BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3788 21. Wahlperiode 05.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Andrea Oelschlaeger (AfD) vom 29.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Tafeln rationieren Essen wegen Flüchtlingsandrang Nach einer Pressemitteilung des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. nehmen zunehmend Asylbewerber in Deutschland das Angebot der Tafeln mit kostenlosen Lebensmitteln für Hilfsbedürftige in Anspruch. Zu den bundesweit circa 1,5 Millionen Menschen, die regelmäßig die Tafeln besuchen, kämen nun circa 250.000 Flüchtlinge hinzu – Tendenz steigend. Bei der Verteilung der Lebensmittel kommt es Berichten von ehrenamtlichen Tafelhelfern zufolge zunehmend zu Spannungen. Lebensmittel müssten zum Teil bereits rationiert werden, da sie nicht für alle Besucher reichen. Unter den Bedürftigen komme auch immer öfter die Frage auf, wer Vorrang bei der Verpflegung durch die Tafeln haben solle.1 Verbandschef Jochen Brühl fordert finanzielle Unterstützung von der Politik: „Wir fordern die Bundesregierung auf, den Tafeln projektbezogene Finanzierungshilfe zu gewährleisten, um Dolmetscher, Flüchtlingsbetreuer, Koordinatoren zur lokalen Vernetzung mit den Kommunen oder Integrationshelfer beschäftigen zu können.“2 Die Ernährungssoziologin Jana Rückert John bewertet die Essensversorgung der Flüchtlinge in Deutschland abseits der Tafeln als qualitativ gut. Große Caterer, die den Zuschlag von den Kommunen erhalten, hätten die Versorgung von Flüchtlingen als lukratives Geschäft entdeckt und bekämen einen Tagessatz zwischen 10 und 16 Euro pro Person.3 Es besteht Anlass zu der Sorge, dass die Verteilungskämpfe im Bereich der Lebensmittelausgabe der Tafeln zu wachsenden Spannungen zwischen hilfsbedürftigen Einheimischen einerseits und hilfsbedürftigen Flüchtlingen andererseits führen könnten. Gerade diese Art von Verteilungskämpfen könnte nicht nur problematisch für die Betroffenen selbst sein, sie könnte auch dazu beitragen, politischen Extremismus zu fördern und das gesellschaftlich -politische Klima in unserem Land weiter zu belasten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1 Vergleiche Tafeln rationieren Essen wegen Flüchtlingsandrang, unter: http://www.welt.de/ wirtschaft/article152868583/Tafeln-rationieren-Essen-wegen-Fluechtlingsandrang.html (abgerufen am: 08.03.2016). 2 Vergleiche ebenda. 3 Vergleiche ebenda. Drucksache 21/3788 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat begrüßt das Engagement der Hamburger Tafeln. Sie leisten einen zusätzlichen Beitrag zur Versorgung bedürftiger Menschen. Dabei agieren sie selbständig und ohne finanzielle staatliche Unterstützung und suchen eigenständig Kooperationen mit f & w fördern und wohnen – Anstalt öffentlichen Rechts – (f & w) und Trägern der Wohnungslosenhilfe. Im Falle der Öffnung neuer Unterkünfte der öffentlich-rechtlichen Unterbringung kommen die Tafeln häufig selbständig auf die Einrichtungen zu, um Nahrungsmittelangebote zu machen, siehe Drs. 21/2135. Dieses vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Liegen dem Senat oder den Hamburger Behörden Informationen über Lebensmittel- beziehungsweise Verteilungsengpässe der Hamburger Tafeln vor? Wenn ja: welche und seit wann? Nein. Der für die öffentlich-rechtliche Unterbringung und die Wohnungslosenhilfe zuständigen Behörde sind entsprechende Probleme nicht bekannt. 2. Wie umfangreich gestaltet sich die Essensversorgung für Hamburger Asylbewerber hinsichtlich der täglichen Anzahl der Mahlzeiten, der Menge und Vielfalt der jeweiligen Mahlzeiten sowie der dazu entstehenden täglichen Gesamtkosten pro Person pro Tag? Für Flüchtlinge, die in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, siehe Drs. 21/2070. Diejenigen Flüchtlinge, die die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen (damit der Residenzpflicht nicht mehr unterliegen in der Folgeunterbringung, eigenem Wohnraum oder in einer Unterkunft bei Bekannten oder Verwandten) und auf Transferleistungen angewiesen sind, erhalten – je nach Aufenthaltsstatus – geregelte finanzielle Unterstützung über das Asylbewerberleistungsgesetz, das SGB II oder das SGB XII. Die betroffenen Haushalte sind damit in der Lage, sich selbst zu versorgen, und grundsätzlich nicht auf weitere Leistungen angewiesen. 