BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3754 21. Wahlperiode 29.03.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralf Niedmers und Michael Westenberger (CDU) vom 22.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Port Package III – Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen In den Jahren 2001 und 2004 scheiterten die ersten zwei Vorschläge der Europäischen Kommission für einheitliche Regelungen für die Europäischen Seehäfen bereits im Europäischen Parlament. Nach diesen zwei gescheiterten Vorlagen der Europäischen Kommission hat das Parlament nun den dritten Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen – auch „Port Package III“ genannt – am 8. März 2016 in Erster Lesung angenommen, und zwar mit wesentlichen Abänderungen, was bereits dadurch deutlich wird, dass im Titel der Verordnung die Zielsetzung des Zugangs zum Markt für Hafendienste durch die Zielsetzung der Organisation der Hafendienste ersetzt worden ist. Mit der Verordnung würde der Wettbewerb in den Europäischen Seehäfen erstmals europarechtlich reguliert. Eine solche Regulierung beträfe sowohl die Verwaltung des Hamburger Hafens durch den Senat und durch die Hamburg Port Authority als auch die hiesigen Hafenunternehmen, die Reedereien und die Unternehmensverbände sowie die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften. Der Berichterstatter des EP-Verkehrsausschusses und Hamburger SPD- Abgeordnete Knut Fleckenstein ist gleichzeitig damit beauftragt worden, die Verhandlungen mit dem Ministerrat über eine Einigung für eine endgültige Fassung der Verordnung in Mitentscheidungsverfahren in einer frühen Ersten Lesung zu führen. Die nun vom (Verkehrsminister-)Rat zu beschließende Fassung der Verordnung für seine Erste Lesung und die entsprechende Position des Rates für die Verhandlungen mit dem EP-Berichterstatter wird von der Bundesregierung und federführend vom Bundesverkehrsminister mitbestimmt. Auf diese Positionen der Bundesregierung kann und sollte der Senat über die Mitwirkung des Bundesrates in EU-Angelegenheiten Einfluss nehmen. Diesbezüglich wird auch die Hamburgische Bürgerschaft zu beteiligen sein. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. a. Welche wesentlichen Regelungen beinhaltet die vom EP in Erster Lesung beschlossene Verordnung? Drucksache 21/3754 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. In welchen Punkten unterscheidet sich diese Fassung der Verordnung von den vorherigen zwei Kommissionsvorschlägen? Bitte sämtliche Fassungen beifügen. 2. Welche Auswirkungen hätte der Erlass der vom EP in Erster Lesung beschlossenen Verordnung für den Hamburger Hafen, insbesondere in Bezug auf a. den Marktzugang für die unterschiedlichen Hafendiensteanbieter? b. die Organisation des Hafens? c. die Transparenz der finanziellen Regelungen in den Häfen? d. die Autonomie der Hafenverwaltungen? e. die Höhe und Festlegung der Hafen- sowie Infrastrukturentgelte? f. die vorhandenen Strukturen im Hafen – auch in Hinblick auf die wettbewerbsrechtlichen Kontrollmöglichkeiten sowie staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten für Infra- und Suprastrukturen? g. die Gestaltungsspielräume für eine eigenständige Hamburger Hafenpolitik? h. den Wirtschaftsstandort Hamburg? Das Europäische Parlament (EP) hat in Erster Lesung am 8. März 2016 Änderungen zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und die finanzielle Transparenz der Häfen (COM 2013 296) beschlossen. Die Prüfungen zu den Auswirkungen werden derzeit in Abstimmung mit dem Bund und den Ländern Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg- Vorpommern durchgeführt und sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=- %2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bREPORT%2bA8-2016- 0023%2b0%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fDE, http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/?qid=1458813110367&uri=CELEX:52001DC0035, http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52001PC0035&rid=3, http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52004PC0654&rid=1, http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52013PC0296R(01)&rid=1, http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2013/0401-0500/439- 13.pdf?