BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/3908 21. Wahlperiode 12.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten David Erkalp (CDU) vom 04.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Bettelbanden vertreiben Kunden – Gewerbsmäßige Bettelei in Hamburgs Innenstadt muss gestoppt werden Sie werden immer mehr und sie werden immer aggressiver: Hamburgs Innenstadt ist inzwischen „bevölkert“ von gewerbsmäßig organisierten Bettelbanden . Die überwiegend aus Osteuropa stammenden und zum Teil auffällig jungen Bettlertrupps bedrängen nicht nur, sie penetrieren. Durch immer dreister werdende Maschen, wie die sogenannte „Klemmbrett-Masche“ oder den bekannten „Rosen-Trick“ werden sowohl die Hamburger als auch die Touristen belagert, was in der Konsequenz immer mehr Kunden aus der Hamburger Innenstadt vertreibt. Damit werden die organisierten Bettlertrupps nicht nur zu einem Problem der innerstädtischen Händler und Kaufleute, es nimmt überhand und wird zunehmend zu einer Belastung und Zumutung. Zwischen Mönckebergstraße und Spitaler Straße werden Passanten inzwischen im Minutentakt zum Teil auf äußerst aggressive Art und Weise angebettelt . Die Verärgerung vieler Besucher, aber auch Einzelhändler, in der Innenstadt wird daher immer lauter. Laut Medienberichten „verdienen“ diese gewerbsmäßigen Bettler mit ihren Maschen täglich bis zu 100 Euro, von denen sie einen Großteil an Hintermänner abliefern müssen. Diese Zustände erfordern einen unverzüglichen Handlungsbedarf, notfalls auch mit neuen Ansätzen. Vor acht Jahren wurde unter der Leitung des damaligen Bezirksamtsleiters Schreiber mutmaßlich gewerbsmäßig organisierten und zum Teil schwerbehinderten Bulgaren verboten, weiter in der Hamburger Innenstadt zu betteln. Ihnen gegenüber wurden auf Basis des Hamburgischen Wegegesetzes Untersagungsverfügungen erlassen, da es sich bei der gewerbsmäßigen Bettelei um eine genehmigungsbedürftige Sondernutzung handelt. Unter Beteiligung des bezirklichen Ordnungsdienstes (BOD) sowie der Polizei wurden Beschlagnahmungen durchgeführt und Platzverweise erteilt, was zu einer zwischenzeitlichen Beendigung des Zustands führte. Leider ist die Zahl der aus diesem Grund erteilten Platzverweise wieder erheblich gesunken und die Anzahl der aggressiven Bettler deutlich gestiegen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Dem Senat ist die Existenz von Bettlern in der Hamburger Innenstadt bekannt, die mit wechselnden Vorgehensweisen agieren. Die geringe Anzahl an bekannten Beschwerden widerspricht dem in dieser Anfrage geschilderten drastischen Ausmaß jedoch. Durch die Polizei und die eingesetzten Mitarbeiter des Bezirksamtes wird die Situation beobachtet, sodass auf etwaige Veränderungen reagiert werden kann. Den zuständigen Stellen liegen derzeit keine Hinweise auf bandenmäßiges Vorgehen vor. Überall dort, wo die Polizei aggressives Betteln feststellt, schreitet sie konsequent ein. Drucksache 21/3908 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden darüber vor, wie viele Bettler in Hamburgs Innenstadt einer gewerbsmäßig organisierten Bettelei nachgehen? 2. Ist dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden bewusst, dass das Treiben dieser gewerbsmäßig organisierten Bettelbanden eine zunehmende Belastung für die innerstädtischen Händler darstellt? Wenn ja, welche Gespräche mit welchen Interessensorganisationen hat der Senat dazu geführt und mit welchen Maßnahmen soll dieser Entwicklung Einhalt geboten werden? Den zuständigen Behörden liegen Erkenntnisse über gewerbsmäßig organisierte Bettler im Sinne der Fragestellung nicht vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 20/7723. 