BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3372 21. Wahlperiode 01.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 22.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Wie viel Steuergeld versenkt die HPA noch in das System „smartPORT logistics“? Wie aus der aktuellen Berichterstattung hervorgeht, hat das auf Datenkommunikationssysteme spezialisierte Hamburger Unternehmen DAKOSY Datenkommunikationssystem AG ein neues System zur Verkehrssteuerung an den Terminals im Hamburger Hafen entwickelt. Die Einführung des neuen Slotbuchungssystem für Trucker soll dazu beitragen, dass lange Lkw- Schlangen und Staus an den Zufahrten zu den Hafenterminals zukünftig vermieden werden. Das neue System entwickelten die IT-Experten in Kooperation mit den größten Terminalbetreibern HHLA und EUROGATE GmbH & Co. KGaA. In Konkurrenz dazu steht das von der HPA nur mit mäßigem Erfolg betriebene System „smartPORT logistics“, welches ursprünglich als „intelligente Lösung für den Verkehrsfluss im Hamburger Hafen“ angepriesen wurde. Es stellt sich die Frage, warum die HPA im Alleingang und anscheinend ohne Abstimmung mit DAKOSY ein 210.000 Euro teures Parallelsystem namens smartPORT logistics versucht zu etablieren, wenn kurze Zeit später ein ähnliches, möglicherweise effektiveres Slotbuchungssystem für Trucker von DAKOSY selbst präsentiert wird. Aus der Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 21/2950) vom 22. Januar 2016 geht zudem hervor, dass das von der HPA bereitgestellte System smart- PORT logistics gerade einmal sechs Fuhrunternehmen nutzen. Der Senat musste einräumen, dass die Nutzerquote von Transport- und Speditionsunternehmen bei unter 1 Prozent liegt. Der Alleingang der HPA erscheint insbesondere vor dem Hintergrund, dass DAKOSY bereits eine sowohl von Reedern als auch Spediteuren angenommene Informationsplattform im Hafen betreibt, noch unverständlicher. Selbstverständlich ist der Fortschritt durch die Etablierung von IT-Systemen im Hamburger Hafen zu begrüßen. Die Etablierung solcher IT-Systeme kann allerdings nur im Schulterschluss und nicht im Alleingang erfolgen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Es handelt sich bei den beiden Systemen weder um „Parallelsysteme“ noch um zwei gänzlich unterschiedliche Systeme. Die beiden Anwendungen ergänzen sich optimal und erreichen in ihrem Zusammenspiel ihre volle Leistungsfähigkeit. smartPORT logistics (SPL) bietet eine offene Schnittstelle zur Anbindung des Slotmanagement sowie bereits vorhandener Transportmanagementsysteme. Beim Slotmanagement geht es um die Voranmeldung von Containern bei den Betrieben (zunächst Containerterminals) sowie in einem nächsten Schritt um die verbindliche Buchung eines Zeitfensters (Slot) als Terminvereinbarung bei den Betrieben. Ziele sind die Vermeidung unnötiger Lkw-Fahrten zu den Terminals sowie die Glättung des Lkw-Aufkommens über den Tagesverlauf. Drucksache 21/3372 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 SPL gibt unter anderem Informationen zum Verkehrsgeschehen sowie zur Infrastruktur , insbesondere Parkplatzverfügbarkeit und Brückensperrzeiten und vereinfacht die direkte Kommunikation zwischen Disponent und Lkw-Fahrer sowie zwischen allen Beteiligten untereinander. Eine wesentliche Leistung von SPL ist die Berechnung der erwarteten Ankunftszeit eines Lkw an seinem Zielort, zum Beispiel am Containerterminal unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage. Diese Funktion ist dann besonders wertvoll, wenn es darum geht, zeitgenau an einem Zielort zu sein, wie es am Beispiel der angekündigten verbindlichen Slotbuchung der Fall ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Welche Funktionen bringt das neue Slotbuchungssystem für Trucker von DAKOSY mit sich und wie wird es im Einzelnen funktionieren? Folgende Funktionen sind im Slotbuchungsverfahren (SBV) implementiert: Voranmeldung von Containertransporten durch Fuhrunternehmen an Terminals, Rückmeldung von Statusinformationen an Fuhrunternehmen von den Terminals zu den Containern zur Vermeidung unnötiger Leerfahrten, Bestätigung eines Zeitfensters vom Slotmanagementsystem nach Beantragung für die Abfertigung oder Ablehnung mit einem Hinweis auf alternative Zeitfenster, Gate-in/Gate-out-Meldungen an Fuhrunternehmen zu ihren Containern, Bündelung der Kommunikation über den TR02 InfoHub: o Fuhrunternehmen erreicht mit einem Anschluss alle teilnehmenden Terminals, o teilnehmende Terminals erreichen mit einem Anschluss alle angeschlossenen Fuhrunternehmen. 