BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3889 21. Wahlperiode 08.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 01.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Seniorengenossenschaften in Hamburg: Wie ernst ist es dem Senat mit der Unterstützung? Die Zahl der älteren Menschen in Deutschland wird sich in den kommenden Jahren weiter erhöhen. Angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege wird zugleich eine notwendige Versorgung von Pflegebedürftigen immer schwieriger . Demographischer Wandel, Veränderungen im Familienleben und bei der Erwerbstätigkeit erfordern neue Wege, um ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen. Ein Weg hierfür können Seniorengenossenschaften sein, die sich bereits in vielen Bundesländern, häufig als eingetragene Vereine, etabliert haben. In Hamburg gibt es seit Juni 2014 die Seniorengenossenschaft „Machbarschaft Wandsbek-Hinschenfelde e.V.“. Die CDU hatte den Senat bereits in der Vergangenheit mit mehreren Initiativen dazu aufgefordert, diese Lebensform zu unterstützen – leider ließ sich der Senat nur zu wenigen Aktivitäten bewegen und wollte bislang lediglich prüfen, ob die Gründung von Seniorengenossenschaften förderungswürdig sei. Im rot-grünen Koalitionsvertrag dagegen wird die Unterstützung von Seniorengenossenschaften explizit festgehalten. In der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft (Drs. 20/12430) gab dieser mehrere Handlungsempfehlungen ab, wie entsprechendes bisheriges Engagement in Hamburg sichtbarer gemacht werden kann. Außerdem sollten strukturelle Rahmenbedingungen geklärt und generationenübergreifende Projekte und Modelle gestärkt werden. Seitdem sind ein und drei Viertel Jahre vergangen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Bezeichnung „Seniorengenossenschaft“ wird in der Praxis vielfältig genutzt. Überwiegend handelt es sich dabei nicht um eine Genossenschaft im rechtlichen Sinne nach dem Genossenschaftsrecht. Vielmehr wird der Begriff „Seniorengenossenschaft “ auch bei einer Vereinsgründung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verwendet . Kerngedanke einer „Seniorengenossenschaft“ ist, dass die Hilfen auf Gegenseitigkeit von aktiven – auch jüngeren – Mitgliedern erbracht werden. Dabei stehen Selbsthilfe und Solidarität im Vordergrund. Den Mitgliedern geht es primär nicht um die Erwirtschaftung eines Gewinnes oder einer Bezahlung für geleistete Arbeit, sondern um die gegenseitige Unterstützung in Belangen des alltäglichen Lebens, den sozialen Austausch und ein gesellschaftliches Miteinander zum Wohle aller Mitglieder. Auf dieser Basis werden ehrenamtliches Engagement und die Erbringung von gewünschten Leistungen für die Mitglieder verbunden. Die Mitglieder sind hierbei sowohl Anbieter als auch Nutznießer der Hilfsangebote. Drucksache 21/3889 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Seniorengenossenschaften mit wie vielen Mitgliedern gibt es aktuell in Hamburg, wo sind diese beheimatet, welches Einzugsgebiet haben sie, wann wurden diese Seniorengenossenschaften jeweils gegründet, in welcher Form besteht jeweils eine Förderung durch die Stadt und wie ist die Organisationsform? Den zuständigen Behörden sind folgende Seniorengenossenschaften in Hamburg bekannt: Einrichtung Gründung Standort/ Einzugsgebiet Mitgliederzahl Organisationsform Förderung durch die FHH Machbarschaft Wandsbek- Hinschenfelde Juni 2014 Wandsbek- Hinschenfelde 120 Eingetragener Verein Keine Förderung Senioren- Selbsthilfe der Baugenossenschaft Dennerstrasse Selbsthilfe eG November 1995 Barmbek, Bramfeld, Eilbek , Farmsen- Berne, Hummelsbüttel, Neustadt, Rahlstedt, Wandsbek- Gartenstadt, Winterhude nicht bekannt Eingetragener Verein Keine Förderung „plietsch“ der Nachbarschaftsverein des Vereins Freundeskreis Oberaltenallee Gründung des Vereins Freundeskreis Oberaltenallee 1979, Projekt „plietsch“ 2014 Barmbek-Nord rund um den Rungestieg, den Hartzlohplatz  und Elligersweg nicht bekannt Eingetragener Verein 2.500 € im Jahr 2016 (siehe auch Antwort zu 9.) 