BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/400 21. Wahlperiode 12.05.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding und Michael Kruse (FDP) vom 04.05.15 und Antwort des Senats Betr.: Kaufpreis Stromnetz – Schlecht verhandelt? Die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) und Vattenfall GmbH (Vattenfall) haben am 30. April 2015 das Bewertungsverfahren abgeschlossen. Die Verhandlungspartner einigten sich darauf, erst im Nachhinein den Preis in seiner Höhe festzulegen. Demnach zahlt die Freie und Hansestadt Hamburg für die Stromnetz GmbH den endgültigen Kaufpreis in Höhe von 495 Millionen Euro. Zudem wurde für die erworbene Verkehrsanlagen GmbH ein Preis von 11,3 Millionen Euro vereinbart . 51,3 Millionen Euro nebst Zinsen soll von Vattenfall an die HGV zurückerstattet werden. Zwei weitere für den Netzbetrieb notwendige Gesellschaften von Vattenfall kosten die Freie und Hansestadt Hamburg 101,4 Millionen Euro und 17,1 Millionen Euro. Insgesamt zahlt die Freie und Hansestadt Hamburg 625,4 Millionen Euro. Zuvor war mit einem Kaufpreis von 655 Millionen Euro gerechnet worden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) wie folgt: 1. Woraus ergibt sich der jetzige endgültige Kaufpreis in Höhe von 495 Millionen Euro für die Stromnetz Hamburg GmbH? Welche Beträge wurden dazu ermittelt (bitte dazu die genauen Zahlen, insbesondere anhand der Wertgutachten angeben)? 2. Was ist die Konsequenz, wenn der nun ermittelte endgültige Wert des Kaufpreises noch unter dem vereinbarten Wert des Preises für das Stromnetz liegt? Darf der Kaufpreis dann so zustande kommen? Wie begründet der Senat mögliche Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung ? 3. Zu welchem Ergebnis kommen die Gutachter dazu im Rahmen des Bewertungsverfahrens (bitte genaue Darstellung der Preisentwicklungen nach den Gesellschaften, insbesondere die zum Betrieb des Netzes notwendig sind und von Vattenfall zur HGV wechseln)? 4. Welche Bewertungsverfahren sind bei der Ermittlung des Kaufpreises jeweils von welchem der bewertenden Unternehmen angewendet worden ? Zur Festlegung des endgültigen Kaufpreises sieht der Kaufvertrag die Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts nach dem Bewertungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW Seite 1) durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor. Der Unternehmenswert ergibt sich danach im Wesentlichen aus den künf- Drucksache 21/400 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 tig zu erwartenden versteuerten Jahresüberschüssen des Unternehmens auf einer „stand alone“-Basis. Die von der Vattenfall GmbH und der HGV gemeinsam als unabhängiger Gutachter beauftragte PWC PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC) hat zum Bewertungsstichtag 1. Januar 2014 für die Stromnetz Hamburg GmbH (SNH) und Hamburg Verkehrsanlagen GmbH (ehemals Vattenfall Europe Verkehrsanlagen GmbH (HHVA)) sowie zum Bewertungsstichtag 1. Januar 2016 für Netzservice (Hamburger Aktivitäten der Vattenfall Europe Netzservice GmbH (VEN)) und Metering (Hamburger Aktivitäten der Vattenfall Europe Metering GmbH (VEM)) folgende Unternehmenswerte (Millionen Euro) ermittelt: SNH Netzservice Metering HHVA Unternehmenswert 100 % 465,7 101,4 17,7 11,3 Mindestkaufpreis 74,9 % 356,95 Vorläufig gezahlter Kaufpreis 74,9% 411,95 7,6 Die „stand alone“-Situation besteht für die SNH allerdings weder vor noch nach dem Verkauf, weil die Gesellschaft aus dem