BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3219 21. Wahlperiode 19.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 11.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Hafenschlick – Einigung mit Schleswig-Holstein teuer erkauft? Wie diese Woche bekannt wurde, haben sich Hamburg und Schleswig- Holstein im Streit um die Übernahme von Hafenschlick aus der Elbe geeinigt. Schleswig-Holstein ist danach auch zukünftig dazu bereit, dass das Baggergut aus dem Hamburger Hafen bei der Tonne E3 in der Nordsee verbracht wird, wenn auch zu geänderten Konditionen. Grundsätzlich ist diese Einigung zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg zu begrüßen, auch wenn die Verhandlungen viel zu lange auf Kosten des Hamburger Hafens angedauert haben. Dennoch: Der Kompromiss mit Schleswig-Holstein scheint teuer erkauft worden zu sein und ist damit alles andere als ein nachbarschaftlicher Freundschaftsdienst. Laut Eckpunktepapier zahlt Hamburg in Zukunft anstatt wie bisher 2 Euro pro in die Nordsee verbrachtem Kubikmeter Baggergut nun 5 Euro pro Tonne Trockengewicht an die Nationalparkstiftung Schleswig- Holsteins zum Schutz des Wattenmeeres. Dies würde eine strukturelle Kostensteigerung für Hamburg in Millionenhöhe bedeuten. Darüber hinaus hat sich Hamburg auch noch verpflichtet, die gesamten Kosten der sogenannten Ästuarpartnerschaft zu übernehmen. Deren Höhe bleibt ebenfalls unklar. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Ist es richtig, dass auf Grundlage der nun verkündeten Einigung mit Schleswig-Holstein zukünftig der Hafenschlick sowohl aus der Bundeswasserstraße (Delegationsstrecke) als auch aus den Hafenbecken, den Hafenzufahrten und den Wendekreisen bei der Tonne E3 verbracht werden darf, sofern eine wasserrechtliche und eine naturschutzrechtliche Zulassung vorliegen? Ja. 2. Ist es richtig, dass sich Hamburg und Schleswig-Holstein auf keine Höchstgrenze des zu verbringenden Hafenschlicks festgelegt haben? Ja. 3. Laut Medieninformation sei es Voraussetzung für die Verbringung des Sediments zum Schlickfallgebiet Tonne E3, dass alle Umweltanforderungen erfüllt würden. Zur Erteilung der rechtlichen Zulassungen müsse Hamburg entsprechende vollständige Antragsunterlagen vorlegen, über die dann zügig entschieden werden solle. Im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahrens würden neben den Trägern öffentlicher Belange auch Verbände aus Umwelt, Fischerei und Tourismus auf freiwilliger Basis beteiligt werden. Was passiert in der Zeit, in der das verwaltungsrechtliche Zulassungsverfahren läuft beziehungs- Drucksache 21/3219 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 weise wo soll der Hafenschlick während der Laufzeit des Genehmigungsverfahrens verbracht werden? Unabhängig vom Genehmigungsverfahren kann die Hamburg Port Authority AöR (HPA) aktuell bestehende Handlungsoptionen für die Verbringung von Hafensedimenten nutzen. Dies betrifft die Umlagerung bei der Insel Neßsand auf Hamburger Landesgebiet . Bis zum Vorliegen einer neuen Genehmigung aus Schleswig-Holstein stehen Hamburg zusätzlich circa 1,5 Millionen m³ Restmengen für die Verbringung zur Tonne E3 in der Nordsee aus dem bestehenden Einvernehmen aus dem Jahr 2008 zur Verfügung. 4. Welche Verfahrensschritte umfasst das verwaltungsrechtliche Zulassungsverfahren ? Bitte detailliert aufführen. 5. Welcher Zeitplan liegt dem verwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahren zugrunde und wann ist mit dessen Abschluss zu rechnen? 6. Laut der Gewinn- und Verlustrechnung der HPA auf Basis des Wirtschaftsplans 2016 (vergleiche Drs. 21/2368, Anlage 2) ergeben sich für die HPA im laufenden Jahr 2016 Verluste in Höhe von 29,2 Millionen Euro, im Jahr 2017 Verluste in Höhe von 26,6 Millionen Euro und 2018 sogar 35,7 Millionen Euro. Mit welchen Verlusten rechnet die HPA für die Jahre 2016, 2017 und 2018 auf Grundlage der nun geschlossenen Einigung und den daraus hervorgehenden Mehrkosten? Sind inzwischen alle Wirtschaftspläne angepasst worden? Siehe Drs. 21/3186. 