BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3499 21. Wahlperiode 08.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Lenders (CDU) vom 01.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Schleswig-Holstein startet Perspektiv- und Attraktivitätsprogramm zur Stärkung der Landespolizei – Wann zieht Hamburg nach? Der schleswig-holsteinische Innenminister Stefan Studt (SPD) hat am 17. Februar dieses Jahres einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Stärkung der Landespolizei veröffentlicht. Innenminister Stefan Studt: „Die Sicherheitslage und die damit einhergehenden Anforderungen an die Landespolizei haben sich im Laufe des vergangenen Jahres verändert. Dieser Entwicklung wollen und müssen wir Rechnung tragen. Mittelfristig ist eine strukturelle und personelle Stärkung der Polizei erforderlich. Ich bin mir bewusst, dass bei allem Engagement und aller Professionalität die Landespolizei auch über ausreichende Mittel, sei es personeller oder sächlicher Natur, verfügen muss.“ Der Katalog enthält unter anderem folgende Maßnahmen: • Personalverstärkung/Aufgabenentlastung - Der Stellenabbau ist für die Polizei in Schleswig-Holstein dauerhaft vom Tisch. - Um ausreichend Personal für die Schwerpunkte Kriminalitätsbekämpfung und Einsatzpräsenz zur Verfügung zu haben, steigt die Stellenanzahl im Polizeivollzug der Landespolizei Schleswig- Holstein bis zum Jahr 2023 um 500. - Für die Jahre 2016 und 2017 werden die Einstellungszahlen auf jeweils 400 Nachwuchskräfte erhöht, auch in den Jahren 2018 bis 2020 wird auf diesem hohen Niveau eingestellt. - Freisetzung von Polizeivollzugskräften für die Begleitung von Schwerlastverkehren durch Tarifbeschäftigte bis zur vollständigen Übertragung an Privatunternehmen. - Einstellung von Tarifbeschäftigten für die Spurensuche und -sicherung insbesondere beim Einbruchsdiebstahl als Entlastung für die Ermittlungsbeamten. „Der Personalzuwachs dient auch dem Zweck, die erkennbar hohen Belastungen im Polizeidienst ausgleichen zu können.“ (Innenminister Stefan Studt). • Wertschätzung/Steigerung der Berufsattraktivität Drucksache 21/3499 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 - Verkürzung der Wartezeit im Statusamt A 8 (Polizeiobermeister) bis zur Beförderung nach A 9 (Polizeihauptmeister). - Ausweitung des prüfungsfreien Aufstiegs vom mittleren in den gehobenen Polizeivollzugsdienst. - Schaffung/Ausweitung von Beförderungsmöglichkeiten prüfungsfrei aufgestiegener Polizeivollzugsbeamter bis A 11. - Stärkung der Beförderungsämter A 12 und A 13. - Erhöhung des Stellenanteils im höheren Polizeivollzugsdienst. - Zum 1. Juli 2016 wird es eine Beförderungsaktion geben, die den Schwerpunkt unter anderem auf Beförderungen im mittleren Dienst legt. • Anerkennung der besonderen Belastungen im polizeilichen Schicht- und Wechselschichtdienst - Die erwarteten Personalverstärkungen werden unter anderem ab dem Jahr 2019 eingesetzt, um die Wochenarbeitszeit für Beamte im regelmäßigen Wechselschichtdienst schrittweise zu reduzieren. - Wer beispielsweise über zehn Jahre im Wechselschichtsystem seinen Dienst versieht, soll im weiteren Wechselschichtdienst schrittweise nur noch 39 Stunden anstelle von 41 Stunden pro Woche arbeiten müssen, bei über 20 Jahren Wechselschichtdienst 37 Wochenstunden. - In Kombination ist es zudem denkbar, ab einer bestimmten Zeit im Wechselschichtdienst oder anderen besonders belastenden Dienstformen die Lebensarbeitszeit zu reduzieren. Innenminister Stefan Studt: „Nur durch zusätzliches Personal kann die Polizei dauerhaft ihre immer umfangreicher werdenden Aufgaben bewältigen.“ Quelle: Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 17. Februar 2016, Positionspapier „Perspektiven für die Landespolizei Schleswig-Holstein“, Innenminister Stefan Studt, im Februar 2016. Bereits im Vorfeld des Perspektiv- und Attraktivitätsprogramms wurden für die Beamten der Polizei Schleswig-Holsteins zweimal die Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten nach der Erschwerniszulagenverordnung erhöht. Des Weiteren wurde in Schleswig-Holstein zur Steigerung der Berufsattraktivität das Einstiegsamt für den mittleren Polizeivollzugsdienst von A 7 (Polizeimeister) auf A 8 (Polizeiobermeister) angehoben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, ein ähnlich gelagertes Perspektivprogramm für die Polizei Hamburg zu initiieren und die Attraktivität des Polizeiberufes durchgreifend zu verbessern ? Wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht? 2. Welche konkreten Maßnahmen will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergreifen, um die Berufszufriedenheit der Mitarbeiter der Polizei zu verbessern und die Attraktivität des Polizeiberufes zu steigern ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3499 3 3. Wie will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 1958/13) zur Stellenbündelung konkret bei der Polizei umsetzen? 4. Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Einführung der zweigeteilten Laufbahn bei der Schutz- und Wasserschutzpolizei ? Wenn nein, warum nicht? 5. Wann will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde das Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem für die Polizei Hamburg“ (ProBeSt) abschließen? 6. Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, das Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem für die Polizei Hamburg“ (ProBeSt) in die Alltagsorganisation der Hamburger Polizei zu überführen? Wenn nein, warum nicht? 7. Wann will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ein neues Beurteilungssystem für den Polizeivollzug einführen und ab wann soll es wirksam werden? 8. Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, das Einstiegsamt für den mittleren Polizeivollzugsdienst von A 7 (Polizeimeister ) auf A 8 (Polizeiobermeister) anzuheben? Wenn nein, warum nicht? Der Senat hat mit Beginn der 20. Legislaturperiode die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Leistungsfähigkeit der Polizei und die Perspektiven für die Polizei auch weiterhin zu gewährleisten. Darüber hinaus werden die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Polizeibeschäftigten, wie die der gesamten Hamburger Verwaltung, weiterentwickelt. Er führt diese Maßnahmen seitdem kontinuierlich fort. Bereits mit Beginn der 20. Legislaturperiode wurden die von der Vorgängerregierung beschlossenen Stellenstreichungen im Polizeivollzug aufgehoben und entschieden, dass die Gewinnung von Nachwuchskräften auf 250 Beamtinnen und Beamte pro Jahr erhöht wird, um die durch Pensionierungen frei werdenden Stellen im Polizeivollzug zuverlässig wieder besetzen zu können. Die Einstellung von Nachwuchskräften wurde im Verlauf der 20. Legislaturperiode weiter verstärkt. Im Jahr 2014 wurden bereits 275 Nachwuchskräfte, im Jahr 2015 331 Nachwuchskräfte eingestellt. Die Einstellung von Nachwuchskräften soll bis auf 450 Nachwuchskräfte im Jahr 2020 steigen. Darüber hinaus hat der Senat für 50 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte bereits im Jahr 2016 die Möglichkeit geschaffen, den Dienst über die Pensionsaltersgrenze hinaus zu verlängern, um die polizeilichen Maßnahmen in und im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften zu verstärken und die örtlichen Dienststellen zu entlasten. Zur Steigerung der Attraktivität des Polizeivollzuges hat der Senat darüber hinaus bereits in der 20. Legislaturperiode die von der Vorgängerregierung aufgehobene Heilfürsorgeregelung für die Berufsanfänger im Polizeivollzugsdienst wieder eingeführt . Nachdem das im Jahr 2008 eingeführte sogenannte Laufbahnverlaufsmodell bei der Polizei nicht fortgeführt werden konnte, weil es weder den rechtlichen Grundlagen für Beförderungen entsprach noch die dafür erforderlichen finanziellen Regelungen getroffen worden waren, hat die zuständige Behörde ein Projekt „Zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem für die Polizei Hamburg (ProBest)“ eingesetzt. Das Projekt hat den Auftrag, vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer Anpassung der bestehenden Stellenstruktur, der Beförderungsauswahl und der Beurteilungsverfahren bei der Hamburger Polizei ein zukunftsfähiges Beförderungs- und Stellensystem zu entwickeln. Hierzu hat das Projekt die aus dem Laufbahnverlaufsmodell resul- Drucksache 21/3499 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 tierenden rechtlichen Problemstellungen ausgehend von der aktuellen Rechtsprechung ausgewertet und erarbeitet derzeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Zulässigkeit von Stellenbündelungen im Beamtenbereich Optionen zur Fortentwicklung des vorhandenen Stellen- und Beförderungssystems der Polizei. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Ergebnisse werden sich an den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen orientieren müssen, um Nachhaltigkeit herstellen zu können. Die Fortführung des Projektes hängt von den aus den vorgestellten Optionen und den Rahmenbedingungen resultierenden Anforderungen an Umsetzungsmaßnahmen ab. Der Senat hat im Jahr 2014 5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Beförderungen in der Polizei in der Übergangszeit bis zur Aufstellung eines neuen Stellen- und Beförderungssystems zu ermöglichen. Darüber hinaus hat der Senat im Jahr 2014 2 Millionen Euro zur Vergütung von Überstunden im Polizeivollzugsdienst zur Verfügung gestellt. Auch für das Jahr 2016 sind erneut 2 Millionen Euro verfügbar, um im Polizeivollzugsdienst entstandene Überstunden finanziell zu vergüten. 3 Millionen Euro sind in 2014 zur Verbesserung der Schutzausstattung der Polizei zur Verfügung gestellt worden, um auch hier möglichst gute Bedingungen für die Aufgabenwahrnehmung im Polizeivollzugsdienst der Polizei Hamburg zu erhalten. Um die Arbeitsbedingungen an den Polizeidienststellen auch weiter gut zu entwickeln, hat der Senat Planungsmittel für die Planung von Erweiterungen und Sanierungen an den Polizeikommissariaten 21 und 43 zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus beteiligt sich die Polizei Hamburg, wie die gesamte hamburgische Verwaltung, permanent an der Anpassung der Rahmenbedingungen für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an aktuelle Entwicklungen. So pilotiert auch die Polizei Hamburg eine neue Gleitzeitregelung, die mit einer höheren Flexibilisierung weiter verbesserte Voraussetzungen für eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie schafft. Die Polizei Hamburg erprobt mit der gleichen Zielsetzung auch die Anwendung alternierender Telearbeit. Auch damit verbindet sich die Erwartung, Beschäftigten in der Polizei ein breiteres Spektrum von Angeboten für die Anpassung der Arbeitssituation an verschiedene Lebenssituationen anbieten und so die Attraktivität der Polizei Hamburg als Arbeitgeber weiter steigern zu können. Erprobt werden auch neue Schichtarbeitsmodelle an den Polizeikommissariaten, die auch dazu dienen sollen, die Schichtarbeit in der Polizei attraktiver zu gestalten. Ergänzt wird dies durch die Prüfung einer Veränderung der Regelung der Zuschläge für den Schichtdienst in der Polizei Hamburg, durch die im Ergebnis für die regelmäßig im Schichtdienst, vor allem im Nachtdienst tätigen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten eine höhere finanzielle Anerkennung der Schichtarbeit erreicht werden soll.