BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4137 21. Wahlperiode 26.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 20.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Gefahren von Windkraftanlagen wegen zu geringer Abstandsflächen Windkraftanlagen (WKA) sind einer von mehreren Bausteinen der Energiewende in Deutschland. Wie auch bei anderer Energiegewinnung müssen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Insbesondere in Hamburg verdienen die Belange der in unmittelbarer Nähe wohnenden Anwohner hohe Aufmerksamkeit, weil der SPD-geführte Senat die Abstände der WKA zu Wohn- und Arbeitsstätten trotz ausdrücklicher Kritik der CDU und der Bürger im Bundesland Hamburg deutlich geringer als in anderen Bundesländern ausweist. Als fadenscheinige Begründung wird die geringe Fläche und höhere Verdichtung in der Stadt Hamburg vorgeschoben, obgleich in den von WKA betroffenen Gebieten der Vier- und Marschlande eine vergleichbare Bevölkerungsdichte vorherrscht wie in den betroffenen Landgebieten anderer Flächenländer, zum Beispiel in den Elbmarschen Niedersachsens mit den Samtgemeinden Marschacht und Drage, wo gleichfalls nur knapp 8.000 Einwohner beheimatet sind. Im Unterschied zu Hamburg (maximal 500 m) gelten in Niedersachsen für WKA bei Wohnhäusern 1.000 m Abstand. Angesichts von mehrfachen Bränden von WKA und anlässlich der jüngsten Presseberichterstattung zum Brand einer WKA im Landkreis Stade ergeben sich weitere kritische Fragen zu den in Hamburg verringerten Abständen, insbesondere eingedenk größerer Abstände in anderen Bundesländern . Ein Feuerwehrsprecher räumte ein, dass die Einsatzkräfte gegen solche Brände aufgrund der Höhe der WKA machtlos seien. Gleichlautend stellte der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) in seiner Fachempfehlung Nummer 1 (überarbeitet am 16.5.2012) klar, dass das Löschen von Windkraftanlagen wegen ihrer großen Höhe (Probleme: Leitern und Wasserdruck) unmöglich ist. Es wird das kontrollierte Abbrennen lassen empfohlen. Dabei ist um das Brandobjekt (WKA) mindestens ein Sicherheitsabstand von 500 m einzuhalten. Bei markantem Wind ist in Windrichtung das Doppelte (= 1.000 m) einzuplanen. Vor diesem Hintergrund stellte sich in Neuengamme eine solche Situation als höchst bedenklich dar. Dort will der Senat die Höhe der Anlagen auf 150 m verdoppeln und gleichzeitig den Abstand zu den Gebäuden (Lange Grove) bis auf zum Teil unter 500 m verringern. Im Brandfall einer WKA-Turbine durch zum Beispiel Blitzschlag wären alle Häuser dort immens gefährdet. Besonders kritisch ist die Situation für reetgedeckte Häuser und Gebäude, wie zum Beispiel das Denkmalschutzensemble Vierländer Hof Behnken von 1861 am Neuengammer Hauptdeich. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/4137 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Reichen die vom Senat vorgegebenen, sehr geringen Abstände zu Wohnhäusern zum Schutz der Bewohner und ihrer Sachwerte aus, um im Falle eines WKA-Brandes den Übergriff des Feuers auf die umliegenden Wohnhäuser zu verhindern? Bitte ausführen. Die Fachempfehlung des Deutschen Feuerwehrverbandes sieht einen Sicherheitsabstand von mindestens 500 m um eine Windkraftanlage vor. Dieser Abstand wird zu Wohnhäusern in Neuengamme deutlich eingehalten. Sollte die Einsatzleitung eine Gefährdungslage für benachbarte Objekte erkennen, wird die Feuerwehr diese vor Funkenflug schützen. Dieses Vorgehen entspricht dem Vorgehen bei einem Feuer eines benachbarten Gebäudes und stellt insofern keine Besonderheit dar. 2. Wird bei der Festsetzung von Abständen zwischen WKA und Bebauung die leichte Entflammbarkeit von für die Vier- und Marschlande traditionellen Weichdächern mit Reet berücksichtigt? Wenn ja, inwiefern und mithilfe welcher Berechnung? Wenn nein, wieso nicht? Für Windkraftanlagen ist grundsätzlich von einer Abstandsflächenpflicht auszugehen, da von ihnen eine gebäudegleiche Wirkung ausgeht. Das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenmaß beträgt allgemein 0,4 H (H = Gesamthöhe) und unterscheidet generell nicht nach Art der Dächer des Bestandsgebäudes. Die allgemeinen bauordnungsrechtlichen Anforderungen werden aber durch den unter Antwort zu 1. genannten Mindestabstand deutlich übertroffen. Dies umfasst auch reetgedeckte Nichtwohngebäude in diesem Gebiet. 3. Welche Vorsorge hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde getroffen, damit die Feuerwehr in der Lage ist, das Übergreifen eines Feuers einer Windkraftanlage auf die umliegende Bebauung zu verhindern ? 4. Wie schätzt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Gefährdung für die Bevölkerung und für die umliegende Bebauung durch einen Brand von Windkraftanlagen ein? Siehe Antworten zu 1. und 2. 5. Ist im Rahmen des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt worden, dass die Gründungsmaßnahmen (Tiefgründung) der WKA mit Betonpfählen im Bereich von circa 20 m und mehr die Grundwasserleiter beziehungsweise -fassungen des Wasserwerks Curslack durchstoßen könnten? Wenn ja, bitte ausführen. Wenn nein, wieso nicht? Ja. Zum Schutz des Grundwassers im direkten Umfeld des Wasserwerkes Curslack wurde nur eine Flachgründung genehmigt. Bei den in etwa 3 km von den Brunnen des Wasserwerks entfernt befindlichen Windkraftanlagen in Neuengamme-West sind sogenannte Vollverdrängungspfähle zur Gründung eingesetzt worden, die bei fachund sachgerechter Ausführung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser haben. In Neuengamme-Ost werden die Windkraftanlagen flach gegründet.