BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3460 21. Wahlperiode 08.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten David Erkalp und Jörg Hamann (CDU) vom 29.02.16 und Antwort des Senats Betr.: Aus für Stuttgarter Weindorf? Senat muss sich für Fortbestand des Stuttgarter Weindorfes einsetzen Laut Medienberichten hat der Veranstalter Pro Stuttgart e.V. bekannt gegeben , dass das Stuttgarter Weindorf nach drei Jahrzehnten eingestellt wird. Als Ursache dafür gibt der Veranstalter eine Kostensteigerung für die Nutzung des Rathausmarktes um 170 Prozent gegenüber dem Vorjahr und mangelnde Gesprächsbereitschaft seitens des Bezirksamtes Hamburg-Mitte an. Das Stuttgarter Weindorf auf dem Rathausmarkt ist seit drei Jahrzehnten eine feste Hamburger Institution und erfreut sich größter Beliebtheit bei den Besuchern. Es ist daher absolut untragbar, dass der Veranstalter des Stuttgarter Weindorfs sich plötzlich mit einer Gebührenerhöhung von 170 Prozent durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte konfrontiert sieht. Das Vorgehen des Bezirksamtes, ohne Vorankündigung und ohne die Bereitschaft, mit dem Veranstalter ins Gespräch zu kommen, ist nicht hinnehmbar. Es stellt sich die Frage, warum der Senat hier nicht vermittelt hat, um eine Absage des Weindorfs zu verhindern. Es bleibt zu hoffen, dass Vernunft und Traditionsbewusstsein die Oberhand gewinnen und der Senat sich zum Handeln aufgerufen fühlt. Es gilt, die Hintergründe dieses Vorgangs aufzuklären und sich für den Fortbestand des Traditionsfestes einsetzen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Laut Berichterstattung habe es eine Auseinandersetzung zwischen dem Veranstalter des Stuttgarter Weinfestes Pro Stuttgart e.V. und dem Bezirksamt Hamburg-Mitte bezüglich einer überzogenen Erhöhung der Platzmiete gegeben. Wie kam es aus Sicht des Senats und der zuständigen Behörde zu der Auseinandersetzung? Dem Senat und der zuständigen Genehmigungsbehörde ist keine Auseinandersetzung im Vorfeld der Gebührenentscheidung bekannt. 2. Wie hat sich die Gebührenentwicklung für die Platzmiete zur Ausrichtung des Stuttgarter Weindorfs in den letzten fünf Jahren entwickelt? Bitte jährlich ausweisen. Gebührenerlass Gebührenentwicklung für zusätzliche Tage 2011 52.695,00€ 6 Tage je m² = 1,00€ 25.267,00€ 2012 54.632,00€ 7 Tage je m² = 1,15€ 33.836,00€ 2013 63.288,00€ 7 Tage je m² = 1,35€ 39.688,00€ 2014 70.185,00€ 6 Tage je m² = 1,70€ 42.823,00€ 2015 70.185,00€ 6 Tage je m² = 1,70€ 42.636,00€ Drucksache 21/3460 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 3. Wie viele Besucher hatte das Stuttgarter Weindorf in den letzten fünf Jahren zu verzeichnen? Bitte jährlich ausweisen. Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor. 4. Wie hat sich die Flächengröße, über die sich das Stuttgarter Weindorf erstreckt, in den letzten fünf Jahren entwickelt? Wie viele Wirte waren jeweils in den letzten fünf Jahren auf dem Stuttgarter Weindorf präsent? Das Stuttgarter Weindorf hat die erlaubnisfähige Fläche (4.000 m²) voll ausgenutzt. Für zwei Betriebe wurden zusätzliche Terrassenflächen (180 m²) geduldet und gebührenmäßig festgesetzt. In den letzten fünf Jahren waren durchweg elf Betriebe präsent. 5. Ist es richtig, dass nach Plänen des Bezirksamts Hamburg-Mitte die Platzmiete von 46.000 Euro (2015) auf 125.000 Euro (2016) erhöht werden sollte? Wenn ja, aus welchen Gründen und auf welcher Grundlage kommt diese enorme Gebührenerhöhung zu Stande? Im Jahr 2015 wurden Gebühren in Höhe von 42.636 Euro für den Zeitraum erhoben, in dem das Stuttgarter Weindorf länger in Hamburg als der Hamburger Fischmarkt in Stuttgart gedauert hat. Regelhaft zu erhebende Gebühren in Höhe von 70.185 Euro wurden seitens des zuständigen Bezirksamtes erlassen. Angesichts der Haushaltslage sowie im Hinblick auf die Gleichbehandlung mit anderen Veranstaltern sah sich die zuständige Genehmigungsbehörde nicht in der Lage, den Gebührenerlass fortzuführen . 6. Hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte bei anderen traditionsreichen Veranstaltungen ähnlich stark die Gebühren/Platzmiete erhöht? Wenn ja, bitte genauen Namen, Ort und Jahr der Veranstaltung nennen. Da bei anderen Veranstaltern keine Gebühren erlassen wurden, gab es kein ähnliches Vorgehen. 