BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/319 21. Wahlperiode 19.05.15 Große Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt, Jörg Hamann, Birgit Stöver, Ralf Niedmers, Dennis Gladiator (CDU) und Fraktion vom 22.04.15 und Antwort des Senats Betr.: Wohnungsbaubericht und Statistikreform – Wie steht es um die Transparenz des neuen Senats? Um Wohnungsbau steuern zu können, sind klare Aussagen über den Wohnungsneubau , die Sanierung und die Abgänge im Bestand unerlässlich. Solche klaren Aussagen konnte der SPD-Senat in der letzten Legislaturperiode nicht liefern. Zwischen den Zahlen des Senats und des Statistikamtes Nord waren in der Regel erhebliche Differenzen festzustellen. Die Forderung (Drs. 20/13956) der SPD-Regierungsfraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Haushalt 2015/2016 Ende letzten Jahres, einen jährlichen Wohnungsbaubericht zu erstellen, hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion begrüßt. Auf Nachfrage bezüglich der Umsetzung (Drs. 20/14072) kam vom Senat lediglich die lakonische Antwort „Der Senat hat sich hiermit bisher nicht befasst“. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Waren die Erstellung eines jährlichen Wohnungsbauberichts sowie eine Statistikreform hinsichtlich des Meldewesens im Wohnungswesen Bestandteil der Koalitionsverhandlungen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Der Wohnungsbaubericht findet im Koalitionsvertrag keine gesonderte Erwähnung. Der Senat wird das Petitum 2 aus der Drs. 20/13956 umsetzen. Im Übrigen enthält sich der Senat einer Bewertung der zwischen politischen Parteien geführten Koalitionsverhandlungen . 2. Wird der neue Senat unabhängig von Frage 1. einen Wohnungsbaubericht nach den Forderungen der SPD-Regierungsfraktion in der Drs. 20/13956, Nummern 2. a. bis 2. g. und 3., erstellen? Wenn ja, in welcher Form sollen diese Informationen aufbereitet werden ? Wenn nein, warum nicht? 3. Plant der Senat, weitere Informationen über die in der Drs. 20/13956 geforderten Informationen hinaus in den Wohnungsbaubericht mitaufzunehmen ? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/319 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ja. Über die Form der Umsetzung und den konkreten Inhalt des geplanten Wohnungsbauberichts sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen. 4. Wird das Meldesystem der Bezirke beziehungsweise der Wohnungsbauinvestoren zur Erstellung des Wohnungsbauberichts reformiert? Wenn ja, in welcher Form und bis wann? Wenn nein, warum nicht? Für den geplanten Wohnungsbaubericht ist keine Reform des bestehenden Meldesystems der Bezirksämter notwendig, da er Daten umfassen wird, die bereits regelmäßig erhoben und veröffentlicht werden. 5. Plant der Senat, auch das Meldesystem des Statistikamts Nord zu reformieren beziehungsweise anzugleichen? Wenn ja, in welcher Form und bis wann? Wenn nein, warum nicht? Nein. Im Rahmen der amtlichen Statistik des Statistikamts Nord erscheinen die Genehmigungszahlen in der Regel im 1. Quartal des Folgejahres, während die Fertigstellungszahlen erst zum Ende der ersten Jahreshälfte des Folgejahres veröffentlicht werden. Darüber hinaus werden die Genehmigungs- und Fertigstellungszahlen auch in den Bezirksämtern erhoben (siehe Antwort zu 4.) und liegen dort bereits zum Anfang des Folgejahres vor. Zu den amtlichen Statistiken des Statistikamts Nord können jedoch Abweichungen auftreten. Zu den Gründen für diese Abweichungen siehe das Vorwort der Drs. 20/11209. 