BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3542 21. Wahlperiode 11.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 04.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Sexuelle Übergriffe in Flüchtlingsunterkünften (III) Aus der Antwort des Senats in Drs. 21/3204 ist ersichtlich, dass es mehrere Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern in unterschiedlichen Erstaufnahmeeinrichtungen in der Freien und Hansestadt Hamburg gab, welche zur Strafanzeige gebracht wurden. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung , Johannes-Wilhelm Rörig, geht davon aus, dass es in jeder Flüchtlingsunterkunft bundesweit solche Übergriffe auf Frauen, Kinder und Jugendliche gebe. Zu den potenziellen Tätern zählt Rörig drei verschiedene Gruppen : Zum einen „vermeintliche Helfer“, die ihr ehrenamtliches Engagement ausnutzen, um die Nähe zu Kindern und Jugendlichen zu suchen. Zum anderen zählt Rörig Mitarbeiter des Wachpersonals und Bewohner der Unterkünfte dazu.1 Ferner gab es Medienberichten zufolge in anderen Bundesländern Vorwürfe sexueller Übergriffe in Flüchtlingseinrichtungen gegen Angestellte des Sicherheitspersonals beziehungsweise des Wachdienstes. In der Berichterstattung hieß es, Frauen wären beim Duschen und Stillen fotografiert und gefilmt worden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Gibt es Anhaltspunkte für den sexuellen Missbrauch von geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch „vermeintliche Helfer“ im Sinne des Eingangstextes? Wenn ja, welche? Wie wurde beziehungsweise wird in solchen Fällen verfahren? Anhaltspunkte liegen den zuständigen Stellen nicht vor. 2. Werden ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer sowie Mitarbeiter des Wach- beziehungsweise Sicherheitsdienstes im Vorfeld ihres Einsatzes in Unterbringungseinrichtungen unter anderem auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung überprüft? Wenn ja, in welcher Form und hält der Senat dies für ausreichend? Wenn nein, warum nicht? Alle ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Bezüglich des Wachdienstes siehe Drs. 21/3278. Das derzeitige Vorgehen wird als ausreichend erachtet. 1 https://www.tagesschau.de/inland/roerig-missbrauch-fluechtlinge-kinderschutz-101.html. Drucksache 21/3542 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die Möglichkeiten der sexuellen Annährung für „vermeintliche Helfer“ im Sinne des Eingangstextes zu verringern? Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen präventiven und repressiven Maßnahmen ohne Ansehen der Person oder ihrer Funktion. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes besuchen die Pflichtfortbildung „Prävention vor sexualisierter Gewalt“. In den Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) werden die „DRK-Standards zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Menschen mit Behinderungen in den Gemeinschaften, Einrichtungen, Angeboten und Diensten des DRK“ angewandt. Darüber hinaus werden die Freiwilligen in allen Einrichtungen zudem durch das hauptamtliche Personal betreut. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. sowie Drs. 21/3204, 21/2829 und 21/1570. 4. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über die sexuelle Belästigung zum Beispiel durch ungewünschte Berührungen von Frauen und Kindern (unabhängig von denen in den Drs. 21/3204 und 21/2829 genannten Vorfällen) in Flüchtlingsunterkünften vor? Über die in der Drs. 21/3204 aufgeführten Fälle hinaus ist am 18. Februar 2016 in der Erstaufnahmeeinrichtung Neuland II ein Vorfall bekannt geworden, wonach ein Bewohner der Einrichtung beschuldigt wurde, ein minderjähriges Mädchen mehrmals unsittlich berührt zu haben. Die Polizei wurde für weitere Ermittlungen eingeschaltet. Das Mädchen und dessen Mutter wurden inzwischen in eine andere Einrichtung verlegt . Darüber hinaus liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfolgt die räumliche Erfassung in der kleinsten Einheit nach Ortsteilen. Nach Art der Tatörtlichkeit oder Straßen wird nicht differenziert. Örtlichkeiten wie Flüchtlingsunterkünfte werden somit als Tatort in der PKS nicht gesondert erfasst. Für die Beantwortung der Fragestellung wäre eine Auswertung sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten bei der Kriminalpolizei erforderlich. Die Durchsicht von über Zweihunderttausend Vorgängen pro Jahr ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, dass es Vorkommnisse von Fotound Filmaufnahmen von Frauen und Kindern beim Duschen oder Stillen auch in Hamburger Flüchtlingseinrichtungen gegeben hat? Haben möglicherweise Betroffene Vorwürfe dahin gehend erhoben? Wenn ja, inwiefern und wie ist damit umgegangen worden? Statistische Auswertungen im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Für die Beantwortung wäre eine Auswertung sämtlicher infrage kommender Vorgänge bei der Polizei erforderlich. Die Durchsicht von mehreren Hunderttausend Vorgängen pro Jahr ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Hat der Senat Hinweise erhalten, dass es in Hamburger Flüchtlingsunterkünften vonseiten des Sicherheitspersonals sexuelle Übergriffe auf Flüchtlinge beziehungsweise sexuelle Belästigung von Flüchtlingen gegeben haben soll? Wenn ja, welche? Wurden einzelne Fälle zur Anzeige gebracht? Wie wurde in diesen Fällen verfahren? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) Dem Fachkommissariat Sexualdelikte des Landeskriminalamtes ist im Jahr 2015 ein Fall des Verdachts der Vergewaltigung einer Frau durch Mitarbeiter des Sicherheits- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3542 3 dienstes in einer Erstaufnahmeeinrichtung bekannt geworden. Die Polizei hat alle erforderlichen Maßnahmen zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr getroffen; im Übrigen siehe Antwort zu 5. und Drs. 21/3204.