BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3617 21. Wahlperiode 18.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf und Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 11.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Facebook-Like für die AfD – Zwangsversetzung von Lehrern auch an Hamburger Schulen? Nach verschiedenen Medienberichten wurde in Niedersachsen ein Lehrer, der auf seiner privaten Facebook-Seite unter anderem Sympathie für die Partei AfD sowie für die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ durch einen „Gefällt mir“-Haken bekundete, zunächst zu Dienstgesprächen geladen und später an eine andere Schule zwangsversetzt.1 Zu diesem Vorfall existiert eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Gudrun Pieper und Kai Seefried, einschließlich der Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums (Drs. 17/47372). Aus der Drucksache geht hervor, dass nach Ansicht der niedersächsischen Landesschulbehörde der Lehrer durch das zusätzliche Zulassen von Freundschaften mit Schülerinnen und Schülern sowie mit Lehrerkolleginnen und Lehrerkollegen über Facebook die Grenzen zwischen schulischem und privatem Bereich verletzt hätte und die dadurch mitverursachte kontroverse Diskussion den Schulfrieden massiv gestört hätte. Dem Lehrer wurde anschließend angekündigt, ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt und zunächst bis zum Ende des laufenden Schuljahres an eine andere Schule abordnen zu wollen. Diese Maßnahme wurde entsprechend umgesetzt. Inzwischen hat sich eine Initiative aus Schülern und Kollegen organisiert, die den offenbar geschätzten Kollegen an die alte Schule zurückgewinnen will. Es wurden dazu bereits 350 Unterschriften von Schülern der Jahrgänge 8 bis 12 sowie 35 Unterschriften aus dem Lehrerkollegium gesammelt.3 1 Vergleiche „Pegida“ als reine Privatsache, in: „Walsroder Zeitung“ vom 31.08.2015, unter: http://www.wz-net.de/wz_10_110956990-21-_Pegida-als-reine-Privatsache.html (abgerufen am: 02.03.2016); vergleiche Niedersächsischer Denunzianten-Stadl. Wie man einen unbotmäßigen Lehrer schikaniert, unter: http://www.achgut.com/artikel/ niedersaechsischer_denunzianten_stadl_wie_man_einen_politisch_unbotmaessige (abgerufen am: 02.03.2016). 2 Drucksache des Niedersächsischen Landtages: Drs. 17/4737, unter: http://www.nilas.niedersachsen.de/starweb/NILAS/servlet.starweb?path=NILAS/lisshfl.web&id =nilaswebfastlink&format=WEBLANGFL&search=WP=17%20AND%20DART=D%20AND%20 DNR=4737#? (abgerufen am: 02.03.2016). 3 Vergleiche Niedersächsischer Denunzianten-Stadl. Wie man einen unbotmäßigen Lehrer schikaniert, unter: http://www.achgut.com/artikel/ niedersaechsischer_denunzianten_stadl_wie_man_einen_politisch_unbotmaessige (abgerufen am: 02.03.2016). Drucksache 21/3617 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Brisant an dem Fall ist, dass laut Informationen der „Schwarmstedter Rundschau “ Schüler davon berichten, dass sie von einer Störung des Schulfriedens nichts mitbekommen hätten und auf Schüler und Elternvertreter der besonders betroffenen Abschlussklassen „Druck ausgeübt worden“ sei.4 Auch der jüngst bekannt gewordene Fall der Düsseldorfer Stadtverwaltung, bei der ein Beamter, der dienstlich für Flüchtlingsangelegenheiten zuständig war, nach Bekanntwerden seiner AfD-Mitgliedschaft mit einer anderen Aufgabe innerhalb der Stadtverwaltung betraut wurde5, könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes dienstliche Maßnahmen angedroht und diese gegebenenfalls auch vollstreckt werden, wenn sie sich politisch zu Parteien wie der AfD bekennen. Der hierdurch entstehende Eindruck einer politisch motivierten, sanktionierenden Personalpolitik hat nicht nur für die Betroffenen weitreichende Konsequenzen , sondern könnte auch dazu beitragen, das Vertrauen in die öffentlichen Institutionen und Behörden unseres Landes zu schwächen. In Absatz 3 des dritten Artikels unseres Grundgesetzes wird unter anderem das politische Diskriminierungsverbot festgelegt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden . Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Antwort zu den Fragen beruht auf einer aus Anlass der Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage bei den Behörden und Ämtern durchgeführten Abfrage (Stand 11. März 2016). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gab es im Zeitraum der letzten drei Jahre Fälle, in denen Landesbeamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes in Hamburg wegen bekannt gewordener Sympathiebekundungen für die AfD oder wegen einer AfD- Mitgliedschaft zu dienstlichen Gesprächen geladen oder dienstliche Maßnahmen ergriffen wurden? Wenn ja: Bitte alle Fälle auflisten und die getroffenen dienstlichen Maßnahmen erläutern. 2. Gibt es in den Personalabteilungen der Hamburger Behörden Vorschriften oder Orientierungen, wie mit Beamten oder Angestellten des öffentlichen Dienstes zu verfahren ist, wenn von ihnen bekannt wird, dass sie a) Mitglied der AfD sind, b) die AfD auf Facebook „liken“? 3. Werden in Hamburg im Rahmen von Auswahlverfahren und Vorstellungsgesprächen zur Einstellung von Beamtinnen und Beamten sowie Angestellten des öffentlichen Dienstes Kandidaten auf Parteimitgliedschaften hin überprüft beziehungsweise befragt oder wird nach solchen Mitgliedschaften im Vorfeld von Auswahlverfahren und Bewerbungsgesprächen gegoogelt? a) Wenn ja: Welche Parteimitgliedschaften werden überprüft und wie bewertet? Bitte Aufschlüsseln nach konkreten Parteinamen. 4 Vergleiche ebenda. 5 Stadtverwaltung versetzt Beamten wegen AfD-Mitgliedschaft, unter: http://www.rp-online.de/ nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorfer-stadtverwaltung-versetzt-beamten-wegen-afdmitgliedschaft -aid-1.5795762 (abgerufen am: 02.03.2016). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3617 3 b) Wenn ja: Welche Konsequenzen haben welche Parteimitgliedschaften oder öffentlichen Sympathiebekundungen für die Auswahlverfahren und Vorstellungsgespräche? Nein.