BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3405 21. Wahlperiode 01.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 23.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Stadtbusse der HHA und VHH  Nach den bisherigen Mitteilungen des Senates verfügt die HOCHBAHN über 785 Busse und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein verfügen über 545 Busse. Während die Antriebstechnologie und die Umweltfreundlichkeit der Busse schon Thema diverser Anfragen waren, wurde dem Design der Busse, insbesondere bezogen auf den Komfort und die Sicherheit der Fahrgäste, bisher kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Gerade in letzter Zeit häufen sich die Meldungen über verletzte Fahrgäste nach Notbremsungen. In der Vergangenheit erfolgte die Fahrzeugentwicklung ausschließlich und zulasten der Mehrheit der Fahrgäste nur noch in Richtung der Barrierefreiheit. So notwendig dies unbestritten war, sind dabei übrige Aspekte offensichtlich völlig außer Acht gelassen worden. Da Hamburg deutschlandweit der größte Abnehmer an Stadtbussen ist (Berlin hat zwar noch etwas mehr Busse, aber einen Großteil an Doppelstockwagen ), war es vor geraumer Zeit üblich, dass sich die Hamburger Hochbahn AG über Ihre Tochter FFG Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH an der Entwicklung zukunftsfähiger Fahrzeuge für die Industrie beteiligte beziehungsweise diese maßgeblich bestimmte. Im Laufe der Jahre ist inzwischen darauf ganz verzichtet worden. Da die Fahrgastanforderungen unseres Erachtens im Laufe der Jahre nicht mehr den erforderlichen Schwerpunkt bei der Stadtbusentwicklung und Anschaffung einnehmen, frage ich den Senat: Auf der Grundlage von Auskünften des Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV), der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Stellen die Hamburger Busunternehmen hinsichtlich Design, Fahrkomfort und Sicherheit individuelle Anforderungen an die Bushersteller oder bedient man sich im Rahmen des dort sowieso vorhandenen Angebots? 2. Inwieweit werden Komfort und Sicherheit der Fahrgäste bei Fahrzeugbestellungen beziehungsweise Ausschreibungen berücksichtigt beziehungsweise vorgegeben? Die grundlegenden Ausstattungsmerkmale für die im HVV eingesetzten Fahrzeuge ergeben sich aus den Qualitätsstandards des HVV, in denen auch die Komfort- und Sicherheitsmerkmale berücksichtigt werden. Auf dieser Grundlage erfolgt die Fahrzeugkonfiguration im Rahmen der von den Herstellern angebotenen Ausstattungsmerkmale , wobei auch individuelle Anforderungen zum Beispiel Nutzwert aus Kun- Drucksache 21/3405 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 denperspektive und betriebliche Tauglichkeit einfließen. Darüber hinaus tauscht die HOCHBAHN Erfahrungen und Erkenntnisse aus der betrieblichen Anwendungspraxis als Erprobungspartner mit der Busindustrie aus. 3. Bei einem aktuellen MetroBus (Gelenkbus) in Hamburg wurden 19 Sitzplätze auf Radkästen, elf Sitzplätze quer zur Fahrtrichtung und drei Sitzplätze auf dem Motorblock gezählt. Ist man sich der Tatsache bewusst, dass Sitzplätze auf Radkästen sowie entgegen beziehungsweise seitwärts der Fahrrichtung beziehungsweise Stehplätze in Bussen keinen angemessenen Fahrkomfort und keine ausreichende Sicherheit bei Notbremsungen bieten? Alle Fahrzeuge entsprechen bezüglich des (Sitz-)Platzangebotes den gesetzlichen Vorgaben zur Sicherheit und sind durch das Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen. 4. Besteht die Erkenntnis, dass für weite Teile der Fahrgäste (Ü 50) Kletterpartien (meistens während der Fahrt) zum Erreichen der Sitzplätze nicht zumutbar sind? In allen Fahrzeugen stehen ausreichend Sitzplätze zur Verfügung, die barrierefrei zu erreichen sind. Nur wenige Sitzplätze in einigen Bussen der VHH sind bauartbedingt über Treppen zu erreichen. 5. Kann nachvollzogen werden, dass es für das Behaglichkeitsgefühl des Fahrgastes von Bedeutung ist, dass das zugehörige Fenster mit der Unterkante etwa mittig zwischen Schulter und Ellenbogen zu liegen hat und nicht auf Bauchnabelhöhe, auf Kinnhöhe oder im Rücken des Reisenden liegen sollte? Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, inwieweit von den Fahrgästen eine bestimmte Fensterhöhe erwartet wird. 6. Kann nachvollzogen werden, dass es den Fahrkomfort unzumutbar beeinträchtigt, wenn einem von mitreisenden Nutzern von Stehplätzen Rucksäcke oder Taschen gegen den Kopf gedrückt werden? Die Unternehmen weisen in Abstimmung mit dem HVV durch Piktogramme und Plakate auf die Beförderungsbedingungen hin und werben offensiv für gegenseitige Rücksichtnahme der Fahrgäste. 