2. Wie viele Seniorengenossenschaften gibt es aktuell deutschlandweit? Nach Kenntnis der zuständigen Behörde gibt es folgende Seniorengenossenschaften bundesweit: Bundesland Seniorengenossenschaft Baden-Württemberg Seniorengenossenschaft Riedlingen e.V. Seniorengenossenschaft Aichstetten e.V. Bürger helfen Bürger BhB Schwaikheim e.V. Bürgergenossenschaft Weingarten (Baden) Bayern Seniorengenossenschaft Kronach Stadt und Land e.V. Seniorengenossenschaft 55 Plus e.V. BuS Babenhausen – Bürger unterstützen Senioren e. V. Hessen Bürger Aktiv Wetzlar e.V. WIR FÜR UNS Bürgerhilfe e.V. Bromskirchen Niedersachsen Grafschafter Bürgergemeinschaft e.V. Nordrhein-Westfalen Öcher Frönnde – Aachener Nachbarschaftsring e.V. Bocholter Bürgergenossenschaft eG Schleswig-Holstein Mi.t.Mi e.V. Alltagshilfen von Minsch to Minsch 3. Wie viele Seniorengenossenschaften gibt es in der Metropolregion Hamburg aktuell und wo befinden sich diese? Nach Kenntnis der zuständigen Behörde gibt es über die in der Antwort zu 1. genannten Einrichtungen folgende Seniorengenossenschaft in der Metropolregion Hamburg: Schleswig-Holstein Mi.t.Mi e.V. Alltagshilfen von Minsch to Minsch Herzogtum Lauenburg Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3889 3 4. Wodurch unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Sichtbarmachung des bereits bestehenden Engagements von Seniorinnen und Senioren? Der Senat würdigt das Bürgerschaftliche Engagement von Menschen jeden Alters in Hamburg durch den jährlich wiederkommenden Senatsempfang „Hamburg engagiert sich“ im Dezember im Hamburger Rathaus. Außerdem ehrt der Senat das jahrzehntelange Engagement von Menschen – darunter auch von Seniorinnen und Senioren – in Hamburg seit 1926 durch die Verleihung der Medaille für Treue Arbeit im Dienste des Volkes. Ferner unterstützt der Senat die aktive, sichtbare Beteiligung von Seniorinnen und Senioren am sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben über die Einrichtung und Förderung der Arbeit des Landes-Seniorenbeirats und der Bezirks- Seniorenbeiräte. Im Übrigen siehe auch Antwort zu 6. 5. Seit wann unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dieses Engagement und mit welchen finanziellen und anderen Mitteln ? Die zuständigen Behörden fördern Informations-, Beratungs- und Vermittlungsangebote für Bürgerinnen und Bürger, die sich für ein freiwilliges Engagement interessieren – dies gilt auch für Seniorinnen und Senioren. Übernommen wird diese Aufgabe vorrangig von Freiwilligenagenturen, von denen die zuständige Behörde vier seit 2011 fördert . Die Freiwilligenagenturen altonavi. Servicestelle für Information und Engagement (Altona), AKTIVOLI Wandsbek Freiwilligenzentrum (Wandsbek), Freiwilligennetzwerk Harburg (Harburg) und Freiwilligenagentur Nord (Hamburg-Nord) werden mit einer jährlichen Zuwendung in Höhe von jeweils 25.000 Euro gefördert. Alle Freiwilligenagenturen können von der zuständigen Behörde zusätzlich anlassbezogene Projektförderungen für Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildungen erhalten (siehe Drs. 20/12430), auch bezogen auf das Engagement von Seniorinnen und Senioren . Des Weiteren werden das Seniorenbüro Hamburg e.V. seit 1993 und die Fortbildungsund Servicestelle für Seniorentreffs bei der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege seit 2003 gefördert. Im Jahr 2016 werden das Seniorenbüro Hamburg mit 213.200 Euro und die Fortbildungs- und Servicestelle mit 71.589 Euro gefördert. Beide Einrichtungen unterstützen das Engagement von älteren Menschen durch Fortbildung und Beratung. 