BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3567 21. Wahlperiode 15.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Seelmaecker und Dennis Gladiator (CDU) vom 07.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Polizeiliche Kriminalstatistik 2015 – Wie hat sich die Jugendkriminalität entwickelt? Im Jahr 2014 ist die Zahl der jugendlichen Straftäter stark gestiegen. Die Polizei verzeichnete in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2014 mit 16.002 Tatverdächtigen unter 21 Jahren einen Anstieg zum Vorjahr um 16,1 Prozent. Damit machten Jugendliche und Heranwachsende gut ein Fünftel aller Tatverdächtigen aus. Heute stellten Innensenator Grote und Polizeipräsident Meyer die PKS für das Jahr 2015 vor. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie haben sich Anzahl und Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen an den polizeilich registrierten Delikten von Gewaltkriminalität im Jahr 2015 entwickelt? 2. Wie haben sich Anzahl und Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen an den polizeilich registrierten Delikten der gefährlichen und schweren Körperverletzung im Jahr 2015 entwickelt? 3. Wie haben sich Anzahl und Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen an den polizeilich registrierten Raubdelikten im Jahr 2015 entwickelt? 4. Welche absoluten und prozentualen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr haben sich jeweils bei den unter 1. bis 3. erfragten Daten ergeben ? In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird Gewaltkriminalität entsprechend dem bundesweit gültigen Straftatenkatalog unter dem PKS-Summenschlüssel 892000 abgebildet, dieser umfasst nachstehende Deliktsbereiche: 01**** Mord gemäß § 211 Strafgesetzbuch (StGB) 0200** Totschlag und Tötung auf Verlangen gemäß §§ 212, 213, 216 StGB 111*** Vergewaltigung/sexuelle Nötigung gemäß §§ 277 Absatz 2 bis 4, 178 StGB 21**** Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gemäß §§ 249 bis 252, 255, 316a StGB 2210** Körperverletzung mit Todesfolge gemäß §§ 227, 231 StGB 222*** Gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien gemäß §§ 224, 226, 226a, 231 StGB Drucksache 21/3567 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 233*** Erpresserischer Menschenraub gemäß § 239a StGB 234*** Geiselnahme gemäß § 239b StGB 235000 Angriff auf den Luft- und Seeverkehr gemäß § 316c StGB Die erfragten Daten sind in den nachfolgenden Tabellen dargestellt: Gewaltkriminalität (PKS-Schlüssel 892000) Jahr Fälle Tatverdächtige TVu21-Anteil an TV-Gesamt Zu-/Abnahme TV u 21 gesamt gesamt absolut prozentual absolut prozentual 2014 8.727 7.211 2.246 31,1% -12 -0,5% 2015 8.815 7.159 2.234 31,2% Raubdelikte (PKS-Schlüssel 210000) Jahr Fälle Tatverdächtige TVu21-Anteil an TV-Gesamt Zu-/Abnahme TV u 21 gesamt gesamt absolut prozentual absolut prozentual 2014 2.729 1.443 644 44,6% -22 -3,4% 2015 2.756 1.434 622 43,4% Gefährliche und schwere Körperverletzung (PKS-Schlüssel 222000) Jahr Fälle Tatverdächtige TVu21-Anteil an TV-Gesamt Zu-/Abnahme TV u 21 gesamt gesamt absolut prozentual absolut prozentual 2014 5.778 5.781 1.681 29,1% 36 2,1% 2015 5.847 5.810 1.717 29,6% 5. Wie hat sich die Anzahl der Jugendlichen und Heranwachsenden, die als Intensivtäter geführt werden, jeweils jährlich seit dem Jahr 2013 entwickelt ? Bitte jeweils pro Jahr darstellen, gegebenenfalls zum Stichtag 30.06. und 31.12. Die erfragten Daten zu den benannten Stichtagen sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Stichtag Jugendliche Heranwachsende 30.06.2013 127 221 31.12.2013 97 199 30.06.2014 98 204 31.12.2014 123 207 30.06.2015 145 212 31.12.2015 154 217 Die Zahlen stellen jeweils den Stand zum Ende des jeweiligen Kalendermonats dar; aufgrund von Neuerfassungen/-aufnahmen sowie Löschungen unterliegen die Zahlen ständigen Schwankungen. 