BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3827 21. Wahlperiode 05.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 30.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Untaugliche Container (II) – Möbelrücken im Lise-Meitner-Park: Ist auch das Inventar der Container „untauglich“? Aufmerksame Anwohner am Lise-Meitner-Park in Lurup beobachteten kürzlich , dass aus dem, ursprünglich zunächst als „Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung “ (ZEA) geplanten, nunmehr unmittelbar zur Folgeunterkunft erklärten Containerdorf Möbel abgeholt wurden. Manche von ihnen schlossen daraus, dass die bekanntermaßen weiterhin bestehende Brandschutzproblematik nicht zu beheben sei und möglicherweise demnächst auch die Container wieder abgeholt würden. Andere meinen, dass diese Abholaktion mit verschiedenen Möblierungsstandards für Erst- und Folgeunterkünfte zusammenhängen könnte und waren erstaunt, zum Teil erbost über den verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Trifft es zu, dass aus der oben genannten Unterkunft in großem Stil Möbel abgeholt wurden, wenn ja, um welche Art und welche Anzahl von Möbelstücken handelt es sich, wann und warum wurden sie abgeholt und wohin wurden sie verbracht? 2. Welche Kosten wurden für die Anschaffung/Bereitstellung der Möbel für den Standort Liese-Meitner Park verursacht (bitte insgesamt und pro jeweiliger Produktart und pro Einzelstück ausweisen und die Produktmaße benennen)? Die Unterkunft Luruper Hauptstraße wurde ursprünglich als Zentrale Erstaufnahme (ZEA) geplant. Die Möbel sind daher im Zusammenhang mit der Planung für einen Standort einer Zentralen Erstaufnahme beschafft worden. Nach der Entscheidung, dass die Unterkunft Luruper Hauptstraße zu einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung werden soll und da die bereits vorhandenen Möbel nicht den anderen Anforderungen in der öffentlich-rechtlichen Unterkunft entsprechen, werden diese auf andere ZEA verteilt beziehungsweise werden im Zentrallager zwischengelagert. Ein Teil der Möbel ist auf Einrichtungen der Zentralen Erstaufnahmen wie folgt verteilt worden: ZEA Wiesendamm 3: 126 Stapelstühle (Holz), 20 Kantinentische und 13 Bewohnertische; ZEA Schlachthofstraße 3: 115 Bewohnertische, 460 Stapelstühle (Holz); ZEA Schnackenburgallee: 80 Doppelstockbetten und 160 Matratzen; ZEA Jenfelder Moorpark: 21 Kantinentische, 83 Bewohnertische und 500 Stapelstühle Holz sowie Ankunftszentrum Bargkoppelweg/-stieg: 18 Spinde, sechs Bewohnertische und 14 Kantinentische. Der übrige Teil wird im Zentrallager des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge aufbewahrt. Die Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Konkret geht es um folgende Möbel: Drucksache 21/3827 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Art Maße in cm Anzahl Einzelpreis in EUR Gesamtpreis in EUR Stahlrohr-Doppelstockbett 90x200 960 115,56 110.937,60 Schaumstoffmatratze 90x200 1.920 53,35 102.432,00 Mehrzweckschrank (4er Spind) 60x50x180 480 305,28 146.534,40 Bewohnertisch 80x80 480 69,53 33.374,40 Stapelstuhl (Holz) 80x52x52 1.920 35,69 68.524,80 Stapelstuhl (Hartplastikschale ) 79x52x52 300 33,33 9.999,00 Kantinentisch 100x200 80 118,12 9.449,60 Gesamt 481.251,80 3. Wurden die in Rede stehenden Möbel gekauft oder gemietet, wer ist Lieferant der Möbel und wer Käufer/Mieter der Möblierung? Siehe Drs. 21/3231. 