BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4320 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 03.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Quartiersmanagement in Flüchtlingsunterkünften Seit einigen Monaten kommt in Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen (ZEA) eine Software „Quartiermanagement“ zur Anwendung. Sie funktioniert mittels einer Chipkarte, die den Bewohnern/-innen ausgeteilt wird und auf der verschiedene Daten gespeichert werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In welchen ZEA kommt die Software nicht oder noch nicht zur Anwendung ? Die Software Quartiersmanagement (QMM) wird im Unterkunftsmanagement in allen belegten Erstaufnahmeeinrichtungen in Hamburg eingesetzt. Der Standort Nostorf/ Horst ist nicht angeschlossen. 2. Welchem Zweck soll die Software konkret dienen? Die Software QMM erfüllt folgende Aufgaben: Schaffung einer zentralen Lösung für das Belegungsmanagement, Sicherstellung einer leistungsfähigen Verwaltung der Hamburger Flüchtlingsunterkünfte , Gewährleistung der Zugangssicherung zu den Unterkünften (nur mit der Chipkarte wird Zugang durch das Sicherheitspersonal gewährt), Verbesserung der Transparenz der Flüchtlingszahlen (Zugangs-, Bestands-, Auszugszahlen in den Erstaufnahmeeinrichtungen), Unterstützung in Notfallsituationen (Überprüfbarkeit aktueller Anwesenheiten in der Einrichtung). 3. Welche Personen werden erfasst und welche Personen erhalten eine Chipkarte? Es werden alle Asylsuchenden in dem System erfasst und mit einer Chipkarte ausgestattet , die nach der Zuweisung gemäß § 45 Absatz 1 Asylgesetz (AsylG) in einer Hamburger Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden. Zusätzlich werden im Rahmen der Zugangskontrolle weitere Zugangsberechtigte mit Chipkarten oder Besucherausweisen ausgestattet. 4. Inwiefern wird garantiert, dass die Abgabe der Daten auf freiwilliger Basis erfolgt? a. Inwiefern wird dabei berücksichtigt, dass die Bewohner/-innen sich in einem besonders starken Abhängigkeitsverhältnis von f & w fördern und wohnen AöR und den Behörden befinden? Drucksache 21/4320 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die grundlegende Datenerhebung erfolgt während der persönlichen Vorsprache und Registrierung des Asylsuchenden bei der zuständigen Behörde. Es besteht eine Mitwirkungspflicht nach §§ 7, 15 AsylG. Für das Quartiersmanagement wird auf diesen erhobenen Datensatz zurückgegriffen. b. Wie viele Menschen haben die Herausgabe der Daten verweigert und damit keine Chipkarte ausgehändigt bekommen? Der zuständigen Behörde sind keine Fälle bekannt, in denen die Herausgabe der Daten verweigert wurde. 5. Welche Daten werden genau auf der Chipkarte gespeichert? a. Welche biometrischen Daten werden gespeichert oder sind verknüpft ? b. Inwiefern werden auch Daten über die Ethnie, Volkszugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung oder Ähnliches gespeichert? Wenn ja, mit welcher Begründung? c. Inwiefern werden auch medizinische Daten gespeichert? Wenn ja, mit welcher Begründung? Auf die Chipkarte werden nur ein Lichtbild und allgemeine Angaben (Name, Vorname, Bewohnernummer, Herkunftsland) aufgedruckt. Als Datei gespeichert wird einzig eine Identifikationsnummer. In der Datenbank des QMM werden aktuell keine biometrischen Daten gespeichert. Das Herkunftsland wird als Pflichtangabe gespeichert. Die Religionszugehörigkeit, die Muttersprache und gegebenenfalls andere Sprachkenntnisse sind freiwillige Angaben. Medizinische Daten werden nicht in der Datenbank gespeichert. Mit Eröffnung des Ankunftszentrums Rahlstedt wird zur Kenntlichmachung der Verlegungsfähigkeit hinterlegt , ob die medizinischen Untersuchungen wie Röntgen und die ärztliche Untersuchung erfolgt sind. 6. Auf welchen Servern werden die Daten aufbewahrt und/oder auf welche Server transferiert? Die Datenaufbewahrung erfolgt bei Dataport in einem separaten Bereich für das Verfahren im Rechenzentrum RZ2 und unterliegt somit einem hohen Sicherheitsstandard. Von dort erfolgt bei Abfrage durch das QMM die Datenlieferung in dessen Richtung. 