BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3352 21. Wahlperiode 26.02.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 18.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Pflege- und Patenfamilien für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge erreichen oftmals traumatisiert unser Land: Geflohen vor Krieg und Terror, mussten viele von ihnen erleben, wie Familienangehörigen und/oder ihnen selber schwerste Gewalt angetan wurde . Sich allein auf den Weg in ein fernes Land zu machen, hat die Minderjährigen zusätzlich belastet. Die jungen Flüchtlinge kommen aus einem Land, das ihnen keinen Schutz geboten hat, in ein Land, das ihnen völlig fremd ist. Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bedürfen des besonderen Schutzes und der besonderen Fürsorge. Pflegefamilien und Patenschaften können hier besonders geeignet sein, weil sie personengebundene, verlässliche Beziehungen ermöglichen. Auch wenn minderjährige unbegleitete Flüchtlinge durch die Jugendhilfe in der Regel in Wohngruppen statt in Pflegefamilien vermittelt werden, so gibt es dennoch Projekte, innerhalb derer die Unterbringung in gut geschulten Pflegefamilien erfolgt. Ein Beispiel ist das Projekt „Pflegefamilien für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ des freien Trägers „Pflege- und Patenkinder Fachdienst für Familien“ (PFIFF gGmbH) aus Hamburg. Laut Träger würde die Unterbringung in Pflegefamilien unter anderem dazu beitragen, dass dem besonderem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis traumatisierter jugendlicher Flüchtlinge Rechnung getragen würde, die intensive Alltagsbegleitung eine Unterstützung in potenziell retraumatisierenden Asylverfahren zur psychischen Stabilisierung beitrage sowie die Perspektivklärung und Kontinuitätswahrung, dem Spracherwerb und Erhalt der Herkunftssprache/-kontakten diene. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie bewertet der Senat die Unterbringung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen in Pflegefamilien im Vergleich zu anderen Formen der Versorgung beziehungsweise Unterbringung? Die Integration aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in das reguläre System der Hilfen zur Erziehung hat für den Senat höchste Priorität. Er begrüßt und fördert daher die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge im Rahmen der Pflegekinderhilfe, wenn dies für den unbegleiteten Minderjährigen die notwendige und geeignete Hilfe ist. 2. Welche Möglichkeiten gibt es für Familien, sich bei der Betreuung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge einzubringen? Für Bürgerinnen und Bürger, die sich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge engagieren möchten, gibt es aktuell in Hamburg folgende Möglichkeiten: Drucksache 21/3352 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bereich Träger Anschrift Privatvormundschaften Deutscher Kinderschutzbund , Hamburg Fruchtallee 15 20259 Hamburg vormundschaften @kinderschutzbundhamburg .de Diakonieverein Vormundschaften und Betreuungen e.V Mühlenberger Weg 57 22587 Hamburg info@diakonieverein-hh.de Beschäftigung + Bildung e.V. Repsoldstraße 27 / 3. OG 20097 Hamburg info@bb-ev.de Vollzeitpflege für unbegleitete minderjährige Ausländer PFIFF gGmbH Brauhausstieg 15-17 22041 Hamburg pfiff@pfiff-hamburg.de Gastfamilien (Inobhutnahme von unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ) Stiftung das Rauhe Haus Kinder- und Jugendhilfe Region Wandsbek Menckesallee 13 22089 Hamburg Tel.: 040/207 69 69 – 17 Fax: 040/207 69 69 – 40 ofreitag@rauheshaus.de Patenschaften/Unterstützung Landesbetrieb Erziehung und Beratung Conventstraße 14 22089 Hamburg info@leb.hamburg.de Patenschaften (in Vorbereitung ) Deutscher Kinderschutzbund , Hamburg 3. Welche Behörden und freien Träger führen Projekte für Pflege- und Patenfamilien für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge durch? Wie heißen die Projekte jeweils, welche Konzepte verfolgen sie und für wie lange sind sie jeweils angelegt? Wie viele Familien und Pflege- beziehungsweise Patenschaftsverhältnisse betreuen sie jeweils? Wie viel Personal steht dafür jeweils zur Verfügung? Unterbringungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und die damit verbundene Hilfeplanung erfolgen auf der Grundlage der gültigen fachlichen Vorgaben für die Pflegekinderhilfe. Insofern kann jeder bezirkliche Pflegekinderdienst und können alle von den Bezirken beauftragen Pflegkinderdienste freier Träger entsprechende Pflegefamilien werben und beraten. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 4. Wie genau gestaltet sich der Zugang zu solchen Projekten für Familien? Wo können sie sich informieren und wo können sie ihr Interesse bekunden ? Gibt es ein spezielles Bewerbungsverfahren? Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die Pflegeperson werden möchten, können sich an ihr bezirkliches Jugendamt wenden oder an einem Infoabend bei der PFIFF gGmbH teilnehmen. Im Übrigen werden die unter 2. genannten Träger im Rahmen ihres Angebotes selbständig. 5. Wie steht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dem Projekt „Pflegefamilien für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ des freien Trägers „Pflege- und Patenkinder Fachdienst für Familien“ (PFIFF) aus Hamburg gegenüber? Wie und in welcher Form unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den freien Träger PFIFF in der Durchführung des Projektes? Die PFIFF gGmbH erhält für ihr Projekt „Pflegefamilien für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ Mittel von der Stiftung Aktion Mensch. Die Freie und Hansestadt Hamburg gewährt darüber hinaus eine Zuwendung an den Träger für die Pflegelternschule sowie für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Pflegegeld und Pflegeelternberatung werden fallbezogen nach den bestehenden Richtlinien vom zuständigen Jugendamt gewährt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3352 3 Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 6. In welcher Form und seit wann bemüht sich der Senat, Hamburger Familien bei der Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen einzubinden, insbesondere sie als Pflege- und/oder Patenfamilien zu gewinnen? Der Senat unterstützt die Gewinnung von zusätzlichen Pflegefamilien, indem er gezielt die Öffentlichkeitsarbeit für die Hamburger Pflegekinderhilfe – angesiedelt beim Träger PFIFF gGmbH – mit einer jährlichen Zuwendung finanziert. Zuletzt wurde hierfür im Herbst 2015 eine öffentlichkeitswirksame Kampagne durchgeführt. Darüber hinaus wurde für die Hamburger Pflegeelternschule, die ebenfalls zuwendungsfinanziert ist, eine zusätzliche halbe Stelle finanziert, sodass weitere Informationsveranstaltungen für interessierte Bürgerinnen und Bürger stattfinden konnten. 7. Wie viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge leben bereits in Pflegefamilien in Hamburg? Wie hat sich die Zahl der in Pflegefamilien untergebrachten minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in den letzten zwölf Monaten entwickelt? Bitte monatlich ausweisen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Vollzeitpflege (Quelle Jus-IT): Stichtag: 20.02.2015 = 4 19.02.2016 = 3 Zu berücksichtigen ist hierbei vor allem das mit über 16 Jahren hohe Durchschnittsalter der unbegleiteten Minderjährigen, die oftmals ein hohes Maß an Selbstständigkeit besitzen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1715. 8. Was sind die Voraussetzungen für Familien, einen minderjährigen unbegleiteten Flüchtling aufzunehmen? Welche Standards gelten bei der Auswahl und Betreuung? Die Voraussetzungen für Pflegefamilien sind in der Fachanweisung Pflegekinderdienst geregelt, ebenso die Standards für die Beratung und Begleitung. Das sogenannte Matching, also die Entscheidung darüber, welcher junge Mensch in welche Pflegefamilie passt, wird im Rahmen der Hilfeplanung und unter Federführung des ASD entschieden . Für unbegleitete Minderjährige ist dies der Fachdienst Flüchtlinge. In diesem Rahmen kann außerdem vereinbart werden, welche Beratung und Begleitung in dem jeweiligen Einzelfall speziell erforderlich ist (zum Beispiel Dolmetscherleistungen ). 9. Welche alternativen Angebote, beispielsweise in Form von der Übernahme einer Paten- oder Vormundschaft, werden Familien gemacht, die nicht als Pflegefamilien infrage kommen? Siehe Antwort zu 2. 10. Wie gestaltet sich die konkrete Zusammenarbeit zwischen BASFI, dem Landesbetrieb für Erziehung und Beratung (LEB) und den freien Trägern in der Unterbringung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen, insbesondere in der Vermittlung in Pflegefamilien? Die Unterbringung in einer Pflegefamilie ist das Ergebnis der individuellen Hilfeplanung nach § 36 SGB VII, die Zusammenarbeit ist in der Fachanweisung Pflegekinderdienst geregelt. 11. Findet eine finanzielle Förderung von Projekten zur Vermittlung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen statt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die in der Antwort zu 2. benannten Maßnahmen werden durch Zuwendungen, oder im Rahmen von Vereinbarungen nach § 77, 78 SGB mit dem jeweiligen Träger gefördert. Drucksache 21/3352 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Zum Projekt „Pflegefamilien für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ der PFIFF gGmbH siehe im Übrigen Antwort zu 5.