3. Welche Caterer werden in welchen Erstaufnahmeeinrichtungen für die Essensversorgung eingesetzt? Wie hoch sind die jeweiligen Vergütungspauschalen pro Asylbewerber pro Tag. Die an den Standorten der Erstaufnahme eingesetzten Caterer sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Standort Caterer Albert-Einstein-Ring Alsterfood Amalie Sieveking Krankenhaus/Richard-Remé- Haus Krankenhaus Catering Bargkoppelstieg pflegen & wohnen Behrmannplatz Alsterfood Beim Rauhen Hause n.n. Blomkamp pflegen & wohnen Bredowstraße pflegen & wohnen Dratelnstraße pflegen & wohnen Eißendorfer Pferdeweg (AK Harburg) Krankenhaus Catering Flagentwiet pflegen & wohnen Geutensweg pflegen & wohnen Grellkamp Alsterfood Harburger Poststraße Alsterfood Helios Klinik Mariahilf Krankenhaus Catering Hellmesbergerweg AWO Hamburg Dienste GmbH Holstenhofweg pflegen & wohnen Hörgensweg pflegen & wohnen Jenfelder Moorpark pflegen & wohnen Karl-Arnold-Ring pflegen & wohnen Kieler Straße Rolling Taste Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3788 3 Standort Caterer Kurdamm pflegen & wohnen Kurt-A.-Körber-Chaussee Alsterfood Melanchthonstraße Rolling Taste Neuland pflegen & wohnen Neuland II pflegen & wohnen Niendorfer Straße pflegen & wohnen Ohlstedter Platz pflegen & wohnen Oktaviostraße Alsterfood Osterrade Alsterfood Papenreye pflegen & wohnen Reichspräsident-Ebert-Kaserne Alsterfood Rugenbarg pflegen & wohnen Schnackenburgallee Alsterfood Schwarzenberg pflegen & wohnen Sportallee/Heselstücken Alsterfood Vogt-Kölln-Straße pflegen & wohnen Wendenstraße Meyers Partyservice Wiesendamm 3 T.R.U.D.E. Wiesendamm 24 Alsterfood Im Übrigen siehe Drs. 21/2070. 4. Die Sprecherin der Tafeln, Stefanie Bresgott, sagt: „Tafeln stehen allen Menschen offen, die bedürftig sind. Dazu gehören auch Flüchtlinge.“ Es gelte jedoch zu prüfen, ob Flüchtlinge schon in einer eigenen Wohnung lebten. Denn wenn sie in Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht seien, würden sie bereits dort vollversorgt. Welche Informationen liegen den zuständigen Behörden vor, ob und inwieweit die Angebote der Hamburger Tafeln auch von Hamburger Asylbewerbern genutzt werden, die derzeit in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind? Siehe Drs. 21/2135. 5. Für die Inanspruchnahme der Hilfe der Tafeln müssen sogenannte Berechtigungsscheine vorgezeigt werden. Auch für sogenannte Aufstocker gilt dieses. Wie viele solcher Berechtigungsscheine wurden im Zeitraum der letzten zwei Jahre monatlich durch die zuständigen Behörden vergeben und wie hoch war der jeweilige Anteil an Asylbewerbern /Migranten, die solche Berechtigungsscheine erhalten haben? Jobcenter händigt keine „Berechtigungsscheine“ aus. Kundinnen und Kunden können als Nachweis Ihren Bewilligungsbescheid vorlegen. Seitens des Statistik-Services der Bundesagentur für Arbeit erfolgt keine Auswertung im Sinne der Fragestellung. Darüber hinaus ist im Rahmen der Folgeunterbringung von Flüchtlingen die Praxis einer Ausstellung von Berechtigungsscheinen für die Inanspruchnahme von Leistungen der Hamburger Tafeln nicht bekannt. 6. Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde die Forderung des Verbandschefs der Deutschen Tafeln, Jochen Brühl, nach einer staatlich finanzierten Projektunterstützung infolge des Flüchtlingsandrangs (siehe Einleitung)? Die für die öffentlich-rechtliche Unterbringung zuständige Behörde sieht derzeit keine Notwendigkeit einer staatlichen Förderung der Hamburger Tafeln. 7. Gibt es in Hamburg bereits staatlich finanzierte Unterstützung für die Hamburger Tafeln? Wenn ja: welcher Art? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/2135.