6. Nach welcher Systematik werden derzeit die Zahlen der Baugenehmigungen für Wohnungen sowie die Zahlen der Wohnungsfertigstellungen von den Bezirksämtern, den Wohnungsbauinvestoren und dem Statistikamt Nord erhoben (bitte jeweils detaillierte Auskunft über die einzelnen Erhebungsschritte)? a. Wie wird hinsichtlich der Bauvoranfragen und der Baugenehmigungen verhindert, dass es zu Doppelzählungen in der Statistik kommt? b. Wie wird hinsichtlich der Fertigstellungen und der Bauabnahmen verhindert, dass es zu Doppelzählungen in der Statistik kommt? Die Zahlen der Baugenehmigungen für Wohnungen sowie der Wohnungsfertigstellungen werden in den Bezirksämtern über das IT-Programm BACom erfasst und über das IT-Programm Datawarehouse ausgewertet. Im Programm BACom sind für das Eintragen der Anzahl der Wohnungen automatisierte Zwangsfelder eingerichtet worden . Erhält die Bauaufsichtsbehörde eine Baubeginn-Mitteilung, wird im Programm BACom ein Bauüberwachungsvorgang angelegt und die Anzahl der fertig zustellenden Wohnungen aus dem Baugenehmigungsvorgang übernommen sowie das Datum des Baubeginns eingetragen. Nach Erhalt der Fertigstellungsmeldung wird das Datum der Fertigstellung in den Bauüberwachungsvorgang übernommen. Diese erfassten Daten sind über das Datawarehouse zum Monatsende abrufbar und auswertbar. Das Statistikamt Nord führt die Erhebungen zu den Bautätigkeitsstatistiken auf der Grundlage von EU-Recht und Bundesgesetzen durch. Rechtliche Grundlagen auf Bundesebene sind das Bundesstatistikgesetz (BstatG) und das Hochbaustatistikgesetz (HBauStatG). Die über das HBauStatG festgelegten Berichtspflichten zu den Bautätigkeitsstatistiken richten sich sowohl an Bauherren als auch an kommunale oder behördliche Stellen. In Hamburg sind damit sowohl Bauherren (oder deren beauftragte Architekten) als auch die Bauprüfdienststellen der Bezirksämter gegenüber dem Statistikamt Nord auskunftspflichtig . Die Auskunftspflicht der Bauprüfdienststellen wird in der Regel durch ein Weiterleiten des vom Bauherren mit dem Genehmigungsantrag abgegebenen Statistikbogens an das Statistikamt erfüllt. Teilweise werden die Statistikbögen auch direkt von Bauherren an das Statistikamt übersandt. Zur Sicherung der Vollständigkeit Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/319 3 werden im Statistikamt Nord seit dem Jahr 2011 Abgleiche auf Grundlage von Einzelfalllisten der Bauprüfdienststellen durchgeführt. Jede erteilte Baugenehmigung bezieht sich auf ein bestimmtes Gebäude mit einer eindeutigen geographischen Zuordnung (Belegenheit, Adresse mit Straße und Hausnummer). Die im Statistikamt Nord eingehenden Erfassungsbögen werden zunächst auf Vollständigkeit und Stimmigkeit überprüft. In den meisten Fällen sind die dort vom Bauherren eingetragenen Angaben unvollständig beziehungsweise teilweise nicht plausibel , sodass bei fast jedem Fall entweder telefonisch oder teilweise auch schriftlich nachgefragt werden muss. Erst bei vollständiger Information zu den Genehmigungsfällen können diese in die Datenbank zur Aufbereitung eingegeben werden. Diese Einzelfallrecherchen können durchaus einige Wochen in Anspruch nehmen. Aus erhebungstechnischen Gründen wird dem Genehmigungsfall nach bundeseinheitlicher Methodik der „Eingabemonat“ im Statistikamt als „Genehmigungsmonat“ zugeordnet, da ansonsten die Monatsergebnisse laufend rückwirkend korrigiert werden müssten. Die amtliche Statistik differenziert bei allen Genehmigungsfällen nach „Neubau“ und „Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden“. Dabei werden nur beim Neubau alle genehmigten Wohnungen gezählt, während bei Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden diejenigen Wohnungen, die durch diese Baumaßnahme entfallen, über einen Vergleich des neuen Zustandes mit dem alten Zustand saldiert werden, wodurch auch negative Ergebnisse entstehen können. Diese Methodik wird