BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3459 21. Wahlperiode 04.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 26.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Verbringung von Sedimenten (IX): Reden Hamburg und der Bund nicht miteinander? Neben dem Land Hamburg baggert auch der Bund in Teilen der Elbe. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung unterhält die Bundeswasserstraße Elbe von der Nordsee bis zum Elbe km 638,9 (Landesgrenze Freie und Hansestadt Hamburg beziehungsweise Delegationsstrecke). Die Unterhaltungsbaggerei findet auf der Bundesstrecke in der Regel ganzjährig statt. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Finten-Laichs findet zwischen der Schwingemündung und dem Mühlenberger Loch im Zeitraum vom 15. April bis 30. Juni im Regelfall keine Unterhaltung mit Hopperbaggern statt. Dagegen dürfen laut Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe im hamburgischen Bereich der Tideelbe im Zeitraum vom 1. April bis 6. November keine Umlagerungen nach Neßsand vorgenommen. Dieses Umlagerungsverbot wird mit dem im Tideelbebereich zeitweise auftretenden niedrigen Sauerstoffgehalt begründet. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1) Aus welchen konkreten Gründen erstrecken sich die Einschränkungen der Baggerarbeiten in der Schwingemündung und dem Mühlenberger Loch auf einen deutlich geringeren Zeitraum (15. April bis 30. Juni), als dies in der Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe (1. April bis 6. November) zulässig ist? a) Worin unterscheiden sich die jeweiligen ökologischen und chemischen Eigenschaften der genannten Gewässerbereiche? Siehe: http://www.natura2000-unterelbe.de/plan-Der-Gesamtplan.php. b) Existieren für die Gewässerbereiche Schwingemündung und Mühlenberger Loch vergleichbare Ausnahmeregelungen, die auf Sauerstoffgehalt und Wassertemperatur abheben? Wenn ja, wie sind diese Ausnahmeregelungen konkret definiert? Die Regelung der Unterhaltung der oben genannten Gewässerbereiche berücksichtigt unterschiedliche Zielsetzungen. Drucksache 21/3459 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Einschränkung in den Baggerabschnitten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bezieht sich explizit auf die Baggergutaufnahme in diesem Revier zum Schutz der Finte. Sie gilt während der Fintenlaichzeit vom 15. April bis 30. Juni. Die Übergangsregelung zum Handlungskonzept „Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe“ formuliert einen Ausnahmezeitraum für die Verbringung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen. Dieser gilt vom 1. April bis zum 6. November und berücksichtigt die Sauerstoffsituationen im oberen Bereich der Tideelbe. 2) Nach Informationen des Wasser- und Schifffahrtsamtes werden durch den Bund erhebliche Mengen Sedimente auch innerhalb der Elbe umgelagert . Inwieweit erfolgt eine Abstimmung zwischen Bund und der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf: a) Baggerabschnitte (Wedel, Juelssand, Osteriff), b) Zeitpunkte der Baggerarbeiten, c) Baggermengen des Bundes, die innerhalb der Elbe umgelagert werden? Wenn keine Abstimmung erfolgt, warum nicht? Die HPA und die WSV tauschen sich regelmäßig zu diesen Punkten aus. 3) Welche Auswirkungen haben die Bagger- und Umlagerungsarbeiten des Bundes im Gewässerkörper der Elbe (insbesondere an den Baggerabschnitten Wedel, Juelssand, Osteriff) auf den Sedimenteintrag in den Hamburger Hafen sowie die ökologische und chemische Qualität der Elbe auf Hamburger Gebiet und im Bereich des Hamburger Hafens? Die HPA und die WSV arbeiten an einer Unterhaltungsstrategie für die Tideelbe, die sich an dem Ziel orientiert, den Sedimenthaushalt zu stabilisieren. In diesem Kontext ist auch die derzeitige Unterhaltungstätigkeit des Bundes zu sehen, die sich positiv auf das Sedimentationsgeschehen im Hamburger Baggerrevier auswirkt und ökologische Vorteile bietet. 4) Haben sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit Vertretern des Bundes, des Wasser- und Schifffahrtamts und/oder der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt abgestimmt, damit die vonseiten des Bundes vorgenommene Umlagerungen von Sedimenten in der Elbe reduziert werden? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die HPA hat zusammen mit der WSV, im Strombau- und Sedimentmanagementkonzept für die Tideelbe bereits im Jahr 2008 die Grundlagen für ein verbessertes Sedimentmanagement vorgestellt, mit dem Ziel, Sedimentmengen nachhaltig zu reduzieren und flexibler auf stark schwankende natürliche Randbedingungen (vor allem Oberwasserabfluss ) reagieren zu können. Zunächst wurden gemeinsam fachliche Grundlagen, unter anderem mit einer umfangreichen Systemstudie der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) erarbeitet. Diese fachlichen Einschätzungen wurden mit einem breiten Kreis von über 40 Stakeholdern aus der Region im Dialogforum Tideelbe intensiv diskutiert und bewertet (siehe: http://www.dialogforum-tideelbe.de/). Diese umfangreichen fachlichen und gesellschaftlichen Empfehlungen haben die HPA und WSV zusammen mit den Umweltbehörden der Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg ausgewertet. Daraus ergab sich die Vorzugsvariante der Verbringung von Hamburger Baggergut in das Schlickfallgebiet bei Tonne E3 in der Nordsee. Mithilfe dieser Optionen sollen in Zukunft regelmäßig überschüssige Feinsedimente aus dem inneren Ästuar (Bereich Wedel-Hamburg) aus der Tideelbe ausgetragen werden. Als Orientierungsgröße wurden 1 Million m³ pro Jahr angegeben. Der Austrag soll vorrangig aus dem Bereich Hamburg erfolgen. Aufgrund der derzeit sehr hohen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3459 3 Sedimentüberschüsse im Hamburger Zuständigkeitsbereich kann diese Orientierungsgröße von 1 Million m³ auch überschritten werden, bis der Sedimenthaushalt ausreichend stabilisiert ist. Vermag Hamburg die 1 Million m³ Sediment pro Jahr nicht auszutragen , wird die WSV prüfen, wie sie mit einem eigenen Beitrag unterstützen kann.