BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4294 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 02.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Krawalle und Gewalt am 1.-Mai-Wochenende 2016 Wie in den vergangenen Jahren war Hamburg auch an diesem 1.-Mai- Wochenende Schauplatz von gewalttätigen Demonstrationen und Ausschreitungen . Der NDR berichtet, dass Sonnabend wie Sonntag während der angemeldeten Demonstrationen Flaschen, Böller und Steine auf Polizisten geworfen wurden. Dabei wurden mehrere Polizisten verletzt. Nachdem der Sonnabend verhältnismäßig ruhig verlaufen sein soll eskalierte die Gewalt in der Nacht zum Sonntag. So griffen Linksextremisten die Polizei rund um den U-Bahnhof Sternschanze massiv an, wobei neben Polizisten auch Unbeteiligte verletzt wurden. Die Polizei sprach für beide Tage von „sehr aggressiven Demonstrationen“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Beantwortung der Fragestellungen bezieht sich grundsätzlich auf die Einsätze zu den Demonstrationen und anschließenden Einsatzlagen am 30. April und 1. Mai 2016 rund um das Schanzenviertel. Bei der Polizei ist die Auswertung des Einsatzgeschehens noch nicht abgeschlossen und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Gesamteinsatzlage erstreckte sich bis in den Morgen des 2. Mai 2016. Die nachstehenden Daten geben den Sachstand vom 3. Mai 2016 wieder. Dieses vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Polizeibeamte waren insgesamt am 1.-Mai-Wochenende in Hamburg aus Anlass der erwarteten Krawalle zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Einsatz? Die Polizei setzte bei den oben genannten Einsatzanlässen insgesamt 3.297 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte (PVB) ein, dabei waren am 30. April insgesamt 1.650 PVB und am 1. Mai 1.647 PVB im Einsatz. Darüber hinaus hat die Polizei bei angemeldeten Aufzügen anlässlich des 1. Mai in Barmbek, Bergedorf und Harburg insgesamt 226 PVB aus Hamburg eingesetzt. 2. Wie viele Polizeibeamte davon waren aus anderen Bundesländern beziehungsweise von der Bundespolizei zur Unterstützung anwesend? Bitte aufschlüsseln, aus welchem Bundesland. An beiden Tagen waren insgesamt 600 auswärtige PVB im Einsatz; im Übrigen siehe folgende Tabelle: Drucksache 21/4294 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Herkunft Anzahl Kräfte am 30.04.2016 Anzahl Kräfte am 01.05.2016 Bundespolizei 115 132 Schleswig-Holstein 171 171 Bremen 6 5 3. Wie viele Polizisten sind im Verlaufe des Wochenendes verletzt worden? Bitte Schwere der Verletzungen angeben. Im Rahmen der Einsätze am 30. April 2016 wurde ein PVB verletzt. Im Rahmen der Einsätze am 1. Mai 2016 wurden insgesamt 24 PVB verletzt, davon drei PVB beim Einsatz anlässlich des Aufzuges in Barmbek; im Übrigen siehe folgende Tabelle und Vorbemerkung: Art der Verletzung Anzahl insgesamt davon nicht dienstfähig davon dem Krankenhaus zugeführt leicht 18 - - schwerer 7 7 3 Die dem Krankenhaus zugeführten PVB wurden alle nach ambulanter Behandlung entlassen. 4. Kam es zum Einsatz der Reiterstaffel? Ja, an beiden Tagen. 