BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/348 21. Wahlperiode 05.04.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 27.04.15 und Antwort des Senats Betr.: JUS-IT JUS-IT ist das größte und komplexeste Software-Projekt der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH). Der Drs. 20/14546 zufolge hat Ende November 2014 die Einführung von Release 2 von JUS-IT sowie ein Update des Release 1 „(…) auf eine neue Version der zugrunde liegenden Standardsoftware Cúram sowie auf eine neue Version der Software für das Haushaltswesen der FHH und die Erweiterung auf zusätzliche Aufgabenbereiche der Jugendämter (insbesondere Amtsvormundschaften/Beistandschaften, Unterhaltsvorschuss , Jugendgerichtshilfe und wirtschaftliche Jugendhilfe) (…)“ stattgefunden . Kleinere Fehler beispielsweise bei Druckvorgängen seien schnell behoben worden. Ferner heißt es: „Soweit im laufenden Betrieb noch vereinzelte Fehler zum Beispiel in Bezug auf einige einzelne Zahlungsvorgänge oder die Zuordnung einzelner Einnahmepositionen aufgetreten sind, wurden sie sofort korrigiert. Die betreffenden Software-Komponenten hat die Auftragnehmerin bereits korrigiert; eine ergänzende Datenbereinigung wird aktuell durchgeführt.“1 Wie Medien nun in der jüngeren Vergangenheit mehrfach berichteten, kommt es insbesondere im Aufgabenbereich Unterhaltszahlungen offenbar immer wieder zu erheblichen Schwierigkeiten beziehungsweise Auszahlungsverzögerungen . Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Bei Einführung einer neuen Softwarelösung können trotz intensiver Tests nicht alle Fehler erkannt beziehungsweise vor der Einführung beseitigt werden. Das ist bei einigen Funktionalitäten des im November 2011 eingeführten Release 2 von JUS-IT leider auch aufgetreten. Unter anderem konnten eingezahlte Mündelgelder zeitweilig nicht pünktlich durch das System an die Empfänger weitergeleitet werden. Die entsprechenden Fehler wurden zügig beseitigt. In Notfällen wurden händische Auszahlungen vorgenommen. Die Weiterleitung von Zahlungen ist mittlerweile sichergestellt. Die Beseitigung von Fehlern ist Bestandteil der Gewährleistung des Herstellers. Die Gewährleistung wird einerseits durch ein Gewährleistungsrelease des Herstellers umgesetzt, das die erkannten Fehler beseitigt; der Zeitpunkt für die Inbetriebnahme eines Gewährleistungsreleases ist der 30. Juni 2015. Andererseits wurden beziehungsweise werden einzelne Fehler, deren Beseitigung eilig ist, zum Beispiel solche, die die Auszahlung betreffen, durch Dataport umgehend beseitigt und als schnelle Fehlerlösung (sogenannte Hotfixe) in die Produktion eingespielt. Zugleich haben Dataport und die Fachliche Leitstelle in Zusammenarbeit mit den Anwendern Maß- 1 Vergleiche Senatsantwort zu Frage 1. in Drs. 20/14546. Drucksache 21/348 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 nahmen beraten, wie die Verzögerungen der Zahlungen abgefangen werden können (zum Beispiel Veranlassung einer Notauszahlung). Schnelle Fehlerlösungen müssen auf ein Minimum beschränkt bleiben, um Risiken und Seiteneffekte klein zu halten und um Reparaturen unter geordneten Testbedingungen zu ermöglichen. Daher wurden bisher nur besonders wichtige Fehler beseitigt. Die sonstigen Mängel, die im Zuge der Implementierung der Software festgestellt wurden, sollen mit dem Gewährleistungsrelease zum 30. Juni 2015 abgestellt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Der Pressesprecher der BASFI wird von der „Bild“-Zeitung in Bezug auf die Probleme im Aufgabenbereich Unterhaltszahlungen mit den Worten zitiert: „Am 8. April hat Dataport ein Problem festgestellt. Es wurde aber am 11. April gelöst.“, woraufhin ein Zitat einer Jugendamtsmitarbeiterin anschließt, dass nichts gelöst sei, sondern eher noch schlimmer werde. Welches Problem genau hat Dataport am 08. April 2015 festgestellt und am 11. April 2015 behoben? Aus welchen Gründen bestehen trotzdem offenbar nach wie vor Schwierigkeiten bei den Unterhaltszahlungen? Mit den Unterhaltszahlungen bestehen keine Schwierigkeiten mehr. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Um welche genauen Probleme insbesondere im Aufgabenbereich Unterhaltszahlungen handelt es sich? a. Welche sonstigen Probleme traten oder treten mit den im Rahmen des Release 2 durchgeführten Updates respektive Erweiterungen auf? b. Seit jeweils wann treten die Probleme auf und bis jeweils wann sollten beziehungsweise sollen die genannten Probleme durch wen behoben sein? