BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3214 21. Wahlperiode 19.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 11.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Baggergut im Hamburger Hafen In der Hafenwirtschaft wird seit geraumer Zeit massiv Beschwerde geführt, dass die HPA ihren Verpflichtungen zur Erhaltung für den Betrieb des Hafens und der Hafenanlagen erforderlichen Wassertiefen nicht oder in nicht ausreichendem Umfang nachkommt. Hafenunternehmen sollen bereits mit Erfolg auf die Einhaltung dieser Verpflichtung gerichtliche Verfahren angestrengt haben. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat, die zuständige Behörde und die HPA Folgendes: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Wie viel Kubikmeter sind im Zeitraum von November 2014 bis April 2016 im Hafen und den Zufahrten gebaggert worden? Seit dem 1. November 2014 wurden durch die HPA mit Stand vom 14. Februar 2016 15,25 Millionen m³ (Profilmaß) gebaggert. 2. An wie vielen Stellen im Hafen (bitte Angabe nach Terminals und Liegeplätzen sowie Zufahrten) sind per 31.1.2016 die vertraglich vereinbarten und damit für einen vertragsgemäßen Betrieb der Anlagen und/oder der Zufahrten erforderliche Wassertiefen derzeit nicht vorhanden (ohne sowie mit Abzug der sogenannten 50 cm Toleranzschwelle für Liegewannen )? Die aktuellen Wassertiefen an den Liegeplätzen werden jeweils nur dem Kaibetrieb mitgeteilt. Diese Informationen unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der betroffenen Unternehmen, da sie mietvertragsrelevant sind und sich hieraus Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ziehen lassen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1981 und 21/1645. a. Sind dies alle Stellen oder hat die HPA noch nicht ausreichenden Überblick? Falls nein, wann wird dies gegeben sein? Welche Gründe liegen für diese Verzögerungen vor, wenn es denn welche gibt? Ja, vertraglich zugesicherte Wassertiefen gibt es im Wesentlichen nur im Bereich der Liegeplätze. 3. Wie viele Baggergeräte sind zurzeit zur Beseitigung der Mindertiefen im Hafen und in den Zufahrten eingesetzt? a. Ist das die technisch größtmögliche Zahl? Drucksache 21/3214 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn nein, warum ist das nicht der Fall? Derzeit hat die HPA drei Laderaumsaugbagger und ein Wasserinjektionsgerät zusätzlich zu den eigenen Geräten im Einsatz. Zwei weitere Hopperbagger sind im Zulauf. Bei Baggerarbeiten müssen die aktuellen Bedingungen, wie Auslastung der Umlagerstelle sowie der vorherrschenden hydrologischen Randbedingungen (zum Beispiel Trübung, Oberwasserabfluss), als begrenzende Faktoren berücksichtigt werden. b. Wann ist damit zu rechnen, dass die für den Betriebsablauf wichtigen Mindertiefen beseitigt sind? Bis zum Ende der Umlagersaison sollen alle verkehrskritischen Mindertiefen beseitigt sein und erforderliche Nacharbeiten mit einem Wasserinjektionsgerät nachfolgend ausgeführt werden. 4. An welchen Stellen lagert die HPA diese Baggermengen derzeit ab? a. Ist diese Ablagerung auf Dauer oder müssen die Mengen wieder abtransportiert werden? Der weitaus größte Teil der gebaggerten Sedimente im Hamburger Hafen ist heute elbetypisch gering belastet und kann nach nationalen und internationalen Standards im Gewässer umgelagert oder verbracht werden. Für die Umlagerung im Gewässer wird gegenwärtig die Umlagerstelle bei der Insel Neßsand auf Hamburger Landesgebiet genutzt. Ungünstige hydrologische Randbedingungen können dort dazu führen, dass Teile der Sedimente wieder in den Hafen verdriften und erneut umgelagert werden müssen. Hamburg hat unter anderem aus diesem Grund die Möglichkeit, Sedimente aus Hamburg zu Tonne E3 in die Nordsee auszutragen. Hierfür bestehen aktuell Restmengen von 1,5 Millionen m³ Laderaumvolumen aus dem bestehenden Einvernehmen aus dem Jahr 2008. Eine neue Genehmigung wird aktuell beantragt. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. a. bis c. Zur Beseitigung von höher belasteten Sedimenten betreibt die HPA eine Aufbereitungsanlage für Hafensedimente, die METHA (MEchanische Trennung von HAfensedimenten), sowie zwei Deponien auf Hamburger Landesgebiet. Diese Form der Deponierung stellt aus kapazitären und wirtschaftlichen Gründen keine Alternative zur Verbringung im Gewässer dar, sondern eine Ergänzung. b. Werden durch diese Ablagerungen Hafenfunktionen beeinträchtigt? Nein. 5. Hat die HPA Informationen, dass weitere Hafenbetriebe den Rechtsweg beschreiten wollen, um ihre unternehmerischen Interessen zu sichern? Nein. 6. Die Nachricht, dass die HPA Schwierigkeiten bei der Gewährleistung ausreichender Wassertiefen im Hafen hat, ist für das Ansehen des Hafens im internationalen Wettbewerb ein großer Nachteil. Nach neuesten Informationen bereiten die HPA und die Wirtschaftsbehörde ein Übereinkommen mit Schleswig-Holstein vor, nach dem auch künftig Baggergut in der Nordsee/Tonne E3 abgelagert werden kann. Schleswig- Holstein hat die notwendigen Vorarbeiten inzwischen abgeschlossen. a. Wie weit sind die Vorbereitungen auf hamburgischer Seite gediehen ? b. Sind die von Schleswig-Holstein geforderten Antragunterlagen von der HPA erstellt worden? c. Wenn nein, wie lange wird die Erstellung der erforderlichen Unterlagen noch dauern? Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich über Eckpunkte der zukünftigen Verbringung von Sedimenten zur Tonne E3 geeinigt. Diese Einigung bildet die Grundlage, auf der die HPA aktuell einen Genehmigungsantrag bei der zuständigen Zulassungsbe- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3214 3 hörde, dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR), in Schleswig-Holstein gestellt hat. 7. Bis wann rechnet die Wirtschaftsbehörde dann mit der Zustimmung Schleswig-Holsteins? Die Zulassungen sollen nach Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen in Schleswig-Holstein binnen sieben Wochen erteilt werden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens werden neben den Trägern öffentlicher Belange auch Verbände aus Umwelt, Fischerei und Tourismus auf freiwilliger Basis beteiligt. Danach müssen mögliche Einwendungen durch die Genehmigungsbehörde abgewogen werden. Anschließend kann eine Zulassung erfolgen. 8. Wann können danach frühestens die Baggerarbeiten im Hafen aufgenommen werden? 9. Hat die HPA bereits weitere vorbereitende Maßnahmen – Erstellung von erforderlichen Ausschreibungen et cetera – zur sofortigen Aufnahme der Baggerarbeiten aufgenommen? a. Wenn ja, welche? Die Baggerarbeiten im Hafen sind bereits aufgenommen. Die HPA ist darauf vorbereitet , nach Vorliegen der Genehmigung handeln zu können. Im Übrigen siehe Antworten zu 3. a. und b. Betr.: Langfristige Vorsorge zur Unterbringung von Baggergut an Land Nach Pressemeldungen ist auch die Unterbringung von Baggergut an Land wegen unzureichender Unterbringungsmöglichkeiten gefährdet. Diese Engpasssituation sowie die Probleme bei der Unterbringung von Baggergut im Sommer an der Landesgrenze sind seit Langem bekannt und waren in der Vergangenheit, stets Gegenstand einer auch langfristigen Vorsorge der Hafenverantwortlichen. So hat die HPA bereits um 2004 Planungen