6. Wie hat sich die Anzahl der Jugendlichen und Heranwachsenden, die im PROTÄKT-Programm geführt werden, jeweils jährlich seit dem Jahr 2013 entwickelt? (Bitte jeweils pro Jahr darstellen, gegebenenfalls zum Stichtag 30.06. und 31.12.). Wie beurteilen die zuständigen Behörden das Programm? An den genannten Stichtagen wurde jeweils folgende Zahl von Personen im PRO- TÄKT-Programm geführt: 2013 2014 2015 30.06. 31.12. 30.06. 31.12. 30.06. 31.12. 200 189 196 185 184 180 Die Erfahrungen mit dem PROTÄKT-Programm sind positiv. Das Programm ermöglicht eine schnelle Bearbeitung der Fälle. Darüber hinaus stellt es sicher, dass in jedem neuen Verfahren die bereits vorhandenen Informationen über einen Beschuldigten und seine Vorauffälligkeiten zur Verfügung stehen, da zum einen immer derselbe Dezernent für den Beschuldigten zuständig ist und zum anderen diese Informationen in einer Täterakte gesammelt werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3567 3 7. Wie hat sich die Anzahl der gewalttätigen Schwellentäter im Programm PriJuS Gewalt jährlich seit dem Jahr 2013 entwickelt? (Bitte jeweils pro Jahr darstellen, gegebenenfalls zum Stichtag 30.06. und 31.12.). Wie beurteilen die zuständigen Behörden das Programm? Anders als bei PROTÄKT handelt es sich bei PriJuS Gewalt nicht um ein Programm, in das bestimmte Personen aufgenommen werden. Vielmehr werden im Rahmen des Programms Verfahren bearbeitet, die bestimmte Kriterien erfüllen. Vor diesem Hintergrund kann lediglich mitgeteilt werden, wie viele Verfahren im Laufe eines Jahres im Rahmen des Programms PriJuS Gewalt bearbeitet wurden: 2013 2014 2015 25 16 11 Verfahren, die aufgrund bestimmter Merkmale – und hierzu gehört auch die Tatbegehung durch einen vom Programm PriJuS Gewalt angesprochenen Schwellentäter – eilbedürftig sind, werden sowohl seitens der Polizei als auch seitens der Staatsanwaltschaft regelmäßig auch ohne Klassifizierung als PriJuS Gewalt-Fall mit der gebotenen Dringlichkeit bearbeitet. 8. Wie viele Kinder, Jugendliche und Heranwachsende befanden sich seit dem Jahr 2013 jährlich im Obachtverfahren? Bitte jeweils pro Jahr darstellen , gegebenenfalls zum Stichtag 30.06. und 31.12. Die erfragten Daten zu den benannten Stichtagen sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt; im Übrigen siehe Antwort zu 5. Stichtag Kinder Jugendliche Heranwachsende 30.06.2013 17 92 110 31.12.2013 10 78 95 30.06.2014 7 88 80 31.12.2014 10 91 70 30.06.2015 7 89 75 31.12.2015 10 102 57 9. Wie stellt sich die aktuelle Personalsituation in den Dienstgruppen des Jugendschutzes an den einzelnen Polizeikommissariaten tatsächlich dar? Bitte in VZÄ gemäß Stellenplan und Besetzungsumfang angeben. Zu den erfragten Daten des örtlichen Jugendschutzes an den Polizeikommissariaten (PK) siehe folgende Tabelle: Dienststelle Stellen Verfügbare Personalkapazität für die Aufgabe „Jugendschutz“ in VZÄ PK 23 15 12,92 PK 31 15 8,66 PK 42 20 15,92 PK 46 9 4,75 PK 47 4 1,75 Summe: 63 44,00 Bei der zur Verfügung stehenden Personalkapazität wird der Besetzungsumfang, aber auch der Fremdnutzungssaldo von Stellen berücksichtigt. 10. Sind alle der Stelleninhaber zurzeit tatsächlich ausschließlich mit Aufgaben des Jugendschutzes betraut? a. Falls nein, wie viele von ihnen nehmen dann welche Aufgaben in welchem Umfang wahr? Die in der Antwort zu 9. dargestellte Personalkapazität ist mit Aufgaben des Jugendschutzes betraut. Ein Teil der dem Jugendschutz zugewiesenen Stellen wird für die Besetzung anderer Funktionen genutzt. Siehe hierzu nachfolgende Tabelle: Drucksache 21/3567 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Dienststelle Aufgabe Fremdnutzung Umfang AK 14 Sachbearbeiter/Lehrmittelsammlung/Polizeimuseum 1,00 AK 22 Fachlehrer/Polizeidienstlehre 1,00 AK 41 Lehrkraft für besondere Aufgaben/Polizeiliches Management/Einsatzlehre 1,00 LKA 11/P Mitarbeiter/Basisdienst 1,00 LKA 241/P Mitarbeiter/Spezialeinheiten 0,60 LKA 241/P Mitarbeiter/Spezialeinheiten 0,30 LKA 26/OM Mitarbeiter/Operative Maßnahmen und Rückführungen 1,00 LKA 272 Sachbearbeiter/Spezielle Auskünfte 0,75 LKA 45/P 2. Ermittlungssachbearbeiter 1,00 LKA 52/P 2. Ermittlungssachbearbeiter 1,00 PERS 41 