bundesweit angewendet. Auf Grundlage der erfassten Genehmigungsfälle werden die Baufertigstellungen systematisch paarig zugeordnet. Paarig heißt, dass jede Fertigstellung einmalig ihrer entsprechenden Baugenehmigung zugeordnet wird, womit der Einzelfall dann als abgeschlossen angesehen wird. Alle Bauherren sind verpflichtet, dem Statistikamt die Fertigstellung möglichst umgehend und unaufgefordert zu melden. Die Vollständigkeit der Baufertigstellungen wird dadurch sichergestellt, dass direkt nach dem Ende eines Berichtsjahres (also in der Zeit von Januar bis Mai) alle Bauherren, die noch keine Fertigstellung gemeldet haben, nach dem Bauzustand befragt werden. Aus dieser aktiven Befragung durch das Statistikamt ergibt sich dann der größte Teil der Baufertigstellungen eines Berichtsjahres. In den Bezirksämtern erfolgt für Bauvoranfragen – also Vorbescheide nach § 63 HBauO – keine Erfassung. Es gibt zu jedem Baugenehmigungsvorgang jeweils nur eine Maske zum Eintragen der Anzahl der Wohnungen. Dadurch wird eine Doppelzählung vermieden. Da in der amtlichen Statistik des Statistikamts Nord alle Baugenehmigungsfälle eindeutig einer nur einmal vergebenen Grundstücksadresse zugeordnet werden, kann auch hier eine Doppelerfassung ausgeschlossen werden. Wegen der paarigen Zuordnung der Fertigstellungen zu der entsprechenden Baugenehmigung gilt diese Aussage genauso für die Baufertigstellungen. Es gibt in den Bezirksämtern jeweils nur einen Bauüberwachungsvorgang als Folgevorgang zum Baugenehmigungsvorgang, und dort gibt es nur ein Feld, in dem die Anzahl der Wohnungen aus dem Baugenehmigungsvorgang automatisch übernommen worden ist. Dieses Feld kann im Bauüberwachungsvorgang nicht verändert werden . 7. Plant der Senat im Wohnungsbaubericht über die Bereitstellung von monatlichen Baugenehmigungszahlen der Bezirke hinaus auch die monatliche Bereitstellung von Fertigstellungszahlen differenziert nach geförderten und frei finanzierten Wohnungen sowie Wohnungsabbrüchen ? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein warum nicht? Nein. Der Bericht soll eine Jahresbilanz des jeweiligen Vorjahres darstellen und nicht eine monatliche Entwicklung der Genehmigungs-, Fertigstellungs- und Bewilligungszahlen abbilden. Drucksache 21/319 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. Plant der Senat, im Wohnungsbaubericht auch regelmäßig Aussagen über die Bedarfsentwicklung im Bereich des geförderten Wohnungsbaus zu veröffentlichen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein warum nicht? Siehe Antwort zu 2. und 3. 9. Wie viele Menschen beziehungsweise Haushalte in Hamburg hatten in den Jahren 2011 bis 2014 Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein ? Bitte für jedes Jahr einzeln in absoluten Zahlen und den prozentualen Anteil an allen Haushalten in Hamburg angeben sowie gegebenenfalls unterscheiden nach Anspruch auf eine Sozialwohnung („§5- Schein“) und eine geförderte Wohnung der sonstigen Förderwege. Wenn dem Senat hierzu keine Zahlen vorliegen, bitte begründen. Einkommensgrenzen und Anteil der berechtigten Haushalte in der Hamburger Mietwohnraumförderung 2013 § 8 Abs. 2 HmbWoFG Haushalt Einkom- mensgrenze Basiswert zzgl. 30% 1. Förder -weg entspricht einem Brutto- Einkommen p.a. von ca. berechtigte Haushalte Anteil berechtigte Haushalte Anzahl (in Tausend ) zzgl. 60% 2. Förderweg entspricht einem Brutto- Einkommen p.a. von ca. berechtigte Haushalte Anteil berechtigte Haushalte Anzahl (in Tausend ) 1 Person 12.000 € 15.600 € 23.200 € 45% 209 19.200 € 28.300 € 59% 278 2 Personen 18.000 € 23.400 € 34.300 € 30% 79 28.800 € 41.100 € 43% 113 3 Personen 23.100 € 30.030 € 43.800 € 40% 35 36.960 € 53.700 € 55% 49 