4. Besteht diese Art der Vertragsbeziehung hinsichtlich aller Möbel und gegebenenfalls auch anderer Inventargegenstände (Decken und Kissen, Kleiderbügel, Handtücher, Bettwäsche et cetera) an allen Hamburger Standorten der Flüchtlingsunterbringung (das heißt ZEA- und örU mit den jeweiligen Verwaltungsorganen Einwohnerzentralamt/BIS beziehungsweise f & w/Rotes Kreuz/BASFI)? Wenn nein, welche Beschaffungsstrukturen für Inventar/Möbel finden in Hamburg Anwendung und welche Kriterien entscheiden über die Vertragsart (Kauf oder Miete)? Wer sind jeweils die Vertragsparteien und welche Parteien gingen welche Art von Vertragsbeziehung für welche Art von Produkten und welche Art der Unterbringung (ZEA oder örU) warum ein? Grundsätzlich werden Wohncontainer der Erstaufnahmeeinrichtungen mit einer Grundausstattung an Mobiliar für vier Personen (Betten, Tisch, Stühle, Schrank) angemietet. Die Erstausstattung an Matratzen wird durch das Einwohner-Zentralamt gekauft. Aus hygienischen Gründen können diese bei Neubelegung nicht wieder verwendet werden. Die weitere Ausstattung mit Matratzen sowie mit Inventargegenständen (wie Handtüchern, Bettwäsche et cetera) erfolgt durch den jeweiligen Betreiber der Einrichtung. Lediglich bei Objekten, die kurzfristig als Erstaufnahmeeinrichtung in der zweiten Jahreshälfte des letzten Jahres hergerichtet werden mussten, wurde das Mobiliar aufgrund der hohen Eilbedürftigkeit auch gekauft und ist dann an den Betreiber übergegangen. Eine Auflistung aller in diesem Zusammenhang eingegangenen Vertragsbeziehungen ist aufgrund der großen Anzahl von Flüchtlingsunterkünften in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Für die Anmietung der Container mit Mobiliarausstattung besteht ein Rahmenvertrag mit der Firma Kommanditgesellschaft HANSA BAUSTAHL Handelsgesellschaft mbH & Co. (siehe Drs. 21/3231). Bei fördern und wohnen AöR (f & w) ist die Beschaffung ebenfalls durch Rahmenverträge abgedeckt. 5. Ist die Wahrnehmung richtig, dass f & w tendenziell eher kauft (und mit der BASFI abrechnet), während BIS im Zusammenspiel mit dem Einwohnerzentralamt tendenziell eher mietet? Wenn ja: Warum, was ist der rechtliche (auch gesellschafts- und/oder bilanzrechtliche) Hintergrund welchen Sinn und Zweck haben diese unterschiedlichen Strukturen, welche Vorteile ergeben sich daraus für wen? Bei langfristig für die Unterbringung von Menschen genutzten Einrichtungen wird eher ein Kauf der Ausstattungsgegenstände vorgezogen. Bei vorübergehend genutzten Einrichtungen wird die Miete der Ausstattungsgegenstände bevorzugt, um eine unzweckmäßige finanzielle und logistische Belastung zu vermeiden und bei schwankenden Bedarfen kurzfristig reagieren zu können. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3827 3 6. Welchem Verwendungszweck werden die am LMP abgeholten Möbel zugeführt, wo kommen sie konkret zum Einsatz, beziehungsweise wo werden sie möglicherweise (gegebenenfalls nur in Teilen) vorübergehend gelagert? Siehe Antwort zu 1. und 2. 7. Welche Kosten entstehen gegebenenfalls durch die Einlagerung von aktuell nicht weiter verwendeten Möbeln und wo werden diese Möbel eingelagert? Die teilweisen Einlagerungs- und Logistikkosten zur Umlagerung beziehungsweise zum Abtransport in andere Einrichtungen können derzeit nicht beziffert werden, da die Maßnahme noch nicht abgeschlossen ist. Im Übrigen Siehe Antwort zu 1. und 2. 8. Sind die Container nach der Abholung der Möbel derzeit gänzlich unmöbliert oder sind Teile der Möblierung entgegen der Wahrnehmung der Anwohner erhalten geblieben? Wenn ja, welche Art und Anzahl von Möbelstücken mit welchem finanziellen Gegenwert ist in den Containern verblieben? Die Container sind nach Abschluss der Maßnahme zunächst unmöbliert, werden aber im Zuge der Umbaumaßnahmen zu einer öffentlich-rechtlichen Unterkunft neu möbliert . 