BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3350 21. Wahlperiode 26.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 18.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Kostenexplosion und Fehlplanung beim ICGT Mittlerweile legt der Senat eine dritte Drucksache betreffend den Innovationscampus für Green Technologies (ICGT) vor: nach Drs. 20/4848 und 20/11183 nun 21/3101. Jedes Mal lässt er sich für dieses Projekt feiern, dennoch ist seit Jahren außer Planungskosten kein Ergebnis zu verzeichnen. Nun wird die Planung vollständig geändert. Ich frage den Senat: Um die Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung bis hin zur Fertigungsreife von innovativen Produkten zu optimieren, benötigt Hamburg mehr hochschulnahe Forschungs- und Kooperationsflächen für innovative Existenzgründer, Unternehmen und Hochschulen. Mit dem InnovationsCampus für Grüne Technologien (ICGT) soll ein solcher Ort für Innovationen entstehen. Um das ICGT schneller zu realisieren, hat der Senat in enger Absprache mit der TU Hamburg-Harburg und der TuTech GmbH von der ursprünglichen Neubauidee Abstand genommen und wird nun das ICGT im Gebäude der TuTech GmbH im Harburger Binnenhafen realisieren. Vorbehaltlich der Zustimmung der Bürgerschaft können daher nach einer Neugestaltung des Gebäudes bereits 2016 das Institut für Entrepreneurship der TUHH, die Beratungsstelle Startupdock der TUHH sowie Gründerinnen und Gründer und Start-up-Unternehmen einziehen. Verglichen mit dem ursprünglich geplanten Neubau entsteht das ICGT nun schneller, ist wirtschaftlicher und bietet zudem 200 Quadratmeter mehr Fläche. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der TuTech GmbH und der TU Hamburg-Harburg wie folgt: 1. Welche Kosten hätte der ursprünglich geplante Neubau für den ICGT nach der letzten Berechnung verursacht? Circa 22 – 23 Millionen Euro. 2. Trifft es zu, dass für die Planung des ursprünglich vorgesehenen Neubaus bereits Planungskosten in Höhe von 1,136 Millionen Euro ausgegeben wurden (vergleiche Drs. 21/3101, Seite 5)? Wer trägt diese Kosten ? Erhalten die TUHH oder die TUTech eine Erstattung dieser Kosten durch die Stadt, falls diese die Planungskosten zu tragen haben? Ja, es sind Planungskosten in der genannten Höhe bei der TuTech Innovation GmbH angefallen. Die Mittel hierfür sind aus dem für die TUHH in der Drs. 20/11183 vorgesehenen Finanzierungsanteil (1,9 Millionen Euro) von der TUHH an die TuTech Innovation GmbH gezahlt worden. Eine Erstattung dieser Kosten durch die Stadt ist nicht vorgesehen. Drucksache 21/3350 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wieso wurde nicht von Anfang an alternativ die Anmietung von Flächen geprüft? Die Grundidee des InnovationCampus für Grüne Technologien war nicht nur die reine Errichtung eines Gebäudes, vielmehr sollten sowohl städtebauliche Aspekte bedient als auch durch Musterinstallationen neue technische Möglichkeiten aufgezeigt werden . Für dieses Konzept wäre ein Neubau erforderlich gewesen. 4. Wurde bei dem Neubau auch geprüft, ob dieser im Rahmen eines Public-Private-Partnerships errichtet werden könnte? Wenn ja: Warum kam es nicht dazu? Wenn nein: warum nicht? Ja. Mehrere Gründe sprachen gegen ein PPP-Modell, unter anderem die ursprünglich geplante EFRE-Finanzierung, die Realisierung auf einem öffentlichen Grundstück, die geplante Installation von innovativen grünen Technologien in Kombination mit einem Sponsoring-Modell. 5. Wieso ist die Anmietung anderer Flächen wirtschaftlicher als die Errichtung des ursprünglich geplanten Neubaus? Hierzu bitte ich um eine genaue Berechnung. Der Leitgedanke zum ICGT basierte ursprünglich auf einem hohen Anteil an Gebäudetechnik . Der Neubau hätte jedoch circa 22 – 23 Millionen Euro Kosten verursacht und wäre erst in vier bis fünf Jahren fertiggestellt worden. Ein größenvergleichbares Bürogebäude ohne diesen Anteil an Gebäudetechnik liegt bei einem Drittel oder der Hälfte der Baukosten. Außerdem enthielten die Planungen zur Errichtung eines ICGT- Neubaus großzügig bemessene Freiflächen zur Kommunikation. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gab es hier durch eine Mietlösung Optimierungsmöglichkeiten, die vermietbaren Nutzflächen für Büros und Arbeitsbereiche mehr in den Vordergrund zu stellen und daraus Mieterlöse zu generieren. Zudem ist die Anmietung von Räumen innerhalb eines kürzeren Zeitraumes zu realisieren . 