4 Personen 28.200 € 36.660 € 53.200 € 48% 29 45.120 € 65.300 € 62% 37 5 u.m. Personen 33.300 € 43.290 € 62.700 € 67% 13 53.280 € 77.000 € 75% 15 insgesamt 41% 365 55% 492 Quelle: Schätzungen der BSU auf Basis des Mikrozensus 2013 / Statistikamt Nord (auf Tausend gerundet) Für die Jahre 2011 und 2012 siehe Drs. 20/7335 und Drs. 21/110. Daten aus dem Mikrozensus 2014 liegen noch nicht vor. a. Wie hat sich seit 2011 die Anzahl der bewilligten Wohnberechtigungsscheine (bitte gegebenenfalls unterscheiden nach Sozialwohnungen („§5-Schein“) und geförderte Wohnungen der sonstigen Förderwege) und Dringlichkeitsscheine entwickelt? Bitte für jedes Jahr einzeln in absoluten Zahlen sowohl für ganz Hamburg als auch getrennt nach Bezirken angeben und die prozentualen Veränderungen darstellen. Erteilte Dringlichkeitsscheine in den Bezirken in 2011 bis 2014: Aufgrund des geringen Stichprobenumfangs können die geschätzten Anteile der jeweils berechtigten Haushalte , insbesondere bei den Vier- beziehungsweise Fünf-Personenhaushalten, zwischen den einzelnen Erhebungszeiträumen des Mikrozensus nicht unerheblich schwanken. Über den Mikrozensus hinaus, der jährlich bei 1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland durchgeführt wird, liegen keine anderen amtliche Statistiken zu den Haushaltseinkommensdaten in Hamburg vor. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/319 5 2011 2012 2013 2014 Veränderung 2011-2014 Hamburg-Mitte 2.053 1.858 2.188 2.247 9,4% Altona 935 830 784 871 -6,8% Eimsbüttel 797 785 725 608 -23,7% Hamburg-Nord 851 906 1.041 988 16,1% Wandsbek 872 777 876 682 -21,8% Bergedorf 554 569 614 635 14,6% Harburg 676 678 741 682 0,9% FHH 6.738 6.403 6.969 6.713 -0,4% erteilte Dringlichkeitsscheine Quelle: Bezirksämter Erteilte Bescheinigungen nach § 16 HmbWoFG in den Bezirken in 2011 bis 2014: 2011 2012 2013 2014 Veränderung 2011-2014 Hamburg-Mitte 3.274 2.845 2.951 3.060 -6,5% Altona 2.079 2.097 2.155 1.869 -10,1% Eimsbüttel 1.403 1.298 1.145 1.442 2,8% Hamburg-Nord 1.990 1.989 1.730 2.059 3,5% Wandsbek 2.808 2.603 2.608 2.785 -0,8% Bergedorf 994 1.029 1.055 871 -12,4% Harburg 1.352 1.396 1.217 1.338 -1,0% FHH 13.900 13.257 12.861 13.424 -3,4% erteilte Wohnberechtigungsbescheinigungen Quelle: Bezirksämter Erteilte Bescheinigungen für sonstige Förderwege in den Bezirken in 2011 bis 2014: 2011 2012 2013 2014 Veränderung 2011-2014 Hamburg-Mitte 20 25 45 23 15,0% Altona 90 94 38 100 11,1% Eimsbüttel 96 91 67 40 -58,3% Hamburg-Nord 39 42 72 39 0,0% Wandsbek 63 58 17 48 -23,8% Bergedorf 2 13 64 2 0,0% Harburg 111 81 171 43 -61,3% FHH 421 404 474 295 -29,9% erteilte Bescheinigungen für sonstige Förderwege Drucksache 21/319 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Quelle: Bezirksämter b. Werden aus diesen Zahlen Rückschlüsse zum Bedarf an geförderten Wohnungen gezogen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Bei der quantitativen und qualitativen Ausgestaltung der Wohnraumförderungsprogramme sowie der weiteren wohnungs- und sozialpolitischen Instrumente werden auch die Entwicklung des Umfangs der sozialwohnungsberechtigten Haushalte sowie die Entwicklung der Zahl der Haushalte mit Wohnberechtigungsbescheinigung beziehungsweise Dringlichkeitsschein berücksichtigt. 10. Wann ist jeweils mit der Vorlage eines Wohnungsbauberichts zu rechnen ? Da die notwendigen Daten durch das Statistikamt Nord in der Regel im Mai/Juni jedes Jahres zur Verfügung gestellt werden, ist die Vorlage des Berichts jeweils im 3. Quartal vorgesehen. 11. Plant der Senat die Erstellung eines Wohnungsbauberichts für das Jahr 2014? Wenn ja, wann soll dieser Bericht vorliegen? Wenn nein, warum nicht? Ja. Im Übrigen siehe Antwort zu 10.