BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4321 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 03.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Personendatenbank Gruppen- und Szenegewalt der Polizei Hamburg (III) Durch meine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 21/2701) wurde bekannt, dass die Polizei Hamburg unter anderem eine Personendatenbank Gruppen- und Szenegewalt führt. Die darauf folgende öffentliche Diskussion nahm der Landesdatenschutzbeauftragte zum Anlass die Datei zu überprüfen. Die Prüfung ergab „zahlreiche schwere datenschutzrechtliche Mängel“; der Datenschutzbeauftragte bezeichnete die Datei Gruppen- und Szenegewalt als „zum großen Teil rechtswidrig“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Polizei Hamburg bereitet derzeit die Errichtung zweier neuer CRIME-Dateien für die Bereiche „Sportgewalt“ und „Türstehergewalt“ vor. Die Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ wird mit Errichtung der beiden neuen Dateien gelöscht. Bei sämtlichen gespeicherten Datensätzen von Personen in der bisherigen Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ werden die Erforderlichkeit einer weiteren Speicherung und die Übernahme in eine neue Datei in jedem Einzelfall geprüft. Bei fehlender Erforderlichkeit oder anderer Unzulässigkeit einer Speicherung werden die Daten gelöscht. Löschungen von Personendatensätzen in CRIME-Dateien werden bei der Abteilung Informationstechnik der Polizei Hamburg protokolliert. Eine Protokollierung der Löschungsgründe findet nicht statt. Löschungen in der Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ fanden seit dem 6. Januar 2016 zum einen aufgrund der Beanstandung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) statt, zum anderen aufgrund der kontinuierlichen Überprüfung und Bearbeitung der sich täglich aktualisierenden Prüf- und Löschlisten durch die zuständigen Dienststellen . Daher ist die Nachvollziehbarkeit von Gründen, die zur Löschung einzelner Datensätze führten, nicht möglich. Im Übrigen können Auskünfte über Daten, die in der Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ erfasst werden, nicht rückwirkend, sondern nur tagesaktuell erteilt werden. Angaben zum erfragten Stichtag 6. Januar 2016 sind daher nicht möglich. Am 10. Februar 2016 erfolgte eine Prüfung der Datei durch den HmbBfDI, zu der bei der Polizei Hamburg Unterlagen vorliegen. Zu diesem Stichtag kann die Polizei daher zu einzelnen Fragen Angaben machen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Personen sind in der Datei Gruppen- und Szenegewalt gegenwärtig eingetragen? Mit Stichtag 3. Mai 2016 sind in der Datei 564 Personen eingetragen. Drucksache 21/4321 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie viele Personen(-daten) wurden aufgrund der formellen Beanstandung des Datenschutzbeauftragten gelöscht? Löschungen werden in den Protokolldaten anonymisiert erfasst. Auf die Protokolldaten darf zum Zweck der Prüfung der rechtmäßigen Nutzung zugegriffen werden. Für andere Zwecke darf gemäß § 14 Absatz 2 Satz 3 PolDVG nur auf die Protokolldaten zugegriffen werden, sofern dies zur Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Unter andere Zwecke fällt auch die Nutzung von Protokolldaten für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. 3. Bei wie vielen Personen bestand (Stand 6. Januar 2016) die Zuständigkeit der auf die Datei zugriffberechtigten Stellen nicht mehr? Mit Stichtag 10. Februar 2016 bestand für 318 Personen keine Zuständigkeit im Sinne der Fragestellung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. a. Welche Personengruppen waren davon im Einzelnen betroffen? Die detaillierte Benennung der gespeicherten Gruppen und Szenen würde Rückschlüsse zulassen, durch die Ermittlungserfolge erheblich beeinträchtigt werden können . b. Wie viele davon wurden gelöscht? Siehe Antwort zu 3. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. c. Bei wie vielen wurde die Speicherung verlängert? Die Speicherung wurde bei keiner Person verlängert. 4. Bei wie vielen Personen bestand (Stand 6. Januar 2016) keine Erforderlichkeit der Speicherung (mehr)? a. Wie viele davon wurden gelöscht? Siehe Vorbemerkung. b. Bei wie vielen wurde die Speicherung verlängert? Die Speicherung wurde bei keiner Person verlängert. 