BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4238 21. Wahlperiode 03.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 27.04.16 und Antwort des Senats Betr.: SGB-II-Empfänger in Erstaufnahmen (II) Anerkannt Schutzberechtigte werden aufgrund nicht ausreichender Plätze in Folgeunterbringungen auch in Erstaufnahmen untergebracht. Sobald der Asylantrag eines Schutzsuchenden anerkannt ist oder spätestens nach 15 Monaten erhalten Flüchtlinge damit auch Anspruch auf Leistungen nach SGB II. Zu den Ausführungen des Senats in Drs. 21/4043 gibt es Unklarheiten. Beispielsweise heißt es „Für SGB-II-Leistungsbezieher, die in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, werden die Kosten der Unterkunft direkt an den Unterkunftsbetreiber angewiesen (…)“. Trotzdem verweist der Senat darauf, dass er über die Anzahl von SGB-II-Leistungsempfängern in Erstaufnahmen keine statistischen Angaben habe. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Personen, die in Einrichtungen der Erstaufnahme untergebracht sind, erhalten Sachleistungen und ein Taschengeld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Kosten für die Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung trägt die Behörde für Inneres und Sport (BIS) unabhängig von der Rechtskreiszugehörigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner. Soweit es sich um Personen handelt, die grundsätzlich die Voraussetzungen für einen Wechsel in eine Folgeunterkunft erfüllen, werden die Kosten von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) erstattet. Sobald der Asylantrag von Personen anerkannt wurde, erhalten diese keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr, sondern haben Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Da eine Unterbringung dieser Personen in einer Folgeunterkunft zum Teil aus Kapazitätsgründen noch nicht möglich ist, wird zur Vermeidung von Obdachlosigkeit die Unterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen fortgeführt. Eine statistische Auswertung, die Auskunft über die Anzahl dieser Personen geben könnte, erfolgt durch den Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit nicht (siehe Drs. 21/4043). Die zuständige Behörde überprüft derzeit auf Grundlage des neu eingeführten Quartiersmanagements die Anzahl der Überresidenten in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das Ergebnis dieser Überprüfung liegt noch nicht vor. Da ein Übergang in den Rechtskreis des SGB II erst nach positiven Abschluss des Asylverfahres in Betracht kommt, handelt es sich bei SGB-II-Empfängerinnen und -Empfängern innerhalb der Gruppe der Überresidenten um eine begrenzte Zahl. Leistungsberechtigte nach dem SGB II erhalten neben der Regelleistung auch Leistungen zur Deckung der Unterkunftskosten (KdU). Die direkte Anweisung der KdU an den Unterkunftsbetreiber erfolgt für Leistungsbezieher/-innen nach dem SGB II allerdings lediglich bei einer Unterbringung in Folgeunterkünften. Die Höhe dieser Kosten Drucksache 21/4238 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 richtet sich nach der Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringung. Insofern war die entsprechende Angabe in der Drs. 21/4043 unzutreffend. Für Leistungsberechtigte nach dem SGB II, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, erfolgt keine Leistung von KdU. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur), wie folgt: 1. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Anzahl von SGB-II-Empfängern und sogenannten Überresidenten in Erstaufnahmen in Hamburg ? Mit Stand vom 1. April 2016 hielten sich 6.972 Personen länger als sechs Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf, davon 5.644 Personen, die einen Anspruch auf eine Folgeunterkunft hätten, 1.328 Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. „Für SGB-II-Leistungsbezieher, die in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, werden die Kosten der Unterkunft direkt an den Unterkunftsbetreiber angewiesen (…)“ heißt es in Frage 4. der Drs. 21/4043. a. Wonach bemisst sich die Summe der Kosten, die an Betreiber von Erstaufnahmen für die Unterbringung von SGB-II-Leistungsbeziehern überwiesen wird, wenn die Anzahl der SGB-II-Bezieher nicht bekannt ist? b. In welcher Höhe wurden Kosten der Unterkunft für SGB-II-Empfänger in Erstaufnahmen an Unterkunftsbetreiber überwiesen? (Bitte aufführen für die Gesamtsumme des Jahres 2015 sowie für das 1. Quartal 2016.) c. In welchen zeitlichen Abständen erhalten die Unterkunftsbetreiber Zahlungen? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 6. b. 3. Wie hoch ist der Betrag, der bei SGB-II-Empfängern in Erstaufnahmen pro Person eingehalten wird und wie setzt sich dieser Betrag im Einzelnen zusammen? Gibt es unterschiedliche Sätze? Wenn ja, inwiefern? 