5. Wo ist es neben dem Stadtteil Sternschanze noch zu Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gekommen? Störungen im Sinne der Fragestellung hat die Polizei festgestellt: am 30. April 2016 im Stadtteil St. Pauli am 1. Mai 2016 in den Stadtteilen Altona-Altstadt, Altona-Nord, St. Pauli, Eimsbüttel und Barmbek 6. Wie viele Personen nahmen jeweils an der angemeldeten Demonstration am Samstag beziehungsweise am Sonntag teil? Wie viele beteiligten sich an Störungen? Die von der Polizei erhobenen Teilnehmerzahlen sind in der folgenden Tabelle dargestellt : Datum Anlass Teilnehmerzahl 30.04.2016 Aufzug „Breite Solidarität! Gegen Rassismus und Repression!“, St. Pauli und Sternschanze ca. 1.880 Versammlung „Klassenfest gegen Staat und Kapital“, Sternschanze ca. 1.000 Versammlung „Erhalt des Golden Pudel Clubs“, St. Pauli ca. 300 01.05.2016 Aufzug „Klasse gegen Klasse- Heraus zum revolutionären 1. Mai“, St. Pauli, Sternschanze, Altona und Eimsbüttel ca. 1.960 Aufzug „Zeit für mehr Solidarität – viel erreicht und noch viel vor!“, Barmbek ca. 5.500 Aufzug „Demonstration zum 1. Mai!“, Bergedorf ca. 500 Aufzug „Viel erreicht und noch viel mehr vor!“, Harburg ca. 350 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4294 3 Bei den Teilnehmern der beiden Versammlungen am 30. April 2016 handelte es sich zum größten Teil auch um Teilnehmer des Aufzugs. Aufgrund des dynamischen Einsatzgeschehens können für beide Einsatztage keine verlässlichen Zahlen bezüglich der Anzahl der an Störungen beteiligten Personen genannt werden. 7. Wie viele Störer sind in Gewahrsam genommen worden? Bitte nach Tagen aufschlüsseln. Die Polizei hat am 30. April 2016 vier Personen und am 1. Mai 2016 insgesamt 28 Personen in Gewahrsam genommen; im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Wie viele Störer sind nach der StPO festgenommen worden? Die Polizei hat am 30. April 2016 eine Person und am 1. Mai 2016 insgesamt 20 Personen vorläufig festgenommen; im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Gegen wie viele Personen sind Strafanzeigen und Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten ergangen? Bitte ebenfalls den Wohnsitz der Angezeigten angeben. Im Rahmen der Polizeieinsätze am 30. April und 1. Mai 2016 anlässlich der Aufzüge zum 1. Mai hat die Polizei folgende Strafanzeigen gefertigt: Datum Land Straftat Anzahl der Tatverdächtigen 30.04.2016 Hamburg Brandstiftung 1 01.05.2016 Hamburg gefährliche Körperverletzung Körperverletzung Landfriedensbruch Sachbeschädigung Verstoß SprengG i.V.m. VersG 9 2 1 1 4 Schleswig- Holstein gefährliche Körperverletzung 1 Niedersachsen gefährliche Körperverletzung 1 Sachsen-Anhalt gefährliche Körperverletzung 1 Hessen besonders schwerer Fall des Landfriedensbruches 1 ohne festen Wohnsitz gefährliche Körperverletzung Sachbeschädigung 2 1 Ordnungswidrigkeiten wurden bisher nicht erfasst. 10. Wie viele Störer sind verletzt worden? Bitte Schwere der Verletzungen angeben. Valide Daten im Sinne der Fragestellung liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 11. Welche Gegenstände hat die Polizei von den Störern sichergestellt? Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen sind die in der folgenden Tabelle aufgeführten Gegenstände von der Polizei sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt worden : Gegenstand Anzahl Kapuzenjacke 1 Jacke 1 Paar Schuhe 1 Paar Handschuhe 4 Sturmhauben/Halstücher, Vermummungsmaterial 7 Baseballkappe 1 Sonnenbrille 1 Turnbeutel mit Antifa-Symbolen 1 Glasflaschen 2 Steine 2 Drucksache 21/4294 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Gegenstand Anzahl Feuerzeug 3 Reizstoffsprühgerät 1 