BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3222 21. Wahlperiode 19.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 11.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Immer höherer Druck bei der Untersuchungshaft – Wie wirken sich die Erfolge von Hamburgs Polizei-Sonderkommissionen auf die U-Haft aus? Ob Mitglieder der Hells Angels, Mongols, Bandidos, Salafisten, mutmaßliche Einbrecher oder Flüchtlinge nach Auseinandersetzungen in Unterkünften und den Silvester-Übergriffen vom Kiez – kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht von neuen Festnahmen in Hamburg berichten, die oftmals Verhaftungen nach sich ziehen. Die Untersuchungshaftanstalt ist seit Monaten aufgrund der infolge der Sanierung des B-Flügels stark eingeschränkten Haftplatzkapazitäten bis zum Anschlag besetzt. Immer mehr Untersuchungshäftlinge werden deshalb in der JVA Billwerder untergebracht. Nach Angaben des Senats in der Antwort auf die Große Anfrage Drs. 21/1582 erfolgt eine räumliche Trennung von den Strafgefangenen. Die Unterbringung von Untersuchungshaftgefangenen in der JVA Billwerder führt jedoch dazu, dass Gefangene, die lediglich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, in der JVA Fuhlsbüttel untergebracht werden müssen – neben Langstraflern, Lebenslangen und Sicherungsverwahrten. Nach Angaben des Senats in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage mit der Drs.-Nummer 21/2684 soll diese „vorübergehende“ Unterbringung von Gefangenen, die in der JVA Fuhlsbüttel ausschließlich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, problemlos verlaufen. „Diese Gefangenen werden auf einer eigenen Station untergebracht, sodass dem Grundsatz der Binnendifferenzierung Rechnung getragen wird. Hinsichtlich der Integration dieser Gefangenengruppe in die vollzuglichen Abläufe hat sich die JVA auf die neue Aufgabe eingestellt.“ Es stellt sich die Frage, ob Hamburgs Haftplatzkapazitäten für die erfreulichen Erfolge der SOKO Rocker, Castle und so weiter ausreichen und genügend Plätze für Untersuchungshäftlinge auch unter Beachtung der notwendigen Binnendifferenzierung zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie stellen sich die aktuelle Belegungsfähigkeit und die tatsächliche Belegung in der Untersuchungshaftanstalt, in der JVA Billwerder und in der JVA Fuhlsbüttel dar? Bitte Stichtag 12. Februar 2016 unter Angabe der absoluten Zahlen und in Prozent angeben. Drucksache 21/3222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 JVA Tatsächliche (aktuelle) Belegungsfähigkeit Belegung am 12.02.2016 Belegung am 12.02.2016 in Prozent Untersuchungshaftanstalt 288 300 104 % JVA Billwerder 638 562 88 % JVA Fuhlsbüttel 309 290 94 % Die Anzahl der Gefangenen überschreitet in der Untersuchungshaftanstalt die tatsächliche Belegungsfähigkeit. In der Zahl der Gesamtinhaftierten sind auch sogenannte Polizeigefangene, das heißt vorläufig festgenommene Personen bis zur Haftbefehlsverkündung oder Entlassung erfasst sowie sogenannte Transportgefangene. Diese Gefangenen erhalten nicht stets einen Haftraum zugewiesen, sondern warten teilweise in den Warteräumen auf ihren Termin, werden bis zum Weitertransport auf der Transportstation untergebracht oder in den Räumen für „Polizeigefangene“. Diese nur für eine zeitweilige Unterbringung vorgesehenen Hafträume werden ihrerseits nicht in der tatsächlichen Belegungsfähigkeit erfasst. Im Übrigen siehe Drs. 21/1802. a. Wie viele Untersuchungshaftgefangene befinden sich darunter in der JVA Billwerder? JVA Billwerder Belegung am 