BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3872 21. Wahlperiode 08.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 31.03.16 und Antwort des Senats Betr.: Hamburger Rechtsextremisten mit Waffenerlaubnis – Wie reagieren die Ämter und Behörden? Nach Erkenntnissen der SWR-Dokumentation „Terror von rechts – Die neue Bedrohung“ in Verbindung mit Aussagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz verfügen bundesweit mehr als 400 Rechtsextremisten über eine waffenrechtliche Erlaubnis.1 Wie in der Dokumentation weiter berichtet wird, seien nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz nur Einzelfälle bekannt, in denen die Waffenbehörden Rechtsextremisten aufgrund von Verfassungsschutz- Hinweisen als „waffenrechtlich unzuverlässig“ einstuften. So antwortete das Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommerns auf die ARD- Anfrage: „Regelmäßig werden die vorliegenden Hinweise und Erkenntnisse sowohl vom Verfassungsschutz als auch von der Landespolizei an die zuständigen Behörden übermittelt. In Einzelfällen führte dies zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis. Statistische Auswertungen werden dazu jedoch nicht geführt.“ Es besteht Anlass zu der Sorge, dass auch in der Stadt Hamburg, gewaltbereite Rechtsextremisten im Besitz von formal rechtmäßig geführten Waffen sein könnten, die zur Verübung schwerer Straftaten, bis hin zu rechtsterroristisch motivierten Straftaten, eingesetzt werden könnten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 i.V.m. § 4 Absatz 1 HmbVerfSchG speichert das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (LfV) bereits dann personenbezogene Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand an rechtsextremistischen Bestrebungen teilnimmt und dies für die Beobachtung der Bestrebung erforderlich ist. Die Speicherung ist spätestens alle vier Jahre auf ihre Erforderlichkeit hin zu überprüfen, § 9 Absatz 2 S. 2 HmbVerfSchG. Nur im Ausnahmefall dürfen die Daten länger als zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information gespeichert bleiben, § 9 Absatz 3 HmbVerfSchG. Bei Personen mit rechtsextremistischen Erkenntnissen wird diese Speicherfrist in der Regel tatsächlich ausgeschöpft, auch wenn sie aktuell nicht tatsächlich aktiv sind. 1 SWR-Dokumentation „Terror von rechts – Die neue Bedrohung“, ausgestrahlt am 07.03.2016, unter: http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Die-Story-im-Ersten-Terrorvon -rechts-/Das-Erste/Video?bcastId=799280&documentId=33968150 (abgerufen am: 11.03.2016). Drucksache 21/3872 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Eine Rücknahme oder ein Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis kommt in Betracht, wenn die für den Waffenbesitz erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 Waffengesetz (WaffG) nicht vorliegt. Die Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG besitzen extremistische Personen regelmäßig dann nicht, wenn sie Mitglied einer verbotenen Vereinigung sind oder einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen , die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind, verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, § 5 Absatz 2 Nummern 2 und 3 WaffG. Dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (LfV) sind insgesamt acht Personen mit Wohnsitz in Hamburg bekannt, die über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen und über die Erkenntnisse mit Bezug zum Rechtsextremismus vorliegen, die nach § 9 Absatz 1 Nummer HmbVerfSchG gespeichert werden. Vier verfügen über eine Waffenbesitzkarte , vier über einen kleinen Waffenschein. Nur für zwei von diesen Personen liegen noch aktuellere Erkenntnisse vor. Bei diesen Personen hatte der Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnisse im Rechtsmittelverfahren keinen Bestand, weil die vorgenannten Voraussetzungen nicht vorlagen. In den letzten zehn Jahren wurden bei fünf Personen, die der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen sind, waffenrechtliche Erlaubnisse aufgrund von Hinweisen des Landesamtes für Verfassungsschutz wirksam widerrufen. Soweit dem LfV Hamburg über Personen, die im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind, Erkenntnisse zu Rechtsextremismus im genannten Sinne vorliegen, die die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen könnten, prüft das Amt, ob diese Erkenntnisse in rechtlich zulässiger Weise übermittelt werden können . Sofern es sich um nachrichtendienstlich gewonnene Erkenntnisse handelt, werden diese in der Regel in Form eines schriftlichen Behördenzeugnisses übermittelt. Nachrichtendienstliche Hinweise über Rechtsextremisten werden von den Polizeibehörden nicht übermittelt. Im Übrigen siehe Drs. 21/2967. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele, der in Hamburg aktiven Personen, die der Rechtsextremismusszene zugeordnet werden, sind aktuell nach den Erkenntnissen des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis? 2. In wie vielen Fällen kam es aufgrund von Hinweisen des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz oder der Polizeibehörden an die zuständigen Behörden zu einem Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis ? Bitte alle Fälle aus den letzten zehn Jahren auflisten. 3. Werden geheimdienstliche Hinweise über Rechtsextremisten, die zu einem Entzug der Waffenerlaubnis führen könnten, vom Landesamt für Verfassungsschutz oder auch von den Polizeibehörden an die zuständigen Behörden zur Erteilung von Waffenerlaubnissen regelmäßig weitergeleitet ? Wie ist das genaue Prozedere? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie bewertet der Senat auch vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl rechtsextremistischer Straftaten den Sachverhalt, dass auch in Hamburg agierende Rechtsextremisten im Besitz von Waffenerlaubnissen sein könnten? Die zuständige Behörde wendet die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten konsequent an, um bei Personen, die aktiv extremistische Bestrebungen verfolgen, Waffenbesitz zu kontrollieren und einzuschränken, siehe Vorbemerkung.