2. Wie und in welcher Form waren die Terminalbetreiber EUROGATE und HHLA an der Entwicklung des Slotbuchungssystems von DAKOSY beteiligt? Die Hamburger Hafen und Logistic AG (HHLA) und EUROGATE GmbH & Co. KGaA, KG (Eurogate) sind Auftraggeber des Systems SBV und haben die fachlichen Anforderungen an das System in Bezug auf die Bedürfnisse ihrer jeweiligen Terminals entworfen und vorgegeben. Die Entwicklung und Einführung des Systems erfolgt in enger Kooperation zwischen Eurogate, HHLA und DAKOSY Datenkommunikationssystem AG (DAKOSY). 3. Seit wann war dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden und der HPA bekannt, dass DAKOSY in Kooperation mit EUROGATE und HHLA das nun vorgestellte Slotbuchungssystem im Hamburger Hafen entwickelt? 4. Haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden und die HPA bei der Entwicklung und Etablierung des Systems im Hamburger Hafen unterstützt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Ziel einer umfangreichen IT-Unterstützung im Hamburger Hafen ist die Optimierung des Gesamtsystems durch eine optimale Koordination von Verkehr, Infrastruktur und Warenfluss. Die HPA unterstützt seit Langem das Vorhaben der Terminalbetreiber, ein Slotbuchungsverfahren einzuführen. Unter anderem wurde aus diesem Grund im Jahr 2014 eine Arbeitsgruppe „Optimierung Truckabläufe“ zur Verbesserung der Waren- und Verkehrsflüsse im Hamburger Hafen unter Leitung von DAKOSY geschaffen , in der die HPA, HHLA, Eurogate und DAKOSY gemeinsam zukünftige Prozesse und das Zusammenspiel der eingesetzten IT-Systeme erarbeiten. Ziel ist die Koordination der Aktivitäten aller Beteiligten im Sinne einer Optimierung des Lkw-Verkehrs im Hamburger Hafen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3372 3 Bei der Erfüllung der Anforderungen des Slotmanagement kann SPL die Fuhrunternehmen unterstützen. Diese unterstützende Funktion von SPL stellte die HPA auf mehreren öffentlichen Informationsveranstaltungen zum Slotmanagement dar. 5. Gibt es aus Sicht des Senats und der zuständigen Behörden funktionale Überscheidungen beider Systeme? Wenn ja, welche sind dies und rechtfertigt dies das Bestehen zweier vermeintlicher „Parallelsysteme“? Wenn nein, in welcher Hinsicht unterscheiden sich die beiden Systeme voneinander? Siehe Vorbemerkung. 6. In welchen Bereichen arbeitet die HPA mit dem auf Datenkommunikationssysteme spezialisierten Unternehmen DAKOSY zusammen? Die HPA arbeitet prinzipiell immer dann mit DAKOSY zusammen, wenn es um die Verknüpfung von Verkehr, Infrastruktur und Ware geht. Beispielhafte gemeinsame Projekte sind die Entwicklung von TransPORT Rail (siehe: http://www.hamburg-portauthority .de/de/hafenkunden/hafenbahn/transport-rail/Seiten/default.aspx), Port River Information System Elbe (PRISE) oder SPL. 7. Laut der Drs. 21/2950 vom 22. Januar 2016 seien für die seit November 2014 zur Verfügung stehenden IT-Lösung smartPORT logistics insgesamt Projektkosten in Hohe von rund 210.000 Euro angefallen. Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass das von der HPA bereitgestellte System smartPORT logistics gerade einmal sechs Fuhrunternehmen nutzen. Die Nutzerquote von Transport- und Speditionsunternehmen würde bei unter 1 Prozent liegen. Rechtfertigen die Projektkosten in Höhe von 210.000 Euro aus Sicht des Senats und der zuständigen Behörden, dass gerade einmal 1 Prozent aller Transport- und Speditionsunternehmen diese Anwendung nutzen? Wenn ja, wie begründen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden ihre Haltung? Wenn nein, welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Die HPA geht davon aus, die Nutzerzahlen der Anwendung weiter steigern zu können, da insbesondere durch das Zusammenspiel von SPL mit den angebundenen Transportmanagementsystemen – wie zum Beispiel des Slotbuchungsverfahrens – der Nutzen von SPL weiter steigt. Darüber hinaus finden Gespräche mit norddeutschen Häfen, die ebenfalls die Einführung von SPL beabsichtigen, statt. Ferner gibt es Projekte zur direkten Kommunikation von Fahrzeug und Infrastruktur, in denen die SPL-App die Informationen der Infrastruktur an die Fahrer übermittelt. Die Entwicklung von SPL stellt damit einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur Digitalisierung des Hafens dar. Grundsätzlich ist mit SPL eine Basis rechtzeitig gelegt worden, um Infrastruktur- und Wareninformationen zu integrieren. Durch die Integration weiterer Funktionalitäten ist davon auszugehen, dass die Verbreitung signifikant steigen wird.