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen stehen den Beiständen (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts, die gemäß § 1712 Absatz 1 Nummer 2 BGB auf Antrag eines Elternteils Unterhaltsansprüche gegenüber dem Unterhaltspflichtigen geltend machen und dessen Zahlungen gegebenenfalls weiterleiten) zurzeit noch keine hinreichenden Übersichten für die Zahlungsüberwachung und für eventuelle Rückstände der Zahlungspflichtigen zur Verfügung. Diese Aufgaben müssen noch manuell erledigt werden . Dieser Mangel soll zum 30. Juni 2015 beseitigt werden. 3. Wie viele Beschwerden sind seit dem ersten Auftreten der Probleme insbesondere im Aufgabenbereich Unterhaltszahlungen bei der BASFI eingegangen? Wann und wie wurde auf diese reagiert? (Soweit möglich bitte nach Beschwerden von Beschäftigten der FHH und Betroffenen differenzieren .) In der zuständigen Behörde ist eine schriftliche Beschwerde zu einer verzögerten Zahlung eingegangen. Da die Auszahlung festgestellt werden konnte, waren keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Im Übrigen sind Fachliche Leitstelle der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und Dataport im Dialog mit den Dienststellen über den Status der Anwendung und erforderliche Handlungsmaßnahmen . 4. Wie viele Personen sind jeweils durch die Verzögerungen der Unterhaltszahlungen sowie sonstige technische Probleme mit JUS-IT im Jahr 2015 bislang betroffen gewesen? Verzögerungen von Auszahlungen werden nicht systematisch erfasst. Wie viele Personen Mündelgelder verspätet erhalten haben, lässt sich daher nicht ermitteln. Sicher ist hingegen, dass alle Auszahlungen erfolgt sind. a. Auf welche Weise wurden und werden die Probleme an die Betroffenen kommuniziert? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/348 3 b. Auf welche Weise wurde und wird Betroffenen geholfen, die durch die technischen Probleme kurzfristig in finanzielle Engpässe kommen ? Siehe Drs. 21/115. 5. Welche Kosten sind mit der Behebung der genannten Probleme (voraussichtlich ) verbunden? Inwieweit werden diese gegebenenfalls mit den Kompensationsleistungen in Höhe von 2 Millionen Euro verrechnet, auf die sich die FHH mit IBM verglichen hat2? Siehe Vorbemerkung. Um Fehler nach der Inbetriebnahme in der Produktion ad hoc zu beseitigen und um nicht bis zum Gewährleistungsrelease am 30. Juni 2015 zu warten, wurden zusätzliche Experten des Supports beauftragt. Die Kosten dafür haben rund 480.000 Euro betragen. Sie sind aus den vorhandenen Mitteln des IuKGlobalfonds finanziert worden (siehe Drs. 20/14546). 6. Welche und wie viele (Versions-)Updates wurden seit Projektbeginn vorgenommen ? a. Wie hoch waren alle bisherigen Update-Kosten zusammengenommen , die über das eigentliche Projektbudget beziehungsweise den ausgehandelten Festpreis hinausgehen? b. Aus welchen Haushaltstiteln beziehungsweise Produkten wurden und werden sie gezahlt? Es gab ein Versions-Update auf die Version 6 der Cúram-Software. Entwicklung, Tests und Implementierung haben 2.720.000 Euro gekostet (siehe Drs. 20/14546). 7. Auf welchem Stand sind die aktuellen Planungen des noch ausstehenden Release 3? a. Ist die vom Präses der BASFI verhängte interne Sperre für die Realisierung von Release 3 immer noch in Kraft3? Um die vorbereitenden Arbeiten am Release 3 nicht zu gefährden, wurde die Sperre insoweit teilweise aufgehoben, wie dies für die Erstellung von Anforderungen im Rahmen der Planungsphase erforderlich war. b. Welcher Zeit- und Budgetplan ist gegebenenfalls mittlerweile erarbeitet beziehungsweise von Projektpartnern vorgelegt worden? Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Da das Bestandsverfahren PROSA noch in Betrieb ist, sind keine Hilfsangebote erforderlich. 8. Gemäß Drs. 20/14546 liegt dem Senat seit Ende 2014 der jährliche Projektbericht von CSC zum aktuellen Stand von JUS-IT vor und befindet sich seitdem in der Endredaktion.4 Wer nahm beziehungsweise nimmt diese „Endredaktion“ vor? Ist sie mittlerweile abgeschlossen? a. Wenn nein, warum nicht und bis wann soll dies erfolgen? Wenn ja, seit wann? b. Welche inhaltlichen Punkte wurden im Rahmen der Endredaktion gegenüber der Entwurfsfassung aus welchen Gründen in welcher Weise geändert? Der Bericht ist abgeschlossen. CSC nahm nur redaktionelle Änderungen vor; inhaltlich sind keine Veränderungen vorgenommen worden. 2 Vergleiche Senatsantwort zu Frage 4.b. in Drs. 20/14546. 3 Vergleiche Senatsantwort zu Frage 26. in Drs. 20/12605. 4 Vergleiche Senatsantwort zu Frage 3. in Drs. 20/14546.