Teleskopschlagstock 1 Böller 8 Bengalische Feuer 3 Getränkeflaschen mit Farbe und je ein Knallkörper 4 Farbbeutel mit Knallkörper 1 Sprühdose Chromlack mit Knallkörper 1 Sprühdose Deo mit Knallkörper 2 Knallkörper, unverbaut 81 Farbsprühdose ohne Anbauten 1 12. Wie viele Unbeteiligte sind verletzt worden? Bitte Schwere der Verletzungen angeben. Valide Daten im Sinne der Fragestellung liegen dem Senat nicht vor. 13. Welche Sachgüter a) des Bundes. b) der Freien und Hansestadt Hamburg. c) Privater sind im Verlauf des Wochenendes zerstört oder beschädigt worden? Land Schaden Anzahl Bund/Bundespolizei Wasserwerfer – Lackschäden durch Bewurf 1 VW-Bus beschmiert 1 Einsatzhelm durch Bewurf beschädigt 4 Bundeswehr Geparkter Pkw in Brand gesetzt 1 Hamburg Einsatzkleidung (Helme, Einsatzanzüge, Schutzausrüstung) nach Bewurf mit roter Farbe beschädigt – nicht abwaschbar 26 Kamera inklusive Stativ nach Bewurf mit roter Farbe beschädigt – nicht abwaschbar 1 Einsatzkleidung beim Aufrichten einer Dixi-Toilette mit Fäkalien/Chemikalien verunreinigt bei 7 Beamten Wasserwerfer – Lackschäden, Schäden an der Verglasung durch Bewurf 3 Gruppenfahrzeug – Lackschäden, Schäden an der Verglasung durch Bewurf 2 Scheibe an Streifenwagen eingeschlagen 2 Funkstreifenwagen – Delle nach Sprung auf die Motorhaube 1 Defekte Reifen durch Gegenstände auf der Fahrbahn 2 Im Bereich der Stadtreinigung - Standpapierkörbe, - Depotcontainer für Altpapier, - 1.100-Liter-Behälter für Restmüll, - 700-Liter-Behälter für Restmüll, - 240-Liter-Behälter für Bioabfälle. 5 2 4 1 1 Im Bereich des Bezirksamts Altona wurden einige Schilderpfosten abgeknickt. Wesentliche Schäden entstanden am benannten Wochenende durch eine Vielzahl von Graffiti am neuen Messetunnel Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4294 5 Land Schaden Anzahl Sternschanze. Privatpersonen/Firmen Sachbeschädigungen an Kraftfahrzeugen 2 Sachbeschädigungen an Geschäften durch Farb-und Steinbewurf 3 Dixi-Toiletten, Feuer diverse Müllcontainer, Feuer diverse 14. Wie hoch beziffert der Senat die Gesamtkosten der Polizeieinsätze rund um den 1. Mai in Hamburg? Bitte differenzieren zwischen den Kosten Hamburgs selbst und den Kosten, die Hamburg aufgrund der Amtshilfe an andere Bundesländer zu zahlen hat. Kosten für Einsätze der Hamburger Polizei im eigenen Zuständigkeitsbereich werden nicht für jeden Einsatz gesondert erhoben; diese Kosten werden generell aus dem zur Verfügung stehenden Haushaltsbudget gedeckt. Eine Kostenabrechnung der beteiligten Länder sowie der Bundespolizei liegt noch nicht vor. Aufgrund der Erfahrungswerte ist mit einer Kostenforderung in Höhe von etwa 200.000 Euro zu rechnen. 15. Wie bewertet der Senat insgesamt die Vorkommnisse rund um den diesjährigen 1. Mai und insbesondere die Strategie und die Vorgehensweise der Polizei? Was sagt der Senat insbesondere zu dem Vorwurf des Sprechers der „Revolutionären Linken“, Maik Wehner, dass die Polizei den Organisatoren der Demonstration am Sonntag keine Möglichkeit zur Deeskalation oder Vermittlung geboten habe. Das polizeiliche Handeln zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfolgte an beiden Einsatztagen angemessen und nach rechtstaatlichen Prinzipien ; darüber hinaus äußert sich der Senat zu Fragen der polizeilichen Taktik grundsätzlich nicht. Im Übrigen sieht der Senat von Stellungnahmen zu Äußerungen einzelner Personen ab.