BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3277 21. Wahlperiode 23.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 16.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Versorgung von Säuglingen und Kleinkindern in Flüchtlingsunterkünften Der tragische Tod des zehn Monate alten syrischen Flüchtlingsmädchens Rana aus der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) am Rugenbarg hat Hamburg und Deutschland schockiert. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten in der Flüchtlingspolitik herrscht Einigkeit darüber, dass die medizinische Versorgung von Kindern, insbesondere Säuglingen und Kleinkindern – nicht nur in akuten Notfällen – oberste Priorität haben muss. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Werden alle Säuglinge, Kleinkinder und Kinder bei der Erstuntersuchung körperlich untersucht? Findet die Untersuchung durch einen Kinderarzt statt? Siehe Drs. 21/1132, 21/1116, 21/973. Die Erstuntersuchung gemäß § 62 Asylgesetz erfolgt durch einen Allgemeinmediziner. 2. In welchen ZEA werden kinderärztliche Sprechstunden angeboten? Bitte im Einzelnen darstellen nach Einrichtung, Personalaufkommen Ärzte und Assistenz, Tagen pro Woche und Wochenstunden. Standort Anzahl Ärzte Anzahl Assistenzen Wochenstunden Tage pro Woche Albert-Einstein-Ring 1 22761 Hamburg 1 1 8 2 Bargkoppelstieg 10-14 22415 Hamburg Besetzung wechselnd Besetzung wechselnd 8 2 Behrmannplatz 3 22529 Hamburg 1 1 4 (14-tägig) 1 (14-tägig) Dratelnstraße 15 21109 Hamburg 6 11 8 2 Eißendorfer Pferdeweg 52 21075 Hamburg 1 0 1-2 1 Geutensweg 30 22147 Hamburg 0 0 0 0 Grellkamp 40 22415 Hamburg 3 2 6 2 Harburger Poststr. 1 21079 Hamburg 1 1 3 1 Hellmesberger Weg 23 22145 Hamburg 1 1 3 1 Drucksache 21/3277 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Standort Anzahl Ärzte Anzahl Assistenzen Wochenstunden Tage pro Woche Heselstücken 15 22453 Hamburg siehe Sportallee Holstenhofweg 84a-h 22041 Hamburg 1 1 6 2 Hörgensweg 6 22525 Hamburg 1 1 4 1 Jenfelder Straße 158 22045 Hamburg 1 1 4 1 Karl-Arnold-Ring 11 21109 Hamburg 1 0 3-4 (nach Bedarf ohne Assistenz ) 1 Kieler Straße 433, 22527 Hamburg 9 6 8 2 Kurdamm 8 21107 Hamburg 1 1 3 1 Kurt-A.-Körber Chaussee 83 21033 Hamburg 1 2 6 2 Blomkamp 61/ Rugenbarg 126 (Zufahrt) 22549 Hamburg 1 1 4 (14-tägig) 1 (14-tägig) Schlachthofstraße 3 (Neuland 2) 21079 Hamburg Besetzung wechselnd Besetzung wechselnd 4 (je nach Verfügbarkeit mit Assistenz) 1 Schlachthofstraße 20b 21079 Hamburg (Neuland 1) 1 Wechselnd (je nach Verfügbarkeit ) 3-4 (nach Bedarf ohne Assistenz ) 1 Niendorfer Straße 99 22453 Hamburg 1 1 4 1 Ohlstedter Platz 1 22397 Hamburg 1 1 2 1 Oktaviostraße 102 22043 Hamburg 1 1 2 1 Osterrade 51 21031 Hamburg 1 1 3 1 Papenreye 1a 22453 Hamburg 0 0 0 0 Rugenbarg 103 22549 Hamburg 1 1 4 1 Schnackenburgallee 81-83 22526 Hamburg 2 2 8 2 Schwarzenbergstraße 87 21079 Hamburg 1 1 3 1 Sportallee 70 22335 Hamburg 2 2 6 2 Wendenstraße 162 20537 Hamburg 1 6 3-4 1 Wiesendamm 24 22305 Hamburg 3 3 2-4 (nach Bedarf) 1 3. Welches sind die Kriterien für die Einrichtung einer kinderärztlichen Sprechstunde in einer ZEA? Wie wird die kinderärztliche Versorgung in den ZEA ohne kinderärztlicher Sprechstunde sichergestellt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3277 3 Kriterien für die Einrichtung einer kinderärztlichen Sprechstunde sind die Anzahl der Flüchtlinge in einer Einrichtung und der mögliche besondere Bedarf aufgrund einer überdurchschnittlichen Anzahl von Kindern. Eine pädiatrische Versorgung in den ZEA- Standorten wird dadurch sichergestellt, dass in allen ZEA-Praxen eine allgemeinmedizinische Sprechstunde durchgeführt wird. Im Rahmen dieser allgemeinmedizinischen Sprechstunde werden die besonderen Bedarfe eines erkrankten Kindes wie zum Beispiel die weitergehende Untersuchung und Therapie durch eine Pädiaterin/einen Pädiater je nach Dringlichkeit mittels 24-Stunden-Krankenschein oder Überweisung in die pädiatrische Sprechstunde in der ZEA eingeleitet. 4. Wird in den ZEA mit kinderärztlicher Sprechstunde jeder Säugling und jedes Kleinkind automatisch dem Kinderarzt zu einer Grunduntersuchung vorgestellt oder sind diese Sprechstunden nur dazu gedacht, akute Fälle zu behandeln? In den ZEA-Standorten mit kinderärztlicher Sprechstunde wird nicht jeder Säugling/ jedes Kleinkind automatisch dem Kinderarzt zu einer Grunduntersuchung vorgestellt. Die pädiatrischen Sprechstunden sind zur Akutbehandlung der Kinder vorgesehen. 