9. Ist die Bezugsverzögerung auf die Durchführung der Neumöblierung zurückzuführen oder dauern die Nachbesserungen des Brandschutzstandards auch weiterhin an? Siehe Drs. 21/3231.Der Bezug erfolgt, sobald alle Nachbesserungsarbeiten des Brandschutzes durchgeführt wurden. 10. Für welches Datum ist am Tage der Beantwortung dieser Anfrage Bezugsfertigkeit vorgesehen und welche Arbeiten sind bis zur Herstellung des bezugsfertigen Zustandes noch auszuführen? Die Anlage wird bis Ende April 2016 bezugsfertig hergestellt sein. Neben den Brandschutzarbeiten müssen noch der Einbau der Küchen sowie letzte Arbeiten des Innenausbaus durchgeführt werden. 11. Wie viele Menschen werden planmäßig in die fertiggestellten Container einziehen und wo sind diese Menschen derzeit untergebracht, welchen Status haben sie? Die Kapazität der Container beträgt 900 Plätze. Die Belegungsplanung wird erst circa ein bis zwei Wochen vor Inbetriebnahme erfolgen. 12. Wer trifft grundsätzlich die Entscheidung darüber, welche Personen von einer ZEA in eine örU umziehen dürfen, nach welchen Kriterien wird diese Auswahlentscheidung getroffen und wie verlief die Entscheidungsfindung im konkreten Fall Lise-Meitner-Park? Wo werden derartige Entscheidungsprozesse nachvollziehbar dokumentiert? Die Entscheidung wird zentral durch die Aufnahme- und Vermittlungsstelle in Kooperation mit dem Belegungsmanagement von f & w getroffen. Besonders schutzbedürftige Personen werden innerhalb der einzelnen Kategorien jeweils prioritär in Folgeunterkünfte verlegt. Für die Unterkunft an der Luruper Hauptstraße wird diese Entscheidung erst ein bis zwei Wochen vor der tatsächlichen Inbetriebnahme getroffen. Im Übrigen siehe Drs. 21/3231 und 21/3766. 13. Handelt es sich bei den planmäßig für den Einzug im Lise-Meitner-Park vorgesehenen Personen (sämtlich, mehrheitlich, zum Teil oder gar nicht) um sogenannte Überresidente, das heißt solche, die länger als planmäßig in einer ZEA verweilen mussten? Wurde die Überresidenz in einer ZEA erst durch die Bezugsverzögerung ausgelöst? Oder aber waren diese Menschen (sämtlich, mehrheitlich, zum Teil oder gar nicht) für die entstandene Übergangszeit in einer anderen örU untergebracht, wenn Drucksache 21/3827 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ja, in welcher und warum können sie dort nicht bleiben? Oder aber wurde , aufgrund der bestehenden Bezugsprobleme, umgeplant, das heißt werden nunmehr andere Personen in die fertiggestellte Unterkunft am Lise-Meitner-Park einziehen als ursprünglich vorgesehen? Wenn ja, wo wurden die ursprünglich vorgesehenen Personen alternativ untergebracht? In erster Linie werden anerkannte Schutzberechtigte in eine Folgeunterkunft verlegt, mit zweiter Priorität Personen, die bereits die Residenzpflicht überschritten haben und die nicht nach § 47 Absatz 1a Asylgesetz verpflichtet sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu verbleiben. Im Übrigen Siehe Antwort zu 12. Im Übrigen siehe Antworten zu 11. und 12. 14. Liegen die Anwohner der Unterkunft richtig, wenn sie vermuten, dass eine Erstaufnahmeeinrichtung anders möbliert ist als eine Folgeunterkunft und worin liegt gegebenenfalls der Unterschied (zum Beispiel lediglich Anzahl der Möbelstücke im Raum oder aber deren Maße)? Die Möblierung variiert nach Unterbringungsform. Während der Aufenthalt der Flüchtlinge in der Erstaufnahme auf maximal sechs Monate ausgerichtet ist, soll die Folgeunterbringung auch die Bedarfe einer mittel- oder langfristigen Unterbringung abdecken. Unterschiede gibt es zum Beispiel bei der Größe der zur Verfügung gestellten Schränke, da diese in der Folgeunterbringung auch der Lagerung von Haushaltsgegenständen , Lebensmitteln und Schulunterlagen dienen. 