6. Der Senat nennt in Drs. 20/12430 das Vorhaben, in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren eine Kampagne zu entwerfen und durchzuführen, um Seniorinnen und Senioren für ein freiwilliges Engagement zu gewinnen. a) Wie ist der Sachstand bezüglich dieses Vorhabens? b) Welche Akteure hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde für dieses Vorhaben gewonnen? Das „Engagementforum“, das gemäß Engagementstrategie 2020 jährlich thematische Schwerpunkte für öffentlichkeitswirksame Kampagnen setzt (siehe Drs. 20/12430), hat am 14. Dezember 2015 beschlossen, zur Würdigung des freiwilligen Engagements zunächst eine Dachkampagne durchzuführen, bei der alle in der Engagementstrategie aufgeführten Zielgruppen, das heißt Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund , Menschen mit Behinderungen und Jugendliche, berücksichtigt werden . Ergänzt wird diese Kampagne um die Würdigung des Engagements für Geflüchtete . Die Dachkampagne wird in diesem Jahr entwickelt und umgesetzt. In den Folgejahren werden Kampagnen für einzelne Zielgruppen jeweils auf Beschluss des Engagementforums folgen. Drucksache 21/3889 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 7. Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Fachbehörden und Bezirksämter hinsichtlich der Einrichtung von Sprechstunden zur Engagementberatung ergeben? Die zuständigen Bezirksämter bewerten das vorhandene Beratungsangebot der Freiwilligenagenturen und ähnlicher Einrichtungen (zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser ) als ausreichend. 8. Auf welche Weise und mit welchen Mitteln werden vom Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Projekte und Modelle für bedarfsspezifische und wohnraumnahe Informations- und Beratungsstellen für das freiwillige Engagement von Seniorinnen und Senioren gefördert? 9. Auf welche Weise und mit welchen Mitteln werden von den Fachbehörden und Bezirksämtern Projekte, in deren Rahmen generationsübergreifendes Engagement stattfindet, besonders unterstützt und gefördert? Die Unterstützung des generationsübergreifenden Austausches (zum Beispiel auch in Seniorentreffs) gehört zu den Zielen der Globalrichtlinie über die offene bezirkliche Seniorenarbeit in der Freien und Hansestadt Hamburg und ist nach der Richtlinie über die Förderung von dezentralen Angeboten der Seniorenarbeit in Hamburg förderfähig. Hierfür stellt die zuständige Behörde den Bezirksämtern Mittel in Höhe von insgesamt 2,644 Millionen Euro über die Rahmenzuweisung offene Seniorenarbeit zur Verfügung . Die Bezirksämter können somit Projekte mit einer generationsübergreifenden Zielsetzung sowohl finanziell als auch ideell durch Beratung fördern. Die zuständige Behörde fördert stadtteilbezogene niedrigschwellige Angebote mit jährlich insgesamt bis zu 50.000 Euro. Diese Mittel sind gemäß Vereinbarung zwischen der zuständigen Behörde und den Bezirksämtern vom Oktober 2015 in deren Bewirtschaftung gegeben worden. Die Bezirksämter können diese Mittel auch zur Förderung von generationsübergreifenden Projekten einsetzen. Die Abfrage bei den Bezirksämtern hat darüber hinaus folgendes ergeben: Bezirk Bezeichnung des Projektes Art und Weise der Unterstützung Höhe der Förderung Altona Umzug des Seniorentreffs Mercado in das Stadtteilkulturzentrum Motte Beratung und Koordinierung Finanzierung des Umzugs und barrierefreien Umbaus Voraussichtlich ca. 45.000 € Altona Neue Mitte Altona Aufbau generationsübergreifender nachbarschaftlicher Strukturen Beratung, Begleitung des Prozesses mit Personalressourcen Keine Angaben möglich Altona Mehrgenerationenhaus FLAKS e.V. Sicherstellung der laufenden Betriebskosten 2015: 35.100 € 2016: 35.100 € Altona Mehrgenerationenhaus FLAKS e.V. Zukunftslotsen Altona - Koordination u. Ausbau 2015: 16.282 € Bezirk Bezeichnung des Projektes Art und Weise der Unterstützung Höhe der Förderung Hamburg-Nord Stadteilbezogenes, niedrigschwelliges Angebot Projekt: „Barrierefreier Stadtteilführer“ MARTINIerLEBEN e.V. Zuwendung im Rahmen der Umsetzung der Engagementstrategie 2020, aus Mitteln der BASFI/ Amt AI 2.500 € im Jahr 2016 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3889 5 Bezirk Bezeichnung des Projektes Art und Weise der Unterstützung Höhe der Förderung Hamburg-Nord Stadteilbezogenes, niedrigschwelliges Angebot Projekt: „Weiterentwicklung des Nachbarschaftsvereins Plietsch“ Freundeskreis Oberaltenallee e.V. Zuwendung im Rahmen der Umsetzung der Engagementstrategie 2020, aus Mitteln der BASFI/Amt AI 2.500 € im Jahr 2016 Bergedorf Mehrgenerationenhaus Haus „brügge“ Zuwendung Institutionelle Förderung 86.983 € Bergedorf Kurs- und Gruppenangebote im Haus "brügge" Sondermittel der Bezirksversammlung 5.000 € Bergedorf Generationsübergreifendes Familienfest im KulturA Kulturelle Projekte Projektförderung 5.000 € Im Übrigen siehe Antwort zu 12. 10. Unter Beteiligung der relevanten Interessensvertretungen sollte die zuständige Behörde eine Broschüre mit Informationen über die Gründung von Seniorengenossenschaften erstellen. a) Wie ist der Sachstand dieses Vorhabens? b) Welche Akteure beteiligen sich? c) Welche Ziele sollen mit diesem Vorhaben erreicht werden? d) Welche finanziellen Mittel stellt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde für dieses Vorhaben zur Verfügung? Die Broschüre ist im Druck. An der Erstellung der Broschüre waren der Landes-Seniorenbeirat Hamburg und das AKTIVOLI Landesnetzwerk beteiligt. Die Broschüre soll interessierte Bürgerinnen und Bürger darin unterstützen, eine Seniorengenossenschaft als Verein oder als Genossenschaft zu gründen. Die Kosten für die Erstellung der Broschüre belaufen sich auf circa 2.060 Euro. 11. Wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde auf Grundlage des rot-grünen Koalitionsvertrages der Gründung und Sicherung von Seniorengenossenschaften mehr Unterstützung zukommen lassen als in der vorangegangenen Legislaturperiode? Wenn ja, auf welche Weise und mit welchen Mitteln? Wenn nein, warum nicht? In der am 5. April 2016 vom Hamburger Senat beschlossenen Globalrichtlinie zur bezirklichen offenen Seniorenarbeit in der Freien und Hansestadt Hamburg ist unter „Punkt 2.4. Weitere Seniorenangebote“ geregelt, dass die Bezirksämter auch andere als die genannten Seniorenangebote fördern können, wie zum Beispiel Begleitdienste (sofern sie nicht unter das SGB XI fallen) sowie die Angebote der Mehrgenerationenhäuser oder von Seniorengenossenschaften. 12. Auf welche Weise und mit welchen Mitteln unterstützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die konzeptionelle Weiterentwicklung der Mehrgenerationenhäuser? Die zuständige Behörde steht regelmäßig im Erfahrungsaustausch mit den Mehrgenerationenhäusern . Die konzeptionellen Vorgaben zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Mehrgenerationenhäuser werden durch das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) formuliert. Drucksache 21/3889 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Das BMFSFJ hat den Ländern im Dezember 2015 ein erstes Konzept zur Gestaltung des Förderprogramms ab 2017 vorgestellt (siehe Drs. 21/3055 und 21/3205), das zwischenzeitlich veröffentlicht ist (siehe http://www.mehrgenerationenhaeuser.de/ ?id=231). Zur Konkretisierung dieser Vorgaben wird es am 2. Mai 2016 zwischen der zuständigen Behörde, den Vertreterinnen und Vertretern der Bezirksämter und den Trägern der Mehrgenerationenhäuser ein Abstimmungsgespräch geben. Eine Förderung der Mehrgenerationenhäuser ist Gegenstand der Haushaltsplan-Aufstellung 2017/2018.