7. Gibt es in der Erhebung der Gebührensätze für Plätze und Straßen wie den Rathausmarkt, Gerhard-Hauptmann-Platz, Ida-Ehre-Platz, Gänsemarkt , Großneumarkt, Mönckebergstraße, Jungfernstieg et cetera eine unterschiedliche Preisstaffelung? Wenn ja, wie sieht diese aus? Für die Benutzung von öffentlichen Flächen durch Veranstaltungen sieht die Gebührenordnung einen Gebührenrahmen von 0,05 bis 1,70 Euro/m² täglich (alle Wertstufen ) vor. Um den Grundsatz der Gleichbehandlung und Transparenz bei der Gebührenerhebung zu wahren sowie den Vorgaben des Rechnungshofes nach Ausschöpfung des Gebührenrahmens bei Veranstaltungen in sogenannten Premiumlagen zu entsprechen, hat das zuständige Bezirksamt für eine Gebührenberechnung nach pflichtgemäßen Ermessen die nachstehenden Kriterien entwickelt. Dieser Richtlinienkatalog findet seit der Saison 2012/2013 bei allen neuen Veranstaltungen Anwendung . Bei etablierten Veranstaltungen wurden die Gebühren sukzessive angepasst. Art der Veranstaltung bzw. Nutzung Wertstufen €/m²/Tag Premiumfläche I II III IV Gastronomie mit Nutzung durch entsprechendes Mobiliar 1,70 1,50 1,25 1,00 0,75 Verkaufsstände 0,85 0,80 0,70 0,60 0,50 Kulturelle Nutzung 0,20 0,20 0,15 0,10 0,05 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3460 3 Art der Veranstaltung bzw. Nutzung Wertstufen €/m²/Tag Premiumfläche I II III IV Freiflächen 0,20 0,20 0,15 0,10 0,05 Auf- und Abbautage 25 % der obigen Sätze 8. Gibt es darüber hinaus unterschiedliche Gebührensätze für Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte, Straßenfeste, Herbst- oder Frühjahrsmärkte , Hafengeburtstag, Alstervergnügen, Cyclassics, Triathlon, HAM- BURG PRIDE (CSD) et cetera? Wenn ja, wie hoch sind diese und aus welchen Gründen gibt es diese Unterschiede? Bitte um detaillierte Auflistung. Nein. 9. Für welche Veranstaltungen/Feste in Hamburg werden Gebühren gefordert und für welche Kategorien von Ständen/Festen/Veranstaltungen werden aus welchen Gründen gegebenenfalls keine Gebühren gefordert ? Für Veranstaltungen und Feste, die auf öffentlichem Grund stattfinden, werden Gebühren für die erforderliche Sondernutzungsgenehmigung nach § 19 Absatz 5 Hamburgisches Wegegesetz erhoben. 10. Wann wurde der Veranstalter Pro Stuttgart e.V. von wem seitens des Bezirksamts Hamburg-Mitte über die geplante Gebührenerhöhung informiert? Mit Schreiben des Bezirksamtsleiters vom 28. August 2015 wurde der Veranstalter informiert. 11. Welche Verhandlungen gab es hinsichtlich der Ausrichtung des Stuttgarter Weindorfs im Jahr 2016 zwischen dem Veranstalter Pro Stuttgart e.V. und dem Bezirksamt Hamburg-Mitte? Inwieweit war Bürgermeister Olaf Scholz beziehungsweise der Senat in diesen Vorgang eingebunden und was wurde gegebenenfalls von wem unternommen? Gab es direkte Verhandlungen seitens des Veranstalters mit dem ehemaligen Bezirksamtsleiter Andy Grote? Wenn ja, wann und in welcher Form? Mit Schreiben des Bezirksamtsleiters vom 16. Januar 2016 wurde die Finanzbehörde informiert. Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. 12. Welche Abteilung des Bezirksamts Hamburg-Mitte ist mit der Organisation des Stuttgarter Weindorfs im Einzelnen betraut? Zuständig ist das Fachamt Management des öffentlichen Raumes des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. 13. Ist es richtig, dass ein vereinbarter Gesprächstermin zwischen dem Veranstalter und dem Bezirksamt Hamburg-Mitte – nach postalischer Mitteilung der Stadt – abgesagt werden musste mit der Begründung, dass Andy Grote in seiner neuen Funktion als Innensenator nicht an dem Termin hätte teilnehmen können? Welche Alternativtermine wurden dem Veranstalter unterbreitet und aus welchen Gründen haben diese gegebenenfalls nicht stattgefunden? Ja. Durch den kurzfristigen Weggang des Bezirksamtsleiters mussten Termine abgesagt oder verschoben werden. Hierzu gab es ein ausführliches Telefonat zwischen dem Veranstalter des Weindorfes und dem stellvertretenden Bezirksamtsleiter, in dem die Umstände erläutert wurden. Drucksache 21/3460 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Welche Maßnahmen gedenkt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zu unternehmen, um das Stuttgarter Weindorf doch noch stattfinden zu lassen und sich mit dem Veranstalter zu einigen, um das Traditionsfest zu erhalten? Nach Auffassung des zuständigen Bezirksamtes ist die Akzeptanz der Gebührenhöhe seitens des Veranstalters eine wesentliche Voraussetzung. Das zuständige Bezirksamt ist außerdem bereit, den Veranstalter bei der Suche nach Alternativflächen zu unterstützen. 15. Welche Konsequenzen hätte aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden der Wegfall dieser Traditionsveranstaltung für den Tourismusstandort Hamburg? Den zuständigen Behörden liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 16. Ist aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden von einer Aufkündigung der städtepartnerschaftlichen Beziehung zu Stuttgart auszugehen, in deren Konsequenz der ebenfalls jährlich stattfindende und „mietfreie“ Hamburger Fischmarkt in Stuttgart vor der Absage stünde? Den zuständigen Behörden liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.