3. Wie viele Beschwerden sowohl von Bürgern als auch Händlern über gewerbsmäßig organisierte Bettelbanden in der Hamburger Innenstadt sind zwischen 2015 bis heute sowohl beim Beschwerdemanagement der Polizei Hamburg, dem zuständigen Bezirksamt Hamburg-Mitte als auch beim City Management Hamburg eingegangen? Der Polizei liegen vier Beschwerden vor. Die Polizei unterscheidet jedoch bei der Bearbeitung von Beschwerdevorgängen nicht zwischen gewerbsmäßig und nicht gewerbsmäßig organisiertem Betteln. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele Platzverweise wegen gewerbsmäßig organisierten Bettelns wurden in den Jahren 2014 bis 2016 jeweils in der Hamburger Innenstadt erteilt? Bitte pro Jahr darstellen. Die Polizei unterscheidet bei der Erfassung von Platzverweisen nicht zwischen gewerbsmäßig und nicht gewerbsmäßig organisiertem Betteln. Somit sind in der nachfolgenden Tabelle sämtliche Platzverweise aufgeführt, die wegen Bettels ausgesprochen wurden. Jahr Platzverweise 2014 94 2015 177 2016 (Stichtag: 3. April) 11 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen wie viele Tatverdächtige wurden aus Anlass von gewerbsmäßig organisiertem Betteln in der Hamburger Innenstadt in den Jahren 2014 bis 2016 jeweils eingeleitet? Bitte pro Jahr darstellen. 6. Wie viele Einnahmen wurden bei gewerbsmäßig organisierten Bettlern in der Hamburger Innenstadt in den Jahren 2014 bis 2016 jeweils jährlich beschlagnahmt? In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden die Fälle, für die gemäß Richtlinien der PKS eine Erfassungspflicht vorliegt, nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen bei Abgabe des Vorganges an die Strafverfolgungsbehörde oder das Gericht erfasst. Das in Frage 5. aufgeführte „gewerbsmäßige organisierte Betteln” ist keine gesonderte Katalogtat in der PKS. Es wird nach jeweiliger Sachlage gegebenenfalls unter „Sonstige weitere Betrugsarten” (PKS-Straftatenschlüssel 518900) erfasst. Unter diesem Straftatenschlüssel werden in der PKS alle Betrugstatbestände erfasst, für die keine gesonderten PKS-Straftatenschlüssel vorliegen. Zur Beantwortung der Frage wäre eine Auswertung sämtlicher Ermittlungs- und Handakten bei der Polizei erforderlich . Die Durchsicht von mehreren Hunderttausend Vorgängen des erfragten Zeitraumes ist in der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/3908 3 7. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden über die Hintermänner der „Bettelbanden“ vor? In wie vielen Fällen konnten die Hintermänner ausfindig gemacht werden? Der Behörde für Inneres und Sport liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Im Jahre 2006 wurde auf Basis des Hamburgischen Wegegesetzes gegen die gewerbsmäßig organisierte Bettelei von Bulgaren in der Innenstadt durch das zuständige Bezirksamt konsequent vorgegangen; im Jahre 2007 wurden auf derselben Basis gewerbsmäßig organisierte Bettlerbanden vertrieben, die unter anderem Hunde für ihre Mitleidsmasche missbrauchten. Was haben die zuständigen Stellen seitdem jeweils auf Basis welcher Rechtsgrundlage unternommen, um gewerbsmäßig organisiertes Betteln in der Hamburger Innenstadt zu unterbinden? 9. Inwiefern bestehen bei den zuständigen Stellen Planungen, künftig verstärkt gegen die gewerbsmäßig organisierte Bettelei durch kriminelle Banden vorzugehen? Der Polizei liegen zurzeit keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung, Antwort zu 4. und Drs. 20/11507. 10. Wie viele Mitarbeiter des Ordnungswidrigkeitenmanagements sind für die Einhaltung von wegerechtlichen Vorschriften zuständig? Bitte sowohl Voll- und Teilzeitkräfte als auch Honorarkräfte angeben und die Mitarbeiteranzahl von 2014 bis heute monatlich darstellen. In der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2015 waren sechs Mitarbeiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte im Ordnungswidrigkeitenmanagement für die Einhaltung wegerechtlicher Vorschriften zuständig. Seit dem 1. August 2015 sind es fünf Mitarbeiter . 