7. Hamburg hat sich laut Vereinbarung bereit erklärt, für das Baggergut zukünftig 5 Euro pro Tonne Trockengewicht in die gegründete Stiftung Nationalpark zu überweisen. Welche Kosten sind Hamburg seit 2013 entstanden und mit welchen Mehrkosten rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde auf Grundlage der nun geschlossenen Vereinbarung? Bitte jährlich ausweisen und ohne Verweise auf andere Drucksachen. Bezogen auf die Verbringung von Sedimenten bei Tonne E3 sind Hamburg im Jahr 2013 und 2014 folgende Kosten entstanden: Jahr Gesamt Monitoring & Beprobung Baggerarbeiten Zahlung: Stiftung Nationalpark 2013 0,32 Mio. € 0,32 Mio. € --- --- 2014 9,059 Mio. € 0,588 Mio. € 6,486 Mio. € 1,985 Mio. € Die Zahlen für das Jahr 2015 befinden sich derzeit in der abschließenden Prüfung. Die Kosten für die Verbringung von Sedimenten bei Tonne E3 in die Nordsee (Kostenelemente siehe Tabelle oben) werden – je nach Sedimentationsaufkommen und nach Bedarf der Baggergutverbringung – auch in Zukunft variieren. Konkrete künftige Mehrkosten lassen sich daher nicht beziffern. Im Übrigen siehe Drs. 21/3186. 8. Die Stiftung für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer wurde im November 2015 gegründet. Mit der Stiftung würden zukünftig Initiativen zum Schutz des Wattenmeeres gefördert und die Informations - und Bildungsarbeit über den Nationalpark gestärkt werden. Was sind die genauen Aufgaben der Stiftung? Wie viele Mitarbeiter beschäftigt die Stiftung derzeit und ist die Schaffung weiterer Stellen geplant? Wenn ja, wie viele weitere Stellen sollen geschaffen werden? Die Gründung und Ausstattung der Stiftung liegen im Verantwortungsbereich des Landes Schleswig-Holstein. Im Übrigen siehe Drs. 18/3702 des Schleswig- Holsteinischen Landtags (http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/ 3700/drucksache-18-3702.pdf). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3219 3 9. In dem gemeinsamen Eckpunkte-Papier der beiden Länder wären zudem Schritte zur nachhaltigen Reduzierung des Sedimentanfalls festgelegt worden. Welche sind dies im Einzelnen? 10. Welche voraussichtlichen Kosten ergeben sich für die Entwicklung und Umsetzung der Strombaumaßnahmen zur Reduzierung des anfallenden Baggerguts für Hamburg? Der Sedimentanfall soll durch geeignete Strombaumaßnahmen reduziert werden. Welche konkreten Strombaumaßnahmen umgesetzt werden sollen, ist noch offen. Es lassen sich daher noch keine Kosten beziffern. Im Übrigen siehe Drs. 21/3186. 11. In der Vereinbarung ist von einem umfassenden Umweltmonitoringprogramm in der Nordsee und an den Küsten die Rede. Wie unterscheidet sich das bisherige Monitoringprogramm von dem zukünftig geplanten? Zur Überprüfung der Auswirkungen der Baggergutverbringung wird seit Juli des Jahres 2005 im Bereich der Tonne E3 ein umfangreiches Monitoring durchgeführt. Es ist das umfassendste dieser Art in der deutschen Nordsee. Im Rahmen der künftigen Verbringung von Baggergut zur Tonne E3 ist vorgesehen, das bestehende Monitoring grundsätzlich fortzusetzen. Es kann jedoch erforderlich sein, das Konzept an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Über mögliche Anpassungen ist noch nicht entschieden worden. 12. Zudem würden die Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Wann und wo werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert? Die HPA stellt die Ergebnisse des Umweltmonitorings der Öffentlichkeit in Form von jährlichen Monitoring-Berichten zur Verfügung. Die Ergebnisse der Freigabeuntersuchungen sind darüber hinaus direkt auf der Website der HPA zugänglich. 