Sachbearbeiter/Heilfürsorgeangelegenheiten 1,00 PK 023 2. Sachbearbeiter/Zentrale Aufgaben 1,00 PK 027 2. Sachbearbeiter/Zentrale Aufgaben 0,28 PK 141 Mitarbeiter im Reviervollzug 1,00 PK 143.1 Verkehrsunfallermittler/Verkehrsermittler 1,00 PK 161 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,20 PK 161 Mitarbeiter im Reviervollzug 1,00 PK 162 Mitarbeiter im Reviervollzug/Operative Aufgaben 0,85 PK 311 Mitarbeiter im Reviervollzug 1,00 PK 311 Mitarbeiter im Reviervollzug 1,00 PK 311 Mitarbeiter im Reviervollzug 1,00 PK 311 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,25 PK 312.1 Besonderer Fußstreifendienst 1,00 PK 343 Mitarbeiter im Reviervollzug (Außenstelle) 0,12 PK 343 Mitarbeiter im Reviervollzug (Außenstelle) 0,75 PK 411 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,16 PK 421 Mitarbeiter im Reviervollzug/Operative Aufgaben 0,90 PK 421 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,42 PK 441 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,25 PK 441 Mitarbeiter im Reviervollzug 0,25 PK 471 Mitarbeiter im Reviervollzug/Besondere Aufgaben 0,35 Summe1: 22,43 b. Falls nein, wie viele vorübergehende „Fremdnutzungen“ zur Sicherung der Grundlast, zur Aufklärung bei Demonstrationen, zur Verstärkung der Zivilfahnder und zu weiteren Einsätzen hat es im seit dem Jahr 2015 jeweils gegeben? Seit dem Jahr 2015 ist es in 21 Fällen zu einem Einsatz von insgesamt 63 Mitarbeitern des Jugendschutzes im Rahmen von Demonstrationen sowie zu weiteren Einsätzen gekommen. Im Übrigen werden die Mitarbeiter des Jugendschutzes grundsätzlich für jugendschutzspezifische Aufgaben eingesetzt. Eine temporäre Grundlastverstärkung oder die Verstärkung der Zivilfahndung durch Jugendschutzkräfte erfolgte nicht. 58 Mitarbeiter wurden bei 16 Demonstrationen für die Aufklärung, ein Mitarbeiter wurde viermal im Rahmen von Demonstrationen im Kommunikationsteam eingesetzt. Ein Mitarbeiter wurde beim Trauerakt für Helmut Schmidt in der Alarmabteilung (AAH) eingesetzt. 1 Entsprechend der Fragestellung wurden in dieser Tabelle die Fremdnutzungsnachteile, nicht aber die Fremdnutzungsvorteile des polizeilichen Jugendschutzes berücksichtigt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3567 5 11. Wie hat sich die Anzahl der im Jugendstrafverfahren durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleiche (TOA) jährlich seit dem Jahr 2013 entwickelt? Bitte pro Jahr darstellen. Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) 2013 2014 2015 Anzahl der durchgeführten TOA-Verfahren (Anzahl Täter) 148 134 80 12. Seit März 2014 besteht die Möglichkeit, bei Bereitschaft des Geschädigten und bei Eignung des Gefangenen einen TOA auch während des Verbüßens einer Jugendstrafe in der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand durchzuführen. Wie hat sich die Anzahl der durchgeführten TOA seit März 2014 entwickelt? Bitte pro Jahr darstellen. Bisher wurde in einem Fall ein TOA eingeleitet. 13. Verfügen Täter über kein (ausreichendes) Einkommen, um einen materiellen Ausgleich herbeiführen zu können, besteht für sie die Möglichkeit, die Opferfonds der Schlichtungsstellen in Anspruch zu nehmen. Diese bewilligen zinslose Darlehen zur (teilweisen) Entschädigung. Die Höchstgrenze der Entschädigung im Einzelfall beträgt 800 Euro. a. Wie hoch sind die Ansätze für den Opferfonds im Doppelhaushalt 2015/2016? Der Ansatz für den Opferfonds beträgt pro Jahr 110.000 Euro. b. Wie haben sich die Anzahl der Täter mit Verpflichtung zu Ausgleichsbemühungen und die Anzahl der Geschädigten, die Wiedergutmachung über den Opferfonds erhielten, jeweils seit dem Jahr 2013 entwickelt? Bitte jeweils pro Jahr darstellen. 2013 2014 2015 Anzahl der Täter mit Verpflichtung zu Ausgleichsbemühungen 336 331 248 Anzahl der Geschädigten, die Wiedergutmachung über den Opferfonds erhalten haben 254 268 347 c. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Opferfonds? Inwieweit ist eine Aufstockung beziehungsweise Ausweitung geplant? Der Opferfonds wird als bedarfsgerecht angesehen.