BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3366 21. Wahlperiode 01.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 22.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Nachteilsausgleich in Prüfungen Abschlussprüfungen bestehen aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Schülerinnen und Schüler werden dann zu mündlichen Prüfungen zugelassen , wenn sie die schriftlichen Prüfungen bestanden haben. In der Ausbildungs- und Prüfungsordnung ist festgelegt, dass Schülerinnen und Schülern mit einer „besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens“ „angemessene Erleichterungen“ gewährt werden (§ 6 APO-GrundStGy). Als Beispiele dafür werden Verlängerung der Arbeitszeit und Bereitstellung von Hilfsmitteln genannt. Ausgleichsmöglichkeiten zwischen schriftlichen und mündlichen Leistungen werden nicht genannt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In welcher Verordnung ist festgelegt, dass die schriftliche Prüfung immer vor der mündlichen Prüfung erfolgen muss? Gemäß § 21 Absatz 1 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy) können die mündlichen Prüfungen zum ersten allgemeinbildenden Schulabschluss und zum mittleren Schulabschluss vor oder nach den schriftlichen Prüfungen stattfinden ; die Entscheidung über die Reihenfolge trifft die Prüfungsleitung. Bei der Abiturprüfung kann hingegen zur mündlichen Prüfung nur zugelassen werden, wer gemäß § 25 Absatz 1 Ausbildungs- und Prüfungsordnung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (APO-AH) an der schriftlichen und gegebenenfalls am praktischen Teil der Abiturprüfung teilgenommen hat und die für den Block 2 der Gesamtqualifikation nach § 32 Absatz 3 APO-AH festgesetzten Bedingungen durch die mündliche Prüfung erfüllen kann. a. Gibt es in Hamburg Schulen, die für den ersten allgemeinbildenden und den mittleren Schulabschluss zuerst die mündlichen und dann die schriftlichen Prüfungen durchführen? Ja. b. Wenn ja, welche? Die von den Schulen festgelegte Reihenfolge der Prüfungsdurchführung zum ersten allgemeinbildenden Schulabschluss und zum mittleren Schulabschluss wird von der zuständigen Behörde nicht regelhaft erfasst. Nach Kenntnis der Schulaufsicht werden an folgenden Schulen die mündlichen Prüfungen vor den schriftlichen durchgeführt: Stadtteilschule Bergstedt, Erich Kästner-Schule, Stadtteilschule Horn, Stadtteilschule Walddörfer, Nelson-Mandela-Schule (nur im Fach Deutsch für den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss). Drucksache 21/3366 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Welche Vorgaben gibt es von der KMK zur Durchführung der Prüfungen nach den neunten und zehnten Klassen? Keine. 3. Welche Vorgaben von der KMK gibt es zum Nachteilsausgleich bei Prüfungen ? Nach dem Beschluss der KMK vom 04.12.2003 in der Fassung vom 15.11.2007 (Grundsätze zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen) muss sich die Leistungsbewertung in Abschlussprüfungen wegen des grundgesetzlich vorgegebenen Gleichbehandlungsgebots , insbesondere im Hinblick auf die freie Wahl von Beruf und Ausbildungsstätte , nach einheitlichen Kriterien richten. Ein dem jeweiligen Einzelfall angemessener Nachteilsausgleich ist danach in einer Prüfungssituation zu gewähren, wenn durch eine besonders schwere Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens allein der Nachweis des Leistungsstands, also die technische Umsetzung vorhandener Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, erschwert wird und wenn die Beeinträchtigung in der weiteren Berufs- oder Hochschulausbildung durch Hilfsmittel ausgeglichen werden kann. Die fachlichen Anforderungen bleiben davon unberührt. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Anpassung der äußeren Prüfungsbedingungen an die besonderen Bedürfnisse des betroffenen Prüflings vorliegen, ist eine schulische Entscheidung, an der die Lehrkraft für das Fach Deutsch zu beteiligen ist. 4. Wie werden diese in Hamburg und in den übrigen Bundesländern umgesetzt ? Die Umsetzung des Nachteilsausgleichs in Hamburg erfolgt in Verantwortung der Einzelschulen auf der Basis von § 6 APO-GrundStGy beziehungsweise § 13 APO-AH. Zu Empfehlungen zur praktischen Umsetzung des Nachteilsausgleichs in den Schulen siehe Handreichung Nachteilsausgleich (online unter: http://www.hamburg.de/ contentblob/3897226/data/nachteil-dl.pdf). Zur Gestaltung des Nachteilsausgleichs in anderen Ländern liegen der zuständigen Behörde keine Kenntnisse vor. Da es sich bei den erfragten Daten in den anderen Ländern um Angelegenheiten handelt, die gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Senats und damit des parlamentarischen Fragerechts nach Artikel 25 HV liegen (Hamburgisches Verfassungsgericht, Urt. v. 06.11.2013 – HVerfG 6/12 –, juris Rn. 68), war auch eine entsprechende Recherche in den anderen Ländern nicht geboten. 5. Gibt es zum Beispiel Bundesländer, in denen Kinder mit anerkanntem Anspruch auf Nachteilsausgleich auch dann zu mündlichen Prüfungen zugelassen werden, wenn sie die schriftliche Prüfung nicht bestanden haben? Wenn ja, welche? 6. In welchen Bundesländern wird der konkrete Nachteilsausgleich durch das jeweilige Kultusministerium und in welchen durch die jeweilige Schule geregelt? Der zuständigen Behörde liegen hierzu keine Kenntnisse vor, im Übrigen siehe Antwort zu 4. 7. Ist der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bereit, den Nachteilsausgleich bei Prüfungen – auch aufgrund neuerer Erkenntnisse über Lese-Rechtschreib-Schwächen – zu überprüfen; zum Beispiel diesen in die Verantwortung der Schulen zu geben? Wenn ja, wie sehen die konkreten Planungen aus? Wenn nein, weshalb nicht? Eine Änderung der bestehenden Regelungen zum Nachteilsausgleich ist nicht erforderlich .