zur Erschließung von Kapazitäten in Kirchsteinbek im Nordosten Hamburgs betrieben. Mit diesen Planungen sollten ein ehemaliges Spülfeld saniert und gleichzeitig neue, größere umweltgerechte Ablagerungsflächen an Land erschlossen werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat/die zuständige Behörde/die HPA: 10. Warum sind die damaligen, weit vorangeschrittenen Planungen eingestellt worden? a. Wer oder welche Gremien hat/haben den Beschluss dazu gefasst? b. Welches waren die Gründe, diese aufwendigen Planungen aufzugeben ? c. Hatte die Behördenleitung von der Absicht der Aufgabe der Planung vorab Kenntnis? d. Ist der Aufsichtsrat damit befasst worden? e. Ist der Senat über diesen einschneidenden Beschluss unterrichtet worden? f. Welche Alternativen sind wann und in welcher Weise begonnen worden? Konkrete Planungen für eine Deponie in Kirchsteinbek wurden zu keiner Zeit aufgenommen . 11. Die HPA hat vor geraumer Zeit mitgeteilt, dass statt Kirchsteinbek nunmehr Ablagerungsflächen im Hafengebiet südlich Altenwerders erschlossen werden sollten. a. Wer war alles an der Planung des neuen Standortes beteiligt? Drucksache 21/3214 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 b. Hat der Senat dieser Entscheidung zugestimmt und ist er über die Konsequenzen für die Baggergutunterbringung – zeitliche Verzögerungen bei der Bereitstellung von Ablagerungsflächen für Baggergut – informiert worden? c. Welchen Stand haben diese Planungen derzeit? d. Hat bereits eine Beteiligung der Verbände und der Öffentlichkeit stattgefunden? e. Wann ist mit einer Planauslegung und einer Anhörung zu rechnen? f. Wann rechnet die HPA mit einem vollziehbaren Beschluss der Planfeststellungsbehörde ? g. Wann rechnet die HPA damit, dass erste Mengen tatsächlich untergebracht werden können? h. Welche Mengen können dann insgesamt untergebracht werden? 12. Falls sich zwischen der Fertigstellung der Flächen südlich Altenwerders und der noch bestehenden Unterbringungsmengen in Hamburg zeitliche Differenzen ergeben: a. Mit welchen Zeiträumen rechnet die HPA? b. Wie und mit welchen Maßnahmen soll diese Unterbringungslücke überbrückt werden? In der 19. Wahlperiode hat der damalige Senat eine ergebnisoffene Prüfung zur Baggergutunterbringung auf alternativen Flächen zum Altspülfeld Kirchsteinbek veranlasst . Die HPA hat daraufhin ein Suchverfahren durchgeführt, bei dem vier potenzielle Standorte näher untersucht und vergleichend bewertet wurden. Initiiert wurde dieses Verfahren im November des Jahres 2008. Die für Umweltthemen zuständige Fachbehörde war auch beteiligt. Im Ergebnis stellte sich der Entwässerungskomplex Moorburg-Mitte als geeignetster Standort heraus. Erste Planungen für eine neue Deponie in Moorburg wurden im Jahr 2011 aufgenommen , für die gegenwärtig ein Einlagervolumen von circa 3 Millionen m³ Deponat vorgesehen ist. Die HPA hat im Jahr 2011 eine Anwohnerinformationsveranstaltung in Moorburg durchgeführt. Außerdem hat im Jahr 2012 eine Definition von Aufgabenoder Untersuchungsumfängen (sogenannter Scoping-Termin) mit Verbandsbeteiligung stattgefunden. Derzeit läuft die Entwurfsplanung. Zum Verfahrensstand siehe im Übrigen Drs. 21/2693. Der Aufsichtsrat der HPA und die fachlich zuständige Behörde waren in diesen Prozess einbezogen. Die für die Landbehandlung und -entsorgung von belastetem Baggergut erforderlichen Kapazitäten stehen nach gegenwärtigem Planungsstand in ausreichendem Maße zur Verfügung. Dies gilt auch für den Zeitraum, bis voraussichtlich der Einlagerungsbetrieb einer neuen Deponie in Moorburg aufgenommen werden kann.