11. Wie viele bürgernahe Beamte sind mit wie vielen Präsenzstunden wöchentlich zu welchen Zeiten in welchen Hamburger Haupteinkaufsstraßen , also der Mönckebergstraße, Spitaler Straße, Neuer Wall, Jungfernstieg und Gänsemarkt im Einsatz? Die benannten Straßenzüge werden durch drei Beamte des Besonderen Fußstreifendienstes (BFS) in zugewiesenen Betreuungsgebieten zu nicht festgelegten wechselnden Zeiten betreut. Die Präsenzstunden der BFS werden monatlich für das gesamte jeweilige Betreuungsgebiet erhoben. Eine wöchentliche Auswertung für einzelne Straßenzüge erfolgt nicht. Betreuungsgebiet des zuständigen BFS Mönckebergstraße(nördliche Seite)/Spitalerstraße: Jan 15 Feb 15 Mrz 15 Apr 15 Mai 15 Jun 15 Jul 15 Aug 15 Sep 15 Okt 15 Nov 15 Dez 15 Jan 16 Feb 16 Mrz 16 Summe 91 60 73 86 78 53 60 78 62 71 113 35 99 70 95 1124 Std. Betreuungsgebiet des zuständigen BFS Mönckebergstraße (südliche Seite): Jan 15 Feb 15 Mrz 15 Apr 15 Mai 15 Jun 15 Jul 15 Aug 15 Sep 15 Okt 15 Nov 15 Dez 15 Jan 16 Feb 16 Mrz 16 Summe 107 112 97 91,5 82 38 125 103,5 99,5 54 119,5 62,5 104,5 89 80 1365 Std. Betreuungsgebiet des zuständigen BFS Neuer Wall, Jungfernstieg, Gänsemarkt: Jan 15 Feb 15 Mrz 15 Apr 15 Mai 15 Jun 15 Jul 15 Aug 15 Sep 15 Okt 15 Nov 15 Dez 15 Jan 16 Feb 16 Mrz 16 Summe 80 105 94 85 95 88,5 91 67 40 47 99 103 111 87 70 1262,5 Std. 12. Inwiefern bestehen bei den zuständigen Stellen Planungen, die Präsenzstunden von bürgernahen Beamten zu erhöhen, um künftig verstärkt gegen die gewerbsmäßig organisierte Bettelei durch kriminelle Banden vorzugehen? Die Polizei reagiert im Rahmen ihrer Zuständigkeit anlassbezogen und abhängig von aktuellen Lageerkenntnissen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. und 2. Drucksache 21/3908 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 13. Wie viele Überwachungskräfte des Parkraum-Managements sind wo in der Hamburger Innenstadt derzeit im Einsatz und werden die Überwachungskräfte des Parkraum-Managements mit entsprechenden Deeskalationsschulungen qualifiziert, um ihrer Tätigkeit nachzugehen? Wenn ja, hat der Senat in Betracht gezogen, das Aufgabenfeld der Überwachungskräfte des Parkraum-Managements dahin gehend auszuweiten , dass diese zusätzlich eine Kontroll- und Überwachungsfunktion gegenüber organisierten Bettelbanden übertragen bekommen? a. Planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Stellen die Anzahl der Überwachungskräfte auszuweiten? Wenn ja, wie sieht die weitere Planung für den Ausbau des Parkraum -Managements derzeit aus? Bitte sowohl die geplante räumliche Ausweitung als auch den Ausbau der Personalkapazitäten benennen. b. Welche konkreten Aufgaben mit jeweils welchem zeitlichen Aufwand haben die Überwachungskräfte des Parkraum-Managements? Im April 2016 wurde das Überwachungsgebiet in den Stadtteilen Hohenfelde, Eilbek, Wandsbek, Marienthal, Billstedt, Bergedorf und Harburg ausgedehnt und das Personal auf 70 operativ tätige Kräfte erhöht. Noch in diesem Jahr soll die Personalkapazität auf 90 operative Kräfte ausgebaut und die Überwachung auf die Stadtteile Uhlenhorst , Barmbek und den östlichen Teil Winterhudes ausgedehnt werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/2853. Mit der Frage einer Aufgabenausweitung hat sich der Senat nicht befasst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antworten 1. und zu 2. sowie zu 12. Die Überwachungskräfte des Parkraum-Managements sind mit durchschnittlich rund 85 Prozent ihrer Arbeitszeit für Aufgaben im Zusammenhang mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG) im Bereich des ruhenden Verkehrs tätig. Die verbleibende Zeit wird aufgewandt für weitere Tätigkeiten im Kontext der Parkraumbewirtschaftung (Inventarisierung von Parkplätzen und der Infrastruktur wie Schildern et cetera) sowie Qualifizierungsmaßnahmen innerhalb des Landesbetriebs Verkehr. An der Akademie der Polizei sind ein Kommunikationssowie ein Eigensicherungstraining fester Bestandteil des Vorbereitungslehrgangs für die Kräfte des Parkraum-Managements. Diese Trainings sind auf die Erfordernisse der Aufgabe abgestellt.