BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3706 21. Wahlperiode 24.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 17.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg und die Weiße Wölfe Terrorcrew (WWT) Am 16. März 2016 hat Innenminister de Maizière den rechtsextremistischen Verein „Weiße Wölfe Terrorcrew“ (WWT) verboten. Diese Maßnahme erweist sich nun als die letzte Konsequenz jenes Kampfes, den die Innenbehörden Hamburgs und anderer Bundesländer seit 2008 gegen die rechtsextreme Organisation geführt hatten. Obwohl es sich bei der WWT den Behörden zufolge um eine kleine Vereinigung handelt, deren harter Kern aus höchstens 25 Personen besteht1, sind ihre Angehörigen durch ihre xenophoben und gewalttätigen Aktivitäten bis heute immer wieder in den Fokus der Sicherheitskräfte geraten. Anders als man zunächst meinen könnte, erfolgte die Gründung der WWT jedoch nicht etwa in Ostdeutschland, sondern mitten in Hamburg. Damals hatte der wegen Tätigkeiten gegen Polizeibeamte aktenkundige Sebastian R., der in seiner Freizeit gern die Musik der aus Nordrhein -Westfalen stammenden und als rechtsextremistisch geltenden Rockgruppe „Weiße Wölfe“ hörte, die Idee, eine eigene Neonazi-Filiale in der Hansestadt zu gründen. Da die WWT ihre Aktivitäten 2009 auch in andere Bundesländer verlagerte und seit 2014 gar bundesweit aktiv ist2 sowie vor dem Hintergrund dessen, dass Sebastian R. nach wie vor in Hamburg lebt, stellt sich die Frage nach der Bedeutung, die der Hansestadt für die nun verbotene Organisation zukommt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Straftaten, die mit der WWT in Verbindung stehen, hat der Senat seit 2008 registriert? Bitte die entsprechenden Daten und Delikte gesondert aufführen. Die Straftaten, mit denen der Verein „Weisse Wölfe Terrorcrew“ („WWT“) in Verbindung steht und die in Hamburg begangen worden sind, können nur bezogen auf den Zeitraum von 2011 bis 2015 mitgeteilt werden, da die polizeilichen Datenbestände aus der Zeit vor 2011 der gesetzlichen Löschfrist von fünf Jahren unterliegen. Tattag Delikt Phänomen Anzahl Tatverdächtige 17.12.2011 § 3 VersammlG – Verstoß gegen das Uniformverbot und § 26 VersammlG – Abhaltung verbotener oder nicht angemeldeter Versammlungen und Aufzüge PMK rechts 17 1 „Aus für die Weißen Wölfe“. „Frankfurter Rundschau“. 17.03.2016. Seite 5. 2 „Die Wurzeln der Weißen Wölfe“. „Die Welt“ Hamburg. 17.03.2016. Seite 34. Drucksache 21/3706 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Tattag Delikt Phänomen Anzahl Tatverdächtige 23.09.2012 § 113 StGB - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte PMK rechts 1 29.04.2013 § 303 StGB - Sachbeschädigung PMK rechts derzeit keine 30.05.2013 § 303 StGB - Sachbeschädigung PMK rechts derzeit keine 26.11.2013 § 303 StGB - Sachbeschädigung nicht zuzuordnen derzeit keine 01.02.2014 § 224 StGB - gefährliche Körperverletzung PMK rechts 4 29.05.2014 § 303 StGB - Sachbeschädigung PMK rechts derzeit keine 26.07.2014 § 28 VersammlG - Verstoß gegen das Versammlungsgesetz (Uniformverbot) PMK rechts 15 27.07.2014 § 86a StGB - Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen PMK rechts 1 2. Wie groß ist die Personengruppe in Hamburg, die sich an Straftaten aus dem Dunstkreis der WWT bis heute beteiligt hat? Bei der Formulierung „Dunstkreis“ handelt es sich um einen unbestimmten Begriff, der die Eingrenzung eines genauen Personenkreises nicht zulässt. Insgesamt sind aus Hamburg rund 15 Personen bekannt, die seit 2011 an Straftaten beteiligt und dem Verein „WWT“ zuzurechnen waren. Dazu zählen auch Personen aus dem engeren Umfeld der Gruppe, die nicht WWT-Mitglieder waren. 3. Zu wie vielen Verurteilungen ist es bislang bei Verfahren gegen die WWT und ihre Angehörigen in Hamburg gekommen? Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten, ob ein Verurteilter dem Verein „WWT“ angehört, werden im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft nicht erfasst. Die Anzahl der jährlichen Verurteilungen liegt im unteren fünfstelligen Bereich. Die Zuordnung zu dem Verein „WWT“ ist auch im Hinblick auf eine Kategorisierung von Straftaten mit politischem Hintergrund nicht möglich, da die für die Verfolgung politischer Straftaten zuständige Abteilung der Staatsanwaltschaft keine gesonderten Übersichten über die Aktivitäten des Vereins „WWT“ führt. Die Anzahl der jährlichen Verurteilungen, bezogen auf diese Straftagen, liegt im unteren dreistelligen Bereich. Eine händische Beiziehung, Durchsicht, Auswertung und Aufbereitung sämtlicher dazugehöriger Akten dahin gehend, ob diese einen Hinweis auf die Zugehörigkeit zum Verein „WWT“ beinhalten, ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Allerdings sind den zuständigen Dezernenten der zuständigen Abteilung der Staatsanwaltschaft zwei Verfahrenskomplexe erinnerlich, in denen jeweils gegen Angehörige des Vereins „WWT“ ermittelt worden ist. In einem Fall wurde gegen insgesamt 18 Personen ermittelt, die sich am 07.06.2008 zu einem Gruppenfoto aufstellten und hierbei T-Shirts mit einem Aufdruck der „Weißen Wölfe Terrorcrew“ sowie einem weiteren Hinweis „C 18“ trugen, wobei einige darüber hinaus den sogenannten Hitlergruß zeigten. In diesem Zusammenhang sind 13 Personen wegen eines Verstoßes gegen das VersammlG sowie zum Teil wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen rechtskräftig zu Geldstrafen verurteilt worden. In einem zweiten Komplex wurde wegen eines Verstoßes gegen § 28 VersammlG gegen insgesamt 15 Mitglieder des Vereins „WWT“ ermittelt, die in einem Hamburger Lokal mit T-Shirts erschienen, auf denen sich Embleme des Vereins „WWT“ befanden und die damit auch in der Öffentlichkeit auftraten. In diesem Komplex liegen bislang 13 Verur- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3706 3 teilungen wegen Verstoßes gegen § 28 VersammlG vor, wovon sieben Urteile mittlerweile rechtskräftig sind. 4. Gibt es Belege dafür, dass die WWT in Hamburg mit anderen rechtsextremistischen Organisationen vernetzt ist? In Hamburg gab es bis 2013 Ansätze zur punktuellen Zusammenarbeit des Vereins „WWT“ mit anderen rechtsextremistischen Organisationen (NPD, Kameradenkreis Neonazis in Hamburg). So beteiligten sich Mitglieder des Vereins „WWT“ an offenen Stammtischtreffen. Diese Treffen führten zu keiner dauerhaften Netzwerkbildung. In Einzelfällen unterstützen Mitglieder des Vereins „WWT“ die NPD bei der Absicherung von Infotischen. 5. Hat der Senat Kenntnis darüber, dass die WWT mit anderen kriminellen Organisationen wie verschiedenen Motoradklubs verklammert ist? Es sind lediglich persönliche Kontakte einzelner Hamburger WWT-Mitglieder zu Mitgliedern des Motorradclub „Bandidos“ in Brandenburg sowie Verbindungen zur „Blood & Honour“-Bewegung in den Niederlanden („Divisie Noordland“) bekannt. 6. Welche Maßnahmen unternimmt der Senat, um dafür zu sorgen, dass die Mitglieder der WWT ihre Aktivitäten nicht in Form von anderen Vereinigungen fortsetzen? Erfolgt womöglich eine polizeiliche Überwachung ihrer Mitglieder? Die Sicherheitsbehörden verfolgen die im Rahmen ihrer Zuständigkeit liegenden strafund gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen, um das Vereinsverbot effizient durchzusetzen . Dabei umfasst das Vereinsverbot auch etwaige Nachfolgeorganisationen als Fortsetzung des verbotenen Vereins. Darüber hinaus berührt die Frage die Einsatztaktik der Polizei, zu der grundsätzlich keine Auskünfte erteilt werden. 7. Ist dem Senat bekannt, ob Angehörige der WWT von Hamburg aus Aktionen in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Mecklenburg- Vorpommern, geplant haben? WWT-Angehörige aus Hamburg beteiligten sich an diversen rechtsextremistischen Demonstrationen, Versammlungen und Rechtsrock-Konzerten im Bundesgebiet. Beispielhaft zu erwähnen ist etwa die Teilnahme an dem im Mai 2013 abgehaltenen „Benefizkonzert für Kameraden in Not“ in Finowfurt (Brandenburg), an dem Mitglieder des Vereins „WWT“ als Sicherheitspersonal beziehungsweise Ordner fungierten.