6. Wurden und werden bei anderen aktuell laufenden und in der Planung befindlichen Bauprojekten im Wissenschaftsbereich PPP-Projekte oder die Anmietung von Flächen aus der Privatwirtschaft für den ganzen oder teilweisen Flächenbedarf geprüft? Wenn ja: bei welchen Projekten und mit welchem Ergebnis? Wenn nein: warum nicht? Grundsätzlich werden bei allen Neubauten vor Beginn der Planung die alternativen Anmietungsmöglichkeiten überprüft. Im Übrigen hat der Senat eine Grundsatzentscheidung für das Mieter-Vermieter-Modell getroffen. Siehe Drs. 20/14486. 7. Trifft es zu, dass die nun anzumietenden Flächen von 1.050 m2 für 181,500 € angemietet werden, also für rund 14,40 Euro pro m2 und Monat? Wenn ja: Wie erklärt der Senat diesen niedrigen Mietzins, wenn für die Technikzentrale des MIN-Forums bei Anmietung von einem städtischen Anbieter fast 100 Euro pro m2 und Monat und für andere Hochschulneubauten teilweise 30 Euro und mehr pro m2 kalkuliert werden? Bei den für das ICGT angemieteten Flächen handelt es sich größtenteils um preiswert zu erstellende Büroflächen. Die Mietflächen der Technikzentrale dagegen bestehen zum überwiegenden Teil aus Flächen für Betriebstechnik (70 Prozent), auf denen kostenintensive technische Anlagen untergebracht sind. Kaum vorhanden sind dagegen preiswerter zu erstellende Nutzflächen (3 Prozent), wie Büros, Seminarräume oder Hörsäle et cetera. Hinzu kommt, dass in den Gesamtkosten der Baumaßnahme Technikzentrale diverse Maßnahmen im Bestand enthalten sind, durch die keine zusätzliche Mietfläche entsteht. Daraus resultieren hohe Gesamtkosten, die auf eine geringe Mietfläche umgelegt werden (siehe Drs. 21/3239). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3350 3 8. Wenn der Mietzins im Hochschulbau teurer als in der Privatwirtschaft ist, warum verursachen die aktuellen Neubauten deutlich höhere Kosten, als dies offensichtlich bei privatwirtschaftlich errichteten Neubauten der Fall wäre? Die aktuell im Hochschulbau errichteten Flächen sind am Markt nicht verfügbar. Durch spezifische technische Einbauten handelt es sich bei Forschungs- und Hochschulgebäuden um Spezialimmobilien mit eingeschränkten Drittverwendungsmöglichkeiten. 9. Trifft es zu, dass der ICGT nach der neuen Planung auf Dauer einen Fehlbertrag von rund 370.000 Euro aufweisen wird? Wer trägt diesen? Wie viel davon übernimmt die Freie und Hansestadt Hamburg außerhalb der Globalzuweisung für die TUHH? Der Betrieb des ICGT benötigt insbesondere in der Anlaufphase die Finanzierung durch die in der Drs. 21/3101 beschriebenen Mittel. Es wird erwartet, dass aus der Geschäftstätigkeit der TuTech Innovation GmbH insgesamt nach Ablauf von etwa zehn Jahren ausreichende Deckungsbeiträge zur Finanzierung der Kosten des ICGT vorliegen werden. 10. Wie ist die wiederholte Änderung des Flächenbedarfes zu erklären (Drs. 20/4848, Seite 9: 3.357 m2, Drs. 21/3101 „ursprünglicher Ansatz“: 2.797 m2, Drs. 21/3101 „Alternativer Ansatz“: 3.015 m2)? Ursächlich für die unterschiedlichen Flächenbedarfe sind die Umplanung mit einem anderen Gebäude, die Umnutzung bestehender Flächen im TuTech-Gebäude und die Einführung eines Mietmodells. 11. Wird nach der neuen Planung darauf verzichtet, ein „Nullenergiehaus“ zu nutzen? Wenn ja: Welche Einsparungen werden dadurch erzielt? Wenn nein: Wie und zu welchen Kosten werden das nun genutzte TU- Tech-Hauptgebäude und die anzumietenden Flächen auf den „Nullenergiehaus “-Standard gebracht? Es wird kein „Nullenergiehaus“-Standard angewandt. Die bestehende Photovoltaikanlage (inklusive Sonnenschutz) soll erweitert und die Heizanlage modernisiert werden. 12. Trifft es zu, dass nach der ursprünglichen Planung das privatrechtlich organisierte TUTech die Kosten des ICGT tragen sollte, dies jedoch nicht darstellbar war und deshalb eine Umplanung unter Beteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg erfolgt? Welche monatlichen und jährlichen Kosten hätte das neue Gebäude verursacht und wer hätte diese getragen? Ja. Hinsichtlich der Gebäudekosten siehe Drs. 20/11183 und Drs. 20/4848. 13. Trifft es zu, dass die „Kernverwaltung der TUTech“ nach der neuen Planung nun mit 1.050 m2 statt mit 1.437 m2 auskommen muss (vergleiche Drs. 21/3101, Seite 3)? Nein, ein Teil der Verwaltung (ICGT-relevante Verwaltung) bleibt im umgenutzten TuTech-Gebäude.