15. Handelt es sich hierbei um festgelegte Standards? 16. Wenn ja, was schreiben diese Standards für die jeweilige Unterkunftsart vor und wo sind diese Standards seit wann normiert? Lösen die Standards einen Anspruch der Bewohner auf eine bestimmte Art der Möblierung aus? 17. Auf welchen Erfahrungswerten fußen diese Standards und welchen Bedürfnissen tragen sie Rechnung beziehungsweise ergibt sich eine andere Möblierungsmöglichkeit lediglich aus dem größeren Raumangebot bei verminderter Belegungszahl in der Folgeunterkunft? Zu den Standards der öffentlich-rechtlichen Unterbringung siehe Drs. 19/3572 sowie 20/917. Zu den Standards einer Zentralen Erstaufnahme siehe Drs. 21/2095. Die unterschiedlichen Standards ergeben sich aus den Bedarfen einer unterschiedlich langen Dauer der Unterbringung in den einzelnen Unterbringungsformen. So sind bei mittel- oder langfristiger Unterbringung Bedingungen zu schaffen, die einer Integration der Geflüchteten zum Beispiel auch ins Arbeitsleben nicht entgegenstehen. 18. Sofern Letzteres der Fall sein sollte: Wie ist eine derartige Luxusaufwendung haushaltsrechtlich zu rechtfertigen? Die Möblierung in öffentlich-rechtlichen Unterbringungen deckt lediglich den gesetzlich zustehenden Einmalbedarf an Haushaltsausstattung analog § 31 SGB XII ab. 19. Wer trägt die Anschaffungskosten für Möblierung/das Inventar der verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften (ZEA, örU) und aus welchem Vermögen (Anlage- oder Umlaufvermögen) werden sie gegebenenfalls finanziert und dementsprechend in der Bilanzbuchhaltung erfasst? Die Anmietung beziehungsweise der Ankauf des Mobiliars für die Erstaufnahmeeinrichtungen wird aus dem Umlaufvermögen des Einwohner-Zentralamtes finanziert und dort auch erfasst. f & w stattet Unterkünfte der öffentlich-rechtlichen Unterbringungen mit den betriebsnotwendigen Möbeln aus. Diese werden gemäß der Vorgaben des Handelsgesetzbuches (HGB) entsprechend bei f & w buchhalterisch abgebildet. Die Kosten hierfür werden f & w je nach Standort in Form von Kostensätzen aus Investitionsmitteln des Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3827 5 Aufgabenbereichs 253 Soziales oder über Betriebskosten aus der Produktgruppe 253.03 Wohnungslosenhilfe und öffentliche Unterbringung finanziert. 20. Wonach richtet sich, welcher Art von Vermögen (Anlage- oder Umlaufvermögen ) die Anschaffungen buchhalterisch zugeordnet werden beziehungsweise variiert dies bei Anschaffungen der f & w (BASFI) und/oder der BIS? Wie erklärt sich gegebenenfalls die unterschiedliche Klassifizierung gleicher Gegenstände? Angemietete Gegenstände können nicht dem Anlagevermögen zugeordnet werden und werden entsprechend auch nicht inventarisiert. Bei gekauften Gegenständen ist die Höhe der Kosten des Einzelgegenstandes ausschlaggebend für die Zuordnung. Bei Beiträgen ab 5.000 Euro pro Einzelgegenstand erfolgt die Finanzierung aus dem Investitionshaushalt der Behörde für Inneres und Sport samt Erfassung im Anlagevermögen und Abschreibung. Die Aktivierung von Wirtschaftsgütern erfolgt bei f & w nach den Vorgaben des HGB. Je nach Wert des Möbelstücks wird eine Sofortabschreibung vorgenommen oder es wird nach HGB abgeschrieben.