BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3293 21. Wahlperiode 23.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 16.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Religiös motivierte Gewalt gegen Minderheiten in Hamburger Flüchtlingsheimen (II) Am 13. Februar 2016 berichtete das „Hamburger Abendblatt“ über die aktuelle Frequenz von Polizeieinsätzen in Hamburger Flüchtlingsunterkünften, wobei es sich auf die Drs. 21/3082 bezog.1 Aus dem Dokument geht hervor, dass die Ordnungshüter allein im Januar insgesamt 299 Mal in zentralen Aufnahmestellen aktiv werden mussten, um Konflikte zwischen den miteinander in Streit geratenen Bewohnern zu schlichten. Welche Dimension das Ausmaß solcher Einsätze tatsächlich angenommen hat, kann man unter anderem daran erkennen, dass für die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung insgesamt 796 Polizeiwagen eingesetzt werden mussten, woraus sich eine evidente Steigerung zum Vormonat ergibt. Wie der Senat in seiner Antwort erklärte, kommen gewalttätige Konflikte in nahezu allen Hamburger Flüchtlingsunterkünften regelmäßig vor, wobei die Einrichtungen in Bergedorf und Bahrenfeld offenbar besonders stark betroffen sind. Zudem kann man den Angaben des Senats entnehmen, dass vor allem Schlägereien und Vandalismus zu den häufigsten Konfliktursachen zählen. Eingedenk der Tatsache, dass es in Hamburger Flüchtlingsunterkünften während der vergangenen Monate immer häufiger zu Fällen von religiös motivierter Gewalt gegen Minderheiten gekommen ist, die nicht dem sunnitischen Bekenntnis folgen, worüber zuletzt auch am 3. Februar 2016 in den Tagesthemen berichtet wurde, stellt sich die Frage, ob die Angaben, die der Senat in Drs. 21/3082 gemacht hat, vollständig sind beziehungsweise ob diese auch Konflikte miteinschließen, denen Motive aus dem Bereich der religiösen Intoleranz zugrunde liegen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Fälle von religiös motivierter Gewalt gegen einzelne Minderheiten sind dem Senat im Zeitraum vom 1. Januar bis heute zur Kenntnis gekommen? Bitte anhand von Standort, Datum und involvierten Religionsgruppen auflisten. Im Landeskriminalamt (LKA) Hamburg ist die Abteilung Staatsschutz (LKA 7) für politisch motivierte Kriminalität (PMK) zuständig. Hierunter fallen auch Straftaten im Sinne der Frage. Straftaten der PMK werden im bundeseinheitlichen „Kriminalpolizeilichen Meldedienst politisch motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) erfasst. 1 Confer „Wo die Polizei besonders häufig schlichten muss.“ „Hamburger Abendblatt“, Wochenendausgabe vom 13./14. Februar 2016. Drucksache 21/3293 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die nachfolgend für das Jahr 2016 dargestellten Vorgänge haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da unterjährige Vorgänge ständigen Veränderungen durch Nachmeldungen unterliegen. Delikt Tatzeit Tatort Religionszugehörigkeit Geschädigte Religionszugehörigkeit Tatverdächtige Bedrohung 01.01.2016 Flagentwiet 44 Christ Muslim Bedrohung 06.01.2016 Hörgensweg 6 Christ unbekannt Stand: 18.02.2016 2. Haben sich die Fälle, über die in den Tagesthemen vom 3. Februar 2016 berichtet wurde, ebenfalls in Bergerdorf beziehungsweise Bahrenfeld zugetragen? Nein. Nach Kenntnis des Betreibers der Zentralen Erstaufnahme in der Papenreye hat es dort verschiedentlich Konflikte zwischen Iranern und Afghanen gegeben. Bei den Iranern soll es sich um Christen handeln. Den Konflikten lagen jeweils Alltagssituationen zugrunde, religiöse Gründe sind dem Betreiber nicht bekannt. Die letzte Auseinandersetzung ergab sich im Rahmen der Essensausgabe und hatte nach polizeilicher Betrachtung keine strafrechtliche Relevanz. 3. In wie vielen der 299 polizeilich fixierten Fälle waren Motive wie religiöser Hass als Konfliktursache erkennbar? Statistische Daten im Sinne der Frage werden im Hamburger Einsatzleitsystems (HELS) der Polizei nicht erhoben. Für die Beantwortung der Fragestellung müssten im HELS zunächst die in der Frage benannten 299 Einsatzanlässe einzeln durchgesehen , verifiziert und anschließend daraus resultierende Vorgänge an den sachbearbeitenden Dienststellen ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Drs. 21/2108. 4. Werden Motive wie religiöser Hass im Rahmen der statistischen Erfassung von gewaltsamen Konflikten durch die Hamburger Polizei explizit erfasst? Falls nein, warum nicht? Unter dem Begriff „Hasskriminalität“ werden Taten im KPMD-PMK statistisch erfasst. Dies erfolgt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tat gegen eine Person aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit gerichtet war. 5. Existiert eine Korrelation zwischen ausgeprägter Gewalt- und Konfliktbereitschaft bestimmter Gruppen und der Häufigkeit religiös motivierter Übergriffe auf Minderheiten? 6. Die Angehörigen welcher Religionsgemeinschaft sind bisher am häufigsten zum Opfer von religiös motivierter Gewalt geworden? 7. Welcher Religionsgemeinschaft gehörten die Täter derartiger Übergriffe am häufigsten an? Bitte ebenfalls anhand von Standort, Datum und involvierten Religionsgruppen auflisten. Eine Erfassung der Religionszugehörigkeit basiert auf einer freiwilligen Angabe der Geschädigten und Tatverdächtigen gegenüber der Polizei. Mangels Datenbasis können daher keine aussagekräftigen statistischen Auswertungen erfolgen. Aussagen zu einer Korrelation im Sinne der Frage können daher nicht getroffen werden. 8. Worin liegen nach Ansicht des Senats die Ursachen für die etwaigen Affinitäten, die bestimmte Religionsgruppen in Hinblick auf religiös motivierte Gewalt gegenüber Andersgläubigen aufweisen? Siehe Drs. 21/2912 und 21/3166. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. bis zu 7.