BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3887 21. Wahlperiode 08.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Lenders (CDU) vom 01.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Schutzausstattung der Hamburger Polizei bei möglichen Terroranschlägen Am 7.1.2015 wurde auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ ein Anschlag durch mutmaßlich islamistische Terroristen verübt. Im Zuge dessen verloren 17 Menschen, darunter zwei Polizisten, ihr Leben. Ebenfalls wurden am 13.11.2015 mehrere Attentate – zeitgleich – im Pariser Stadtgebiet verübt. Hierbei verloren 130 Menschen ihr Leben. Auch hier bekannte sich die Terrororganisation IS (Islamischer Staat) zu den schrecklichen Taten. Am 22.3.2016 wurde Brüssel Schauplatz von zwei Anschlägen, die bis zum jetzigen Zeitpunkt 31 Todesopfer forderten. Die grausamen Anschläge von Paris und Brüssel machen deutlich, dass die Polizei ausreichend auf solche Szenarien vorbereitet sein muss. In der Regel haben Polizeibeamte aus den Polizeikommissariaten in solch einer Situation den ersten Kontakt mit den Attentätern. Unter anderem von der „Klasse“ ihrer Schutzausstattung hängt es ab, ob ein solches Terrorszenario wirksam unterbunden werden kann. Aus diesem Grund erging im Dezember 2015 ein Prüfauftrag durch die Behörde für Inneres und Sport (BIS) an die Polizei, ob im Falle eines möglichen Terroraktes die Ausstattung der Polizeikräfte, die voraussichtlich den ersten Kontakt mit den Attentätern haben, ausreichend ist. Um angemessen gegen die Waffen der Pariser Attentäter geschützt zu sein, bedarf es für einen Hamburger Polizisten einer Schutzweste der Klasse 4. Sollte die Schutzweste eine geringere „Klasse“ haben, würde die Munition die Weste ohne weiteres durchschlagen. Die Anschläge von Paris und Brüssel haben die Polizeien der Länder und die Bundespolizei sensibilisiert. Bayern zum Beispiel hat in einem Nachtragshaushalt 80 Millionen Euro, unter anderem für die Beschaffung geeigneter Schutzausstattung, beschlossen. Die Bundespolizei reagierte, indem sie zehn gepanzerte Fahrzeuge bestellte. Hamburg ist als zweitgrößte Stadt Deutschlands mit einer entsprechenden Infrastruktur und einem der größten Häfen Europas latent der Gefahr eines Terrorschlages ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Es ist erklärtes Ziel des Senats, die Polizei Hamburg mit der notwendigen Schutzausstattung auszurüsten, um den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in jeder Situation des polizeilichen Einsatzgeschehens die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten und damit Gefahren auch unter schwierigen Einsatzbedingungen so gering wie möglich zu halten. Die Polizei Hamburg hat sich nach den Anschlägen in Paris im November 2015 eingehend mit Optimierungsmöglichkeiten der Ausstattung der Einsatzkräfte im Hinblick auf terroristische Bedrohungsszenarien befasst. Im Ergebnis werden als zusätzliche Drucksache 21/3887 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Komponenten zum Schutz der Einsatzkräfte unter anderem Schutzwesten mit höheren Schutzklassen, die auch den Angriffen von Sturmgewehren standhalten, jedoch nicht für den täglichen Dienstgebrauch geeignet sind, sowie geeignete Schutzhelme und Splitterschutzbrillen beschafft. Beschaffungen der erforderlichen Schutzausstattung erfolgen innerhalb der im Einzelplan 8.1 zur Verfügung stehenden Ermächtigung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Vor knapp vier Monaten erging ein Prüfauftrag der Behörde für Inneres an die Polizei, um festzustellen, ob die vorhandene Schutzausstattung im Falle eines Terrorszenarios (Schutzwesten, gepanzerte Fahrzeuge, et cetera) ausreichend ist. Welches Ergebnis hat dieser Prüfauftrag und wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dieses ? Siehe Vorbemerkung. 2. Welche Schutzklasse hat die Weste eines Polizeibeamten, der Mitarbeiter im Reviervollzug an den Polizeikommissariaten oder Angehöriger der Landesbereitschaftspolizei ist? Derzeit Schutzklasse 1, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welche Geschosse werden durch diese Schutzklasse abgehalten? Bitte beispielhaft die entsprechenden Waffen aufführen, denen diese Munition zuzuordnen ist. Ballistische Schutzwesten der Schutzklasse 1 wirken durchschusshemmend gegen Weichkerngeschosse und Polizeigeschosse im Kaliber 9 mm x 19, verschossen aus Kurzwaffen. Waffen, denen beispielhaft diese Munition zugeordnet ist, sind Pistolen, Revolver und Maschinenpistolen in den normalen Ausführungen. 4. Die Attentäter von Paris verwendeten als Feuerwaffe unter anderem eine Kalashnikov. Ist die Schutzklasse der schusssicheren Westen in Hamburg (siehe Frage 2.) geeignet, diese Munition abzuhalten? Die Frage betrifft die Einsatztaktik der Polizei sowie den Schutz von Polizeivollzugsbeamten , über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt. 5. Gibt es Planungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde, um vorhandene Defizite im Hinblick auf die bestehende Schutzausstattung abzustellen? Wenn ja, um welche Planungen handelt es sich und wie weit sind diese fortgeschritten? 6. Die Polizei verfügt über keine zusätzlichen finanziellen Mittel für die Beschaffung von verbesserter Schutzausstattung. Ist durch den Senat beziehungsweise die zuständige Behörde geplant, der Polizei zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen? Wenn ja, auf wie viel würden sie sich belaufen, wenn nein, muss die Polizei diese Mittel aus eigenen Haushaltsmitteln bewältigen? Siehe Vorbemerkung. 7. Welche Auffassung hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zum Thema Schutzausstattung und wie schätzt er/sie die momentane Sicherheitslage im Hinblick auf mögliche Terroranschläge ein? Die Einschätzung der aktuellen Sicherheitslage im Hinblick auf mögliche terroristische Anschläge für Hamburg orientiert sich an der Gesamteinschätzung der Sicherheitslage des Bundeskriminalamtes für die Bundesrepublik Deutschland sowie an nachrichtendienstlichen Erkenntnissen. Danach ist nach wie vor eine anhaltend hohe abstrakte Gefahr aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus festzustellen, die sich in Form von gefährdungsrelevanten Ereignissen bis hin zu terroristischen Anschlägen gegen staatliche und zivile Ziele konkretisieren kann. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3887 3 Es liegen jedoch derzeit keine Hinweise oder Erkenntnisse für Hamburg vor, die auf Anschlagsplanungen hindeuten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/2590 und Drs. 21/2303.