4. Wie eingangs zitiert, werden laut Auskunft des Senats nur die Kosten der Unterbringung vom SGB-II-Satz einbehalten. In Erstaufnahmen werden die Bewohner jedoch mit Catering verpflegt. Ferner heißt es in dem Zusammenhang auf die Frage nach Überlegungen des Senats bezüglich einer Kostenverrechnung der SGB-II-Leistungen mit den Lebensmittelsätzen „für eine Kostenverrechnung gibt es keine rechtliche Grundlage nach dem SGB II“ (vergleiche Frage 7. Drs. 21/4043). a. Wird für die Vollversorgung durch Cateringleistungen ein entsprechender Betrag der SGB-II-Leistung einbehalten? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? Es werden von den Leistungen nach SGB II keine Beträge für die Verpflegung einbehalten . Für eine Anrechnung auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II gibt es derzeit keine gesetzliche Grundlage. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b. Können die Bewohner, die SGB-II-Leistungen beziehen, auf diese Sachleistung verzichten? Wenn ja, welche Auswirkungen hat ein Verzicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4238 3 Ein Verzicht auf die Sachleistungen ist grundsätzlich möglich. Die Organisation der Verpflegung in einer Zentralen Erstaufnahme lässt allerdings keine alternative Form der Verpflegung zu. Im Übrigen hätte dies keine Auswirkungen auf die Höhe der SGB-II-Leistungen. 5. In der Antwort des Senats heißt es im Hinblick auf die Höhe und die Dauer der Ausgabe von Doppelleistungen, dass im Sinne der Fragestellung keine statistische Auswertung möglich sei (vergleiche Fragen 5., 6. Drs. 21/4043). a. Kann der Senat die Ausgabe von Doppelleistungen zu jedem Zeitpunkt ausschließen? b. Handelt es sich bei der Versorgung von SGB-II-Empfängern mit Catering ohne entsprechenden Abschlag vom SGB-II-Satz nicht um eine Doppelleistung in diesem Sinne? Wenn nein, warum nicht? Für die in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebenden Personen, die infolge der bereits erfolgten Anerkennung ihres Asylantrags Ansprüche nach SGB II haben, können Doppelleistungen derzeit theoretisch nicht vollständig ausgeschlossen werden, siehe Antworten zu 4. a. und 4. b. sowie Vorbemerkung. 6. Die Sozialbehörde (BASFI) ist für die Unterbringung von Flüchtlingen in Folgeunterkünften zuständig. Die Innenbehörde (BIS) ist für die Unterbringung von Flüchtlingen in Erstaufnahmen zuständig. In Anlehnung an diese Aufgabenteilung besteht in der Regel eine entsprechende Kostenaufteilung . a. Findet eine Verrechnung der Kosten und Leistungen (inklusive Arbeits- und Verwaltungsaufwand) statt, die der BIS im Zusammenhang mit der Unterbringung von SGB-II-Empfängern und Überresidenten entstehen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Die BIS stellt der BASFI die Kosten für die Überresidenten gemäß eines pauschalen Kostensatzes pro Platz monatlich in Rechnung. b. Wie hoch ist die Summe der Kosten, die die BASFI im Jahr 2015 für die Unterbringung von SGB-II-Leistungsempfängern und Überresidenten in Erstaufnahmen an die BIS erstattet hat? Im Jahr 2015 wurden insgesamt 50.828.242,09 Euro bei der BASFI für die Unterbringung von Überresidenten abgefordert, von Januar bis März 2016 waren es bisher 15.927.202,20 Euro. c. Wie sind die Kosten im Einzelnen zustande gekommen? In die Berechnung des Kostensatzes fallen die von den Überresidenten in Anspruch genommenen Leistungen, wie zum Beispiel Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Hygienepakete , Dolmetscher, Fahrten, Objektsicherung, Kinderbetreuung, Kleiderkammer und Instandhaltung. d. Wird in diesem Zusammenhang eine Pro-Kopf-Pauschale für jeden Überresidenten und SGB-II-Empfänger erstattet? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, welche Bemessungsgrundlage wird für die Verrechnung herangezogen? Die Verrechnung der Überresidenten erfolgt über Pauschalen. Die Höhe der Kostensätze ist der folgenden Übersicht zu entnehmen: Drucksache 21/4238 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Zeitraum Kostensatz pro Person Januar bis April 2015 1.300,00 € Mai bis Dezember 2015 2.026,03 € seit Januar 2016 1.926,60 € 7. Laut Senatsantwort sind „die IT-Verfahren des Bundes (...) noch nicht ausreichend darauf ausgelegt, das Thema Flüchtlinge im notwendigen Umfang abzubilden. Die Auswertung und Erhebung von Statistiken ist daher nur eingeschränkt möglich. Entsprechende Datengrundlage und Auswertungsmöglichkeiten sollen geschaffen werden. Die Umsetzung ist jedoch zeitaufwändig und noch nicht abgeschlossen“ (vergleiche Bemerkung des Senats vor Beantwortung der Fragen in Drs. 21/4043). a. Welche Kenntnisse hat der Senat über den aktuellen Planungs- und Sachstand? b. Wann werden entsprechende Statistiken voraussichtlich abrufbar sein? Dem Senat liegen seit Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/4043 keine neuen Erkenntnisse vor.