BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4155 21. Wahlperiode 29.04.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 21.04.16 und Antwort des Senats Betr.: Rückzahlung von Darlehen der Jobcenter: Sogar Kindern wird in die Tasche gegriffen? Nach § 42a SGB II können auch Minderjährige als Darlehensnehmer/-innen bei einem Darlehen durch die Jobcenter in Betracht gezogen werden. Dem Individualanspruch einer jeden Bezieher-/-innengemeinschaft nach ist ein solches Darlehen auch Kindern zu gewähren, wenn es sich um ausschließlich dem Kind zuzuordnende Bedarfe handelt. Minderjährige sollen im Rahmen ihrer Rückzahlungsverpflichtung allenfalls nachrangig und regelmäßig nur für Ihre Anteile in Anspruch genommen werden. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 1629a „Beschränkung der Minderjährigenhaftung “ beschränkt sich die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht mit Wirkung für das Kind begründet haben, auf den „Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes“. Demnach kann das Jobcenter auch bei Minderjährigen die vollständige Rückzahlung der Darlehen fordern. Erfolgt durch das Jobcenter ein sogenannter Rückforderungsbescheid gegen Minderjährige, so kann es passieren , dass der Minderjährige mit Schulden in die Volljährigkeit geht. Hier ist eine Einrede nach §1629a BGB möglich und beschränkt somit die Haftung des Minderjährigen auf das Vermögen, dass er mit Eintritt in die Volljährigkeit hat. Diese Einrede ist jedoch wenig bekannt, obwohl die Jobcenter gemäß §14 SGB I verpflichtet sind, entsprechend zu beraten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Wie viele Minderjährige waren als Darlehensnehmer/-innen nach § 42a SGB II bei Jobcenter team.arbeit.hamburg registriert? Bitte auflisten nach Standorten, Höhe und Art des Darlehens seit 2011 bis heute. Durch den Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit werden keine Daten zur Registrierung im Sinne des § 42a SGB II erhoben. 2. Wie viele Minderjährige waren als Darlehensnehmer/-innen nach § 24 Absatz (4),(5) SGB II bei Jobcenter team.arbeit.hamburg registriert? Bitte auflisten nach Standorten, Höhe und Art des Darlehens seit 2011 bis heute. Drucksache 21/4155 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit wertet die „Anzahl der Personen im Alter bis unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften (BG) mit Darlehensgewährung nach § 24 Absatz 4 und 5 SGB II“ für Hamburg gesamt aus (siehe Anlage). Im Übrigen siehe Drs. 21/768. 3. Wie viele Minderjährige erhielten nach § 42a (1) eine Rückzahlungsverpflichtung durch Jobcenter team.arbeit.hamburg in 2015 bis heute? 4. Wie viele Minderjährige erhielten nach § 42a (3) eine Rückzahlungsverpflichtung durch Jobcenter team.arbeit.hamburg in 2015 bis heute? 5. Besteht durch Jobcenter team.arbeit.hamburg und/oder deren angegliederte Inkassounternehmen oder das Hauptzollamt die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung bei Minderjährigen als Darlehensnehmer/-innen? Wenn ja, wie bewertet der Senat eine Zwangsvollstreckung bei Minderjährigen ? Jobcenter verweist auf die Fachlichen Weisungen SGB II der Bundesagentur für Arbeit zu § 42a SGB II – Darlehen (Stand 21.03.2016). Danach sollen Minderjährige im Rahmen der Rückzahlungsverpflichtung in der Regel von der Gesamtschuldnerschaft ausgenommen sein (siehe Rz. 42a.8a). Sofern eine solche dennoch begründet wurde, solle das Ermessen bei der Auswahl der Schuldner dahin gehend ausgeübt werden, dass der Minderjährige allenfalls nachrangig und regelmäßig nur für seinen Anteil in Anspruch genommen wird (siehe https://www.arbeitsagentur.de/web/ wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdi4/~edisp/l6019022dstbai39544 7.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI395450). Grundsätzlich besteht nur im Rahmen der geltenden rechtlichen Regelungen die Möglichkeit der Vollstreckung von Forderungen auch gegen Minderjährige. Notwendig ist ein bestandskräftiger Bescheid (Verwaltungsakt) gegen die Minderjährige/den Minderjährigen , der auch im Zuge der Zwangsvollstreckung durch den gesetzlichen Vertreter (§ 51 ZPO) vertreten wird. Die Zwangsvollstreckung gegen Minderjährige erfolgt nicht durch maschinelle Abgabe an die Hauptzollämter, sondern allenfalls aufgrund einer Prüfung und Entscheidung im Einzelfall. Im Übrigen erfolgt durch den Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit keine Erhebung und Auswertung zu Rückzahlungsverpflichtungen im Sinne des § 42a SGB II. 6. Wird nach 42a (4) auch bei Minderjährigen die Sofortfälligkeit eines Darlehens durch Jobcenter team.arbeit.hamburg eingefordert? Wenn ja, wie bewertet der Senat die Umsetzung? Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig und wird per Zahlungsaufforderung von dem gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Kindes eingefordert. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Im Übrigen siehe Drs. 21/768. 7. Wie stellt der Senat sicher, dass im Rahmen der Beratungspflicht nach § 14 SGB I Darlehensnehmer/-innen beraten werden? 8. Wie stellt der Senat sicher, dass die Rückzahlungsmodalitäten und die Verpflichtung im Rahmen der Beratungspflicht nach § 14 SGB I inhaltlich und sprachlich durch die Darlehensnehmer/-innen verstanden werden? Zur Beratungspflicht nach § 14 SGB I siehe Rz. 42a.11 „Tilgungsinformation“ der Fachlichen Weisungen SGB II der Bundesagentur für Arbeit zu § 42a SGB II – Darlehen (Stand 21.03.2016). Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst. 9. In welchen Sprachen wird die Beratungspflicht nach § 14 SGB I aktuell durchgeführt und wie ist die Vorgehensweise? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4155 3 Die Beratung wird in deutscher Sprache durchgeführt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, einen Dolmetscher/eine Dolmetscherin hinzuziehen. Jede Kundin und jeder Kunde wird über seine Rechte und Pflichten nach dem SGB II beraten. 10. In welchen Sprachen gibt es den „Darlehensvertrag“ und die „Abtretungserklärung “ innerhalb Jobcenter team.arbeit.hamburg? Der Darlehensvertrag sowie die Abtretungserklärung werden bei Jobcenter in deutscher Sprache erstellt. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. 11. Werden Kinder auch bei von den Eltern nicht gezahlten Gebühren für die Kindertagesbetreuung haftbar? Wenn ja, in wie vielen Fällen ist das in Hamburg gegenwärtig der Fall? Nein. Im Übrigen: entfällt. Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Jobcenter Hamburg, Freie und Hansestadt Zeitreihe erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter bis unter 18 Jahren nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter bis unter 18 Jahren 1 2 Jan 11 * 17 Feb 11 * 15 Mrz 11 * 27 Apr 11 - 18 Mai 11 - 14 Jun 11 4 17 Jul 11 * 22 Aug 11 * 26 Sep 11 * 26 Okt 11 * 20 Nov 11 * 16 Dez 11 * 18 JD 2011 1 20 Jan 12 * 17 Feb 12 * 19 Mrz 12 * 16 Apr 12 3 14 Mai 12 * 18 Jun 12 * 27 Jul 12 * 23 Aug 12 5 28 Sep 12 4 20 Okt 12 4 20 Nov 12 4 22 Dez 12 5 17 JD 2012 3 20 Jan 13 5 14 Feb 13 * 18 Mrz 13 * 26 Apr 13 4 20 Mai 13 3 14 Jun 13 3 11 Jul 13 5 13 Aug 13 6 31 Sep 13 7 21 Okt 13 5 14 Nov 13 5 13 Dez 13 * 25 JD 2013 4 18 Anzahl der Personen im Alter bis unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften (BG) mit Darlehensgewährung nach § 24 Abs. 4 und 5 SGB II Endgültige Daten zu Leistungen nach dem SGB II nach einer Wartezeit von 3 Monaten. Berichtsmonat Anzahl Personen *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Auftrag 224022 Drucksache 21/4155 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Jobcenter Hamburg, Freie und Hansestadt Zeitreihe erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter bis unter 18 Jahren nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter bis unter 18 Jahren 1 2 Anzahl der Personen im Alter bis unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften (BG) mit Darlehensgewährung nach § 24 Abs. 4 und 5 SGB II Endgültige Daten zu Leistungen nach dem SGB II nach einer Wartezeit von 3 Monaten. Berichtsmonat Anzahl Personen *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Jan 14 3 22 Feb 14 3 17 Mrz 14 * 24 Apr 14 4 14 Mai 14 4 22 Jun 14 * 24 Jul 14 * 20 Aug 14 * 27 Sep 14 * 23 Okt 14 * 26 Nov 14 3 20 Dez 14 3 23 JD 2014 3 22 Jan 15 4 20 Feb 15 5 26 Mrz 15 3 24 Apr 15 * 17 Mai 15 * 25 Jun 15 4 18 Jul 15 4 21 Aug 15 4 22 Sep 15 3 33 Okt 15 3 42 Nov 15 4 25 Dez 15 * 28 JD 2015 3 25 Erstellungsdatum: 25.04.2016, Statistik-Service Nordost, Auftragsnummer 224022 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Auftrag 224022 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4155 5 4155ska_Text 4155ska_Anlage