Vattenfall- in den HGV-Konzernverbund übergeht . Der individuelle Unternehmenswert aus Verkäufer- beziehungsweise Erwerbersicht ergibt sich dabei jeweils aus der tatsächlichen steuerlichen Situation im Konzernverbund . Geringere steuerliche Belastungen der Jahresergebnisse im Konzernverbund führen regelmäßig zu höheren Unternehmenswerten als in der standardisierten „stand alone“-Betrachtung. Für die HGV hat PWC ergänzend eine Bewertung durchgeführt, die die tatsächlich bestehende steuerliche Organschaft zwischen HGV, Hamburg Energienetze GmbH (HEG) und SNH sowie die tatsächliche steuerliche Situation der HGV in den kommenden Jahren abbildet. PWC kommt auf dieser Grundlage zu einem Unternehmenswert aus Erwerbersicht von 596 Millionen Euro, der damit um 46 Millionen Euro über dem Wert des Jahres 2011 und um 101 Millionen Euro über dem Mindestkaufpreis liegt. Aus Sicht des Senats handelt es sich insofern bei dem Kaufpreis von 495 Millionen Euro um ein gutes Ergebnis, das ohne die bereits vorhandene Vertragslage kaum erreichbar gewesen wäre. 5. War die ursprüngliche Unternehmensbewertung aus dem Jahr 2011 zu hoch gewesen? Wenn ja, bitte genau begründen und woraus ergibt sich dies? Wenn nein, warum nicht? Was waren die Grundlagen für die damalige Kaufpreisbewertung? Was sind die genauen Unterschiede im Vergleich zum jetzigen und zum damaligen Kaufpreis? 6. Gibt es eklatante Abweichungen zu den ursprünglichen Angaben der Kaufpreisvereinbarung in den Gutachten der Wirtschaftsprüfer im Bewertungsverfahren ? Wenn ja, welche (bitte genau auflisten anhand der Gutachten)? Wenn nein, warum nicht? Nein. Im Jahr 2011 wurde für die damalige Vattenfall Europe Distribution Hamburg GmbH (jetzt SNH) im Zusammenhang mit dem 25,1-Prozent-Anteilserwerb durch die HGV anlassbezogen eine steuerliche Typisierung bei der Bewertung vorgenommen, in der der steuerlichen Organschaft dieser Gesellschaft mit der Vattenfall Europe AG teilweise Rechnung getragen wurde. Weitere in der Summe geringere Effekte haben sich aus aktualisierten Daten bei im Übrigen unveränderten Bewertungsansätzen ergeben . 7. Wie hoch sind die Kosten für die Wertgutachten für die von der HGV und der Vattenfall GmbH benannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften? Wer trägt diese Kosten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/400 3 Die Kosten werden je zur Hälfte von der HGV beziehungsweise der Hamburg Energienetze GmbH als von der HGV benannte Käuferin und der Vattenfall GmbH getragen . Die Kosten des Zusatzgutachtens zum Unternehmenswert unter Berücksichtigung der steuerlichen Situation der HEG/HGV trägt die HGV allein. Die Gutachten sind noch nicht endabgerechnet. Bisher sind Gesamtkosten in Höhe von rund 803.000 Euro für den HGV- beziehungsweise HEG-Anteil entstanden. 8. Welche weitergehenden Informationen ergeben sich aus den Gutachten des Bewertungsverfahrens zum Kaufpreis für das Hamburger Stromnetz ? Welche weiteren Kosten könnten die Freie und Hansestadt Hamburg zusätzlich belasten? Die Kaufpreise sind abschließend verhandelt und vereinbart. Nach den entsprechenden Regelungen des Kaufvertrages kann sich noch ein Ausgleichsanspruch von Vattenfall für Steuereffekte aus dem Übergang der Netzservicegesellschaften (VEN und VEM) ergeben. Dies ist abhängig von der Ausgestaltung der Mitte 2015 vorgesehenen Abspaltung der Hamburger Aktivitäten von VEN und VEM sowie der anschließenden Bewertung dieses Vorgangs durch die Steuerverwaltung.