7. Wie lange werden welche Daten jeweils gespeichert (zum Beispiel Betreten und Verlassen der ZEA)? Ein entsprechendes Konzept zur Löschung wird zurzeit erstellt. 8. Wer ist zur Eingabe der Daten berechtigt? Bitte detailliert darstellen. Die Berechtigung zur Eingabe von Daten ergibt sich über die Rechteverwaltung der Software (Definition der Rechte über verschiedene Benutzerrollen). Es ist sichergestellt , dass nur autorisierte Personen eine Berechtigung erhalten. Diese können nur innerhalb der für ihre eigene Benutzerrolle vorgesehenen Funktionalitäten Daten eingeben . 9. Welche Stellen haben aktuell auf welche Daten von Bewohnern/-innen Zugriff? Bitte detailliert darstellen. Die Sichtbarkeit und Bearbeitungsmöglichkeit der Daten von Asylsuchenden richtet sich nach der jeweils eingerichteten Benutzerrolle (siehe Antwort zu 8.). Beispielhaft haben die Administratoren Zugriff auf alle Datensätze. Die Beschäftigten der Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtungen haben Zugriff auf die Daten von Asylsuchenden des eigenen Standorts, und dort jeweils abgeschichtet nach Berechtigungsstufe (Quartiersleitungen haben umfassendere Zugriffsrechte als sonstige Bedienstete der Betreiber). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4320 3 10. Inwiefern haben neben Mitarbeitern/-innen von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) Dritte (zum Beispiel die Ausländerbehörde, Polizei, BAMF, Ärzte/-innen, HVV) Zugriff auf die Daten? Zugriff zu den Daten haben bisher die beim Betreiber berechtigten Mitarbeiter, die Administratoren bei Dataport und die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration und der Behörde für Inneres und Sport im Rahmen Ihrer Tätigkeiten beim Zentralen Koordinierungsstab. Im Übrigen siehe Antworten zu 8. und 9. 11. Inwiefern ist die Erweiterung der Zugriffsberechtigten geplant? Mit der Produktivsetzung des Ankunftszentrums Rahlstedt werden für die Erledigung der dortigen Aufgaben weitere Zugriffsberechtigungsgruppen eingerichtet. Die Koordination hierfür erfolgt über die Fachliche Leitstelle QMM. 12. Inwiefern verfügt die Software über Schnittstellen zu welchen anderen Datenbanken auf Bundesebene oder inwiefern ist Ähnliches geplant? Ebenfalls mit der Produktivsetzung des Ankunftszentrums Rahlstedt wird eine Schnittstelle an das Kerndatensystem der zuständigen Bundesbehörde eingerichtet, in dem die Stammdatensätze der Asylsuchenden nach der Registrierung erfasst sind. 13. Durch welche Systeme werden die Daten vor dem Zugriff Dritter geschützt? Die Geräte, auf denen das QMM vor Ort bedient wird, sind separate Clients, auf denen ausschließlich mit dem Programm QMM gearbeitet wird. Sie unterliegen damit erhöhten Sicherheitsstandards. Die Datenaufbewahrung unterliegt außerdem den erhöhten Sicherheitsstandards im Rechenzentrum RZ2. 14. Werden in allen Erstaufnahmen exakt die gleichen Daten erhoben? Wenn nein, inwiefern? Die Erhebung von Daten und die Ausstellung des Quartierpasses erfolgt in den Erstaufnahmeeinrichtungen identisch. Unterschiede ergeben sich standortbezogen im Detaillierungsgrad des Belegungsmanagements und in der Nutzung von Funktionalitäten wie der Materialausgabe. 15. Inwiefern fand eine Überprüfung durch den Datenschutzbeauftragten statt und mit welchem Ergebnis? Wenn eine schriftliche Stellungnahme vorliegt, bitte anhängen. Bereits im Rahmen der Beschaffung wurden als Auftakt datenschutzrechtliche Belange mit dem behördlichen Datenschutzbeauftragten beraten. Die sorgfältige Aufbereitung für eine genaue datenschutzrechtliche Überprüfung ist derzeit in Arbeit. Eine tiefergehende Überprüfung wird daher zeitnah erfolgen. 16. Welche Kosten sind/waren mit der Einführung und Beschaffung des Systems insgesamt verbunden? 17. Welche Kosten werden/sind mit der Wartung und dem Betrieb des Systems verbunden? Siehe Drs. 21/3225. 18. Inwiefern ist eine Verwendung der Software in Folgeunterkünften geplant? f & w fördern und wohnen AöR setzt für Folgeunterkünfte eine eigene funktionierende Software für die Steuerung der Belegung einschließlich der Abrechnung ein. Insoweit fand noch keine Prüfung des Einsatzes für die Software in den Folgeunterkünften statt.