12.02.2016 Davon Untersuchungsgefangene Anteil in Prozent 562 172 31 % b. Wie viele Gefangene, die ausschließlich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, befinden sich darunter jeweils in der JVA Billwerder und in der JVA Fuhlsbüttel? Belegung am 12.02.2016 Davon Gefangene, die ausschließlich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen Anteil in Prozent JVA Billwerder 562 20 4 % JVA Fuhlsbüttel 290 26 9 % 2. Wie wird in der Untersuchungshaftanstalt, in der JVA Billwerder und in der JVA Fuhlsbüttel jeweils die notwendige Binnendifferenzierung gewährleistet? In der JVA Billwerder, der JVA Fuhlsbüttel und der Untersuchungshaftanstalt wird dem Grundsatz der Binnendifferenzierung durch die entsprechende Belegung der Stationen unter Beachtung der vollzuglichen Erfordernisse Rechnung getragen. Bisher für Strafgefangene genutzte Stationen werden jetzt ausschließlich für Untersuchungshaft (JVA Billwerder) beziehungsweise für Gefangene ausschließlich mit einer Ersatzfreiheitsstrafe (JVA Fuhlsbüttel) genutzt. a. Inwiefern ist sichergestellt, dass Untersuchungshaftgefangene verschiedener Outlaw Motorcycle Clubs voneinander getrennt untergebracht sind? Die Trennung dieser Untersuchungsgefangenen wird durch deren Unterbringung in verschiedenen Vollzugsanstalten und/oder die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen sichergestellt. b. Inwiefern wird eine Differenzierung nach ethnischen Gruppen und/ oder Religionszugehörigkeiten vorgenommen? Die Binnendifferenzierungskonzepte der JVA Billwerder und der JVA Fuhlsbüttel sehen keine Differenzierung nach ethnischen Gruppen und/oder Religionszugehörigkeit vor. Auch in der Untersuchungshaftanstalt werden Gefangene nicht entsprechend ihrer Religionszugehörigkeit untergebracht. Eine Zusammenlegung von Gefangenen mit gleicher ethnischer Zugehörigkeit erfolgt in der Untersuchungshaftanstalt zur För- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3222 3 derung der Kommunikation, soweit dies räumlich und konzeptionell unter Berücksichtigung etwaiger Haftstatute möglich und zulässig ist. 3. Der Senat hat angegeben, dass die in der JVA Fuhlsbüttel untergebrachten Gefangenen, die ausschließlich eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, auf einer eigenen Station untergebracht sind und so dem Grundsatz der Binnendifferenzierung Rechnung getragen wird. Inwiefern treffen diese Gefangenen bei a. Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen, b. Freistunden, c. Besuchszeiten, d. dem Anstaltskaufmann, e. kulturellen oder religiösen Veranstaltungen, f. Arztsprechstunden auf die übrigen Gefangenen der JVA Fuhlsbüttel? Die in die JVA Fuhlsbüttel zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe verlegten Gefangenen sind auf zwei Stationen untergebracht, die ausschließlich für diese Gefangenen genutzt werden. Sie sind dadurch von den anderen Gefangenen getrennt untergebracht . Außerhalb ihrer Station nutzen die Gefangenen mit einer Ersatzfreiheitsstrafe, wie in anderen Anstalten auch, die Arbeitsbetriebe, die Freistunde, die Arztsprechstunde, die Besuchszeiten, den Anstaltskaufmann sowie kulturelle oder religiöse Veranstaltungen gemeinsam mit den anderen Gefangenen. 4. Bleibt die bisherige Einschätzung der zuständigen Behörde, dass die Unterbringung der reinen Ersatzfreiheitsstrafler in der JVA Fuhlsbüttel zu keinen besonderen Problemen führt, auch weiterhin bestehen? Falls nicht, wie beurteilt sie die Situation jetzt und welche Maßnahmen sollen gegebenenfalls ergriffen werden? Ja. Im Übrigen siehe Drs. 21/2684.