5. Welche Haupterkrankungen wurden diagnostiziert? Wie viele Fälle welcher Haupterkrankungen, insbesondere von Lungenentzündung gab es seit Oktober 2015 jeweils monatlich in der jeweiligen ZEA? Die medizinische Dokumentation findet anhand von Karteikarten statt. Die zur Beantwortung erforderliche manuelle Sichtung und Auswertung von Tausenden von Karteikarten ist in der zur Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Wie oft mussten 2015 Säuglinge, Kleinkinder und Kinder wegen lebensbedrohlicher Erkrankungen ins Krankenhaus verbracht werden? Es gibt keine statistische Erhebung darüber, ob die Einlieferung von Säuglingen, Kleinkindern und Kindern aufgrund einer „lebensbedrohlichen Erkrankung“ oder aus anderen Gründen erfolgte. Kinder sind aus verschiedenen Gründen in ein Krankenhaus gebracht worden (zum Beispiel Knochenbruch, Fieber, Appendizitis et cetera). Im weit überwiegenden Teil der Fälle diente dies auch der weiteren Diagnostik, da in den Erstaufnahmeeinrichtungen regelhaft keine Röntgengeräte oder Ähnliches zur Verfügung stehen. Bei der Vielzahl der Erstaufnahmestandorte und Betreiber konnten genauere Zahlen in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 7. Wie viele Fälle von Mangel- und Unterernährung bei Säuglingen und Kleinkindern und Kindern sind in den ZEA seit Oktober 2015 monatlich festgestellt worden? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um diesen Zustand zu beheben? Insbesondere bei Familien, die nach längerer Flucht in Hamburg eintreffen, kann in Einzelfällen ein unzureichender Ernährungszustand der Säuglinge oder Kleinkinder beobachtet werden. Derartige Fälle werden von den Betreibern und der zuständigen Fachbehörde jedoch statistisch nicht erfasst. Eine Abfrage bei den Betreibern hat ergeben, dass im gefragten Zeitraum ungefähr zehn solche Fälle bekannt geworden sind. Zuständig für die Behandlung ist der medizinische Dienst der jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtung . Das Sozialmanagement, der Caterer und die Eltern werden ebenfalls einbezogen. Im Übrigen siehe Drs. 21/2467 sowie Antwort zu 5. 8. Werden Impfungen nach den Empfehlungen der STIKO in jeder ZEA angeboten, werden diese Angebote dann auch angenommen und wenn ja, in welchem prozentualen Umfang? 9. In welchen ZEA werden Babymilch und Folgemilch als Grundausstattung durch die Einrichtung regelhaft angeboten? Wenn ja, bis zu welchem Alter? Wenn nein, warum nicht? 10. Gibt es überall Möglichkeiten, Babynahrung aufzuwärmen? Drucksache 21/3277 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 11. In welchen ZEA werden durch die Einrichtung Babybrei und andere jeweils altersgerechte Babynahrung angeboten? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/2467. 12. Wie viele Mahlzeiten müssen Kinder der unterschiedlichen Altersklassen mit Mangel- oder Unterernährung beziehungsweise ohne diese Symptome nach Ansicht der Gesundheitsbehörde jeweils täglich zu sich nehmen ? An welchen Richtlinien orientiert sich hierbei die Behörde? Wie wird gewährleistet, dass den jeweiligen Gruppen von Kindern die erforderliche Anzahl von Mahlzeiten auch zur Verfügung steht, wenn die Eltern Nahrungsmittel nicht in den Schlafbereich mitführen dürfen? Die Eltern können in der Regel Milch, Brei oder ähnliches entweder in der Kantine der Einrichtung selbst zubereiten oder das Kantinenpersonal beziehungsweise das Wachpersonal (nachts) bitten, entsprechende Säuglingsnahrung auszugeben und zu erwärmen. In vielen Erstaufnahmeeinrichtungen können sich die Eltern zudem eine schriftliche Erlaubnis holen, Säuglingsnahrung auch im Schlafbereich entweder aufbewahren oder auch verzehren zu dürfen. 13. Gibt es spezielle Beratungsangebote für Eltern zur Gesundheit und Ernährung ihrer Kinder? Wenn ja, welche und in welcher Einrichtung? Siehe Drs. 21/2467. 14. Werden die Flüchtlingseltern aufgefordert, ihre Kinder zu den U-Untersuchungen vorzustellen? Werden die Untersuchungen in den Unterkünften angeboten? Im Rahmen der basisärztlichen Versorgung in den ZEA-Praxen werden pädiatrische Vorsorgeuntersuchungen nicht angeboten. Nach Erhalt der elektronischen Gesundheitskarte werden bei den Kindern im Regelsystem der medizinischen Versorgung die Vorsorgeuntersuchungen angeboten und durchgeführt. Hierfür werden die Termine durch das Sozialmanagement vereinbart. 15. Werden Flüchtlingskinder schulärztlich untersucht? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie viele Kinder aus den ZEA wurden in 2015 schulärztlich untersucht, wie viele aus den Folgeunterkünften? Flüchtlingskinder werden allen anderen Hamburger Einschulkindern gleichgestellt untersucht. Nach § 34 Hamburgisches Schulgesetz erfolgt dies nach Meldung durch die Schule beziehungsweise Registrierung im Hamburger Zentralen Schülerregister. Eine Differenzierung nach Kindern aus ZEA-Standorten und Folgeeinrichtungen erfolgt dabei nicht.