BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4089 21. Wahlperiode 22.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 15.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein Das im Dezember 2010 geschlossene Abkommen zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein zum grenzüberschreitenden Schulbesuch erlaubt den Schulbesuch im jeweils anderen Bundesland „nur in Fällen besonderer persönlicher Härte“. Seit einem Jahr laufen zwischen den Regierungen die Verhandlungen über ein neues Gastschulabkommen , in dem auch eine freizügigere Schulwahl erwogen wird. Solange gilt die alte Vereinbarung fort, nach der Schleswig-Holstein jährlich durchschnittlich 13 Millionen Euro als Ausgleich für die Beschulung von offiziell 3.500 Schülern an Hamburg zahlt; jeder Schüler einer weiterführenden Schule kostet rund 5.000 Euro im Jahr. Laut einem Bericht der „Bergedorfer Zeitung“ vom 14. April 2016 dürfte allerdings fast jeder dritte Schüler an Bergedorfs Gymnasien dort gar nicht unterrichtet werden, da er aus einer der Schleswig-Holsteiner Nachbargemeinden wie beispielsweise Reinbek oder Wentorf kommt und keinen anerkannten Härtefall darstellt. Senator Rabe geht davon aus, dass die Dunkelziffer der Schleswig-Holsteiner Schüler um ein Vielfaches höher ist als die offiziellen 3.500; die hohe Dunkelziffer ist auf Schummeleien der Eltern bei der Meldeadresse ihrer Kinder zurückzuführen, die sich mit einer Scheinadresse in Hamburg einen Schulplatz für ihre Kinder sichern. Senator Rabe betont, dass alle Schulleitungen angewiesen sind, die Korrektheit der Meldeadresse jedes Schülers regelmäßig zu prüfen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zur Vorstellung der Viereinhalbjährigen und zur Anmeldung für die erste Klasse werden die Sorgeberechtigten angeschrieben, deren Kinder ausweislich der Einwohnermeldedaten einen ersten Wohnsitz in der Freien und Hansestadt Hamburg begründet haben. Bei der Anmeldung zur fünften Klasse füllen die Sorgeberechtigten ein Formular aus, auf dem sie auch ihren Wohnsitz verzeichnen müssen. Immer wieder behaupten Beteiligte, beispielsweise Eltern, dass manche Meldeadressen nicht dem tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalt der Familien entsprechen und es sich um sogenannte Scheinwohnsitze handelt. Es ist nicht möglich, diese Anzahl seriös zu schätzen. Schülerinnen und Schüler, die aus Hamburg fortziehen, dürfen ihren Bildungsgang in Hamburg beenden, weil ein Wechsel auf eine andere Schule im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten kann. Schulen, die Zweifel an der Richtigkeit einer Meldeadresse haben, lassen sich durch die Rechtsabteilung der zuständigen Behörde beraten. Im Einzelfall wird deshalb nicht die Hamburger Meldeadresse der Begründung eines Schulverhältnisses nach § 28 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) zugrunde gelegt, sondern der tatsächliche Wohnsitz des Schülers in Schleswig-Holstein und eine Aufnahme abgelehnt oder ein bereits erteilter Aufnahmebescheid widerrufen. Eine gene- Drucksache 21/4089 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 relle Aufforderung der zuständigen Behörde an die Schulen, die Angaben der Sorgeberechtigten grundsätzlich zu hinterfragen, gibt es nicht. Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, die Verhältnisse für die Familien in der Metropolregion zu verbessern und den grenzüberschreitenden Schulbesuch zu erleichtern, Deshalb wurden Verhandlungen mit dem Land Schleswig-Holstein aufgenommen. Der Entwurf eines Abkommens bedarf in beiden Ländern vor Zuleitung an die Parlamente einer Beschlussfassung der Regierungen. Zu den Details des gegenwärtigen Verhandlungsstandes haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Schüler aus Schleswig-Holstein werden seit dem Schuljahr 2010/2011 jährlich offiziell an Hamburgs Schulen unterrichtet? Bitte pro Schuljahr darstellen. Für die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein an Hamburger staatlichen und nicht staatlichen, allgemeinbildenden und beruflichen Schulen siehe folgende Tabelle: 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 5.574 5.299 5.223 5.024 4.860 4.852 Quelle: BSB Schuljahreserhebungen 2010 bis 2015 2. Wie hoch war der jährlich von Schleswig-Holstein an die Freie und Hansestadt Hamburg gezahlte Ausgleich für die „Gastschüler“? Für die Ausgleichszahlungen des Landes Schleswig-Holstein nach dem Gastschulabkommen vom 8. Dezember 2010 nach Jahren siehe folgende Tabelle: 2011 2012 2013 2014 2015 2016 12.400.000 € 12.600.000 € 12.800.000 € 13.000.000 € 13.200.000 € 3.300.000 €* * Zahlungseingang bis zum 18.04.2016 3. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde über die Dunkelziffer der aus Schleswig-Holstein kommenden Schüler vor? Siehe Vorbemerkung. 4. Von welchen jährlichen tatsächlichen Kosten geht die zuständige Behörde seit dem Schuljahr 2010/2011 aus und wer trägt das Defizit? Bitte pro (Schul-)Jahr darstellen. Für Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein an Hamburger Schulen sind nachfolgende, mit den Kosten für Hamburger Schülerinnen und Schüler an Schulen in Schleswig-Holstein saldierte, geschätzte Aufwendungen entstanden: 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 26.700.000 € 25.300.000 € 25.700.000 € 25.100.000 € 23.800.000 € 24.700.000 € Quelle: Berechnungen BSB Diese Aufwendungen sind im Rahmen des Haushalts der zuständigen Behörde gedeckt. 5. Wie viele Schüler aus Hamburg werden seit dem Schuljahr 2011/2011 jährlich an Schleswig-Holsteins Schulen unterrichtet? Bitte pro Schuljahr darstellen. Für die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Hamburg an Schleswig- Holsteinischen staatlichen und nicht staatlichen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen siehe folgende Tabelle: 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 1.083 1.078 1.016 999 1.036 997 Quelle: Statistikamt Nord Schuljahreserhebungen 2010 bis 2015 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4089 3 6. Welche Anweisungen gibt es seitens der zuständigen Behörde an Hamburgs Schulleitungen zur regelmäßigen Überprüfung der Meldeadresse jedes Schülers und wie wird die Einhaltung überprüft? 7. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde darüber vor, inwieweit die Schulleitungen der Pflicht zur Überprüfung auch regelmäßig nachkommen? Siehe Vorbemerkung. 8. Wie häufig wurde seit dem Schuljahr 2010/2011 jeweils festgestellt, dass die Meldeadresse eines Schülers nicht korrekt war und welche Maßnahmen wurden daraufhin jeweils von wem ergriffen? Bitte pro Schuljahr darstellen. Diese Fälle werden von der zuständigen Behörde statistisch nicht erfasst. Grundlegend für das Recht und die Pflicht, in Hamburg zur Schule zu gehen, ist nicht, in Hamburg gemeldet zu sein, sondern das tatsächliche Wohnen in der Freien und Hansestadt Hamburg (§ 37 Absatz 1 HmbSG). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Wie ist der aktuelle Sachstand zu den Verhandlungen mit Schleswig- Holstein im Hinblick auf den Abschluss eines neuen Gastschulabkommens ? Wann werden die Verhandlungen voraussichtlich abgeschlossen sein? Siehe Vorbemerkung.