__blob=publicationFile&v=3, http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8- TA-2016-0069+0+DOC+PDF+V0//DE. 3. Wie stehen die jeweils betroffenen Akteure im Hamburger Hafen, insbesondere die a. Terminalbetreiber, b. die weiteren Hafendienstleistungsunternehmen, c. die Reedereien, d. Unternehmensverbände, e. Hafenarbeiter, f. Gewerkschaften zu den einzelnen wesentlichen Regelungen der vom EP in Erster Lesung beschlossenen Verordnung? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3754 3 Hierzu liegen der zuständigen Behörde derzeit keine Informationen vor. 4. Teilt der Senat die Ansicht der IHK Nord, dass ein weniger starrer Rechtsaktstyp – zum Beispiel der Erlass einer Richtlinie – angemessener wäre, um die Heterogenität der Europäischen Häfen und damit auch den Besonderheiten des Hamburger Hafens Rechnung zu tragen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Hamburg hat gemeinsam mit anderen Ländern mit Bundesratsbeschluss vom 20. September 2013 (BR.-Drs. 439/13) deutlich gemacht, dass es die Rechtsform der Verordnung nicht für das geeignete Rechtsinstrument hält. An dieser Auffassung hält der Senat aus den im genannten Bundesratsbeschluss angegebenen Gründen fest. 5. a. Welche wesentlichen Regelungen der vom EP in Erster Lesung beschlossenen Verordnung will der Senat gegenüber der Bundesregierung im Bundesrat unterstützen, und zwar im Einzelnen aus welchen Gründen? b. Welche der Regelungen will der Senat ablehnen, und zwar im Einzelnen aus welchen Gründen? c. Welche eigenen Abänderungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag will der Senat der Bundesregierung und damit dem Rat vorschlagen ? Hierzu wird sich der Senat im weiteren Bundesratsverfahren eine abschließende Meinung bilden, wenn die Auswirkungen der Änderungen an dem Kommissionsentwurf durch das EP beurteilt wurden. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 6. Wie sieht der zeitliche Ablauf des weiteren Verfahrens auf der Europäischen und auf der deutschen Ebene aus? Das europäische Gesetzgebungsverfahren, das für die Verordnung gewählt wurde, ist das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Dieses sieht vor, dass sich nach der Ersten Lesung des EP, die durch Beschluss vom 8. März 2016 abgeschlossen wurde, der Rat in Erster Lesung mit dem Standpunkt des Parlaments befasst. Während der Ersten Lesung kann der Rat entscheiden, ob er den Standpunkt des Parlaments akzeptiert . In diesem Fall wäre der Rechtsakt angenommen. Der Rat kann den Standpunkt des Parlaments abändern und dem Parlament den Vorschlag zur Zweiten Lesung zurücksenden. In dem Verfahren sind zudem sogenannte Trilogverhandlungen vorgesehen . Dabei handelt es sich um einen informellen Verfahrensschritt, der in den Vorschriften über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nicht vorgesehen ist. An den Trilogverhandlungen nehmen Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission mit dem Ziel teil, eine für den Rat und das Parlament annehmbare Einigung zu erzielen. Die Trilogverhandlung sind für den 18. April 2016, den 24. Mai 2016 und den 22. Juni 2016 terminiert. Ein zeitlicher Verfahrensablauf auf deutscher Ebene ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Auf deutscher Ebene sollen die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates befasst werden. 7. Wie will der Senat dafür Sorge tragen, dass sich die niederländische Ratspräsidentschaft nicht bereits mit dem EP-Berichterstatter Knut Fleckenstein auf einen Vorschlag für eine endgültige Fassung der Verordnung einigt, bevor der Bundesrat seine Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung für deren Verhalten im Rat beschlossen hat und bevor der Senat die Stellungnahme der Bürgerschaft eingeholt hat? Dem Senat stehen keine rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung, den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen der EU verbindliche Vorgaben zu machen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens, das sich nach europäischem Primärrecht richtet, liegt das Verfahren in der alleinigen Zuständigkeit Drucksache 21/3754 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 des Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission. Im Übrigen wird die zuständige Behörde das Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Organe suchen.