7. Wie wird das Missverhältnis zwischen Einstiegstüren (jeweils eine) und Ausstiegstüren (bis zu vier) begründet? Jede Tür bedeutet Entfall von vier Sitzplätzen. Fünftürige Busse kommen vorzugsweise auf Linien zum Einsatz, auf denen tagsüber an allen Türen ein- und ausgestiegen werden kann. Die hohe Zahl an Türen trägt zur Erleichterung des Fahrgastwechsels und somit zur Reduktion der Reisezeiten für alle Fahrgäste bei. Bei allen anderen Fahrzeugen sind maximal drei Türen zum Ausstieg vorgesehen. Busse mit einer Tür im Heckbereich führen neben einer Beschleunigung des Fahrgastwechsels auch zu einer verbesserten Nutzung der angebotenen Kapazitäten , da von allen Plätzen eine Tür schnell erreichbar ist. In der Folge ist eine bessere und gleichmäßigere Verteilung der Fahrgäste im Bus gerade bei hoher Besetzung zu beobachten. Derartige Busse werden vorzugsweise auf besonders hochfrequentierten Linien eingesetzt. 8. Warum wird seitens der Hamburger Busunternehmen beim Innen- und Außendesign keine „Corporate-Identity“ (einheitliche Formen und Farben mit deutlichem Wiedererkennungswert) entwickelt, wie dies von Verkehrsunternehmen in vergleichbaren größeren Städten praktiziert wird? 9. Warum werden offensichtlich überhaupt keine Anforderungen an eine formale und farbliche Gestaltung der Busse gestellt? Die Busse sind im Corporate Design der Verkehrsunternehmen gestaltet. Die Identifizierung eines Busses als HVV-Verkehrsmittel ist jederzeit und problemlos durch einen Folienaufkleber möglich. Dabei erfolgt die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit dem HVV-Logo nach einem festgelegten Schema, indem auf der Front das Logo oberhalb Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3405 3 des rechten Scheinwerfers des Fahrzeuges platziert wird. Seitlich befindet sich die Kennzeichnung auf der Einstiegsseite im Fenster neben der vorderen Tür. 10. Warum ist der Innenraum von 95 Prozent der Hamburger Busse in der Grundfarbe tiefgrau gehalten und nicht in einem farbenfrohen Design, was das Behaglichkeitsgefühl der Fahrgäste steigert? Die farbliche Gestaltung der Businnenräume ist so ausgelegt, dass eine optimale und kostengünstige Reinigung möglich ist. Die Farben werden so gewählt, dass die untertägigen Verschmutzungen bei allen Witterungslagen möglichst geringe optische Auswirkungen haben. Zudem muss für sehbehinderte Menschen ein deutlich wahrnehmbarer Kontrast zwischen den Festhaltemöglichkeiten (Haltestangen und Griffe in den vorgegebenen Farben gelb und rot) sowie der Innenfarbe der Busse vorhanden sein, sodass für die Seitenwände, Decken und Sitze nur neutrale Farben gewählt werden können. In die Gestaltung fließen die Kundenbedürfnisse ein. Regelmäßig führt die HOCHBAHN repräsentative Befragungen ihrer Fahrgäste durch. Die Ergebnisse weisen hinsichtlich des Fahrkomforts, Fahrzeugzustandes, der Sauberkeit und Modernitätsempfinden der Buskunden keine Handlungsbedarfe auf. Anlassbezogen werden bei Neuüberlegungen zu Ausstattungsmerkmalen oder Designs gezielte repräsentative Kundenbefragungen durchgeführt. 11. Inwieweit ist die vermeintliche Sicherheit vor Vandalismus und Graffiti ausschließliche Designvorgabe bei der Innenraumgestaltung der Busse? Die Vermeidung von Vandalismus ist eines von mehreren Kriterien, die beim Innenraum -Design berücksichtigt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 10. 12. Wie hoch sind die Schäden durch Vandalismus und Graffiti an Bussen jährlich? HOCHBAHN: circa 200- bis 600.000 Euro jährlich VHH: circa 185.000 Euro jährlich 13. Beschäftigen die Hamburger Busunternehmen eigene Innenarchitekten oder Designer oder wurden in den letzten zehn Jahren entsprechende Aufträge an externe Dienstleister vergeben? Wenn nein: Hat man nicht den Anspruch, ein wertiges Produkt anzubieten ? Die Unternehmen nutzen die Design-Expertise der Bushersteller. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Bestimmungen (Brandschutz und Mobilitätsfreiheit) zu beachten. 14. Wie hoch sind die Einnahmen durch die sogenannte Ganzkörperwerbung bei VHH und HHA? Die HOCHBAHN gab hierzu an, dass die Rechte zur Werbung an und in den Anlagen der HOCHBAHN langfristig an die HVW Hamburger Verkehrsmittel-Werbung GmbH (HVW) übertragen worden sind. Im Gegenzug erhält die HOCHBAHN eine Pachtabgabe . Bei den Abrechnungsdaten handelt es sich um betriebsinterne und vertrauliche Daten der HVW. Die VHH teilt mit, dass eine Werbung, bei der auch die Scheiben beklebt sind, nicht praktiziert wird. 15. Warum wird angesichts solcher Fragestellungen nicht die Wiederbelebung einer Fahrzeugentwicklung innerhalb der FFG Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH in Erwägung gezogen? Im Rahmen einer Fahrzeugentwicklung sind unter anderem ausführliche Tests (zum Beispiel Crash-Tests) als Vorbedingung zur Erreichung der Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeuges zwingend erforderlich. Die FFG Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH (FFG) ist gemeinsam mit der HOCHBAHN Erprobungspartner der Busindustrie und gibt in dieser Funktion Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem betrieblichen Einsatz sowie der Instandhaltung der Fahrzeuge an die Hersteller weiter. Auf diesem Wege soll erreicht werden, dass die betrieblichen und technischen Anforderungen des Betreibers den Herstellern zur Kenntnis gebracht und bei zukünftigen Entwicklungen berücksichtigt werden können.