5. Bei wie vielen Personen war (Stand 6. Januar 2016) die gesetzlich festgelegte maximale Speicherdauer abgelaufen? a. Wie viele davon wurden gelöscht? b. Bei wie vielen wurde die Speicherung verlängert? c. Wie viele davon waren als Kontakt- und Begleitpersonen gespeichert ? Wenn eine Darstellung zum 6. Januar 2016 nicht möglich sein sollte, bitte ein beliebiges anderes Datum vor der Löschung von 900 Personen aus der Datenbank angeben. Siehe Vorbemerkung. Eine gesetzliche Höchstspeicherdauer gilt für die in der Datei erfassten Personenrollen lediglich für Kontakt- und Begleitpersonen. Die Polizei Hamburg hat alle Personendatensätze, bei denen die gesetzlich festgelegte maximale Speicherdauer abgelaufen war, aus der Datei gelöscht. Die Speicherung wurde auch bei keiner Person, deren gesetzlich festgelegte maximale Speicherdauer abgelaufen war, verlängert. 6. Wie viele Arbeitsstunden wurden in den letzten drei Monaten beim Datenschutzbeauftragen aufgewendet, um polizeiliche CRIME-Dateien zu überprüfen? a. Wie viel Prozent der wöchentlich beim Datenschutzbeauftragten zur Verfügung stehenden Arbeitszeit ist das? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4321 3 Hierzu teilt der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Folgendes mit: Mangels einer individuellen Zeiterfassung zu den einzelnen Aufgabenbereichen und Projekten kann die genaue Anzahl an Arbeitsstunden für den abgefragten Zeitraum nicht berechnet werden. An der Prüfung der CRIME-Datei „Gruppen- und Szenegewalt “, die exemplarisch für die Struktur der CRIME-Dateien bei der Polizei an sich durchgeführt wurde, an den damit in Zusammenhang stehenden administrativen Tätigkeiten und an nachfolgende Teil-Prüfungen im Zusammenhang mit weiteren CRIME-Dateien waren im Zeitraum vom 21. Januar 2016 bis heute in unterschiedlichem Umfang fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des HmbBfDI involviert. Im Anschluss an die CRIME-Datei-Prüfung „Gruppen und Szenegewalt“ ergaben sich Hinweise, die eine Folgeprüfung der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ erforderlich machten. Diese Prüfung steht kurz vor dem Abschluss. Weitere Vor-Ort-Prüfungen von CRIME-Dateien werden im zweiten Halbjahr 2016 erfolgen. Der HmbBfDI prüft jedoch weiterhin – wie auch schon zuvor – kontinuierlich CRIME-Dateien zum Beispiel im Zusammenhang mit Erweiterungen, Löschungen oder Errichtungen. Der HmbBfDI hatte zuletzt anlässlich seines Tätigkeitberichts in seinem Zuständigkeitsbereich erhebliche Personaldefizite festgestellt. Die oben genannten Prüfungen führten vor diesem Hintergrund zu massiven zeitlichen Verzögerungen, da sie eine Vielzahl von komplexen Prüfungen vor Ort, innerbehördliche Auswertungen und Besprechungen, Erörterungen mit der polizeilichen Führungsebene, die Erstellung des Berichts und der Beanstandung, Information der Öffentlichkeit und vieles mehr nach sich zogen. Die Bearbeitung des Tagesgeschäftes einschließlich zum Beispiel gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen musste im zuständigen Bereich nahezu vollständig verschoben werden. 7. Der Innensenator hat angekündigt, dass die Hamburger Polizei einen eigenen Datenschutzbeauftragten erhalten soll. Inwiefern wird diese Maßnahme umgesetzt? Wie ist der zeitliche Horizont? Auf welche Weise wird die Unabhängigkeit des polizeilichen Datenschutzbeauftragten garantiert? Wie viele Personalstellen (VZÄ) sollen beim polizeilichen Datenschutzbeauftragten eingerichtet werden? Der Polizeipräsident hat zum 1. April 2016 einen behördlichen Datenschutzbeauftragten für das Amt Polizei (behDSB) bestellt. Die Bestellung des behDSB richtete sich nach den Regelungen des § 10a des Hamburgischen Datenschutzgesetzes (HmbDSG) sowie nach den Empfehlungen des Konzeptes „behördliche Datenschutzbeauftragte “ der Finanzbehörde und der Justizbehörde vom 1. Mai 2010. Der behDSB ist organisatorisch beim Polizeipräsidenten angebunden; er nimmt seine Aufgaben gemäß § 10a Absatz 4 Satz 2 HmbDSG weisungsfrei wahr. Die Stelle des behDSB ist mit einem Vollzeitäquivalent versehen worden; der behDSB nimmt die Funktion im Hauptamt wahr.