13. Wie genau gestaltet sich das System der Beprobung des Hamburger Baggerguts auf etwaig vorhandene Schadstoffbelastung? 14. Wie häufig wurde bisher das Hamburger Baggergut auf Schadstoffe überprüft beziehungsweise wie viele Proben wurden jährlich entnommen und wie häufig soll das Hamburger Baggergut zukünftig überprüft und analysiert werden? Die Beprobung und Analyse der Sedimente zur Verbringung zu Tonne E3 erfolgen gemäß der „Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern“ (GÜBAK) von 2009. Für die bisher genehmigten Bereiche der Delegationsstrecke ist im aktuell gültigen Einvernehmen mit dem Land Schleswig- Holstein vor der Verbringung von Sedimenten zur Tonne E3 im Rahmen einer Freigabeuntersuchung pro Entnahmegebiet eine Anzahl von zehn bis 14 Sedimentproben vorgeschrieben. Die Zahl der künftigen Beprobungen für Freigabeuntersuchungen ist noch nicht bekannt. Sie wird nach Vorliegen der neuen Genehmigung zu bestimmen sein. Für die Umlagerung nach Neßsand erfolgen jährliche Analysen des Baggerguts. Im Durchschnitt werden jährlich circa 40 Proben entnommen und gemäß „Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe (2012)“ beprobt und untersucht. Darüber hinaus werden weitere Proben nach Bedarf entnommen und analysiert (zum Beispiel im Zusammenhang mit Baumaßnahmen, für Landbehandlung, Altlastensanierung). 15. Auf welche Höhe beliefen sich die Kosten für die Überprüfung des Hamburger Baggerguts auf Schadstoffe seit 2013? Auf welche Höhe werden sich die Kosten für die Überprüfung des Hamburger Baggerguts auf Schadstoffe zukünftig belaufen? Ergeben sich Mehrkosten durch eine häufigere Überprüfungen in der Zukunft? Wenn ja, in welcher Höhe? Auf Monitoring und Beprobung entfielen im Jahr 2013 insgesamt 720.000 Euro (inklusive Eigenleistungen) und im Jahr 2014 insgesamt 970.000 Euro (inklusive Eigenleistungen ). Derzeit kann noch nicht seriös abgeschätzt werden, ob sich die Kosten für Drucksache 21/3219 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 die Beprobungen erhöhen. Die Zahlen für das Jahr 2015 befinden sich noch in der abschließenden Prüfung. 16. Laut Vereinbarung würde Hamburg für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Sedimentaufkommens durch Strombaumaßnahmen kurzfristig eine Ästuarpartnerschaft mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Land Niedersachsen und dem Bund gründen und diese finanzieren. Mit welchen jährlichen Kosten rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde für Hamburg und aus welchen Gründen finanziert Hamburg dies allein? Die anderen Partner können sich an der Finanzierung beteiligen. Eine Verpflichtung besteht jedoch nicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/3186. 17. Laut Berichterstattung habe Hamburg – um die Kosten für den Abtransport des Baggerguts möglichst gering zu halten – für eine Umlagerung des Baggerguts in der Elbmündung vor Sankt Margarethen plädiert. Schleswig-Holstein habe sich jedoch durchgesetzt, sodass das Baggergut auch zukünftig bei der Tonne E3 verklappt wird. Welche Gründe hat Schleswig-Holstein gegen eine Umlagerung des Baggerguts in der Elbmündung vor Sankt Margarethen vorgebracht und aus welchen weiteren Gründen konnte Hamburg sich mit dem eigenen Vorschlag nicht durchsetzen ? Bei der Wahl des Verbringorts „Tonne E3“ im Schlickfallgebiet als geeignetste Verbringstelle handelt es sich um das Ergebnis einer gemeinsamen Bewertung der zuständigen Ministerien in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg sowie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und der HPA. Zu den Auswahlkriterien siehe Drs. 21/3186. Im Übrigen sieht der Senat grundsätzlich davon ab, zu Medienberichten Stellung zu nehmen.