunkte der Verständigung und die anhand des Eckpunktepapiers umzusetzenden Schritte zur Reduzierung der Baggergutmengen finanziert werden (bitte genau darstellen)? Aus jeweils welchen Titeln welches Haushaltsplans soll die Finanzierung erfolgen? 8.3. Rechnet der Senat mit Kostensteigerungen aufgrund der Kernpunkte der Verständigung? Wenn ja, in welcher Höhe für welche Maßnahmen? 8.4 Fällt das geplante Defizit des Betriebsergebnisses der HPA in den Jahren 2016 und 2017 noch höher als geplant aus, weil die Kosten für die Baggermaßnahmen steigen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Bei der Überprüfung auf Schadstoffe lässt sich zwischen Monitoring und Beprobung nicht exakt differenzieren. Im Zuge der jüngsten Vereinbarung mit Schleswig-Holstein wird das Umweltmonitoring überprüft. Voraussichtlich werden sich die Kosten in einer ähnlichen Größenordnung bewegen wie in der Vergangenheit. Diese lagen für die Verbringung zur Tonne E3 im Jahr 2014 bei rund 0,6 Millionen Euro. Die Höhe der künftigen Mittel, die Hamburg in die Stiftung für den Nationalpark Wattenmeer überweisen wird, hängt davon ab, in welchem Umfang Baggergut in die Nordsee verbracht wird. Dies lässt sich derzeit nicht prognostizieren, weil die Sedimentation und die daraus resultierenden Anforderungen an die Wassertiefenhaltung von natürlichen und damit nicht vorhersehbaren Rahmenbedingungen abhängen. Die Kosten der Verbringung wird die HPA tragen. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung der HPA sind die Aufwendungen für die Wassertiefenunterhaltung enthalten. Mit Aufstellung des aktuellen Wirtschaftsplanes werden die der Planung zugrunde liegenden Annahmen überprüft und, wenn erforderlich, fortgeschrieben. Eine verlässliche Prognose der Kosten der Wassertiefenhaltung ist grundsätzlich nicht möglich. Im Übrigen siehe Drs. 21/3090. Die Kosten für die Verbringung von Sedimenten je m³ (Laderaumvolumen) bei Tonne E3 in die Nordsee werden sich um 0,5 Euro je m³ erhöhen. Zu den Kosten möglicher künftiger Strombaumaßnahmen lassen sich gegenwärtig keine Angaben machen. Die Finanzierungsgrundlage der Ästuarpartnerschaft wird derzeit festgelegt. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. Drucksache 21/3186 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Wie hoch waren die Ausgaben der HPA für Maßnahmen der Schlickbaggerung im Jahr 2015? 10. Wenn die unter 9. abgefragten Zahlen nicht vorliegen: Wann werden diese voraussichtlich vorliegen? Die Zahlen befinden sich derzeit in der abschließenden Prüfung. Sie werden bald vorliegen. Im Übrigen siehe Drs. 21/3090. 11. Plant der Senat eine Erhöhung der Zuweisungen an die HPA, um die höheren Ausgaben für die Sedimentverbringung zu kompensieren? Siehe Drs. 21/3090. 12. Wann wird das bisher nur angekündigte neue Sedimentmanagementkonzept vorliegen? Inwieweit werden der Bund beziehungsweise einzelne Bundesbehörden in die Gespräche mit eingebunden? Siehe Antwort zu 1.